Behandlungsbedürftigkeit

Ab dem 50. Lebensjahr steigen die stationäre Behandlungsbedürftigkeit wie auch die Behandlungsdauer älterer Menschen steil an. Während die durchschnittliche Behandlungsquote aller Altersgruppen bei knapp rund 25 Prozent liegt, sind es bei den 65-Jährigen und älteren rund 50 Prozent, bei den 75-Jährigen und älteren rund 60 Prozent, und bei den 85-Jährigen und älteren rund 70 Prozent. Die durchschnittliche Verweildauer aller Altersgruppen lag im Jahr 2006 bei 8,6 Tagen, bei den 65-Jährigen und älteren lag sie bei 10,1 Tagen.

Im Jahr 2006 waren 12 Prozent der Männer und 17 Prozent der Frauen 70 Jahre und älter. Nach der Prognose des statistischen Amtes wird der Anteil der 70-Jährigen und älteren auf 19 Prozent (Männer) und 24 Prozent im Jahr 2030 und 23 Prozent (Männer) bzw. 29 Prozent (Frauen) im Jahr 2050 steigen.

Durch die höhere Behandlungsquote älterer Menschen wird sich deshalb ­ die gleiche Behandlungsbedürftigkeit und Therapie vorausgesetzt ­ die Zahl der Krankenhausbehandlungen trotz sinkender Bevölkerung nicht oder nur geringfügig verringern. Die Zahl der Pflegetage wird aufgrund der längeren Verweildauer älterer Menschen tendenziell sogar ansteigen.

Pflegebedürftigkeit

Mit zunehmendem Lebensalter steigt auch die Pflegebedürftigkeit an: Sind in der Altersgruppe von 65 bis 69 Jahre knapp fünf Prozent pflegebedürftig, so steigt die Pflegequote in der Altersgruppe von 80 bis 84 Jahre auf knapp 20 Prozent, und in der Altersgruppe von 85 bis 90 Jahre auf 35 Prozent. Nach der Bevölkerungsprognose des Statistischen Amtes wird der Anteil der 65-Jährigen und älteren von aktuell 22 Prozent auf über 30 Prozent im Jahr 2050 ansteigen, der Anteil der 85-Jährigen und älteren von zwei Prozent auf acht Prozent.

Die gleiche Pflegebedürftigkeit vorausgesetzt, wird die Zahl der Pflegebedürftigen von aktuell rund 30.000 auf 38.000 im Jahr 2030 und 48.000 im Jahr 2050 ansteigen.

Welche Chancen sieht die Landesregierung in der medizinischen Entwicklung für die Lebensqualität und Lebenserwartung älterer Menschen?

Zu Frage 3: Aus senioren- und gesundheitspolitischer Sicht birgt die (Weiter-)Entwicklung von präventiven Strategien, gesundheitsfördernden Maßnahmen, Diagnostik und Therapie große Chancen in Bezug auf Erhalt von Gesundheit und Lebensqualität bis ins hohe Alter. Auch kommt medizinischem Fortschritt bei Wiederherstellung von Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden im Falle chronischer Erkrankungen sowie bei entstehendem Hilfe- bzw. Pflegebedarf in Zukunft größere Bedeutung zu.

Drucksache 13/2432 (13/2192) Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode - 38 Daneben ist die Aufrechterhaltung von aktiver, selbst- und mitverantwortlicher Lebensführung Aufgabe jedes einzelnen, um Erkrankungen und Funktionseinbußen hinauszuzögern, das bedeutet z. B.:

- Risikofaktoren vermeiden,

- Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen,

- Bewegungs- und Ernährungsverhalten der jeweiligen Lebensweise anpassen,

- Unfallrisiken vermeiden durch altersgerechte Gestaltung von Wohnung und Wohnumfeld, durch Barrierenbeseitigung und die Verwendung technischer Hilfsmittel.

In welchem Umfang spielen Suchterkrankungen bei älteren Menschen eine Rolle?

Zu Frage 4: Suchterkrankungen bei älteren Menschen lassen sich unter 4 thematischen Schwerpunkten darstellen:

1. Ältere Süchtige von illegalen Rauschmitteln

2. Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit bei älteren Menschen

3. Medikamentenmissbrauch und ­abhängigkeit bei älteren Menschen

4. sonstige Suchtformen

Ein statistischer Überblick über die Quantität der Problematik ist kaum zu erreichen, da insbesondere im Bereich des Medikamentenge- und ­missbrauchs sowie der Medikamentenabhängigkeit eine Erhebung nur mit sehr großem Aufwand möglich ist. Grund hierfür ist zum Einen, dass durch das Abrechnungsverfahren viele verschiedene Krankenkassen ihre eigenen Daten haben, eine Zusammenführung aber nicht geschieht. Aber auch innerhalb der Datensätze einer einzelnen Krankenkasse ist meist nur der „Gesamtumsatz" hinsichtlich verschiedener Medikamente oder Medikamentengruppen möglich. In unserem Fall sind vor allem psychotrop wirkende Medikamente interessant. Ob ein solches Medikament als Akutheilmittel oder Dauermedikation verschrieben wurde, müsste ebenfalls getrennt untersucht werden, wobei auch dann nicht deutlich wird, ob oder in welchen Fällen die Verschreibung missbräuchlich angewandt/genutzt wird.

Außerdem wirkt jede (frei verkäufliche) Aspirin/Paracetamol psychotrop und bietet damit ein Missbrauchspotential.

Zu 1.: Im Bereich der illegalen Rauschmittel liegen durch die Dokumentationen der Beratungsstellen und insbesondere im Bereich der niedrigschwelligen Suchtkrankenhilfe (Drogenhilfezentrum, Substitution) einige Zahlen vor. Trotz möglicher Mehrfachnennungen und nicht einheitlich dokumentierter Altersgruppen ergibt sich im Saarland eine Schätzzahl von ca. 450-550 drogenabhängigen Personen über 40 Jahre. Hinzuzurechnen wären dabei aber auch die älteren Süchtigen, die zwar in ärztlicher Behandlung sind, nicht aber im Hilfesystem der psycho-sozialen Beratungs- und Betreuungsstellen auftauchen.

Diese älteren Süchtigen von illegalen Rauschmitteln werden zu einem hohen Prozentsatz im Rahmen der verschiedenen Angebote der saarländischen Suchtkrankenhilfe betreut.

Drucksache 13/2432 (13/2192) Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode - 39 Zu 2.:

Der Konsum von Alkohol hat im Saarland einen vergleichsweise hohen Stellenwert. Leider nimmt die damit zusammenhängende Missbrauchs- und Suchtproblematik im Saarland in den letzten Jahren erheblich zu (Quelle: Diagnosedaten F10-ICD 10: Patienten mit Störungen durch Alkoholkonsum, Statistisches Landesamt Saar). Ein Anhaltspunkt für die Problematik ergibt sich aus der Krankenhausstatistik (Auflistung der Akuteinweisungen wegen Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholintoxikation). Hier zeigt die Statistik (Quelle: Saarländisches Landesamt für Statistik) einen deutlichen Anstieg der Krankenhausbehandlungen für Erwachsene über 40 Jahre.

Wie auch bei den illegalen Suchtstoffen werden im Rahmen der Suchtfachstellen und psycho-sozialen Beratungsstellen in den Landkreisen Menschen mit einer Alkoholproblematik (problematischem Gebrauch bzw. Missbrauch, Abhängigkeit) betreut und behandelt. Deren Dokumentationen weisen etwa 650-700 Personen (über 40 Jahre) im Jahr 2007 aus.

Neben den dort erfolgenden ambulanten Beratungen und Therapien, werden stationäre Therapien für Alkoholabhängige speziell in drei saarländischen Kliniken (Münchwies, Berus, SHG/Tiefental) durchgeführt, aber auch, mit geringeren Platzzahlen, in den jeweiligen Krankenhäusern der Regionalversorgung.

Nach Einschätzung vieler Experten könnte Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholabhängigkeit schon viel früher (als eine entsprechende Krankenhausbehandlung) durch Hausärzte diagnostiziert werden und damit dem Missbrauch viel früher begegnet werden (z. B. durch frühzeitiges Einschalten einer Suchtberatungsstelle durch den Hausarzt).

Anders als in der niedrigschwelligen Suchtarbeit bestehen hier allerdings (noch) keine systematischen Verbindungen und Strukturen der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und psycho-sozialen Behandlern.

Zu 3.: Zur Problematik der Medikamentenabhängigkeit gibt es nur sehr wenige Zahlen, da Medikamente klassischerweise ja zur symptomatischen Behandlung einer Erkrankung verschrieben werden. Wie schon unter Punkt 1 beschrieben, ist es kaum nachvollziehbar, ob eine Verschreibung psychotrop wirkender Medikamente aufgrund einer dahinterliegenden Suchtproblematik besonders häufig erfolgt oder ob gar eine Medikamentenabhängigkeit iatrogen, d. h. aufgrund eines ärztlichen Verschreibungsverhaltens entstanden ist. Medikamentenmissbrauch bzw. ­abhängigkeit wird daher auch als die „stille Sucht" bezeichnet.

Das Jahrbuch Sucht 2009 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) stellt für etwa 4-5% aller häufig verordneten Arzneimittel ein eigenes Suchtpotenzial fest. Geschätzt wird dabei, dass ca. ein Drittel der psychotropen Arzneimittel (wie Schlafmittel, Tranquilizer, Schmerzmittel etc.) nicht wegen akuter Probleme, sondern langfristig zur Suchterhaltung und zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet werden.

Zu 4.: Unter diesem Punkt können verschiedene sonstige ­ nicht-stoffliche ­ Suchtformen zusammengefasst werden.