Darlehen

In dem Kauf- und Übertragungsvertrag vereinbarten die Vertragsparteien, dass unverzüglich eine endgültige Bilanz der Space Park KG zum 30. Juni 1999

(Stichtagsbilanz) aufzustellen sei und von der KPMG Deutsche Treuhandgesellschaft (KPMG) bis zum 31. Juli 1999 geprüft werden solle. In dem Kauf- und Übertragungsvertrag garantierte die Köllmann AG der DEGI ausdrücklich, dass Verbindlichkeiten der Space Park KG, die weder in der Planbilanz noch in der Stichtagsbilanz ausgewiesen seien, nicht beständen. In dem Vertrag ist außerdem folgende Regelung für den Fall des Bestehens von Verbindlichkeiten der Space Park KG am 30. Juni 1999 enthalten: Sollten die in der Planbilanz ausgewiesenen Positionen (Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Rückstellungen und Verbindlichkeiten) jeweils saldiert, von den entsprechenden saldierten Positionen in der Stichtagsbilanz abweichen, ist der Unterschiedbetrag innerhalb von zehn Werktagen nach Vorlage einer entsprechenden Abrechnung zwischen Käufer (DEGI) und Verkäufer (Köllmann AG) auszugleichen.

Im Zusammenhang mit dem Kauf- und Übertragungsvertrag wurde der Gesellschaftsvertrag der Space Park KG rückwirkend zum 1. Juli 1999 insgesamt neu gefasst. Gemäß § 2 (Gegenstand) waren die Vergabe (nicht die Aufnahme) von Darlehen und das Eingehen von Verpflichtungen aus Bürgschafts- und Garantieverträgen nicht Gegenstand des Unternehmens und der Space Park KG deshalb ausdrücklich untersagt.

6. An den Verhandlungen, die zum Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrages Köllmann AG/DEGI führten, und an dem Vertragsabschluss selbst waren FHB/BIG/SWG nicht beteiligt. Das am 7. Juli 1999 unterzeichnete Vertragswerk war BIG/SWG nicht bekannt. Auch die FHB hat dieses Vertragswerk nicht bei den hier in Rede stehenden Verhandlungen zugrunde gelegt, insbesondere AG hatte zwar dem SWH am 15. Juli 1999 unter Bezugnahme auf die Rahmenvereinbarung das sehr umfängliche Vertragspaket einschließlich des Kauf- und der SWH leitete das Vertragswerk auch unverzüglich an die Anwaltskanzlei Dr. Schackow & Partner zur Prüfung weiter. Die Prüfung der Anwaltskanzlei konzentrierte sich darauf, ob die von der DEGI übernommenen Verpflichtungen mit denjenigen der Rahmenvereinbarung (die das SWG-Darlehen nicht zum Gegenstand hatte) übereinstimmten und ob die FHB dem Generalübernehmervertrag, der ebenfalls Bestandteil des Vertragswerks war, zustimmen konnte. Der SWH teilte der Köllmann AG die Prüfungsergebnisse der Anwaltskanzlei mit Schreiben vom 29. Juli 1999 mit. Die FHB nicht betreffenden Bestimmungen des Vertragwerkes waren nicht Gegenstand der Prüfung und wurden weder für die FHB ausgewertet noch zur Kenntnis genommen.

Bremen hatte keine Veranlassung, sich mit den ausschließlich für die DEGI geltenden Vorschriften vertraut zu machen oder die ­ der BIG/SWG nicht bekannten, vielmehr dem Ressort aus anderen Gründen übersandten ­ Vertragswerke, insbesondere den Gesellschaftsvertrag, der nur zwischen den Gesellschaftern Geltung hat, zu prüfen. Dies war mangels eines Verdachtes gegen DEGI oder Köllmann AG auch nicht geboten. Auch die Handlungen der nach wie vor trotz Gesellschafterwechsels amtierenden Geschäftsführung der Space Park KG gaben Bremen keinerlei Anlass zu weitergehenden Prüfungen.

7. Ende Juli 1999 begannen FHB/BIG ­ ohne Wissen um die Details des zwischen Köllmann AG und DEGI vereinbarten Vertragswerkes ­ mit der Bearbeitung des von der Köllmann AG gewünschten und von den beteiligten Ressorts akzeptierten Schuldnerwechsels hinsichtlich des SWG-Darlehens (Ersetzung der Space Park KG durch die Space Park Development KG als Schuldnerin und Wechsel der Space Park KG zu einer einfachen Bürgin).

Dazu übersandte die Köllmann AG am 23. Juli 1999 zwei Vertragsentwürfe. Ein Vertragsentwurf regelte den aus dem Treuhandvermögen stammenden Darlehensbetrag in Höhe von 24,5 Mio. DM; der andere Vertragsentwurf regelte den Eigenanteil der BIG in Höhe von 1,5 Mio. DM. Die Aufspaltung in zwei Vertragsentwürfe erfolgte wegen unterschiedlicher Laufzeit- und Zinsregelungen. Diese Vertragsentwürfe entsprachen nicht den Vorgaben der FHB. Deswegen erstellte die Anwaltskanzlei Dr. Schackow & Partner zwei neue Entwürfe nebst dem Entwurf einer Bürgschaftserklärung der Space Park KG und leitete diese Entwürfe mit Schreiben vom 30. Juli 1999 der Köllmann AG zu. Stichtag für die Schuldübernahme durch die Space Park Development KG sollte der 15. April 1999 sein (der Tag, an dem das SWG-Darlehen zur Rückzahlung fällig gewesen war). Die Köllmann AG lehnte den in den Entwürfen der Schuldübernahme enthaltenen Hinweis auf die von der BIG/SWG geforderte Bürgschaft der Space Park KG ab.

Am 2. August 1999 übersandten Dr. Schackow & Partner die von ihnen bereits im Juli 1999 übersandten Entwürfe mit geringfügigen Änderungen erneut an die Köllmann AG (Space Park Development KG), ohne allerdings auf deren Änderungswünsche eingegangen zu sein. Lediglich die Überschriften der der Köllmann AG weggelassen worden. Zur gleichen Zeit erstellte die Köllmann AG eigene Vertragstexte und übersandte diese mit Schreiben vom 2. August 1999 an die BIG. Diese Texte enthielten keinen Hinweis auf die von BIG/SWG verlangte Bürgschaft; die Texte waren von der Space Park KG und der Space Park Development KG bereits und zwar mit dem Datum 30. Juli 1999 unterschrieben. Zusätzlich übersandte die Köllmann AG eine ebenfalls unterschriebene Bürgschaft der Space Park KG, die das Datum 2. August 1999 trug, aber rechtlich ins Leere ging, weil sie sich auf einen nicht existierenden Darlehensvertrag bezog.

Am 23. August 1999 übersandte die BIG der Köllmann AG erneut Entwürfe, die in Abstimmung mit dem SWH einen Vertragsabschluss zum 30. Juni 1999 für eine Darlehensumschuldung mit rückwirkender Wirkung ab dem 15. April 1999 vorsahen. Der Entwurf der Bürgschaftsurkunde war auf den 1. Juli 1999 datiert und sollte dementsprechend zum 1. Juli 1999 übernommen werden. Das auf Wunsch der Köllmann AG vorgesehene Auseinanderfallen der Daten die am 23. August 1999 bereits in der Vergangenheit lagen, war aus Sicht der FHB/BIG bedeutungslos, da dies keine Auswirkung auf die Vermögensposition Bremens hatte. Der Entwurf der Schuldübernahmeverträge sah vor, dass die Space Park KG für die von der Space Park Development KG übernommene Darlehensschuld bürgt. Auch in dem Anschreiben ist unmissverständlich hervorgehoben worden, dass auf eine Besicherung des Darlehens durch eine Bürgschaft der Space Park KG nicht verzichtet werden könne und dass diese auch in den Schuldübernahmeverträgen erwähnt werden müsse. Da in den Vertragsentwürfen des Schuldübernahmevertrages als Stichtag für den Schuldnerwechsel der 15. April 1999 vorgesehen war, erklärte die BIG in diesem Schreiben zudem, bei einem Zustandekommen der Verträge auf der Grundlage der übersandten Entwürfe, d. h. auch unter der Voraussetzung der Übernahme einer Bürgschaft durch die Space Park KG, bestätigen zu wollen, dass zum 30. Juni 1999 eine Darlehensverbindlichkeit der Space Park KG gegenüber SWG nicht mehr bestanden habe. Dies bedeutete gleichzeitig, dass der Schuldnerwechsel ohne die verlangte Bürgschaftsübernahme nicht zustande kommen sollte.

AG mit Schreiben vom 31. August 1999 nun vier Vertragsentwürfe und eine Bürgschaft (Viererverträge), die jeweils von den Geschäftsführern der Space Park KG und der Space Park Development KG einseitig unterzeichnet waren. Eine Vertragsversion (je ein Schuldübernahmevertrag getrennt nach Treuhand- und Eigenanteil) war mit Datum vom 15. Juni 1999 unterzeichnet und enthielt keinen Hinweis auf die von der Space Park KG herauszulegende Bürgschaft, während die zweite Version einen Querverweis auf die Bürgschaft enthielt und mit Datum vom 5. Juli 1999 sowie mit Wirkung vom 15. April 1999 unterzeichnet war. Die ebenfalls unterschriebene Bürgschaft der Space Park KG trug das Datum 5. Juli 1999.

8. Am 31. August 1999, einen Monat später als im Kauf- und Übertragungsvertag u. a. zwischen der Köllmann AG und der DEGI vereinbart, testierte KPMG die zum 30. Juni 1999 aufgestellte Stichtagsbilanz der Space Park KG. Dieses Testat wurde insbesondere für die DEGI erstellt. In Anlage 3 zum Prüfungsbericht führt die KPMG aus, dass ein Darlehen der SWG in Höhe von 26 Mio. DM durch Vertrag vom 15. Juni 1999 mit Wirkung zum 16. April 1999 vollständig auf die Space Park Development KG übertragen worden sei und die Konditionen des Darlehens umfassend neu geregelt worden seien. Ein von allen Parteien unterzeichneter Schuldübernahmevertrag hat am 31. August 1999 nicht existiert.

Schuldübernahmeverträge wurden von der SWG erst unter dem 7. Oktober 1999 gegengezeichnet und übersandt. FHB/BIG ist das Testat der KPMG erst am 2. Juni 2005 bekannt geworden, als die Dresdner Bank AG der FHB auf ausdrückliches Verlangen von FHB das Deckblatt, das Testat und die Anlage 3 des KPMG-Prüfungsberichtsübermittelte. ferner darauf hin, dass sich die Köllmann AG verpflichtet hatte, bestehende Verbindlichkeiten der Space Park KG aus Lieferungen und Leistungen zum 30. Juni 1999 zu begleichen.

9. Am 1. September 1999 gingen bei der BIG die oben genannten Viererverträge ein. Diese wurden von BIG zunächst unter zwei wesentlichen Aspekten kritisch geprüft: Erstens wurden formale Mängel geltend gemacht, da der Bürgschaftstext auf Schuldübernahmeverträge verwies, deren Bezeichnungen und Datierung (30. Juni 1999) falsch waren und somit ins Leere liefen. Diese formalen Fehler beseitigte die Köllmann AG durch Übersendung von Austauschseiten mit Schreiben vom 14. September 1999. Zweitens wurde zu der doppelten Vertragsgestaltung (Viererverträge) anwaltlicher Rechtsrat eingeholt. Dazu wurden mit dem Anwaltsbüro Dr. Schackow & Partner zwei Telefonate geführt.

In einem Vermerk der BIG vom 24. September 1999 wurde das Ergebnis wie folgt zusammengefasst: Nach erster telefonischer Auskunft des Büros Dr. Schackow & Partner könnte ein Risiko theoretisch darin bestehen, dass ­ aus welchen Gründen auch immer

­ der zweite Vertrag angefochten wird. Auch wäre zu überlegen, ob ein Risiko in der Tatsache liegt, dass sich der zweite Ergänzungsvertrag nicht ausdrücklich auf den ersten Vertrag bezieht, so dass die Frage aufkommen könnte, wozu ein zweiter Vertrag zu einer Verlängerung benötigt wird, obwohl diese bereits im ersten Vertrag geregelt ist. Eine detaillierte Prüfung müsste allerdings erst noch an Hand des Vertragstextes vorgenommen werden. Ob das Risiko in der Praxis tatsächlich als hoch zu bewerten ist, ist fraglich, da die Motivation zu der vorliegenden Vertragsgestaltung eher im Rechnungswesen/Halbjahresabschluss zu finden sein dürfte und nicht in der Absicht, die Bürgschaft zu vermeiden.

In Abstimmung mit dem SWH wurden die Viererverträge von SWG daraufhin gegengezeichnet und am 7. Oktober 1999 an die Köllmann AG gesandt. Erst dadurch wurde die Space Park KG bezüglich des SWG-Darlehens von einer Darlehensschuldnerin zur Bürgin.

Bei dieser Vertragsgestaltung stand für FHB/BIG an erster Stelle, die Vermögensinteressen der FHB zu wahren und das am 15. April 1999 fällige SWGDarlehen vertraglich neu zu regeln, ohne die Sicherstellung des Rückzahlungsanspruches zu verschlechtern. FHB/BIG bewertete die Vertragsgestaltung (Viererverträge) als rechtlich unbedenklich, da zum Zeitunkt der Unterschriften von SWG am 7. Oktober 1999 sich das gesamte Vetragswerk auf die Vergangenheit bezog. Die beiden unter dem 15. Juni 1999 datierten Schuldübernahmeverträge hatten für Bremen keine eigenständige Bedeutung, da in dem gesamten am 7. Oktober 1999 unterschriebenen Vertragspaket alle bremischen Belange geregelt waren und insbesondere die Bürgschaft vorlag. Bis zum 7. Oktober 1999 war die Space Park KG Darlehensschuldnerin.

10. Eine Kausalität des Verhaltens der FHB /BIG für den Kauf- und Übertragungsvertrag vom 7. Juli 1999 und dessen Umsetzung einschließlich der Zahlung der Kommanditeinlage ist ausgeschlossen. Da die Viererverträge erst im Oktober 1999 von SWG gegengezeichnet wurden, können diese insbesondere nicht für Handlungen der Geschäftsführer im Juli oder August 1999 relevant geworden sein. Auch für das der FHB/BIG erst jetzt bekannt gewordene Testat der KPMG vom 31. August 1999 waren die Viererverträge nicht kausal. Aus dem von Deloitte & Touche am 12. Oktober 1999 geprüften Rumpfgeschäftsjahresabschluss der Space Park KG zum 30. September 1999 ergibt sich, dass die DEGI bis zum 30. September 1999 45 Mio. DM als Kommanditeinlage geleistet hatte, der genaue Termin ist FHB/BIG nicht bekannt. Sollte die Kommanditeinlage von DEGI bereits vor dem 31. August 1999 gezahlt worden sein, wäre das Testat der KPMG dafür nicht ursächlich geworden.

Auf jeden Fall liegen also alle relevanten Rechtshandlungen der DEGI zeitlich vor der Gegenzeichnung der Viererverträge durch SWG. Als die Viererverträge von SWG am 7. Oktober 1999 gegengezeichnet wurden, hatte die DEGI mit der Köllmann AG schon alle für die Beteiligung der DEGI an der Space Park KG wesentlichen Verträge abgeschlossen und vollzogen.