Staatsanwaltschaft

Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode - 70 Nach Absatz 4 Satz 2 ist allerdings der aufnehmende Dienstvorgesetzte nur dann zuständig, wenn das Dienstvergehen während der Abordnung begangen worden ist, es sei denn der aufnehmende Dienstvorgesetzte überlässt die Ausübung der Disziplinarbefugnisse dem abgebenden Dienstvorgesetzten oder es ist etwas anderes bestimmt (z.B. wenn sich der abgebende Dienstherr die uneingeschränkte Ausübung der Disziplinarbefugnisse im Zusammenhang mit der Abordnung vorbehält).

Zu § 18:

Durch die Vorschrift wird das so genannte „Selbstreinigungsverfahren" grundlegend neu konzipiert und vereinfacht. § 18 gibt dem Beamten das Recht auf eine objektive und gegen jedermann wirkende Klärung des Verdachts, ein Dienstvergehen begangen zu haben. Nach § 35 SDO kann der Beamte die Entlastung von dem Verdacht nur durch einen bei der Einleitungsbehörde zu stellenden Antrag auf Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens erreichen. Diese Regelung hat in der Praxis zahlreiche Probleme aufgeworfen und dem berechtigten Schutzinteresse des Beamten nur unzureichend Rechnung getragen. Während das „Selbstreinigungsverfahren" zur Entlastung jedes denkbaren - also auch eines minder schweren - Dienstvergehens bestimmt ist, ist das hierfür zur Verfügung gestellte förmliche Disziplinarverfahren seinem Zweck nach auf schwerere Dienstvergehen zugeschnitten. Der Beamte kann sich hierdurch gezwungen - oder auch gehindert - sehen, zum Zwecke seiner Entlastung einen Antrag auf Einleitung eines in Bezug auf den Tatverdacht von vornherein unangemessenen Verfahrens zu stellen. Wird wegen eines leichten Tatverdachts ein Antrag auf Durchführung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gestellt, wird die Einleitungsbehörde, da sie nach allgemeiner Auffassung auch im Rahmen des § 34 SDO nicht gezwungen ist, ein solches Verfahren durchzuführen, den Antrag im Regelfall ablehnen und gegebenenfalls im Rahmen eines nichtförmlichen Disziplinarverfahrens ermitteln. Derartige Ermittlungen sind auf der Grundlage des bisherigen Rechts aber auch dann denkbar, wenn zwar ein hinreichender Tatverdacht besteht, zunächst jedoch noch abgeklärt werden muss, ob die Voraussetzungen zur Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gegeben sind.

Über den Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens ist nach Absatz 2 nach Maßgabe des bereits in § 17 festgelegten Legalitätsprinzips zu entscheiden. Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Beamte Anspruch auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Ob der Beamte ein Dienstvergehen begangen hat und er deshalb eine disziplinarrechtliche Sanktionierung erfährt, ist nach den gleichen Prinzipien zu entscheiden, die auch für das von Amts wegen eingeleitete Disziplinarverfahren gelten. Eine Ablehnung des Antrags erfolgt dann, wenn konkrete Anhaltspunkte, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, nicht vorliegen. Eine Ablehnung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens oder bei Offenlassen, ob ein Dienstvergehen vorliegt, darf künftig nicht mehr erfolgen; eine derartige Feststellung lässt sich nur noch im Rahmen der Einstellung des Disziplinarverfahrens treffen. Mit der Ablehnung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens ist deshalb die beantragte Entlastung unmittelbar erreicht, so dass es eines Rechtsbehelfsverfahrens entsprechend § 35 Satz 4 SDO nicht mehr bedarf. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Beamten auf Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes kann nach der neuen Konzeption erst gegeben sein, wenn ein auf seinen Antrag hin eingeleitetes Disziplinarverfahren eingestellt wird und dabei entweder ein Dienstvergehen festgestellt oder offengelassen wird, ob ein solches vorliegt. In diesen Fällen kann der Beamte Widerspruch einlegen und Klage erheben.

Zu § 19: Absatz 1 bestimmt, dass das Disziplinarverfahren auch nach seiner Einleitung auf neue Handlungen erstreckt werden kann. Die durch Absatz 2 eingeführte Möglichkeit der Konzentration der Disziplinarverfahren folgt dem - inzwischen bewährten - Beispiel der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Die Aufklärung auch nebensächlicher Pflichtverletzungen führt vor allem bei umfangreicheren Verfahren zu nicht unerheblichen Verzögerungen. Im Interesse einer Beschleunigung der Verfahren soll deshalb die Möglichkeit geschaffen werden, einzelne Handlungen, die für die zu erwartende Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen, aus dem Verfahren auszuscheiden. Dies ist beispielsweise dann sachgerecht, wenn bereits einer von mehreren Vorwürfen voraussichtlich zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen wird oder wenn die Berücksichtigung eines weiteren Vorwurfs eine schärfere Disziplinarmaßnahme nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den notwendigen Vertrauensschutz und die notwendige Rechtssicherheit ist eine Konzentration grundsätzlich bindend mit der Folge, dass eine Verfolgung der ausgeschiedenen Handlungen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht mehr zulässig ist. Hiervon ist lediglich für den Fall eine Ausnahme zu machen, dass die Beschränkungsvoraussetzungen nachträglich entfallen, was beispielsweise dann der Fall ist, wenn der ausgeschiedenen Handlung durch die Unbeweisbarkeit der im Disziplinarverfahren verbliebenen Handlung nachträglich ein anderes Gewicht zukommt.

Zu § 20:

Die Vorschrift regelt in Absatz 1 die Unterrichtung, Belehrung und Anhörung des Beamten im Wesentlichen in Anlehnung an § 27 Abs. 2 SDO. Der Begriff der Bevollmächtigten und Beistände ergibt sich aus § 3 SDG i. V. m. § 14 VwVfG für das behördliche Disziplinarverfahren und i. V. m. § 67 VwGO für das gerichtliche Disziplinarverfahren. Zur beschleunigten Durchführung der Ermittlungen sieht Absatz 2 konkrete Ausschlussfristen vor, innerhalb derer sich der Beamte entweder schriftlich oder mündlich äußern kann. Unter den dort genannten Voraussetzungen ist die Frist zu verlängern und die Ladung zur mündlichen Anhörung zu wiederholen.

In Absatz 3 wird für den Fall, dass der Beamte nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt wird, erstmals ein Verwertungsverbot normiert.

Zu § 21 Absatz 1 bestimmt den Umfang der Ermittlungen in Anlehnung an § 27 Abs. 1 Satz 2 SDO.

Der Begriff „Ermittlungen" tritt dabei an die Stelle des bisherigen Begriffs „Vorermittlungen", der insofern missverständlich ist, als er zu der Annahme verleitet, den „Vorermittlungen" würden stets neue Ermittlungen folgen, was schon bislang nur eingeschränkt und in Zukunft überhaupt nicht der Fall ist.

Die Durchführung der Ermittlungen erfolgt, von den nachfolgenden, insbesondere die Durchführung der Beweisaufnahme betreffenden Bestimmungen abgesehen, nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungshandelns. Das betrifft auch die konkrete Aufgabenverteilung, bezüglich derer bewusst darauf verzichtet wird, eine dem bisherigen Untersuchungsführer entsprechende Institution vorzusehen. Stattdessen beurteilt sich die Zuständigkeit zur Durchführung der Ermittlungen nach den auch für das sonstige Verwaltungshandeln geltenden Regeln, was den Dienstvorgesetzten eine flexible, der beschleunigten Durchführung der Disziplinarverfahren dienliche, Handhabung ermöglicht. So ist eine einzelfallbezogene Auswahl geeigneter Personen, die die Ermittlungen durchzuführen haben, ebenso möglich wie die Einrichtung fester Dienstposten, deren Inhaber mit sämtlichen in dem jeweiligen Geschäftsbereich anfallenden Ermittlungen zu betrauen sind.

Bei privatisierten Unternehmen ist denkbar, dass diese selbst mit der Durchführung von Ermittlungen beauftragt werden. Der Ermittlungsauftrag kann dabei, anders als bei dem bisherigen Untersuchungsführer, auch an mehrere Mitarbeiter ergehen, was sich vor allem bei umfangreichen Großverfahren anbieten dürfte. In jedem Fall sollten die mit den Ermittlungen betrauten Personen, soweit sie diese nicht im Hauptamt wahrnehmen, von ihren sonstigen Aufgaben möglichst so weit entlastet werden, dass der beschleunigte Abschluss der Ermittlungen nicht gefährdet ist.

Die in Absatz 2 genannten Ausnahmen von der Pflicht zur Durchführung der Ermittlungen sind an § 47 Abs. 1 Satz 2 SDO angelehnt, inhaltlich jedoch konkreter gefasst. Neben den tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren sind deshalb auch die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, als Ausnahmetatbestand aufgenommen worden. Soweit derartige Feststellungen vorliegen, „ist" nunmehr von der Durchführung der Ermittlungen abzusehen, wodurch deutlich wird, dass im Regelfall auf sie zu verzichten ist. Dies macht den Umfang der Bindungswirkung deutlich, in deren Folge jedwede neue Ermittlungstätigkeit unzulässig ist. Ist der Sachverhalt ansonsten aufgeklärt, „kann" nach Absatz 2 Satz 2 ebenfalls von der Durchführung der Ermittlungen abgesehen werden; das Merkmal des gesetzlich geordneten Verfahrens entspricht dabei dem entsprechenden Merkmal des § 23 Abs. 2.

Zu § 22

Die Bestimmung behandelt das Verhältnis des behördlichen Disziplinarverfahrens zu anderen Verfahren, denen derselbe Sachverhalt zugrunde liegt. Für das Verhältnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens zu anderen Verfahren gilt unmittelbar die Regelung des § 94 VwGO. Infolge der eindeutigen Festschreibung des Legalitätsprinzips in § 17 Abs. 1 besteht zunächst kein Zweifel daran, dass ein Disziplinarverfahren auch im Falle der Anhängigkeit eines sachgleichen Strafverfahrens eingeleitet werden muss. Die ausdrückliche Erwähnung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (§ 160 StPO) in Satz 1 Halbsatz 2 dient lediglich der Klarstellung.

Das ohnehin nach Absatz 3 zu prüfende Ermittlungsverfahren soll aufgrund seiner hohen praktischen Bedeutung für den Rechtsanwender hervorgehoben werden.

In Absatz 1 wird an dem Vorrang des Strafverfahrens vor dem Disziplinarverfahren und damit auch an dem Zwang zur Aussetzung des Disziplinarverfahrens dem Grunde nach festgehalten. Die Aussetzung dient in erster Linie dem Zweck, das Ergehen widersprüchlicher Entscheidungen im Strafverfahren einerseits und im Disziplinarverfahren andererseits zu vermeiden. Für einen Vorrang des Strafverfahrens sprechen schließlich die in diesem bestehenden besseren Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung. Andererseits darf nicht verkannt werden, dass der Aussetzungszwang regelmäßig eine nicht unerhebliche Verzögerung des Disziplinarverfahrens mit sich bringt. Um ihr entgegenzuwirken, sieht die bisherige Regelung des § 17 Abs. 3 SDO lediglich vor, dass ein ausgesetztes Disziplinarverfahren fortgesetzt werden kann, wenn die Sachaufklärung gesichert ist oder wenn im strafgerichtlichen Verfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen. Die Neufassung des Absatzes 1 Satz 2 erweitert diese Regelung dahingehend, dass in den Fällen, in denen die genannten Voraussetzungen von Anfang an vorliegen, auch eine Aussetzung von vornherein zu unterbleiben hat. Durch die Ersetzung der Voraussetzung „wenn die Sachaufklärung gesichert ist" durch die Formulierung „wenn keine begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen" soll keine wesentliche sachliche Änderung herbeigeführt, sondern die praktische Handhabung der Vorschrift erleichtert werden.

Sofern eine Sicherung der Sachverhaltsaufklärung nachträglich eintritt, schreibt Absatz 2 eine unverzügliche Fortsetzung des Disziplinarverfahrens nunmehr verbindlich vor; das nach bisherigem Recht hier gegebene Ermessen ist im Interesse der Beschleunigung entfallen.