Sie dient dem Ziel die Disziplinarverfahren wesentlich zu beschleunigen

Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode - 76 Zu § 33

Wesentlicher Inhalt der Norm ist die Regelung der Kompetenzen zum Erlass einer Disziplinarverfügung. Eine zentrale Neuerung stellt die durch Absatz 1 geschaffene Möglichkeit der Verhängung einer Kürzung der Dienstbezüge und einer Kürzung des Ruhegehalts im Rahmen des behördlichen Disziplinarverfahrens, mithin im Wege einer Disziplinarverfügung, dar.

Sie dient dem Ziel, die Disziplinarverfahren wesentlich zu beschleunigen. Die Dienstpflichtverletzungen, deren Sanktionierung als Disziplinarmaßnahmen die Kürzung der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts verlangt, lassen sich auch ohne Erhebung einer Disziplinarklage angemessen sanktionieren. Die Verfahrensrechte der betroffenen Beamten werden hierdurch nicht unzumutbar verkürzt, da ihnen auch im behördlichen Disziplinarverfahren angemessene Beteiligungsrechte zustehen und ein ausreichender gerichtlicher Rechtsschutz ebenfalls gewährleistet ist. Demgegenüber liegt die hierdurch herbeigeführte Verkürzung der Disziplinarverfahren in ihrem Interesse, denn gerade bei Dienstpflichtverletzungen im mittleren Bereich kann die Durchführung des bisherigen förmlichen Disziplinarverfahrens unverhältnismäßig belastend wirken. Die durch die Neuregelung ermöglichte wesentliche Reduzierung der Disziplinarklagen wird auch zu einer spürbaren Entlastung der Gerichte führen, die dadurch ihre Arbeitskraft schneller und effektiver auf die tatsächlich schwerwiegenden Fälle konzentrieren können.

Die Absätze 2 bis 4 grenzen die Disziplinarbefugnisse für die Verhängung von Geldbußen, Kürzungen der Dienstbezüge und Kürzungen des Ruhegehalts im Verhältnis der Dienstvorgesetzten untereinander sowie im Verhältnis zu der obersten Dienstbehörde ab. Im Vergleich zu dem bisherigen Recht werden die Kompetenzen der nachgeordneten Stellen gestärkt, was bei den höheren Stellen Raum für eine Verfolgung der schwerwiegenderen, mit einer Kürzung der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts zu ahndenden, Dienstvergehen schafft.

Absatz 5 enthält eine Ermächtigung, die Zuständigkeiten zur Verhängung von Disziplinarmaßnahmen an nachgeordnete Behörden zu übertragen.

Absatz 6 legt auch hier einen Begründungs- und Zustellungszwang fest.

Zu § 34

Infolge der Abschaffung des bisherigen förmlichen Disziplinarverfahrens ist in denjenigen Fällen, in denen weder das Disziplinarverfahren eingestellt wird noch eine Disziplinarverfügung ergeht, unmittelbar Klage beim Verwaltungsgericht zu erheben. Die Klage erhält zur Charakterisierung ihrer Funktion und in Abgrenzung zu den Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung die Bezeichnung „Disziplinarklage".

Die in Absatz 2 Satz 1 festgelegten Zuständigkeiten ersetzen die Zuständigkeiten der bisherigen Einleitungsbehörden. Satz 2 enthält eine Ermächtigung zur Übertragung der Zuständigkeiten an nachgeordnete Behörden.

Zu § 35

Die Mitteilungs- und Weitergabepflicht des Absatzes 1 beruht in erster Linie auf den nach Absatz 2 bestehenden Kompetenzen der obersten Dienstbehörde. In Anlehnung an § 31 Satz 2 besteht auch hier die Möglichkeit der Rückgabe des Verfahrens - hier an den Dienstvorgesetzten.

Die Absätze 2 und 3 regeln die Kompetenzen der obersten Dienstbehörde, nach einer Einstellung des Disziplinarverfahrens oder nach dem Erlass einer Disziplinarverfügung durch den Dienstvorgesetzten eine abweichende Entscheidung zu treffen und stellen eine Neufassung des § 28 Abs. 2 und des § 33 Abs. 2 SDO dar. Nach bisherigem Recht kann eine Verschärfung der Disziplinarmaßnahme nach Art oder Höhe oder die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens u. a. erfolgen, wenn die Disziplinarverfügung innerhalb von drei Monaten nach ihrem Erlass aufgehoben worden ist; der Erlass der verschärften Disziplinarmaßnahme als solcher muss demgegenüber nicht innerhalb der Frist erfolgen. Im Interesse des beschleunigten endgültigen Abschlusses des Disziplinarverfahrens und zur größeren Rechtssicherheit für den betroffenen Beamten ist nunmehr vorgesehen, dass eine Verschärfung der Disziplinarmaßnahme nach Art oder Höhe oder die Erhebung der Disziplinarklage selbst innerhalb der Frist erfolgen müssen.

Zu § 36

Die Vorschrift vermittelt dem Beamten einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Disziplinarverfahrens.

Der Beamte kann gemäß Absatz 1 nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Disziplinarverfügung deren Aufhebung beanspruchen, wenn wegen desselben Sachverhalts unanfechtbar eine Entscheidung im Straf- oder Bußgeldverfahren ergeht und die Voraussetzungen des § 14 erfüllt sind. Soweit das einer Disziplinarverfügung zugrunde liegende Verhalten des Beamten nachträglich durch ein Gericht oder eine Behörde geahndet wird und die Voraussetzungen des Doppelahndungsverbots nach § 14 Abs. 1 vorliegen, erfasst die Vorschrift den Regelungsgegenstand des bisherigen § 114 SDO, der für diese Fallgestaltung bislang ein eigenes Verfahren vorsieht. Aus Gründen der Verfahrensvereinheitlichung wird ihre verwaltungsmäßige und gerichtliche Abwicklung nunmehr in die vorhandenen Verfahrensabläufe integriert. Der Beamte kann nach Absatz 1 einen Antrag auf Aufhebung der Disziplinarmaßnahme stellen, über den durch Bescheid zu befinden ist. Gegen einen ablehnenden Bescheid kann Widerspruch eingelegt und Klage erhoben werden. Im Hinblick auf § 14 Abs. 2 hat der Beamte weiterhin dann einen Anspruch auf nachträgliche Aufhebung der Disziplinarverfügung, wenn er wegen des ihr zugrunde liegenden Sachverhalts im Straf- oder Bußgeldverfahren nachträglich rechtskräftig freigesprochen wird und ein disziplinarer Überhang nicht besteht. Auch in diesem - gesetzlich bislang nicht erfassten - Fall gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung, den Beamten so zu stellen, als wäre das Straf- oder Bußgeldverfahren zum Zeitpunkt des Eintritts der Unanfechtbarkeit der Disziplinarverfügung bereits abgeschlossen gewesen. Ist die Disziplinarmaßnahme nicht durch Disziplinarverfügung, sondern durch Urteil verhängt worden, erfolgt die Aufhebung gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 im Rahmen des gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahrens.

Absatz 2 sieht für die Antragstellung im Interesse der Beschleunigung eine Drei-Monats-Frist vor, die in Anlehnung an § 51 Abs. 3 Satz 2 SVwVfG mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene den Grund für die Aufhebung kennt.

Zu § 37

Die Vorschrift regelt die Kostenentscheidung des behördlichen Disziplinarverfahrens. Die vorgesehenen Kostenregelungen lehnen sich an die verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsprozessualen Kostenvorschriften an, soweit die Besonderheiten des Disziplinarrechts dies zulassen.

Nach Absatz 1 Satz 1 können dem Beamten, gegen den eine Disziplinarmaßnahme verhängt wird, regelmäßig die entstandenen Auslagen des Verfahrens auferlegt werden, soweit nicht die Ausnahmen des Absatzes 1 Satz 2 vorliegen.

Bei einer Einstellung des Verfahrens können dem Beamten die Auslagen des Verfahrens nur unter den besonderen Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 2 auferlegt werden.

Absatz 3 regelt die Kostentragung im Falle einer Entscheidung nach § 36 unter Verweisung auf die Regelungen der Absätze 1 und 2.

Nach Absatz 4 steht dem Beamten, sobald der Dienstherr die Auslagen des Verfahrens zu tragen hat, in Anlehnung an § 162 Abs. 1 VwGO ein unmittelbarer Aufwendungserstattungsanspruch zu. Infolge der nunmehr fehlenden Differenzierung zwischen nichtförmlichem und förmlichem Disziplinarverfahren erstreckt sich dieser Anspruch auf alle dem Grunde nach erstattungsfähigen Aufwendungen des behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens.

Hierdurch wird der bisherige, rechtspolitisch fragwürdige Zustand beseitigt, der eine Erstattung im nichtförmlichen Disziplinarverfahren nicht vorsieht.

Absatz 5 stellt in Einklang mit dem bisherigen Recht fest, dass das behördliche Disziplinarverfahren gebührenfrei ist.

Zu § 38

Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen stellen Verwaltungsentscheidungen dar, die durch die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständigen Behörden im Rahmen des nunmehr einheitlichen behördlichen Disziplinarverfahrens getroffen werden.

Das macht nicht nur der Wortlaut der Vorschrift deutlich, sondern auch der systematische Kontext zu den Vorschriften über das behördliche Disziplinarverfahren.

Absatz 1 enthält eine Neuregelung der an die vorläufige Dienstenthebung zu stellenden tatbestandlichen Voraussetzungen. Diese ist nicht nur wegen des Wegfalls des förmlichen Disziplinarverfahrens, sondern auch deshalb geboten, weil die Voraussetzungen eines so schwerwiegenden Eingriffs sich nur aus einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelung ergeben können. Die in Absatz 1 nunmehr genannten Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben diejenigen Fallkonstellationen, in denen ein dienstliches Interesse an einer Suspendierung denkbar ist. Die bei Vorliegen dieser Voraussetzungen gebotene Würdigung der Belange des jeweiligen Einzelfalles ist im Rahmen der Ausübung des dem Dienstherrn eingeräumten Ermessens vorzunehmen.

Nach Absatz 1 Satz 1 ist die vorläufige Dienstenthebung zunächst dann zulässig, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Diese Voraussetzung, deren Erfülltsein anhand einer Prognose der im Hauptsacheverfahren zu erwartenden Entscheidung zu beurteilen ist, ermöglicht es im Übrigen, die vorläufige Dienstenthebung und die - oftmals zeitgleich verhängte - Einbehaltung von Dienstbezügen (Absatz 2) unter eine einheitliche Voraussetzung zu stellen, denn die Einbehaltung der Dienstbezüge ist schon nach der bisherigen Regelung des § 84 Abs. 1 SDO unter der Voraussetzung zulässig, die nunmehr in Absatz 1 Satz 1 auch für die vorläufige Dienstenthebung gilt.

Absatz 1 Satz 2 lässt die vorläufige Dienstenthebung darüber hinaus im Interesse des Dienstbetriebes oder zur Gewährleistung der Ermittlungen zu. Der besondere Hinweis auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit macht deutlich, dass ein geringer gewichtiges Dienstvergehen, etwa ein solches, welches lediglich einen Verweis oder eine Geldbuße nach sich ziehen kann, die vorläufige Dienstenthebung nach Absatz 1 Satz 2 nicht zu rechtfertigen vermag und sich insofern gegenüber der bisherigen Rechtslage, welche die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens zur Voraussetzung erhebt, keine materielle Verschärfung ergibt. Frühestmöglicher Zeitpunkt für die vorläufige Dienstenthebung ist die Einleitung des nunmehr einheitlichen Disziplinarverfahrens. Dass nur die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde, welche an die Stelle der bisherigen Einleitungsbehörde tritt, die Maßnahme aussprechen kann, ist eine im Hinblick auf ihre Bedeutung notwendige Regelung.