Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen

I. Allgemeines:

Mit dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20. Oktober 1972 haben die Länder erstmals die rechtliche Grundlage für ein zentrales Zulassungsverfahren in den zulassungsbeschränkten Studiengängen sowie für eine einheitliche Ermittlung und Festsetzung der Studienplatzkapazitäten an den Hochschulen geschaffen. Sie sind damit dem durch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 18. Juli 1972 (s. amtliche Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts, Band 33, S. 303 ff.) präzisierten verfassungsrechtlichen Gebot nachgekommen, in diesen Studiengängen zentral und nach einheitlichen Kriterien über die Zulassung zu entscheiden und für eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazitäten zu sorgen. Seit dem Wintersemester 1973/74 führt die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in Dortmund die Studienplatzvergabe durch.

Der Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 23. Juni 1978 hatte im Wesentlichen die Anpassung des Hochschulzulassungsrechts an die Regelungen des am 30. Januar 1976 in Kraft getretenen Hochschulrahmengesetzes (HRG) zum Inhalt.

Durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 14. Juni 1985 ist im Hinblick auf das Zweite Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 28. März 1985 insbesondere die Zulassung zu den sogenannten harten Numerus-clausus-Studiengängen durch die Einführung des besonderen Auswahlverfahrens neu geregelt worden.

Der Abschluss des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 12. März 1992 war auf Grund der deutschen Einigung notwendig geworden. Von allen 16 Ländern abgeschlossen, hat er insbesondere die durch Anlage I Kapitel XVI Sachgebiet A Abschnitt II Nr. 2 des Einigungsvertrages in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1130) erfolgten Änderungen und Ergänzungen des Hochschulrahmengesetzes umgesetzt.

Der Abschluss des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 24. Juni 1999 ging auf das Vierte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 20. August 1998 (BGBl. I S. 2190) zurück, durch das insbesondere die Möglichkeit eröffnet wurde, (nach Abzug der Vorabquoten) bis zu 24 % der verbleibenden Studienplätze durch unmittelbar von den Hochschulen durchgeführte Auswahlverfahren zu vergeben sowie im zentralen Vergabeverfahren bei der Ortsverteilung für bis zu 25 % der Studienplätze den Grad der Qualifikation als erstes Hilfskriterium nach der Ortpräferenz vorzusehen.

Der Abschluss eines neuen Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen ist im Hinblick auf das Siebte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 28. August 2004 (BGBl. I S. 2298) erforderlich.

Mit diesem Staatsvertrag kommen die Länder ihrer Verpflichtung nach, ihr Hochschulzulassungsrecht zu einem übereinstimmenden Zeitpunkt entsprechend den §§ 29 - 35 HRG zu regeln; der Staatsvertrag muss spätestens zum 4. September 2007 in Kraft treten (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 8 sowie Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 des Hochschulrahmengesetzes).

Nach § 72 Abs. 2 Satz 2 HRG sind bereits seit dem Wintersemester 2005/06 die Vorschriften der Artikel 7 bis 16 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 24. Juni 1999 nach Maßgabe des § 30 Abs. 3, des § 31 Abs. 3, des § 32 Abs. 3 und 4, des § 34 und des § 35 HRG in der ab 4. September 2004 geltenden Fassung anzuwenden.

Auf Grund der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes ergeben sich gegenüber dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 24. Juni 1999 folgende Änderungen:

· Die Verfahrensart des besonderen Auswahlverfahrens (s. Artikel 14 - alt -) entfällt einschließlich des Feststellungsverfahrens und aller darauf bezogenen Regelungen (s. Artikel 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Artikel 4 Abs. 2 Nr. 5, Artikel 16 Abs. 1 Nr. 10 bis 12 und Artikel 18 - jeweils alt -). Die Verfahrensart des Allgemeinen Auswahlverfahrens enthält die Bezeichnung "Auswahlverfahren".

· Da die Verfahrensart des Verteilungsverfahrens zur Zeit keine praktische Bedeutung hat, beschränkt sich die Regelung des Artikels 10 auf die Wiedergabe des Wortlauts des § 31 Abs. 2 HRG. Die bisher in Artikel 8 Abs. 5 vorgesehene Möglichkeit, während des laufenden Vergabeverfahrens von einem Auswahl- in ein Verteilungsverfahren überzugehen, entfällt; Artikel 13 Abs. 1 formuliert die drei Hauptquoten neu und legt fest, in welchem quantitativen Verhältnis sie zueinander stehen:

· die Quote für die Auswahl nach dem Grad der Qualifikation, in der bisher die überwiegende Zahl der nach der Vergabe der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze zu vergeben war, wird auf ein Fünftel der an jeder Hochschule verbliebenen Studienplätze reduziert (Artikel 13 Abs. 1 Nr. 1- neu -); sie wird weiterhin von der Zentralstelle vergeben; für die Verteilung der in dieser Quote Ausgewählten bestimmt Artikel 11 Abs. 1 Satz 4, der § 31 Abs. 3 Satz 2 HRG umsetzt, dass als Verteilungskriterium nach den Ortswünschen primär der Grad der Qualifikation maßgebend ist. Diese Quote soll es den besten Abiturientinnen und Abiturienten ermöglichen, an der Hochschule ihrer Wahl zu studieren ("Abiturbestenquote"); zur Begründung der 7. HRG-Novelle s. die Drucksachen 15/1498 und 15/3475 des Deutschen Bundestages.

· die Quote für die Auswahl nach Wartezeit (Artikel 13 Abs. 1 Nr. 2 - neu -), die bisher den überwiegenden Teil der nach der Vergabe der Vorabquoten und der Leistungsquote verbleibenden Studienplätze umfasst hat, umfasst nunmehr "ein Fünftel" der nach der Vergabe der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze und ist damit beträchtlich reduziert worden; sie wird weiterhin von der Zentralstelle vergeben; die Berechnung der Wartezeit erfasst nur noch den reinen Zeitablauf und (negativ) die Parkstudienzeiten; entfallen sind nach § 33 Abs. 3 Nr. 2 HRG alle Möglichkeiten der Wartezeitverbesserung aufgrund beruflicher Qualifikationen und Tätigkeiten sowie die Begrenzung der Wartezeit auf 16 Halbjahre; für die Ortsverteilung sind - den Vorgaben des § 31 Abs. 3 Satz 2 HRG entsprechend - nach den Ortswünschen primär soziale Gründe maßgeblich. Die Wartezeitquote dient der Chancengerechtigkeit für die Bewerberinnen und Bewerber, die nicht über den Grad ihrer Qualifikation ausgewählt werden können.

· Artikel 13 Abs. 1 Nr. 3 - neu - regelt die Auswahlverfahren der Hochschulen, durch welche die nach der Vergabe aller anderen Quoten verbleibenden Studienplätze vergeben werden; dabei handelt es sich um drei Fünftel der nach der Vergabe der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze, also um die bei weitem größte Quote. Die Regelung beschränkt sich auf die Wiedergabe des Wortlauts der Regelung des § 32 Abs. 3 Nr. 3 HRG. Hinsichtlich der Festlegung der zulässigen Auswahlkriterien bedarf sie der Konkretisierung durch das jeweilige Landesrecht; festgelegt ist nur, dass dem Grad der Qualifikation bei der Auswahl ein "maßgeblicher Einfluss" zukommen muss. An die Stelle einer möglichen Begrenzung der Teilnehmerzahl unter alleiniger Anwendung des Kriteriums des Grades der Qualifikation (s. Artikel 13 Abs. 1 Nr. 2 b Satz 4 und 5 - alt -) tritt die Möglichkeit einer Vorauswahl unter möglicher Anwendung weiterer Kriterien unter Einschluss des Grades der Ortspräferenz.

· Artikel 11 Abs. 1 Satz 2 sichert - in Umsetzung des § 32 Abs. 1 Satz 2 HRG den Bewerberinnen und Bewerbern im Auswahlverfahren eine Mindestzahl von sechs Ortswünschen; mit dieser Regelung wird inzident anerkannt, dass es im Interesse einer Entlastung der Hochschulen grundsätzlich zulässig ist, die Zahl der Ortswünsche zu beschränken.

Darüber hinaus enthält der neue Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen gegenüber dem bisherigen Staatsvertrag einige Änderungen und Ergänzungen, die nicht auf die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes zurückgehen:

· In Artikel 3 Nr. 3 und Artikel 6 wird die bisherige Bezeichnung „Leiterin oder Leiter" (der Zentralstelle) durch die genauere Bezeichnung „Direktorin oder Direktor" ersetzt.

· Im Bereich des Kapazitätsrechts gibt es folgende Änderungen:

- Die Formulierung des Artikels 7 Abs. 1 Satz 1 wird redaktionell angepasst;

- der bisherige Artikel 7 Abs. 4, der die Anwendung des Kostennormwertverfahrens anstelle des in Absatz 2 geregelten Curricularnormwertverfahrens ermöglichte, ist entfallen, da die Länder sich gegen die alternative Anwendung dieser beiden Verfahren zur Kapazitätsberechnung entschieden haben.