Zu § 26 Wohngruppen. Die Bestimmung normiert den Wohngruppenvollzug als regelmäßige Unterbringungsform

Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode. Zu § 25 Unterbringung während der Ruhezeit Absatz 1 Satz 1 schreibt entsprechend § 18 StVollzG regelmäßig die Einzelunterbringung während der Ruhezeit vor. Dies dient dem Schutz der Privat- und Intimsphäre und dem Schutz vor wechselseitigen Übergriffen (vgl. BVerfG a.a.O., S. 2096). Absatz 1 Satz 2 gestattet darüber hinaus eine gemeinsame Unterbringung, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind und die Gefangenen zustimmen. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung der Anstalt, die insbesondere erzieherische Aspekte berücksichtigen muss. Sollte die Anstalt sich für eine gemeinschaftliche Unterbringung entscheiden, ist bei der Auswahl der gemeinsam unterzubringenden Gefangenen erhebliche Sorgfalt aufzuwenden, da die gemeinsame Unterbringung nur für geeignete Gefangene in Betracht kommt. Eine Unterbringung von mehr als zwei Gefangenen in einem Haftraum wird nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Je mehr Gefangene in einem Haftraum untergebracht sind, desto stärker entwickelt sich das mögliche Konfliktpotenzial. Es steigt die Neigung zur Gruppenbildung und die Gefahr von Übergriffen zu Lasten einzelner Gefangener.

Absatz 2 Satz 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass es im Interesse einzelner Gefangener geboten sein kann, sie gemeinsam unterzubringen. Dies wird nicht geschehen können, ohne die Zustimmung der anderen Gefangenen einzuholen.

Gelegentliche Belegungsspitzen können über Absatz 2 Satz 2 aufgefangen werden.

Zu § 26 Wohngruppen

Die Bestimmung normiert den Wohngruppenvollzug als regelmäßige Unterbringungsform. Das Bundesverfassungsgericht hat gesetzliche Vorkehrungen angemahnt, die den Gefangenen einerseits den positivem sozialen Lernen dienenden Aufbau von Kontakten innerhalb der Anstalt erlauben und diese nicht unnötig beschränken, andererseits die Gefangenen vor wechselseitigen Übergriffen schützen. Es bezeichnet die Unterbringung in kleineren Wohngruppen ausdrücklich als besonders geeignet (a.a.O., S. 2096).

Gerade der Wohngruppenvollzug dient der Einübung sozialadäquaten Verhaltens, weil die Gefangenen sich mit den Bedürfnissen und Erwartungen ihrer Mitgefangenen im Alltag auseinandersetzen und Probleme gemeinsam lösen müssen. Hinzu kommt, dass in Wohngruppen die individuelle Ansprache, Erziehung und Förderung der Gefangenen besser möglich ist als in Abteilungen. Die dem Erziehungsauftrag zuwiderlaufenden subkulturellen Einflüsse und Strukturen können so zurückgedrängt werden.

Der Wohngruppenvollzug erfordert geeignete und zweckentsprechend ausgestattete Räumlichkeiten (§ 98 Abs. 3) und stellt erhöhte Anforderungen an Zahl und Befähigung des dort eingesetzten Personals.

Zur optimalen Wohngruppengröße gibt es keine empirischen Belege. Gegen die Festlegung einer bestimmten Wohngruppengröße spricht ferner, dass der Betreuungsbedarf je nach den bei den Gefangenen vorhandenen sozialen Defiziten variiert. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten in der Justizvollzugsanstalt Ottweiler wird jedoch regelmäßig nur eine Belegung der mit 16 Haftplätzen ausgestatteten Wohngruppen mit 12

Gefangenen in Frage kommen, um so die notwendige Einzelunterbringung zu gewährleisten.

Drucksache 13/1390 Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode. Die Beschränkung auf „geeignete" Gefangene in Satz 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass einige Gefangene aufgrund ihrer Persönlichkeit nicht oder nur bedingt gemeinschaftsfähig sind (z. B. wegen stark erhöhter Gewaltbereitschaft, erheblicher Rückzugstendenzen oder sozialer Unverträglichkeit). Ihre Unterbringung in der Wohngruppe würde den Erziehungserfolg der Wohngruppenmitglieder gefährden. Durch erzieherische Unterstützung sollen nicht gemeinschaftsfähige Gefangene zur Gruppeneignung hingeführt werden.

Zu § 27 Unterbringung von Müttern mit Kindern

Die Bestimmung schafft in Anlehnung an § 80 StVollzG die rechtliche Möglichkeit, Säuglinge und Kleinkinder gemeinsam mit ihrer inhaftierten Mutter unterzubringen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Bereitstellung derartiger Haftplätze. Im Hinblick auf die besonderen Anforderungen an die baulichen und auch personellen Voraussetzungen für die Unterbringung dieser Kinder im Vollzug und die zu besorgenden Auswirkungen auf sie wird deren Aufnahme einen seltenen Ausnahmefall darstellen.

Weibliche Gefangene, die durch die Inhaftierung von ihren Säuglingen oder Kleinkindern getrennt werden, sind zum Teil besonders haftempfindlich. Auch ihre Kinder leiden in der Regel unter dem Verlust der Bindung oder der fehlenden Nähe zu ihrer Mutter. Deshalb ermöglicht die Bestimmung die gemeinschaftliche Unterbringung von Müttern mit ihren Kindern. Eine vergleichbare Situation besteht im Verhältnis inhaftierter Väter zu ihren Kindern nicht.

Vor der Unterbringung der Kinder ist das Jugendamt zu beteiligen, das unter anderem zu beurteilen haben wird, ob die gemeinsame Unterbringung dem Kindeswohl entspricht.

Zu § 28 Persönlicher Gewahrsam, Kostenbeteiligung § 28 Abs. 1 bis 4 entspricht § 83 StVollzG. Die in § 83 Abs. 2 Satz 3 StVollzG enthaltene Beschränkung der Verfügungsbefugnis über das Eigengeld wurde nicht übernommen, da das Gesetz Überbrückungsgeld nicht mehr vorsieht. Zur Vereinheitlichung der Terminologie wird in der Bestimmung durchgängig der Begriff „Sachen" verwendet.

Die Bestimmung bindet die Überlassung von Sachen an die Zustimmung der Anstalt, trifft jedoch keine Aussage darüber, ob und wann die Gefangenen etwas besitzen dürfen. Die materiellen Voraussetzungen enthält das Gesetz erst in den folgenden Bestimmungen darüber, dass den Gefangenen Sachen zur Ausstattung des Haftraums (§ 29), als private Bekleidung (§ 30), als zusätzliche Nahrungsmittel (§ 31), zur Information (§§ 40, 41), zur Beschäftigung in der Freizeit (§ 42) und zum religiösen Gebrauch (§ 43) gestattet werden können.

Anders als das Strafvollzugsgesetz, welches den Widerruf der Zustimmung zur Überlassung von Gegenständen nur punktuell regelt (§ 70 Abs. 3 StVollzG), enthält Absatz 5 eine generelle Widerrufsregelung. Sie gilt für jede nach Absatz 1 erteilte Zustimmung, erfasst also auch nach den vorgenannten speziellen Bestimmungen überlassene Sachen (mit Ausnahme des in § 43 Abs. 2 Satz 2 privilegierten Besitzes grundlegender religiöser Schriften). Danach kann die Zustimmung zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in jedem Fall widerrufen werden, zur Abwendung einer Störung der Anstaltsordnung oder zur Vermeidung einer Gefährdung des Vollzugsziels nur, wenn erhebliche Gründe vorliegen. Sind Gründe von solchem Gewicht gegeben, werden die im Rahmen der Ermessensentscheidung nach Absatz 5 zu berücksichtigenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nur in seltenen Fällen einem Widerruf entgegenstehen.

Drucksache 13/1390 Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode. In Absatz 6 wird die Möglichkeit der Beteiligung der Gefangenen an den Betriebskosten der in ihrem Gewahrsam befindlichen Geräte erstmals gesetzlich geregelt. Bereits jetzt werden die Gefangenen im Saarland und in einigen Ländern zu so genannten „Stromkostenpauschalen" oder anderen Kosten anteilig herangezogen. Die Beteiligung erfolgt bisher aufgrund eines öffentlich-rechtlichen oder privat-rechtlichen Vertrages zwischen der Anstalt und den Gefangenen. Dieses Verfahren wurde von den Gerichten nicht beanstandet. Gleichwohl ist im Interesse der Rechtssicherheit eine gesetzliche Regelung geboten.

Die Bestimmung ist als Kann-Regelung ausgestaltet und soll die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung in den Fällen eröffnen, in denen die Kosten das Maß dessen übersteigen, was zu einer angemessenen Grundversorgung erforderlich ist. Die Kosten können pauschaliert festgesetzt werden. Die Bestimmung dient dazu, die Gefangenen im Umgang mit den in ihrem Gewahrsam befindlichen Geräten zu Kostenbewusstsein und Sparsamkeit zu erziehen. Die Möglichkeit der Kostenbeteiligung trägt damit auch dem Angleichungsgrundsatz Rechnung.

Zu § 29 Ausstattung des Haftraums Satz 1 entspricht § 19 Abs. 1 Satz 1 StVollzG. Satz 2 berücksichtigt zunächst eine Gefährdung des Vollzugsziels als Ausschlusstatbestand, um der besonderen Bedeutung des Erziehungsgedankens im Jugendstrafvollzug und der großen Beeinflussbarkeit der Gefangenen Rechnung zu tragen. Die Regelung greift beispielsweise dann, wenn Gefangene einer verfassungsfeindlichen oder gewaltverherrlichenden Ideologie anhängen und an sich nicht verbotene Gegenstände ­ auch in Form von Bildern oder Schriften ­ in Besitz haben, die diese Neigung fördern.

Ausgeschlossen sind weiterhin Sachen, die den Haftraum unübersichtlich machen. Die Unübersichtlichkeit kann sich aus der Beschaffenheit oder Größe der einzelnen Sachen, aber auch aus deren Häufung ergeben. Sachen, die nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand kontrolliert werden können, sind ebenfalls ausgeschlossen. Die Belange des Brandschutzes sind zu wahren.

Zu § 30 Kleidung Absatz 1 entspricht § 20 Abs. 1 Satz 1 StVollzG. Die grundsätzliche Entscheidung gegen das Tragen eigener Kleidung im Jugendstrafvollzug hängt insbesondere mit der in den letzten Jahren zu beobachtenden Entwicklung zusammen, dass eigene Kleidung und insbesondere Markenkleidung im Vollzug als Statussymbol dienen, zu erheblichem Neid und damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen führen und sogar Auslöser für die Begehung von Straftaten sein können. Auch soll unterbunden werden, dass die Gefangenen mit ihrer Kleidung ein nicht erwünschtes Klassendenken oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Szene" artikulieren können.