Zu § 35 Überwachung der Besuche. Die Bestimmung differenziert zwischen optischer und akustischer Überwachung

Landtag des Saarlandes - 13. Wahlperiode - 64 Zu § 34 (Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten und Notaren)

Den Untersuchungsgefangenen soll ermöglicht werden, sich zur Regelung ihrer rechtlichen Angelegenheiten eines entsprechenden Beistands zu bedienen. Satz 1 leitet sich unter anderem aus dem Grundsatz der freien Verteidigung ab. Ein ungehinderter Kontakt zwischen Untersuchungsgefangenen und den genannten Personengruppen ist zur Erledigung der entsprechenden Angelegenheiten unabdingbar. Besuche dieser Personengruppen hat die Anstalt deshalb ­ im Rahmen des ihr organisatorisch Zumutbaren

­ ohne Einschränkung in Bezug auf Zeit und Häufigkeit zu gestatten.

Die Anstalt ist befugt, die Legitimation der Besucher zu überprüfen. Besuche im Sinne dieser Bestimmung können gemäß der Verweisung auf § 33 Abs. 4 aus Gründen der Sicherheit davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher durchsuchen lassen. Hiervon ausgenommen sind nach Satz 4 die von Verteidigern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen, bei denen eine inhaltliche Überprüfung nicht erlaubt ist. Grund für diese Privilegierung ist die Notwendigkeit einer sachgemäßen Verteidigung, die es verbietet, dass Dritte von dem Inhalt der Verteidigerunterlagen Kenntnis nehmen; dies lässt sich nicht generell auf den Besuch von Rechtsanwälten und Notaren übertragen.

Zu § 35 (Überwachung der Besuche)

Die Bestimmung differenziert zwischen optischer und akustischer Überwachung. Absatz 1 sieht ­ der besonderen Situation in der Untersuchungshaft Rechnung tragend ­ die optische Überwachung aller Besuche vor. Diese kann auch mittels Videoüberwachung durchgeführt werden.

Eine akustische Überwachung ­ also eine Überwachung der Unterhaltung ­ kann die Anstaltsleitung nach Absatz 2 nur unter engen Voraussetzungen anordnen. Die akustische Überwachung muss aus Gründen der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt erforderlich sein. Die daneben aus den Bestimmungen der Strafprozessordnung resultierende akustische Überwachung bedarf hier keiner Erwähnung, da der gesamte Kontakt der Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt gemäß § 32 unter dem Vorbehalt steht, dass eine verfahrenssichernde Anordnung nicht entgegensteht.

Nach Absatz 3 darf die Anstalt Besuche abbrechen, wenn Besucher oder Untersuchungsgefangene gegen Bestimmungen dieses Gesetzes oder gegen Anordnungen verstoßen, die auf Grund dieses Gesetzes getroffen wurden. Dies gilt auch bei einem Verstoß gegen verfahrenssichernde Anordnungen.

Absatz 4 enthält ein Überwachungsverbot für Verteidigerbesuche und dient der sachgemäßen Verteidigung. Für die Überwachung der Besuche von Rechtsanwälten und Notaren gelten die allgemeinen Regeln nach den Absätzen 1 bis 3, da bei diesen Besuchen nicht in gleichem Maße wie bei Verteidigerbesuchen das Bedürfnis nach einem unüberwachten Gedankenaustausch gegeben ist. Außerdem sind hier die Risiken angesichts der Unüberschaubarkeit des Personenkreises sehr viel höher.

Absatz 5 Satz 1 verbietet grundsätzlich die Übergabe von Gegenständen beim Besuch.

Damit soll verhindert werden, dass Nahrungs- und Genussmittel, die nicht zugesandt werden dürfen (§ 41 Abs. 1 Satz 1), nunmehr über Besuche in die Anstalt gelangen.

Eine Zulassung der Übergabe würde die Gefahr erhöhen, dass auf diesem Wege Betäubungsmittel oder andere verbotene Gegenstände in die Anstalt gelangen. Außerdem würde der erhebliche Kontrollaufwand nur auf einen anderen Zeitpunkt, nämlich den des Besuches, verlagert. Das Verbot gilt auch für die Übergabe von Gegenständen an Besucher, schließt jedoch nicht aus, dass im Einzelfall Gegenstände, wie z. B. persönliche Fotos, Bediensteten zur Weiterleitung an die Untersuchungsgefangenen oder die Besucher überreicht werden können.

Von dem Verbot der Übergabe sind nach Satz 2 Schriftstücke und Unterlagen von Verteidigern, Rechtsanwälten und Notaren ausgenommen. Bei Rechtsanwälten und Notaren kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt von einer Erlaubnis abhängig gemacht werden; die Anstalt hat damit bei diesen beiden Personengruppen im Vergleich zu Verteidigern wie in Absatz 4 und in § 34 Satz 3 weitergehende Kontrollmöglichkeiten.

Zu § 36 (Recht auf Schriftwechsel)

Der Schriftwechsel ist neben dem Besuch eine weitere wichtige Möglichkeit für die Untersuchungsgefangenen, mit Personen außerhalb der Anstalt in Kontakt zu treten. Die Kosten haben grundsätzlich die Untersuchungsgefangenen zu tragen. In besonderen Härtefällen kann sich aus dem Sozialstaatsgebot ergeben, dass die Anstalt die Kosten in angemessenem Umfang übernimmt.

Die Befugnis der Anstaltsleitung, den Schriftwechsel mit bestimmten Personen zu untersagen, ist in Absatz 2 geregelt. Damit entsprechen die Möglichkeiten der Untersagung des Schriftwechsels den Besuchsverboten (§ 33 Abs. 5).

Zu § 37 (Überwachung des Schriftwechsels)

Die Bestimmung berücksichtigt das grundrechtlich geschützte Briefgeheimnis (Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes) und enthält verfassungsgemäße Beschränkungen.

Die Absätze 2 und 3 enthalten Sonderregeln für bestimmte Fälle, Absatz 1 stellt die allgemeine Regel dar.

Absatz 1 Satz 1 normiert ­ der optischen Überwachung beim Besuch in § 35 Abs. 1 entsprechend ­ den Grundsatz der Sichtkontrolle ein- und ausgehender Schreiben.

Diese werden auf verbotene Gegenstände kontrolliert. Satz 2 gibt der Anstaltsleitung die Befugnis zur Anordnung einer Textkontrolle ­ mithin zur Kenntnisnahme vom Inhalt des Schriftwechsels ­, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Die daneben aus den Bestimmungen der Strafprozessordnung resultierende Anordnung einer Textkontrolle bedarf hier keiner Erwähnung, da der gesamte Kontakt der Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt gemäß § 32 unter dem Vorbehalt steht, dass eine verfahrenssichernde Anordnung nicht entgegensteht.

Nach Absatz 2 wird der Schriftwechsel der Untersuchungsgefangenen mit ihren Verteidigern ­ entsprechend der für die Überwachung der Besuche geltenden Bestimmung nach § 35 Abs. 4 ­ nicht überwacht. Wie in § 35 Abs. 4 werden Rechtsanwälte und Notare auch hier nicht privilegiert. Der Schriftwechsel mit ihnen unterliegt demnach der Einschränkungsmöglichkeit nach Absatz 1. Absatz 3 enthält eine Aufzählung öffentlicher Stellen. Schreiben der Untersuchungsgefangenen, die an diese öffentlichen Stellen gerichtet sind, werden nach den Sätzen 1 bis 3 nicht überwacht. Die Untersuchungsgefangenen sollen sich nicht gehindert fühlen, etwa ihr Petitionsrecht auszuüben. Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist, sind etwa der Ausschuss für Menschenrechte der Vereinten Nationen, der Ausschuss gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen, der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung, der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau oder die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz. Die Bestimmung zählt die Einrichtungen nicht im Einzelnen auf. Dies kann einer Verwaltungsvorschrift vorbehalten bleiben, durch welche die Bediensteten Gewissheit darüber erhalten, welche Schreiben nicht überwacht werden dürfen. Nach Satz 4 werden außerdem Schreiben der genannten öffentlichen Stellen, die an die Untersuchungsgefangenen gerichtet sind, nicht überwacht, wenn die Identität der Absender zweifelsfrei feststeht.

Zu § 38 (Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung) Absatz 1 bestimmt, dass die Anstalt das Absenden und den Empfang der Schreiben der Untersuchungsgefangenen grundsätzlich vermittelt, da nur durch diese Vermittlung der Schriftwechsel überwacht werden kann. Die Anstalt leitet die Schreiben gemäß Absatz 2 unverzüglich an die Adressaten weiter. Die Untersuchungsgefangenen haben eingehende Schreiben nach Absatz 3 grundsätzlich unverschlossen zu verwahren, damit diese bei einer Durchsuchung der Hafträume und der Sachen der Untersuchungsgefangenen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüft werden können.

Zu § 39 (Anhalten von Schreiben) Absatz 1 gibt der Anstaltsleitung die Befugnis, Schreiben anzuhalten. Die Anhaltegründe sind abschließend aufgezählt. Die Anstaltsleitung kann Schreiben auch anhalten, wenn es die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs erfordert. Damit wird der Fallkonstellation Rechnung getragen, dass die Anstaltsleitung aus der vollzuglichen Praxis Erkenntnisse zu den Haftgründen gewinnt, die dem Richter oder Staatsanwalt noch nicht bekannt sind, und sie aus Gründen der Verfahrenssicherung sofort handeln muss. Die weitere Verfahrensweise ergibt sich zum einen aus dem Gebot der engen Zusammenarbeit zwischen Anstalt, Gericht und Staatsanwaltschaft in § 3 Abs. 1 Satz 2 und zum anderen aus den in der Strafprozessordnung normierten Mitteilungspflichten der Anstalt. Die weiteren Entscheidungen ­ z. B. über die Anordnung einer Beschlagnahme ­ trifft das Gericht nach der Strafprozessordnung.

Absatz 2 schafft die Möglichkeit, ein Begleitschreiben zur Richtigstellung beizufügen, wenn Schreiben der Untersuchungsgefangenen falsche Darstellungen von den Anstaltsverhältnissen enthalten.

Nach Absatz 3 Satz 1 sind die Untersuchungsgefangenen zu unterrichten, wenn ein Schreiben angehalten worden ist. Das Schreiben wird entweder zurückgegeben oder verwahrt, da der Absender weiterhin Eigentümer ist. Satz 2 sieht ein vorübergehendes Absehen von dem Grundsatz der Mitteilungspflicht in den Fällen vor, in denen es die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs erfordert. In einer Interessenabwägung wird hier der Aufgabenerfüllung des Untersuchungshaftvollzugs der Vorrang gegenüber dem Interesse der Untersuchungsgefangenen an einer unverzüglichen Mitteilung eingeräumt. Absatz 3 Satz 3 stellt klar, dass nach den §§ 94 ff. StPO beschlagnahmte Schreiben nicht an den Absender zurückgegeben werden.