Bewertungsstellen der Finanzämter

Nach Auffassung des RH sollte bei der Ermittlung des Personalbedarfs der Bewertungsstellen stärker nach dem Arbeitsanfall differenziert werden.

Das Grundsteueraufkommen ist bei den in großer Zahl vorkommenden landwirtschaftlichen Stückländereien sehr gering. Die Landesregierung sollte sich deshalb bei einer Neuregelung der Besteuerung des Grundbesitzes dafür einsetzen, dass der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder realitätsbezogener bewertet wird oder dass angemessene Aufgriffsgrenzen für die Grundbesitzbewertung eingeführt werden.

Die Aktenräume nehmen einen immer größer werdenden Anteil der Bürofläche der Bewertungsstellen ein. Der RH regt deshalb an, sorgfältiger als bisher zu prüfen, welche Vorgänge zu den Akten genommen werden müssen. Außerdem empfiehlt er zu prüfen, ob die herkömmliche Ablage der Vorgänge in Akten auf wirtschaftliche Weise durch ein modernes, Platz und Zeit sparendes Archivierungssystem ersetzt werden kann.

1. Vorbemerkung:

Die Bewertungsstellen sind finanzamtsintern insbesondere für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes zuständig. Zum Grundbesitz gehören als sog. wirtschaftliche Einheiten die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und die anderen Zwecken dienenden Grundstücke. Letztere werden als Grundvermögen bezeichnet. Die Einheitswerte dienen den Gemeinden zur Berechnung der Grundsteuer. Das Aufkommen der saarländischen Gemeinden aus dieser Steuer belief sich im Haushaltsjahr 2001 auf rund 100 Mio..

Bei den saarländischen Bewertungsstellen sind mehr als 500.000 wirtschaftliche Einheiten des Grundbesitzes erfasst. In etwa 9 % der Fälle handelt es sich um unbebaute, nicht landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Die Ein- und Zweifamilienhäuser machen zusammen rund 56 %, die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe rund 25 % aller wirtschaftlichen Einheiten aus. Bei den übrigen wirtschaftlichen Einheiten handelt es sich um Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte und sonstige bebaute Grundstücke.

Für die Bewertung sind verschiedene Verfahren gesetzlich vorgeschrieben. So gilt für die Einheitsbewertung der bebauten Grundstücke grundsätzlich das Ertragswertverfahren. Dieses Verfahren leitet den Wert von der mit dem Grundbesitz zu erzielenden Miete ab. Insbesondere aber für solche bebauten Grundstücke, für die es keine Marktmiete gibt, wird der Einheitswert im Sachwertverfahren ermittelt. Jenes stellt den Verkehrswert des Grund und Bodens und die Normalherstellungskosten des Gebäudes einschließlich seiner Außenanlagen in den Vordergrund. Ein besonderes Wertermittlungsverfahren ist für die Einheitsbewertung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe vorgeschrieben. Dabei spielt die Ertragsfähigkeit der land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen eine Rolle.

Quelle: Saarländische Gemeindezahlen 2002 des Statistischen Landesamts, Seite 62 ff. (Kommunale Finanzen).

Nur in etwa 30 % der Fälle, die im Rahmen der Einheitsbewertung anfallen, müssen die Bewertungsstellen allerdings den Wert einer wirtschaftlichen Einheit ermitteln.

Notwendig wird eine Wertermittlung insbesondere dann, wenn erhebliche Baumaßnahmen durchgeführt worden sind und der Wert einer wirtschaftlichen Einheit deshalb fortgeschrieben werden muss. In nahezu der Hälfte der Fälle geht es aber nur um reine Zurechnungsfortschreibungen nach einem Eigentumswechsel, Fortschreibungen der Grundstücksart oder Einheitswertaufhebungen. Bei den restlichen Fällen handelt es sich vor allem um sog. 0-Fälle, bei denen eine Wertfortschreibung an den gesetzlichen Wertfortschreibungsgrenzen scheitert.

In den Bewertungsstellen der saarländischen Finanzämter waren zu Beginn des Jahres 2002 ohne die Sachgebietsleiter und berechnet nach Vollzeitarbeitskräften durchschnittlich 63,8 Bedienstete eingesetzt.

2. Personalbemessung und Arbeitsstatistik:

Die Personalausgaben verschlingen einen Großteil der Haushaltsmittel des Landes.

Allein schon aus diesem Grund ist die turnusmäßige Überprüfung des Personalbedarfs der Landesverwaltung geboten. Wichtig ist auch, dass die Verwaltung das zur Verfügung stehende Personal möglichst optimal zur Erledigung ihrer Aufgaben einsetzt.

Als der RH mit seiner Prüfung begann, war der Personalbedarf der saarländischen Finanzämter schon seit Jahren nicht mehr systematisch berechnet worden. Das vorhandene Personal wurde vielmehr alljährlich auf der Grundlage einer sog. Personaleinsatzrechnung auf die Finanzämter neu verteilt. Die Personalbemessung der Bewertungsstellen richtete sich dabei nach ihrem Grundbesitzbestand. Die verschiedenen Grundbesitzarten wurden dabei unterschiedlich gewichtet. Bei der halbjährlichen Arbeitsstatistik (sie stellt die erledigten Fälle den zu erledigenden, also dem Bestand zu Beginn eines Jahres und den Zugängen im Laufe des Jahres, gegenüber) wurden dagegen alle Fälle nach dem Prinzip „Fall = Fall" gezählt. Auf dieser Grundlage wurde der Arbeitsfortschritt gemessen und auch der Personaleinsatz gesteuert.

Nach den Feststellungen des RH kann jedoch von der Größe und der Zusammensetzung des Bestands an wirtschaftlichen Einheiten nicht zuverlässig auf den tatsächlichen Arbeitsanfall in den Bewertungsstellen geschlossen werden. Die Größe des Grundstücksbestands steht bei den Bewertungsstellen in keinem festen Verhältnis zur Anzahl der zu bearbeitenden Fälle. Seine Zusammensetzung ist zudem als Indiz für den Arbeitsanfall schon deshalb nicht geeignet, weil die Art des Grundbesitzes bei einem Großteil der Fälle keinen Einfluss auf die für die Bearbeitung erforderliche Arbeitszeit hat. Die für die Bearbeitung eines Falles erforderliche Arbeitszeit hängt vielmehr zunächst davon ab, ob der Wert einer wirtschaftlichen Einheit neu ermittelt werden muss. Diese Neubewertungsfälle müssen sodann wiederum nach dem anzuwendenden Bewertungsverfahren unterschieden werden. Die Durchführung des Sachwertverfahrens ist z. B. im Regelfall wesentlich zeitaufwändiger als die Bewertung im Ertragswertverfahren. Der Zeitaufwand für die Fallbearbeitung wird aber nicht zuletzt auch durch die Größe der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit bestimmt. Eine kleine wirtschaftliche Einheit kann im Allgemeinen schneller bewertet werden als eine große. Die häufig vorkommenden reinen Zurechnungsfortschreibungen, bei denen der alte Einheitswert nur auf den neuen Eigentümer umgeschrieben wird, können dagegen durchweg relativ schnell durchgeführt werden. Auch in den übrigen Fällen, in denen keine Neubewertung erforderlich wird, hält sich der Zeitaufwand für die Bearbeitung in Grenzen.

Im Verlaufe der Prüfung erhielt der RH Kenntnis von der Absicht des damaligen Ministeriums für Finanzen und Bundesangelegenheiten, künftig wieder regelmäßig Personalbedarfsberechnungen durchzuführen. Grundlage sollten die seinerzeitigen Empfehlungen einer von den Ländern eingesetzten Kommission sein. Jene sahen damals eine Aufgliederung der Bewertungsfälle in eine Reihe von Fallgruppen mit unterschiedlichem Arbeitsanfall vor. Für die jeweilige Fallgruppe war von einer bestimmten durchschnittlichen Arbeitszeit auszugehen. Der RH hat zwar nicht untersucht, ob die Kommission diese typischerweise anfallende Arbeitszeit zutreffend ermittelt hat. Dies hätte den Rahmen seiner Prüfung gesprengt. Gleichwohl hielt er die seinerzeitigen Vorgaben der Kommission bis zur Erlangung besserer Erkenntnisse für einen gangbaren Weg, den Personalbedarf der Bewertungsstellen auf analytische Weise zu ermitteln.

Nachdem er in der Vergangenheit auch schon bei der Prüfung anderer Finanzamtsdienststellen die Wiedereinführung einer Personalbedarfsberechnung in Anlehnung an die Empfehlungen der Kommission angeregt hatte, hat er die Entscheidung des Ministeriums begrüßt. Er hat zugleich auch vorgeschlagen, bei der Arbeitsstatistik nicht mehr einen Fall wie den anderen zu zählen. Die erledigten Fälle sollten vielmehr wie bei der Personalbedarfsberechnung entsprechend dem Arbeitsanfall unterschiedlich gewichtet werden.

Bei seinem positiven Urteil zur Personalbedarfsberechung ging der RH allerdings davon aus, dass die Bewertungsfälle auch künftig entsprechend dem Arbeitsanfall angemessen unterschieden werden. In seiner Äußerung zur Prüfungsmitteilung teilte das Ministerium dem RH aber mit, dass die Kommission ihre Grundsätze zwischenzeitlich überarbeitet habe. Nunmehr sei für alle Fälle der Einheitsbewertung, ausgenommen die 0-Fälle, ein gleich großer Zeitaufwand für die Bearbeitung des einzelnen Falles anzusetzen. Dieser Zeitaufwand soll zudem von den im jeweiligen Bundesland angewandten Bearbeitungsgrundsätzen abhängig sein und zwischen 50 und 140 Minuten liegen. Das Ministerium beabsichtige allerdings, bei der Berechnung des Personalbedarfs der saarländischen Finanzämter zusätzlich noch zwischen Ertragswertfällen, Sachwertfällen und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu unterscheiden.

Wegen der veränderten Sachlage hat der RH nunmehr Bedenken, ob eine nach den Empfehlungen der Kommission durchgeführte Personalbedarfsberechnung bei den Bewertungsstellen zu zutreffenden Ergebnissen führt. Durch den einheitlichen Zeitwert, der danach trotz unterschiedlichem Zeitaufwand für den weit überwiegenden Teil der Fälle bei der Einheitswertung anzusetzen ist, wird Ungleiches gleich behandelt.

Die Spanne von 50 bis 140 Minuten für die Bearbeitung eines Bewertungsfalles ist zudem außerordentlich groß. Sie eröffnet den Länderfinanzministerien die Möglichkeit, auch haushaltsmäßige Überlegungen ­ wie etwa die Belastung der Länderhaushalte durch Personalkosten ­ in die Personalbedarfsberechnung einfließen zu lassen. Es besteht hier die Gefahr, dass auf diese Weise ein unzutreffender Personalbedarf festgestellt wird. Der RH begrüßt deshalb die vom Ministerium für die saarländischen Finanzämter vorgesehene weitere Differenzierung. Er rät allerdings, angesichts des im Allgemeinen sehr unterschiedlichen Zeitaufwands, der z. B. für eine Wertfortschreibung und eine Zurechnungsfortschreibung erforderlich ist, die Fälle zusätzlich noch danach zu unterscheiden, ob eine Wertermittlung durchgeführt werden muss oder nicht. Außerdem sollte die Größe der wirtschaftlichen Einheit noch berücksichtigt werden. Der für die Bearbeitung der unterschiedlichen Fälle erforderliche durchschnittliche Zeitaufwand sollte, sofern das Ministerium keine besseren Erkenntnisse hat, auf der Grundlage repräsentativer statistischer Erhebungen der Bewertungsstellen festgelegt werden.