Seine Schwiegermutter ist auf Kosten der Sozialhilfe in einem Altenheim untergebracht

Bereits in meinem letzten Tätigkeitsbericht hatte ich auf datenschutzrechtliche Defizite beim Umfang der Antragsvordrucke sowie bei der für die Leistungsberechnung eingesetzten Software A2LL hingewiesen.

In einer Entschließung vom 27./28.10.2005 (Anlage 17.7) hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder noch einmal kritisiert, dass für die Leistungsberechnungssoftware kein klar definiertes Zugriffsberechtigungskonzept umgesetzt ist und dass eine Protokollierung der lesenden Zugriffe nicht erfolgt. Damit sei es über 40000

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der BA und den Arbeitsgemeinschaften nach wie vor möglich, voraussetzungslos auf die Daten aller Leistungsempfänger und ­empfängerinnen zuzugreifen, ohne dass eine Kontrolle möglich wäre.

Mittlerweile hat die Bundesagentur für Arbeit ein Berechtigungskonzept vorgelegt, in dem umfassend beschrieben ist, welche Personenkreise auf welche Daten zugreifen dürfen.

Vorgelegt wurde außerdem von der Bundesagentur für Arbeit ein Konzept zur Protokollierung von Suchanfragen in dem System. Dieses Konzept enthält insbesondere Aussagen zur Aufbewahrungsdauer der Protokolldaten und zum Auswerte- bzw. zum Löschungsverfahren.

Es kommt nun darauf an, dass diese Konzepte im System implementiert werden; die Datenschutzbeauftragten werden die Entwicklung beobachten.

Die Antragsvordrucke wurden unter Beteiligung des Bundesbeauftragten und der Landesbeauftragten für Datenschutz umfassend überarbeitet. Bis auf einige Detailfragen sind die entsprechenden Vordrucke nunmehr im Wesentlichen als datenschutzgerecht zu bezeichnen.

Wenn den Betroffenen zusätzlich die ergänzenden neuen Ausfüllhinweise übergeben werden, wird ihnen ein datenschutzgerechtes Ausfüllen der Unterlagen ermöglicht und damit die Erhebung von nicht erforderlichen Daten vermieden.

Für bundesweites Aufsehen hat es gesorgt, als die Bezieher von Arbeitslosengeld II im Jahre 2005 von einem privaten Callcenter angerufen und nach Sozialdaten im Zusammenhang mit ihrem Antrag auf Arbeitslosengeld II gefragt wurden.

Es stellte sich heraus, dass die Bundesagentur für Arbeit dieses Callcenter beauftragt hatte, einen Abgleich von Daten vorzunehmen, da die vorhandenen Datensätze nicht immer vollständig waren.

Auch wenn im Grundsatz die Beauftragung eines Dritten mit der Erhebung von Daten nicht zu beanstanden ist, so musste an der Art der Durchführung der Befragungsaktion deutliche Kritik geübt werden.

Unverzichtbar wäre eine vorherige schriftliche Information der Betroffenen gewesen. Eine solche Information hätte es den Betroffenen ermöglicht, sich nach reiflicher Überlegung für oder gegen eine Teilnahme zu entscheiden. Denn eine Verpflichtung, sensible Sozialdaten am Telefon zu offenbaren, besteht nicht. Dementsprechend hätte in der Vorabinformation ausdrücklich auf die Freiwilligkeit und die Möglichkeit, sich stattdessen an seine zuständige ARGE zu wenden, hingewiesen werden müssen.

Diese Auffassung haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in ihrer Entschließung vom 27./28.10.2005 (Anlage 17.7) bekräftigt und die Verantwortlichen dazu aufgefordert, die Sach- und Rechtslage klarzustellen und bei bereits angekündigten neuen Telefonaktionen eine rechtzeitige Beteiligung der Datenschutzbeauftragten sicherzustellen.

Soweit ersichtlich, wurden die Forderungen bei nachfolgenden Telefonaktionen berücksichtigt.

Auskunftspflicht des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen bei Sozialhilfegewährung

Ein Bürger hat sich mit folgender Anfrage an meine Dienststelle gewandt: Seine Schwiegermutter ist auf Kosten der Sozialhilfe in einem Altenheim untergebracht. Vom Sozialamt wurde er aufgefordert, eine Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben, also Angaben zu seinem Einkommen und Vermögen zu machen.

Der Petent bezweifelt, dass er verpflichtet ist, diese Angaben zu machen, da ein Unterhaltsrechtsverhältnis nur zwischen seiner Ehefrau und deren Mutter bestehe und er rechtlich nicht verpflichtet sei, zu dem Unterhalt der Mutter seiner Ehefrau beizutragen. Er wollte darüber hinaus wissen, ob er, wie vom Sozialamt verlangt, Einzelbelege vorlegen müsse, wie Rentenbescheide, Kontoauszüge usw.

Während in der Vergangenheit streitig war, ob eine Auskunftspflicht des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen gegenüber dem Sozialamt besteht, ist diese Frage nunmehr durch eine Änderung der sozialhilferechtlichen Vorschriften geklärt. Gemäß § 117 SGB XII sind die Unterhaltspflichtigen sowie ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber dem Träger der Sozialhilfe zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet, soweit es die Durchführung der Sozialhilfe erfordert.

In mehreren Urteilen wurde höchstrichterlich festgestellt, dass das Einkommen des Ehegatten bei der Ermittlung der Unterhaltspflicht zu berücksichtigen ist.

Auch wenn die Träger der Sozialhilfe grundsätzlich die Vorlage von Beweisurkunden verlangen dürfen, habe ich dem Sozialamt in dem konkreten Fall empfohlen, auf die Anforderung von detaillierten Belegen zu verzichten, wenn die Angaben plausibel erscheinen und nicht zu erwarten ist, dass ein Unterhaltsbeitrag in Betracht kommt.

Datenerhebung des Jugendamtes beim Arbeitgeber eines Unterhaltsverpflichteten

Der Vater eines Kindes, der von seiner Ehefrau geschieden ist, beschwerte sich bei meiner Dienststelle, dass sich das Jugendamt als Beistand des Kindes an seinen Arbeitgeber gewandt habe, um Auskunft über seine Einkünfte zu erhalten. Der Petent meint, er habe seine Auskunftspflicht bereits dadurch erfüllt, dass er der Prozessbevollmächtigten seiner geschiedenen Ehefrau vollständig Auskunft über sein Einkommen erteilt habe; die Frist des § 1605 Absatz 2 BGB, wonach grundsätzlich vor Ablauf von 2 Jahren nicht erneut Auskunft verlangt werden kann, sei noch nicht abgelaufen.

Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Beistandsgesetz wurde die Beistandschaft als allgemeines Rechtsinstitut für allein erziehende Elternteile eingeführt (§ 1712 ff BGB). Aufgabe des Beistandes kann es sein, den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil geltend zu machen. Der Mitarbeiter des Jugendamtes, dem die Ausübung der Beistandschaft übertragen wird, wird damit zum gesetzlichen Vertreter des Kindes (§ 55 Absatz 2 SGB VIII).

Gemäß § 1605 BGB ist der unterhaltspflichtige Vater gegenüber dem Kind verpflichtet, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen und auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers vorzulegen. Die Erfüllung dieser Auskunftspflicht ist gegenüber dem nichtehelichen Vater einklagbar. Die gesetzlichen Bestimmungen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Jugendamt als Beistand über besondere „amtliche" Befugnisse verfügt. Insbesondere besteht keine ­ etwa der Regelung des § 97a SGB VIII vergleichbare ­ gesetzliche Auskunftspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Jugendamt.

Das Jugendamt wird vielmehr gegenüber dem Vater und dem Arbeitgeber wie ein Privater als gesetzlicher Vertreter des Kindes tätig.

Den Auskunftsanspruch kann der Beistand dadurch realisieren, dass er die Vorlage von Verdienstbescheinigungen verlangt. Kommt der Unterhaltspflichtige diesem Verlangen nicht nach, kann der Anspruch auf Herausgabe der Verdienstbescheinigungen gerichtlich durchgesetzt werden.

Bei dieser Verfahrensweise wird einerseits vermieden, dass der Arbeitgeber erfährt, dass sein Arbeitnehmer Kontakt mit dem Jugendamt hat, wobei auch der Eindruck entstehen kann, dieser wolle gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Andererseits ist eine Auskunftsverpflichtung nicht in jedem Fall zweifelsfrei gegeben, wie der vorliegende Fall zeigt, in dem sich der Petent darauf beruft, dass er erst nach Ablauf von zwei Jahren zur erneuten Auskunft verpflichtet sei; diese Frage kann im familiengerichtlichen Verfahren zunächst geklärt werden.

Ich habe das zuständige Jugendamt aufgefordert, diesen Fall zum Anlass zu nehmen, seine Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass im Rahmen einer Beistandschaft grundsätzlich Verdienstanfragen beim Arbeitgeber datenschutzrechtlich nicht zulässig sind.

Einsicht in Umgangsrechtsakten des Jugendamtes

Immer wieder beschweren sich Bürger bei meiner Behörde darüber, dass ihnen von Behörden Einsicht in die sie betreffenden Akten verwehrt wird. Dies liegt nach meinem Eindruck meist darin begründet, dass bei den Behördenmitarbeitern die datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüche nicht hinreichend bekannt sind.

So offensichtlich auch in dem Fall, den ich nachstehend schildern möchte:

Eine Mutter wollte die Frage des Umgangsrechtes mit ihrem Sohn einer Klärung zuführen, nachdem es diesbezüglich zu Problemen zwischen ihr und dem Kindesvater gekommen war.

Vor einer eventuellen gerichtlichen Geltendmachung ihres Anspruches eines Umgangsrechtes wollte sie Akteneinsicht in die Umgangsrechtsakte des Jugendamtes nehmen, das beratend für die Eltern tätig war.

Die beantragte Akteneinsicht wurde von dem betreffenden Jugendamt mit der pauschalen Begründung abgelehnt, dass das Jugendamt im Rahmen seiner Beratungstätigkeit für Familien grundsätzlich keine Akteneinsicht gewähre.

Ich habe folgende Rechtsauffassung vertreten: Gemäß § 83 SGB X ist dem Betroffenen auf Antrag grundsätzlich Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen.

Die Auskunftserteilung darf unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen (§ 83 Absatz 4 SGB X).