Im Ergebnis kann vorliegend ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht zuverlässig festgestellt

Die Anfechtung ist jedoch unbegründet.

Nach § 46 Abs. 2 LWG kann die Wahl wegen Verstoßes gegen wesentliche Wahlvorschriften angefochten werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass durch den Verstoß die Sitzverteilung beeinflusst worden ist.

Im Ergebnis kann vorliegend ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht zuverlässig festgestellt werden.

Zu den wesentlichen Bestimmungen im Sinne des § 46 Abs. 2 LWG gehören die Wahlrechtsgrundsätze, die in Art. 63 Abs. 1 SVerf und speziell für die Landtagswahl in § 1 Abs. 1 LWG ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind die Abgeordneten des Saarländischen Landtages in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer, geheimer und freier Wahl zu wählen (so auch Verfassungsgerichtshof des Saarlandes vom 24.11.1995 ­ Lv 1-95).

Die Anfechtungsführer wenden sich im Kern gegen eine angebliche Behinderung der Stimmabgabe auf der Grundlage vorangegangener Streitigkeiten mit dem Wahlvorstand über die Art des bei der Wahlhandlung zu benutzenden Schreibgerätes.

§ 32 Abs. 2 Landeswahlordnung (LWO) bestimmt, dass in jeder Wahlzelle ein „Schreibstift" bereit liegen soll. Aus dem Umstand, dass der Begriff des Schreibstiftes nicht näher präzisiert worden ist, folgt, dass jede Art von funktionsfähigem Schreibstift zur Kennzeichnung des Stimmzettels verwandt werden darf.

Als Schreibstift gelten dabei ­ in Anwendung der für die Bundestagswahl erlassenen gleichlautenden Vorschrift des § 50 Abs. 2 Bundeswahlordnung (BWO) ­ Bleistift, Farbstift, Kopierstift, Tintenstift, Kugelschreiber, Faserstift sowie Filzstift (vgl. BTDrs. 11/1805 vom 10. Februar 1988 (Anlagen 5 und 21) und 11/7209 vom 21. Mai 1990

(Anlage 2); desgl. WahlprGer. beim Hess. LT Staatsanzeiger Hessen 1984, S. 1178, 1182 (dort auch zur ­ zu verneinenden ­ Fälschungsgefahr bei Benutzung von Bleistiften).

Aus den vorgenannten Gründen sind in der Vergangenheit Wahlanfechtungen, die sich gegen die Bereitstellung und Benutzung eines Bleistiftes richteten, allesamt zurückgewiesen worden (z. B. Wahlprüfungsentscheidungen zu den Bundestagswahlen 1998 und 2002 sowie zur Europawahl 2004 ­ BT-Drs. 14/1560, Anl. 46, 50 und 52; BT-Drs. 15/1150, Anl. 32; BT-Drs. 15/42,50, Anl. 13). § 32 Abs. 2 LWO normiert schon auf Grund seines Wortlautes hingegen keine rechtliche Verpflichtung der Wählerinnen und Wähler, den in der Wahlkabine bereit liegenden Schreibstift auch tatsächlich zu benutzen. Es bleibt ihnen vielmehr unbenommen, den Stimmzettel auch mit einem eigenen mitgebrachten Schreibgerät zu kennzeichnen. Sofern in einem solchen Fall die Wählerin oder der Wähler hierzu eine besonders seltene oder auffällige Farbe benutzt, trägt sie oder er selbst das Risiko.

Mithin ist auch der Wahlvorstand nicht berechtigt, der Wählerin oder dem Wähler vorzuschreiben, dass eine bestimmte Art von Schreibstiften bei der Wahlhandlung zu benutzen sei. Somit ist auch eine etwaige Verweigerung der Stimmabgabe alleine aus diesem Grunde nicht mit geltendem Wahlrecht vereinbar.

Vorliegend kann in Anbetracht der Tatsache, dass die Anfechtungsführer an Stelle des bereit liegenden Bleistiftes letztlich einen vom Wahlvorstand zur Verfügung gestellten Kugelschreiber für die Wahlhandlung benutzt haben, dahingestellt bleiben, ob die im Vorfeld der Wahlhandlung seitens des Wahlvorstandes angeführten Argumente mit dem Wahlrecht in Einklang stehen, denn letztlich haben die Anfechtungsführer eine Wahlentscheidung unter Verwendung eines zulässigen Schreibstiftes getroffen.

- 5 In Anbetracht der widersprüchlichen Aussagen kann die Frage, ob eine unzulässige Behinderung der Anfechtungsführer bei der Abgabe des Stimmzettels vorlag und damit ein Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift vorlag, letztlich nicht zuverlässig beantwortet werden.

Eine Erklärung für die Entscheidung der Anfechtungsführer, ihre Stimmzettel zu zerreißen und auf eine Stimmabgabe zu verzichten, ist unter Wertung aller vorliegenden Aussagen eventuell ein Missverständnis zwischen den Anfechtungsführern und dem Wahlvorstand. In einer wegen der zuvor geführten Diskussionen aufgebrachten Gesprächssituation ist das seitens des Wahlvorstandes zum Zwecks der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Wahlablaufes im Wahllokal geäußerte Wort „Stopp" von der Anfechtungsführerin möglicherweise dahingehend verstanden worden, dass ihr wegen der Art des benutzten Schreibstiftes die Stimmabgabe verweigert werden sollte. Gegen eine diesbezügliche Absicht spricht dagegen, dass eines der Mitglieder des Wahlvorstands zuvor der Anfechtungsführerin sogar ein anderes Schreibgerät persönlich ausgehändigt hat.

Das „Kopfnicken" eines Mitgliedes des Wahlvorstandes auf die Frage des Anfechtungsführers, ob ihm die Stimmabgabe wegen der Nichtbenutzung des bereit liegenden Bleistifts verweigert werde, kann grundsätzlich ­ bei Zutreffen des Sachvortrags der Anfechtungsführer ­ als Wahlfehler gewertet werden. Die Stellungnahme der Gemeinde geht jedoch nicht auf die Frage ein, ob und ggf. welches Mitglied des Wahlvorstandes entsprechend gegenüber dem Anfechtungsführer reagiert hat. Auch diesbezüglich bleibt die Ausgangslage indes unklar. Geschildert wird hier eine Geste und keine ausdrückliche ­ verbale ­ Erklärung. Zudem ist auch insoweit ein Widerspruch zu der Aushändigung des Kugelschreibers durch ein Mitglied des Wahlvorstandes zu erkennen. Es macht wenig Sinn, zunächst ein anderes Schreibgerät auszuhändigen um anschließend die Stimmabgabe zu unterbinden.

Es bedarf letztlich auch keiner abschließenden Entscheidung, ob ein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften vorliegt.

Gemäß § 46 Abs. 2 LWG kann selbst im Falle eines Verstoßes gegen wesentliche Wahlvorschriften die Wahl nur dann angefochten werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass durch den Verstoß die Sitzverteilung beeinflusst worden ist.

Diese Vorschrift steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (seit BVerfGE 4, 370, 372). Infolgedessen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren.

Insofern muss der Vortrag der Anfechtungsführer also einen hinreichenden, konkreten und greifbaren Anhalt dafür bieten, dass aufgrund des Wahlfehlers die Wahlentscheidung anders getroffen worden wäre und diese im Ergebnis zu einer Mandatsverschiebung geführt hätte.

An einem solchen Sachvortrag der Anfechtungsführer fehlt es vorliegend.

Selbst wenn man die durch die Anfechtungsführer vorgetragenen Anfechtungsgründe anerkennen würde, ergibt sich aus den deutlichen Stimmenabständen zwischen den einzelnen Parteien die Unerheblichkeit der behaupteten Wahlrechtsverstöße.

Im Landtagswahlkreis Saarbrücken wurden bei der Landtagswahl 161.985 gültige Stimmen abgegeben. Davon entfielen auf die CDU 50.500 (31,2 %), auf die SPD 39.315 (24,3 %), auf die GRÜNEN 11.074 (6,8 %), auf die FDP 15.055 (9,3 %), auf DIE LINKEN 39.344 (24,3 %) und auf die übrigen Parteien, die auf Grund der 5 %Hürde (vgl. § 38 Abs. 1 LWG) nicht in den Landtag eingezogen sind, insgesamt 6.

Stimmen.

- 6 Angesichts der Abstände der Ergebnisse der einzelnen Parteien voneinander ist ­ wie auch die Landeswahlleiterin bestätigt ­ ein Einfluss eines etwaigen Wahlfehlers auf die nach § 38 Abs. 2 und 3 LWG vorzunehmende Mandatsverteilung rechnerisch ausgeschlossen.

Die Anfechtung ist daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 28.08.2009, bei der Landeswahlleiterin eingegangen am 04.09.2009, hat Herr K.-P. B. die Landtagswahl vom 30.08.2009 angefochten.

Zur Begründung trägt er vor, der Orientierungspfeil, welcher den Wähler auf die Spalte hinweise, in der er sein Kreuz machen solle, rage bis in das Feld hinein, das der Liste der CDU zuzuordnen sei.

Die Bekanntmachung des von dem Landeswahlausschuss am 09.09.2009 festgestellten endgültigen Gesamtwahlergebnisses der Wahl des 14. Landtages des Saarlandes am 30. August 2009 erfolgte im Amtsblatt des Saarlandes vom 10.09.2009.

Mit Schreiben vom 10.09.2009 legte die Landeswahlleiterin die Anfechtung dem Landtag vor. In ihrer Stellungnahme führt sie zunächst aus, dass die Anfechtung unzulässig sei, da sie schon vor der Durchführung der Wahl erfolgt sei, also zu einem Zeitpunkt, als das Ziel der Anfechtung noch nicht existent gewesen sei. Darüber hinaus sei die Anfechtung auch unbegründet. Nach § 46 Abs. 2 LWG könne die Landtagswahl nur wegen Verstoßes gegen wesentliche Wahlvorschriften angefochten werden, wenn die Möglichkeit bestehe, dass durch den Verstoß die Sitzverteilung beeinflusst worden sei.