Tatsächliche Feststellungen. Zu den von den Einsetzungsbeschlüssen vorgegebenen Beweisfragen Drucksache

Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode (d) Einholung eines Sachverständigengutachtens

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 17. Sitzung am 15.03.2011 seinen 14. Beweisbeschluss beschlossen, wonach bezüglich eines Steuerverfahren sowie dazugehörigem Ermittlungsverfahren ein Sachverständigengutachten zu bestimmten steuerrechtlichen Fragen eingeholt werden soll. Mit der Begutachtung wurde Herr Diplom Kaufmann A. P., Dr. Dornbach & Partner GmbH, betraut, der sein Gutachten unter dem 06.06.2011 schriftlich erstattete und am 14.06.2011 in teils öffentlicher, teils nichtöffentlicher geheimer Beweisaufnahme mündlich erläuterte.

2. Tatsächliche Feststellungen

Zu den von den Einsetzungsbeschlüssen vorgegebenen Beweisfragen (Drucksache 14/85 NEU B 2 bis 7 und Drucksache 14/102 B 1 und 2) wurden in der Beweisaufnahme folgende Feststellungen getroffen:

Bei fünf Gesellschaften der Ostermann-Gruppe wurden zwischen 2003 und 2005 Betriebsprüfungen durch die Groß- und Konzernbetriebsprüfung des Finanzamtes Saarbrücken Mainzer Straße eingeleitet.

In vier Fällen kontaktierten die Betriebsprüfer die Bußgeld- und Strafsachenstelle, was zu entsprechenden Ermittlungsverfahren führte. In einem Fall leitete die Staatsanwaltschaft selbst das Ermittlungsverfahren ein.

Im Rahmen der Betriebsprüfungen der fünf Gesellschaften gab es mehrere Besprechungen, in welchen verschiedene Rechtsprobleme erörtert wurden. Die Groß- und Konzernbetriebsprüfung wurde durch das Betriebsprüfungsreferat des Ministeriums der Finanzen begleitet.

Auch das Veranlagungsfinanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben war in die Besprechungen miteingebunden. Teilweise fanden - wie üblich - Schlussbesprechungen mit dem Steuerpflichtigen statt. Während der Besprechungen und Erörterungen wurden keinerlei rechtswidrige Weisungen erteilt. Es gab auch keinerlei sachwidrige Einflussnahme auf die Behandlung der Steuerverfahren. Die zuständige Abteilungsleiterin der Steuerabteilung des Finanzministeriums hatte keinerlei Weisung erhalten, in den Besprechungen eine bestimmte Rechtsauffassung zu bestimmten Punkten zu vertreten.

Die Betriebsprüfungen erstreckten sich angesichts der Größe des Konzerns über mehrere Jahre. Die Betriebsprüfungsberichte, die überwiegend im Frühjahr 2009 vorlagen, gingen nach ihrer Erstellung an das Finanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben, welches als Veranlagungsfinanzamt die steuerliche Auswertung vornahm und entsprechende Änderungsbescheide gegenüber den steuerpflichtigen Gesellschaften erließ.

Die Vorgänge wurden sodann durch den Sachbearbeiter der Bußgeld- und Strafsachenstelle zusammengefasst, der die bis dahin vorliegenden Betriebsprüfungsberichte am 12.10. der Staatsanwaltschaft Saarbrücken übergab.

Das auf der Grundlage des 14. Beweisbeschlusses eingeholte Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Finanzverwaltung in dem zu begutachtenden Fall nach Recht und Gesetz entschieden hat. Das Vorgehen der Finanzverwaltung war nach Einschätzung des Sachverständigen nachvollziehbar und sachgerecht. Die getroffene Entscheidung, die im Einklang mit der damaligen Rechtslage stand, hatte nach den Ausführungen des Sachverständigen im September 2008 Bindungswirkung erlangt.

Hinsichtlich der geprüften steuerpflichtigen Gesellschaften, dem Gegenstand der Prüfung, dem Ergebnis der Betriebsprüfungen und weiteren Einzelheiten wird auf den nichtöffentlichen Teil des Abschlussberichts verwiesen. Zahlreiche Zeugenvernehmungen mussten auf Grund des Steuergeheimnisses in nichtöffentlicher geheimer Beweisaufnahme erfolgen, so dass der Inhalt ihrer Zeugenaussagen ebenfalls nur Gegenstand des nichtöffentlichen Teils des Abschlussberichts sein kann. Gleiches gilt für die Anhörung des Sachverständigen, soweit diese nichtöffentlich erfolgte.

Die hier dargestellten Feststellungen beruhen auf den in öffentlicher Beweisaufnahme erfolgten Zeugenaussagen, die im Folgenden im Wesentlichen wiedergegeben werden:

Der Zeuge W. E. (Steueramtsrat) bekundete in öffentlicher Beweisaufnahme am 25.05.2010, er sei seit Juli 1984 Sachbearbeiter bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle beim Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße. Er habe bezüglich der Behandlung der Ostermann-Verfahren zu keinem Zeitpunkt Weisungen vorgesetzter Behörden erhalten, auch sonstige Formen der Einflussnahme auf seine Person habe es nicht gegeben.

Den allgemeinen Verfahrensablauf schilderte der Zeuge auf Nachfrage des Vorsitzenden so, dass die Betriebsprüfer sich bei Ungereimtheiten oder Beanstandungen an die Bußgeld- und Strafsachenstelle wenden. Dort werde dann geprüft, ob ein Anfangsverdacht einer Steuerstraftat vorliegt. Wenn dies der Fall sei, werde ein Verfahren eingeleitet. Es gebe aber auch Fälle, die vorher mit der Staatsanwaltschaft besprochen würden. Die Staatsanwaltschaft könne dann das Verfahren selbst einleiten oder die Bußgeld- und Strafsachenstelle anweisen, ein Verfahren einzuleiten.

Nach Abschluss einer Betriebsprüfung werde ein Betriebsprüfungsbericht gefertigt. Er warte dann die steuerliche Auswertung durch das zuständige Finanzamt ab. Nach Erlass der Steuerbescheide leite er die Betriebsprüfungsberichte und die Änderungsbescheide in den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet sei, an diese weiter. Die Staatsanwaltschaft entscheide dann, wenn sie Herrin des Verfahrens sei, über die weitere Vorgehensweise.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden führte der Zeuge aus, es sei absolut kein unübliches Vorgehen, dass mehrere Verfahren zusammengefasst würden.

Die Betriebsprüfungsberichte der streitgegenständlichen Verfahren hätten im April 2009 vorgelegen, für drei Gesellschaften habe er die Berichte Ende April zur Verfügung gestellt bekommen. Im Zeitraum Juli bis September 2009 habe die steuerliche Auswertung stattgefunden, die Änderungsbescheide seien seines Wissens nach etwa Mitte September rausgegangen. Er habe dann die Vorgänge zusammengefasst und sie der Staatsanwaltschaft übergeben.

Der Zeuge M. M., Vorsteher des Finanzamtes Saarbrücken Am Stadtgraben (Leitender Regierungsdirektor), bekundete in öffentlicher Beweisaufnahme am 25.05.2010 zunächst zum allgemeinen Verfahrensablauf in Steuerverfahren.

Er führte hierzu aus, dass jede Firma mit Sitz im Saarland bei einem Finanzamt steuerlich geführt werde. Dies sei das sog. Veranlagungsfinanzamt, welches in Saarbrücken das Finanzamt Am Stadtgraben sei. Das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße sei hinsichtlich Groß- und Konzernbetriebsprüfung für das ganze Saarland zuständig. Das Veranlagungsfinanzamt Saarbrücken Am Stadtgraben könne eine Prüfungsvormerkung treffen, die dann an das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße gehe. Die jeweilige Firma werde dann durch die Betriebsprüfung überprüft und deren steuerliche Vorgänge untersucht. Irgendwann erfolge dann eine Abstimmung mit dem Veranlagungsfinanzamt hinsichtlich der rechtlichen Würdigung, wobei das Veranlagungsfinanzamt die Sachentscheidung zu treffen habe, weil es letztlich auch die Verantwortung für den ergehenden Steuerbescheid trage.

Die Feststellungen mündeten schließlich in einem Betriebsprüfungsbericht, der vom Veranlagungsfinanzamt ausgewertet werde. Danach ergingen die entsprechenden Steuerbescheide.

Hinsichtlich der Frage möglicher Weisungen bekundete der Zeuge, er habe zu keinem Zeitpunkt eine Weisung einer vorgesetzten Behörde erhalten. Der Begriff der Einflussnahme sei ein weit gefächerter Begriff. Nach dem, was er unter Einflussnahme verstehe, habe es keinerlei Einflussnahme auf ihn als Person, als Leiter des Finanzamtes Saarbrücken Am Stadtgraben und - soweit er das wisse - auf seine Mitarbeiter gegeben. Eine Diskussion über die rechtliche Wertung eines Sachverhaltes halte er für legitim und fasse er nicht unter den Begriff der Einflussnahme.

Zusammenfassend hielt der Zeuge noch einmal fest, es habe weder eine Weisung einer vorgesetzten Behörde gegeben, wobei für ihn vorgesetzte Behörde der Staatssekretär der Finanzen, also das Ministerium in Person des Staatssekretärs sei, noch eine sonstige Einflussnahme innerhalb des Verfahrens.

Der Zeuge H. J. S., Vorsteher des Finanzamtes Saarbrücken Mainzer Straße (Leitender Regierungsdirektor), bekundete in öffentlicher Beweisaufnahme am 25.05.2010, sein Finanzamt sei in verschiedene Sachgebiete eingeteilt. Die Betriebsprüfung sei ihrerseits noch einmal unterteilt in die Groß- und Konzernbetriebsprüfung und die Bezirksbetriebsprüfung. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle sei ebenfalls eine Abteilung des Finanzamtes Saarbrücken Mainzer Straße.

Er sei nicht nur Vorsteher des Finanzamtes, sondern auch geschäftsplanmäßig in den Bereich der Groß- und Konzernbetriebsprüfung eingebunden. In dieser Hinsicht sei er auch Sachgebietsleiter.

Das Ministerium der Finanzen habe die Fach- und Rechtsaufsicht und betreue auch die Betriebsprüfung fachlich durch entsprechende Referate.

Er habe - was den Beweisbeschluss und die in Rede stehenden Steuerverfahren angehe keinerlei Weisungen der vorgesetzten Behörde, nämlich des Finanzministeriums, erhalten.

Es habe in der Sache ausführliche Diskussionen, auch mit den steuerlichen Beratern, gegeben, aber eine Weisung sei nicht erfolgt. Auch sonstige Einflussnahme durch Dritte oder sonstige außerhalb der Verwaltung stehende Personen habe er nicht erfahren.

Die Arbeit seines Finanzamtes habe sich eindeutig an Recht und Gesetz gehalten. Man habe sich die einzelnen Stellungnahmen sehr intensiv angeschaut, diskutiert und zu einem sachgerechten Ergebnis gebracht.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden bekundete der Zeuge, das Zusammenführen mehrerer Steuerverfahren sei teilweise systemimmanent, beispielsweise bei einer Konzernstruktur gebe es mehrere Betriebe, die geprüft würden, und deren Ergebnis letztendlich meistens in einer Holding zusammenkomme. Der konzernleitende Prüfer sei dann erst in der Lage seinen Bericht zu fertigen, wenn alle anderen ihre Berichte quasi schon so weit fertig hätten, damit das Zahlenmaterial vom konzernleitenden Prüfer auch verarbeitet werden könne. So sei es auch bei den in Rede stehenden Gesellschaften gewesen.

Auf Nachfrage des Ausschusses bekundete der Zeuge, die Entscheidungskompetenz bezüglich der Fertigung der Steuerbescheide liege beim Veranlagungsfinanzamt. Das Veranlagungsfinanzamt sei aber bereits zuvor in die ganze Entwicklung der Betriebsprüfung miteingebunden. In schwierigen Fällen gebe es in der Regel auch eine Schlussbesprechung, an der der Steuerpflichtige teilnehme und auch das Veranlagungsfinanzamt. Die steuerstrafrechtliche Seite entscheide die Staatsanwaltschaft, wenn sie das Verfahren übernommen habe. Diese warte hierzu in der Regel die steuerlichen Feststellungen der Betriebsprüfungen in den Betriebsprüfungsberichten ab.