Finanzamt

Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode (c) Zeugenvernehmung

Am 01.06.2010 wurde der Zeuge G. L., Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, in öffentlicher Beweisaufnahme zu dem Beweisthema des 2. Beweisbeschlusses vernommen.

Der Zeuge L. wurde ferner am 18.01.2011 in nichtöffentlicher geheimer Beweisaufnahme zum Beweisthema des 11. Beweisbeschlusses vernommen. Der Inhalt dieser Zeugenaussage sowie der Inhalt der Zeugenaussagen weiterer an diesem Tag ebenfalls vernommener Zeugen ist Gegenstand des nichtöffentlichen Teils des Abschlussberichts, da auch deren Vernehmungen in nichtöffentlicher geheimer Beweisaufnahme erfolgten.

2. Tatsächliche Feststellungen

Von den durch das Justizministerium übersandten Ermittlungsverfahren richteten sich fünf Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen Hartmut Ostermann. Die Aktenzeichen, die Verfahrensgegenstände sowie die Gründe der Verfahrenseinstellungen können dem nichtöffentlichen Teil des Abschlussberichts entnommen werden.

Alle in Rede stehenden Ermittlungsverfahren wurden durch die Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken bearbeitet, seit April 2008 durch Oberstaatsanwalt G. L. als Abteilungsleiter. Oberstaatsanwalt L. musste zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage die Ergebnisse der Betriebsprüfungen, die durch das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße durchgeführt wurden, abwarten. Die Ergebnisse der Betriebsprüfungen waren für den Ausgang der Ermittlungsverfahren von entscheidender Bedeutung. Dies teilte er der Generalstaatsanwaltschaft auf deren Sachstandsanfragen auch entsprechend mit.

Oberstaatsanwalt L. erkundigte sich gelegentlich telefonisch bei dem Zeugen E., der sein Ansprechpartner bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes war, nach dem Sachstand der Betriebsprüfungen und fragte, wie weit die Verfahren gediehen waren.

Im Juni 2009 wurde dem Zeugen L. mitgeteilt, dass die Betriebsprüfungen nunmehr abgeschlossen werden konnten. Die Berichte wurden dem Veranlagungsfinanzamt Am Stadtgraben übermittelt, um die steuerliche Auswertung vorzunehmen. Diese Auswertung, die in dem Erlass von Bescheiden gegenüber den Steuerpflichtigen mündet, war auch im Rahmen der strafrechtlichen Beurteilung für die Schadenshöhe relevant und daher abzuwarten.

Am 12.10.2009 übergab der Zeuge E. dem Zeugen L. mehrere Betriebsprüfungsberichte.

Die beiden Zeugen besprachen den Inhalt der Betriebsprüfungsberichte. Beide waren übereinstimmend der Auffassung, dass ein strafrechtlich relevanter Vorsatz nicht nachweisbar ist.

Der Zeuge L. widmete den 23.10.2009 einem zusammenhängenden Studium der Ermittlungsverfahren, um Zusammenhänge und Querverweise zwischen den verschiedenen Verfahren zu prüfen.

Am gleichen Tag stellte Oberstaatsanwalt L. die in Rede stehenden Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung mangels hinreichendem Tatverdacht ein, da ein vorsätzliches Verhalten aus seiner Sicht nicht nachweisbar war. Diese Einstellungsentscheidung traf er, ohne sich mit einem Kollegen zu beraten und ohne dies mit dem Behördenleiter, dem Generalstaatsanwalt oder einer Person aus dem Justizministerium zu besprechen. Es gab weder eine Weisung noch sonstige Formen der Einflussnahme auf die Abschlussentscheidung der Staatsanwaltschaft.

Nach der Einstellung der Verfahren verfasste Oberstaatsanwalt L. seinen Bericht an das Justizministerium, der über den Behördenleiter und den Generalstaatsanwalt dem Justizministerium zugeleitet wurde.

Die dargestellten tatsächlichen Feststellungen beruhen auf der in öffentlicher Beweisaufnahme erfolgten Aussage des Zeugen G. L., deren Inhalt im Folgenden zusammengefasst wiedergegeben wird:

Der Zeuge L. bekundete in öffentlicher Beweisaufnahme am 01.06.2010, er habe die Verfahren gegen den Betroffenen Ostermann seit April 2008 bearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt habe er die Leitung der Wirtschaftsabteilung und damit auch die bereits laufenden Verfahren gegen den Betroffenen übernommen. Es habe gelegentliche Sachstandsanfragen des Generalstaatsanwalts gegeben. Diese habe er dahingehend beantwortet, dass das Ergebnis der Betriebsprüfungen noch nicht vorliege.

Im Juni 2009 habe er dann erfahren, dass die Betriebsprüfungsberichte fertig gestellt seien, die steuerliche Auswertung habe zu diesem Zeitpunkt noch ausgestanden. Am 12.10. habe Herr E. von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes die Berichte übergeben. Er habe sie mit Herrn E. besprochen, beide seien übereinstimmend der Meinung gewesen, dass da strafrechtlich nichts zu wollen sei. Ein Vorsatz sei nicht nachweisbar gewesen. Daraufhin habe er die Berichte im Einzelnen noch einmal durchgelesen und sich die Akten noch einmal im Zusammenhang angeschaut, um nichts zu übersehen. Danach sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass kein hinreichender Tatverdacht gegeben sei, und er habe dementsprechend die Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt. Er habe vor dieser Entscheidung über die Ermittlungsverfahren mit niemandem gesprochen, weder mit dem Behördenleiter noch mit dem Generalstaatsanwalt, noch mit jemandem aus dem Justizministerium, auch nicht mit einer anderen Person von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes außer Herrn E.. Dieser könne ihm aber keine Weisung erteilen.

Nach der Einstellung der Verfahren habe er dem Justizministerium Bericht erstattet.

Der Zeuge L. führte weiter aus, Grundlage seiner Entscheidung seien die Betriebsprüfungsberichte gewesen. Mit diesen stünden und fielen die Ermittlungsverfahren. Wenn die Voraussetzungen des § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung vorlägen, habe er keinen Spielraum mehr. Ein gewisser Beurteilungsspielraum bestehe bei der Frage, was hinreichender Tatverdacht heiße.

Sowohl hinsichtlich der Begründung der Einstellungsentscheidung als auch hinsichtlich der Einstellungsentscheidung als solcher habe es zwischen ihm und dem Zeugen E. keinerlei Auffassungsunterschiede gegeben.

Auf Nachfrage bekundete der Zeuge, es sei nicht ungewöhnlich, dass mehrere Ermittlungsverfahren an einem Tag eingestellt worden seien. Er halte es sogar für sachgerecht, den Komplex im Zusammenhang zu behandeln und auf Querverweise zu achten. Wenn er dann zu dem Ergebnis komme, dass strafrechtlich nichts zu wollen sei, dann entscheide er auch in einem Zuge über die Einstellung sämtlicher Verfahren. Er habe in diesem Fall die Einstellungsentscheidungen getroffen, ohne mit einem Kollegen über die Verfahren zu sprechen und sich zu beraten.

3. Wertung

(a) Wertung der Koalitionsfraktionen

Die Einstellung von fünf Ermittlungsverfahren gegen Hartmut Ostermann oder Unternehmen der Ostermann-Gruppe im Oktober 2009 durch die Staatsanwaltschaft steht nachweislich nicht in irgendeinem Zusammenhang mit der Regierungsbildung 2009.

Der Ausschuss hatte die Gelegenheit, sich durch Einsichtnahme der Akten der Staatsanwaltschaft, des Justizministeriums sowie der Finanzbehörden und des Finanzministeriums ein umfassendes Bild über den Werdegang der Ermittlungsverfahren zu verschaffen.

Beginnend mit einem Anfangsverdacht, dass strafrechtliche Tatbestände vorliegen könnten, wurden durch Betriebsprüfer anlässlich einer Betriebsprüfung vor Ort ursprünglich verschiedene Beanstandungen der Bußgeld- und Strafsachenstelle gemeldet, die dann verschiedene Verfahren eingeleitet hatte. Diese wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die damit Herrin der Verfahren war.

Wie aus dem Studium der Akten als auch durch Zeugeneinvernahme deutlich wurde, musste die Staatsanwaltschaft zunächst abwarten, was die weiteren Prüfungen vor Ort ergaben. Das Ergebnis zu den einzelnen Verfahren wurde - wie schon oben dargelegt - in Betriebsprüfungsberichten festgehalten.

Überzeugend konnten alle vernommenen Zeugen darlegen, dass der Abschluss der Prüfungen und die anschließende Berichtslegung bis Mitte 2009 andauerten. Dies entspricht durchaus einem üblichen Zeitablauf. Ebenso wurde einheitlich zu Protokoll gegeben, dass eine Auswertung der Berichte und Fertigung der Änderungsbescheide in einem Zeitraum von drei Monaten üblich ist.

Erst mit Überlassung dieser Unterlagen war es der Staatsanwaltschaft möglich, sich ein umfassendes Bild über den genauen Sachverhalt zu machen. Gemeinsam mit dem zuständigen Sachbearbeiter bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts war der zuständige Staatsanwalt der Auffassung, dass ein strafrechtlich relevanter Vorsatz nicht nachweisbar war.

Somit musste es zu einer Einstellung der Verfahren kommen. Diese hat der zuständige Staatsanwalt lt. seiner Aussage aus eigener Überzeugung ohne jegliche Weisung oder Einflussnahme getroffen.

Fazit:

Nach Einsichtnahme in die Akten und Vernehmung von Zeugen sowohl der Finanzbehörden als auch der Staatsanwaltschaft kann somit keinerlei Zusammenhang zwischen der Einstellung der Verfahren und der Regierungsbildung hergestellt werden.