Architektenverträge

2. Wie vereinbart sich die ausschließliche freihändige Vergabe an Architekten und Ingenieure mit dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz, da doch z. B. die ausführenden Baufirmen sich selbstverständlich (falls es keine Kartellabsprache gibt) einem Wettbewerb aussetzen müssen?

3. In welchen Dienststellen des Landes Berlin wurden 1995 wieviel Ingenieur- oder Architektenverträge mit einem Auftragswert von über 30 000 DM ohne Gegenangebot und zum Stundenlohnnachweis vergeben?

4. Um welche Leistungsarten und jeweilige Gesamtauftragshöhe handelte es sich bei diesen Stundenlohnverträgen?

5. Wer bzw. wie kann man solche Stundenlohnnachweise, die in der Regel im auftragnehmenden Architekten- oder Ingenieurbüro erbracht werden, überhaupt nachprüfen?

6. Hält der Senat eine Auftragsvergabe über Stundenlohnnachweise für sinnvoll? Wenn ja, warum? Wenn nein, wie will er dagegen vorgehen?

Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1.: Architekten- und Ingenieurleistungen sind geistig-schöpferischer Art und unterliegen in erster Linie einem Leistungs- und nicht einem Preiswettbewerb.

Sie sind nur an solche Freiberufler zu vergeben, deren Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit feststeht, die über ausreichende Erfahrungen verfügen und die Gewähr für eine wirtschaftliche Planung und Ausführung bieten. Die Aufträge sind zu streuen.

Freihändige Vergaben ohne Gegenangebote sind unterhalb des EG-Schwellenwertes (zur Zeit 400 000 DM) zulässig, wenn Grundleistungen zu den Mindestsätzen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieuren (HOAI) vergeben werden, da diese nicht unterschritten werden dürfen.

In allen übrigen Fällen ist die Einholung mehrerer Angebote im Interesse eines Preiswettbewerbs grundsätzlich geboten; dies gilt insbesondere für Leistungen, die nicht in Leistungsbildern der HOAI erfaßt sind, die in der HOAI zwar beschrieben sind, für welche die HOAI aber ganz oder teilweise keine Honorare vorsieht (z. B. § 33 HOAI) und für die Zeithonorare im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze zu berechnen sind (§ 6 HOAI). Oberhalb des Schwellenwertes der EG-Dienstleistungsrichtlinie sind EG-weite Vergabeverfahren nach öffentlicher Vergabebekanntmachung entsprechend Rundschreiben BauWohn VI Nr. 28/1993 vom 9. November 1993 durchzuführen. Wegen der Besonderheit der Leistungen kann dabei das sogenannte Verhandlungsverfahren gewählt werden.

Zu 2.: Bauleistungen werden nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen grundsätzlich im Preiswettbewerb vergeben. Dies ist möglich, da die Leistung so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Die Auftragnehmer müssen fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig sein.

Die Leistungen der Architekten, Stadtplaner, Ingenieure und Sonderfachleute sind geistig-schöpferischer Art, die sich in ihrem Wesen grundlegend vom Herstellen eines Bauwerkes und dem Liefern marktgängiger Waren unterscheiden. Sie können nicht beschrieben werden, ohne vorher bereits erbracht worden zu sein.

Zu 3. und 4.: Eine Umfrage bei allen Bezirksämtern Berlins sowie bei den Baudienststellen der Hauptverwaltungen, die Aufträge über Architekten- und Ingenieurleistungen vergeben, ergab für 1995.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat in wenigen begründeten Einzelfällen davon abgesehen, mehrere Büros zur Abgabe von Angeboten aufzufordern, wenn ein Büro bereits im Vorfeld tätig war und für das weitere Verfahren ein hohes Maß an Vorkenntnissen erworben bzw. Vorarbeiten geleistet hat, so dass mit der direkten Beauftragung eine wesentliche Reduzierung des Leistungsumfanges und damit der Kosten zu erwarten war.

Zu 5. und 6.: In der Regel werden Architekten- und Ingenieurverträge über Grundleistungen nach anrechenbaren Kosten, Honorarzone, Mindestsätzen der Honorartafeln gemäß HOAI abgeschlossen und vergütet. Ist dies nicht möglich, ist die Auftragsvergabe nach einem Zeithonorar durchaus zweckmäßig bzw. oft auch die einzige Möglichkeit einer leistungsgerechten Honorierung.

Dies ist beispielsweise bei den „Asbest"-Verträgen der Fall. § 6

HOAI schafft die Möglichkeit der Berechnung eines Zeithonorars in der Regel als Fest- und Höchstbetrag.

Aus diesem Grund wird vor einer Beauftragung der Leistungsumfang auf der Grundlage einschlägiger Erfahrungen von der Baudienststelle differenziert eingeschätzt und das Zeithonorar als Höchstbetrag oder Pauschale vereinbart.

Das Rundschreiben BauWohn VI Nr. 2/1993 dient dabei als Grundlage, bei Arbeiten mit asbesthaltigen Bauprodukten das Rundschreiben BauWohn VI Nr. 7/1993. Die Kontrolle der tatsächlich aufgewendeten Stunden bei Vereinbarung eines Höchstbetrages erfolgt je nach Einzelfall über Nachweisbögen, z. B. Einsatzzeiten auf Baustellen, Besprechungen etc.