Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages

Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, sich bei den weiteren Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder über die Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages für folgende inhaltliche Regelungen einzusetzen und dem Abgeordnetenhaus über den Stand seiner Bemühungen bis zum 30. April 1996 zu berichten.

1. Die vom Bundesverfassungsgericht festgeschriebene Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedeutet vor allem eine finanzielle Bestandsgarantie. Die Rundfunkgebühren müssen an die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angepaßt werden, und zwar durch eine besondere rundfunkspezifische Indexierung. An der Beibehaltung des Finanzausgleiches zwischen großen und kleinen Anstalten der ARD wird festgehalten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss finanziell und rechtlich in die Lage versetzt werden, an neuen Diensten und Übertragungstechniken mitzuwirken.

2. Der Rundfunkbegriff ist so zu fassen, dass alle multimedialen Angebote erfaßt werden können, die massenwirksam sind und elektronisch verbreitet werden.

3. Es wird eine wirksame Konzentrationskontrolle geschaffen, deren Ziel die völlige Transparenz der Anbieterstrukturen und Beteiligungsverhältnisse ist. Dabei muss die Konzentration wirksam beschränkt werden, mediale Verflechtungen müssen offengelegt werden, auch beim „Cross-Owner-Ship" (identische Eigentümer von Printmedien und elektronischen Medien). Tochtergesellschaften werden den Muttergesellschaften gleichgestellt. Ein Anbieter soll maximal ein Volloder ein informationsorientiertes Spartenprogramm veranstalten dürfen. Bei Überschreitung dieser Regelung ist ein Entflechtungszwang einzuführen.

Das „Marktanteilsmodell" scheint kein wirksames Mittel der Konzentrationsbegrenzung. Voraussetzung für dieses Modell ist, dass die Obergrenzen so bemessen werden, dass eine tatsächliche Konzentrationsbegrenzung stattfindet.

4. Der Zugang zum elektronischen Medienmarkt wird durch eine unabhängige Kommission der Bundesländer festgelegt.

Vor der Lizensierung durch die Landesmedienanstalten müsAbgeordnetenhaus von Berlin ­ 13. Wahlperiode Drucksache 13/87 sen Antragsteller vor dieser „Kommission zur Konzentrationsermittlung (KEK)" bestehen. Diese Prüfinstanz arbeitet standortunabhängig. Die Beschlüsse sind verbindlich für alle Landesmedienanstalten.

5. Weniger finanzstarken Anbietern und gemeinnützigen Institutionen und Nutzern muss ein diskriminierungsfreier Zugang zu den technischen Verteil- und Vermittlungsnetzen bzw. zur Frequenznutzung eröffnet werden.

Begründung:

Die Medienwelt steht vor immensen technischen und in deren Folge großen organisatorischen Veränderungen. In der Medienwirtschaft hat sich ein erheblicher Konzentrationsprozeß vollzogen. Diesen Entwicklungen hinken die gültigen Gesetzgebungen weit hinterher.

Derzeit beraten die Ministerpräsidenten der Bundesländer über eine Neuregelung des Rundfunkstaatsvertrages, der den neuen Gegebenheiten Rechnung tragen soll. Die bisher bekanntgewordenen Diskussionsergebnisse reichen unseres Erachtens weder aus, um eine wirksame Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herzustellen, noch handelt es sich um eine echte Kontrolle der kommerziellen Anbieter und eine wirksame Einschränkung der Medienmacht in den Händen weniger. Hier ist die Handlungsnotwendigkeit offensichtlich. Da Berlin bisher in den bekannt gewordenen Debatten überhaupt keine Rolle gespielt hat, ist es wichtig, endlich zu den wichtigen zu regelnden Fragen Stellung zu beziehen.