Wohnungsbau

Diese Drucksache enthält die nach Druckschluß zur 5. Sitzung des Abgeordnetenhauses eingebrachte Vorlage ­ zur Beschlußfassung ­. Vorblatt Vorlage ­ zur Beschlußfassung ­ über das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Berliner Wohnungswesen (AFWoG Bln)

A. Problem:

1. Das bestehende Bundesgesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen vom 19. August 1994 (BGBl. I S. 2180) in Verbindung mit dem Berliner Landesgesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Berliner Wohnungswesen vom 26. März 1992 (GVBl. S. 82), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. März 1994 (GVBl. S. 94) ist die rechtliche Grundlage im Land Berlin für die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe.

Zum gegenwärtigen Stand werden 231 000 Sozialwohnungen (64,5 %) von Haushalten bewohnt, deren Einkommen im Bereich der Einkommensgrenzen für den Sozialen Wohnungsbau liegen; 128 000 Haushalte werden je nach Höhe ihres Einkommens zur Fehlbelegungsabgabe in einer Höhe zwischen 0,50 DM/qm und 5,50 DM/qm monatlich herangezogen. Die Einnahmen Berlins hieraus betrugen im vergangenen Jahr 158 493 022,00 DM. Die Mittel werden zur Finanzierung des Sozialen Wohnungsbaus eingesetzt.

2. Die Heranziehung zur Fehlbelegungsabgabe erfolgt in einem dreijährigen Turnus. Alle drei Jahre wird jeweils bei etwa einem Drittel der Sozialmieter das Einkommen und die Miethöhe festgestellt und werden neue Bescheide über die Höhe der Fehlbelegungsabgabe erlassen, die 3 Jahre Gültigkeit haben; wenn sich innerhalb dieser Zeit wesentliche Veränderungen bei Einkommen und Miethöhe ergeben, wird auf Antrag die Höhe der Abgabe überprüft.

Im Jahre 1996 werden die Mieter der Förderjahrgänge 1963 bis 1976 neu zur Fehlbelegungsabgabe für die Jahre 1997 bis 1999 veranlagt. In diesen 139 000 Sozialwohnungen leben zur Zeit 47 000 Haushalte, die zur Fehlbelegungsabgabe herangezogen werden. Die im folgenden genannten Daten beziehen sich immer nur auf diese Gruppe der Wohnungen.

3. 1994 sind die Einkommensgrenzen und die Einkommensermittlung für den sozialen Wohnungsbau durch Bundesgesetz stark verändert worden. Dieses neue System muss ab 1997 bei der Fehlbelegungsabgabe erstmals zwingend berücksichtigt werden. Wird das Berliner Gesetz zur Fehlbelegung nicht geändert, würden zukünftig von den 47 000 Fehlbelegern der Wohnungen aus den Jahren 1963 bis 1976 nur noch 14 000 die gleiche Abgabe bezahlen, 17 000 aber weniger und 16 000 gar keine Abgabe mehr. Die jährlichen Einnahmen aus dieser Gruppe würden um 23 Mio. DM zurückgehen. In späteren Jahren würde dieser Effekt auch die 81 000 übrigen Fehlbeleger in den anderen Wohnungsbeständen erreichen und der Ausfall noch höher werden. Dieser Effekt wäre auch wohnungspolitisch nicht sinnvoll, weil sich ja am Einkommen der Fehlbeleger nichts geändert hat. Soll diese Situation nicht eintreten, ist eine Gesetzesänderung noch im März zwingend, weil die bezirklichen Wohnungsämter ab April mit der Veranlagung beginnen müssen (Massengeschäft).

4. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die bisherige Fehlbelegungsabgabe eine Schwachstelle hat; je höher die Einkommen sind, desto stärker greift die Kappungsgrenze des Mietspiegelmittelwerts, auf dessen Höhe die Fehlbelegungsabgabe abgesenkt wird, wenn Miete und Fehlbelegungsabgabe zusammen seinen Wert überschreiten. Damit wird einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes gefolgt, das die Höhe der Fehlbelegungsabgabe auf die Abschöpfung des Subventionsvorteils beschränkt hat. In der Definition dieses Vorteils besteht jedoch ein gewisser rechtlicher Spielraum.

B. Lösung:

Zur Lösung beider Probleme wurde ein Gesetzentwurf erarbeitet, der folgende wesentliche Veränderungen bewirkt:

1. Die Wirkung der Änderung der Einkommensgrenzen und der Einkommensermittlung läuft nach umfangreichen Berechnungen im Durchschnitt auf eine Erhöhung der relevanten Einkommensgrenzen um 30 % hinaus. Dies heißt, daß Fehlbeleger, deren Einkommen bisher 50 % oberhalb der Einkommensgrenze lag, diese nunmehr nur noch um 20 % überschreiten; bisherige „Überschreiter" von 40 % die neuen Grenzen nur noch um 10 % „überschreiten" usw. Es ist daher sachgerecht, wenn der bisherige Berliner Fehlbelegungstarif im Prinzip beibehalten, aber auf der Einkommensskala um 30 %-Punkte verschoben wird.

2. In der obersten Gruppe der Fehlbeleger mit Einkommensüberschreitungen von über 95 % und mehr über der alten ­ bzw. 65 % über der neuen ­ Einkommensgrenze befinden sich erstaunlich viele Haushalte, nämlich 54 000 Haushalte (15 % aller Sozialmieter); bei den Wohnungsbaujahrgängen 1963 bis 1976 sind dies 21 000 Haushalte (ebenfalls 15 % der Mieter in diesen Wohnungen). Dies zwingt praktisch dazu, die bisherige Skala nach oben zu öffnen. Es soll deshalb ein neuer Zahlbetrag von 7,25 DM/qm eingeführt werden.

3. Da die starke Kappungswirkung des Mietspiegels gerade bei höheren Einkommen ungerecht und auch wohnungspolitisch falsch ist, soll bei Haushalten, die die neuen Einkommengrenzen um 65 % und mehr überschreiten, nicht mehr der Mittelwert des Mietspiegels, sondern der Mittelwert plus 15 % die neue Höchstgrenze für die Miete plus Fehlbelegungsabgabe bilden. Dieser Wert ist rechtlich vertretbar, weil er deutlich unterhalb der Schwelle von § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes liegt, nach dem ein Verdacht auf Mietpreisüberhöhung bei einer Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete von mehr als 20 % beginnt. Die Begründung für den Wechsel des Höchstbetrages an dieser Stelle liegt darin, daß nach § 88 a des II. Wohnungsbaugesetzes Haushalte mit einem Einkommen ab 60 % oberhalb der Einkommensgrenze für den Sozialen Wohnungsbau nicht mehr Zielgruppen der Wohnungsbauförderung sind. Diese Maßnahme wird auch zu erheblichen Einnahmeverbesserungen führen.

4. 12 500 Fehlbeleger, die bisher eine Abgabe von 0,50 DM bzw. 1,00 DM/qm zahlen, entfällt zukünftig die Zahlungspflicht; diese profitieren von der Erhöhung der Einkommensgrenzen.

- Für weitere 13 500 Fehlbeleger, die bisher eine Abgabe von 1,75 DM, 2,75 DM und 4,00 DM/qm zahlen, ändert sich die bisherige Abgabenhöhe nicht; sie bleibt auf der gleichen Höhe wie bisher.

- Bei den 21 000 Fehlbelegern, die bisher im Prinzip eine Abgabe von 5,50 DM/qm leisten mußten, treten folgende Änderungen ein:

- Durch die Anhebung des Höchstbetrages von Miete plus Fehlbelegungsabgabe auf Mietspiegel-Mittelwert plus 15 % werden zukünftig wesentlich mehr einkommensstarke Mieter tatsächlich auch die volle Abgabe zahlen müssen; bisher bezahlt nur etwa ein Drittel der Mieter dieser Einkommensgruppe die volle Abgabe; der Rest zahlt etwas mehr als die Hälfte oder gar nichts. Diese Ungerechtigkeit wird beseitigt.

- Zusätzlich wird für diese Einkommensgruppe eine weitere Abgabenstufe von 7,25 DM/qm monatlich eingeführt, weil sich herausgestellt hat, dass diese Einkommensgruppe entgegen früheren Erwartungen tatsächlich viel größer ist als erwartet und deshalb auch die Einkommensspanne hier noch beträchtlich höher sein muß. Die neue Zahlstufe von 7,25 DM/qm ist auch tatsächlich erzielbar, weil die Spannbreite zwischen den Sozialmieten und dem neuen Höchstbetrag bis zu 9,00 DM/qm reicht. In der Praxis wird dieser Betrag jedoch vielfach durch die Höchstbeträge gekappt werden.

6. In sozialer Hinsicht werden also durch das neue Konzept

- diejenigen Haushalte, die die bisherigen Einkommensgrenzen nur in geringem Maße überschritten, entlastet;

- die mittleren Einkommensgruppen in gleicher Höhe belastet wie bisher;

- lediglich die hohen Einkommensbezieher gleichmäßiger und teilweise höher belastet.

Die zugrundeliegenden Bruttoeinkommen für die jeweiligen Zahlstufen ergeben sich aus Anlage 1. Daraus ist beispielsweise zu ersehen, dass für eine Fehlbelegungsabgabe von 5,50 DM/qm ein Jahresbruttoeinkommen bei

- Arbeitnehmer-Einpersonenhaushalten von 56 215 DM

- Arbeitnehmer-Vierpersonenhaushalten von 118 444 DM vorliegen muss usw.

Die Gesamtbelastung des Einkommens durch Warmmiete und Fehlbelegungsabgabe zusammen ist in Anlage 2 dargestellt. Daraus ergibt sich, dass die Einkommensbelastung bei allen Einkommensgruppen zwischen 21 und 28 % des monatlichen Nettoeinkommens liegt und eine relativ gleichmäßige Verteilung aufweist. Auch durch die hohe Abgabe von 7,25 DM/qm tritt demnach keine Überforderung bei diesen einkommensstarken Haushalten auf.

C. Alternative

a) System-immanente Alternativen Angesichts der oben im einzelnen dargestellten Sachverhalte und Probleme werden keine Alternativen gesehen.

b) Grundsätzliche Alternativen

In der jüngsten Zeit haben in der Öffentlichkeit mehrfach Ankündigungen von Bundesbauminister Dr. Töpfer breiten Widerhall gefunden, dass auch im Bestand des Sozialen Wohnungsbaus eine einkommensabhängige Miete eingeführt werden solle und in diesem Zusammenhang die Fehlbelegungsabgabe entfallen könne. Hierfür gibt es jedoch noch keinen Entwurf für eine gesetzliche Regelung, sondern bisher nur Vorüberlegungen, die noch nicht in die Praxis umgesetzt werden können. Deshalb muss zunächst von einem Weiterbestehen des Systems der Fehlbelegungsabgabe ausgegangen werden.

D. Kosten:

Durch das Änderungsgesetz werden keine zusätzlichen Personal- und Sachkosten entstehen. Die bezirklichen Wohnungsämter führen die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe bereits durch.

G. Auswirkungen auf Zusammenarbeit und Zusammenführung der Länder Berlin und Brandenburg

Die gesetzliche Regelung hat auf die derzeitige Zusammenarbeit des Landes Berlin mit Brandenburg keine Auswirkungen.

Dieses Berliner Gesetz regelt nur die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe für die im Lande Berlin betroffenen Wohnungen. In Brandenburg gibt es bisher nur sehr wenige Sozialwohnungen.

Ein Gesetz zur Erhebung der Fehlbelegungsabgabe gibt es dort bisher nicht.

H. Zuständigkeit Zuständig ist die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr in Verbindung mit den Senatsverwaltungen für Finanzen und Justiz.

Anlage 1 : Tabelle „Bruttoeinkommen bei der neuen Fehlbelegungsabgabe" Anlage 2 : Tabelle „Einkommensbelastung durch Warmmiete plus Fehlbelegungsabgabe"