Kontraktmanagement ist das Führungsprinzip das die Bandbreite der möglichen Handlungsspielräume absteckt

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

Die Aussagen zum Kontraktmanagement sind nicht nachvollziehbar. Die erheblichen Potentiale zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Berliner Verwaltung lassen sich nur dann ausschöpfen, wenn Initiative und Kreativität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker zur Geltung kommen.

Spielräume und Grenzen von Eigeninitiative werden durch Kontraktmanagement abgesteckt.

Kontraktmanagement ist das Führungsprinzip, das die Bandbreite der möglichen Handlungsspielräume absteckt. Zwischen dem Auftraggeber und dem Ausführenden einer Leistung werden die vom Auftraggeber gewünschten Qualitäten einer Leistung mit dem verfügbaren Budget unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen besprochen und unter Einschluß beider Perspektiven definiert.

Kontraktmanagement ist also nicht nur ein zweckmäßiges, sondern ein dringend erforderliches Instrumentarium im Rahmen der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung zur Realisierung des neuen Führungs- und Steuerungssystems und zur Nutzung der IT-gestützten Kosten- und Leistungsrechnung.

Kontrakte sind nicht als juristische Verträge definiert. Bestehende Eingriffs- und Kontrollrechte sowie Weisungsrechte innerhalb der Verwaltung werden durch derartige Vereinbarungen nicht konterkariert. Daß verfassungsrechtliche Grundsätze und Kompetenzen dadurch nicht außer Kraft gesetzt werden, ist selbstverständlich.

Die Umsetzung der Reformmaßnahmen in die Praxis wird das Verwaltungspersonal bis an die Grenzen der Belastbarkeit führen. Schon heute beobachtet der Rechnungshof mit Sorge, daß arbeitsmäßige Verzögerungen allein mit Belastungen durch die Verwaltungsreform begründet werden. Der Erfolg der Verwaltungsreform ist entscheidend von der Akzeptanz durch die Mitarbeiter und deren Motivation abhängig. Deshalb sind flankierende Maßnahmen (Informations- und Überzeugungsarbeit) und die Unterstützung der zentralen Koordinierungsebenen unverzichtbar. Das bloße Vermitteln von Einstiegsstrategien und Lösungsansätzen genügt nicht. Das Qualifizierungskonzept des Senats kann nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Zu T 70:

Die vom Rechnungshof geforderten flankierenden Maßnahmen zur Motivation und Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zentraler Gegenstand des Reformprozesses. Es hat beispielsweise eine Vielzahl von Informationsveranstaltungen in den Bezirken und den Start-Senatsverwaltungen gegeben.

Mit dem Informationsblatt „direkt" werden alle Beschäftigten der Berliner Verwaltung unmittelbar über den Projektfortschritt informiert. Die Beschäftigten wirken in allen Projektgruppen und Fachkonferenzen mit.

Mit der Qualifizierungsoffensive führen die Bezirke und die beteiligten Senatsverwaltungen Qualifizierungsmaßnahmen für alle Ebenen der jeweiligen Verwaltungen in bisher nicht vergleichbarem Umfang durch und verknüpfen die Reform mit einer umfänglichen Qualifizierung.

Im übrigen hat der Senat den Abschluß einer Kooperationsvereinbarung mit dem Hauptpersonalrat und den Gewerkschaften sowie Berufsverbänden des öffentlichen Dienstes zustimmend zur Kenntnis genommen. Diese Kooperationsvereinbarung ist nach Auffassung des Senats und der Bezirke ein Garant für das engagierte und zielorientierte Mitwirken der Beschäftigten der Berliner Verwaltung an der Verwaltungsreform.

Das Führungs- und Steuerungssystem trifft auf allgemeine Reformvorhaben (vgl. T 63) und auf parallel zu lösende wichtige Aufgaben wie

- Fortsetzung des noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsaufbaus im Ostteil der Stadt,

- Umsetzung der Beschlüsse zur Haushaltskonsolidierung in den nächsten Jahren,

- Vorbereitung auf die vielfältigen Aufgaben als Bundeshauptstadt,

- Vorbereitung auf einen Zusammenschluß mit dem Land Brandenburg.

Unter diesen Umständen ist es geboten, die Teilprojekte so zu gestalten, dass sie mit den anderen Aufgaben vereinbar sind.

Reformmaßnahmen, die den Zusammenschluß mit dem Land Brandenburg betreffen, müssen frühzeitig mit diesem abgestimmt werden.

Zu T 71:

Das neue Führungs- und Steuerungssystem in der Berliner Verwaltung ist ein wesentlicher Bestandteil des Verwaltungshandelns in dieser Stadt. Es ist mit den vom Rechnungshof aufgeführten Maßnahmen nicht nur kompatibel, sondern notwendig mit diesen verbunden.

Insbesondere dient diese Maßnahme auch der Vorbereitung auf einen Zusammenschluß mit dem Land Brandenburg, zumal sich dort die Verwaltungsstrukturreform an den gleichen Kriterien und Vorgaben orientiert.

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Darüber hinaus fehlen dem Reformvorhaben noch eine Reihe weiterer Verknüpfungen, die wesentliche Voraussetzungen für ein Gelingen sind. Insbesondere ist eine baldmögliche Abstimmung der einzelnen Teile des neuen Führungs- und Steuerungssystems mit den Bundesländern und dem Bund erforderlich. Dies ist nicht nur zur Wahrung der Rechtseinheit (Haushaltsgrundsätzegesetz u. a.) unabdingbar, sondern vor allem Voraussetzung für Kostenvergleiche. Denn eine mit der Verwaltungsreform angestrebte Beurteilung der Kosten setzt gleiche Produktdefinitionen und gleiche Grundsätze der Kostenermittlung auf überörtlicher bzw. Bundesebene voraus (vgl. hierzu T 298 bis 306).

Zu T 72:

Durch die enge Orientierung an und Verknüpfung mit Erfahrungen und Vorgaben der KGSt erfüllt Berlin in besonderem Maße den vom Rechnungshof geforderten Anspruch der Anlehnung an andere Bundesländer.

Außerdem nehmen die Senatskanzlei sowie die Senatsverwaltungen für Inneres und Finanzen auf Bundes- und Landesebene an entsprechenden Erfahrungsaustauschen teil und werden sich auch weiterhin und verstärkt offensiv an der bundesweiten Diskussion zum Thema neue Führungs- und Steuerungssysteme beteiligen.

Bewährte Verfahren sollten grundsätzlich erst nach erfolgreicher Erprobung des neuen Systems in Teilbereichen abgelöst werden. Dies gilt auch für die von den Unternehmensberatungen wiederholt als mittelfristiges Ziel definierte Abschaffung der bundesweit geltenden Kameralistik. Der Wechsel zur kaufmännischen doppelten Buchführung bewirkt für sich genommen keine Steigerung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Dabei handelt es sich nach den Erfahrungen des Rechnungshofs, die er anläßlich der Umstellung der Universitätsklinika und der Berliner Krankenhäuser auf ein betriebliches Rechnungswesen gewonnen hat, um einen äußerst zeitaufwendigen Vorgang, der bis zur reibungslosen Anwendung des neuen Systems sechs bis acht Jahre gedauert hat. Letztlich gelang die Umstellung erst, nachdem das Leitungs- und Führungspersonal in der Verwaltung und im Rechnungswesen der genannten Einrichtungen weitgehend ersetzt worden war. Bei der geplanten, die gesamte landesunmittelbare Verwaltung mit über 200 000

Mitarbeitern erfassenden Umstellung sind noch erheblich längere Zeiträume zu erwarten, ehe das neue System voll funktionsfähig ist. Im übrigen verweist der Rechnungshof darauf, dass in einer in Berlin ansässigen öffentlichen Einrichtung gerade wegen der mit der Doppik verbundenen höheren Ausgaben der Übergang zur Kameralistik geplant wird. Entscheidend ist nicht die Form der Buchführung, sondern die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Dies zu erreichen, erfordert neben der gebotenen Organisationsreform vor allem klare und widerspruchsfreie Vorgaben für ein überzeugendes Gesamtkonzept, das sich am Machbaren und Finanzierbaren orientiert. Dabei darf nicht die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht vernachlässigt werden.

Zu T 73:

Die Kameralistik soll durch eine an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientierte Kosten- und Leistungsrechnung ergänzt werden. Nur dadurch wird Kostentransparenz geschaffen, die für die von allen gewünschte Steigerung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns unerläßlich ist. Dem Rechnungshof ist zuzustimmen, dass der Wechsel zur kaufmännischen doppelten Buchführung für sich genommen keine Steigerung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns bewirken würde.

Die vom Rechnungshof geforderte „Organisationsreform" gehört zu den Kernbestandteilen des laufenden Projektes, an dem externe Berater und Hunderte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung aktiv arbeiten.

Die „Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz" wird begleitend über die gesamte Projektlaufzeit in einem Teilprojekt „Rechtliche Rahmenbedingungen" überprüft.

Angesichts der geschilderten Probleme fordert der Rechnungshof die Senatsverwaltungen für Inneres und für Finanzen auf,

- umgehend Nutzen-Kosten-Betrachtungen unter Anwendung der Grundgedanken des § 7 LHO mit begleitenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchzuführen (vgl. T 66),

- den Unternehmensberatungen bereits erteilte Aufträge schriftlich zu fixieren und inhaltlich zu konkretisieren,

- weitere Aufträge nur im Falle nachgewiesener Wirtschaftlichkeit zu erteilen,

- die Reformmaßnahmen in den von allen Beteiligten zu überschauenden Schritten einzuführen und flächendekkend erst dann umzusetzen, wenn erfolgreich erprobte Verfahren vorliegen (vgl. T 69, 70 und 73),

- ein Gesamtkonzept mit den Verknüpfungen aller Reformvorhaben vorzulegen (vgl. T 72) und

- alsbald Abstimmungen mit dem Land Brandenburg, dem Bund und den anderen Bundesländern vorzunehmen (vgl. T 71 und 72).

Der Schriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen. Der Rechnungshof wird die Entwicklung weiter begleiten.

Zu T 74:

Aus den vorstehenden Ausführungen ist ersichtlich, dass die vom Rechnungshof geforderten Maßnahmen bereits in weitem Umfang realisiert sind bzw. sich in der Realisierung befinden.

Das Ziel aller Reformmaßnahmen ist es, Struktur- und Verfahrensänderungen tatsächlich und konsequent einzuführen. Dies ist nur dann erfolgreich möglich, wenn es sich um in der Praxis bewährte und umsetzbare Maßnahmen handelt. Deshalb setzt die flächendeckende Realisierung nicht nur eine umfassende Qualifizierung und Information aller Beteiligten, sondern insbesondere das Erproben in ausgewählten Praxisbereichen voraus. Vor einer flächendeckenden Einführung aller Elemente des neuen Führungs- und Steuerungssystems in der Berliner Verwaltung werden diese gegenwärtig in sogenannten Praxiswerkstätten in der Berliner Verwaltung hinsichtlich ihrer Einsatzfähigkeit erprobt, um somit die Gewähr für eine erfolgreiche Umsetzung der Reform in allen Bereichen der Berliner Verwaltung zu bieten.

Abschließend sei nochmals auf die Erfahrungen fast aller Länder, Städte und Kommunen bei der Einführung neuer Führungsund Steuerungssysteme hingewiesen. Wer die Verwaltung grundlegend reformieren will, muss sich auch leiten lassen durch Begriffe wie „trial and error" und „learning by doing". Systeme lassen sich nicht von heute auf morgen verändern, sondern dies ist nur in einer prozeßhaften Entwicklung möglich. Die Einführung des Neuen Berliner Verwaltungsmanagements muss mutig von allen Seiten begleitet werden ­ auch bei Rückschlägen. Reformen sind ohne Risiken nicht denkbar. Entscheidend ist daher die Bereitschaft, aus Unzulänglichkeiten permanent im Sinne einer stetigen Optimierung des Systems Verwaltung zu lernen.

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G. Drohende Nachteile für den Landeshaushalt durch Umstellung von Zuwendungen auf Leistungsverträge und durch sogenannte Donationen (Schenkungen)

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 3. Dezember 1993 beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus bis zum 31. März 1994 zu berichten, wie die bisherige jährliche Zuwendungspraxis auf eine Vertragsgestaltung umgestellt werden kann. Dieser Bericht soll die Grundsätze der Vertragsgestaltung beinhalten, aber auch Kriterien für Eignung oder Nichteignung einer Vertragsgestaltung nennen." Der Senat hat über den Berichtsauftrag Anfang März 1994 beraten. Nach weiterer Bearbeitung unter Federführung der Senatsverwaltung für Finanzen wollte der Senat im Oktober 1994 den Bericht beschließen, wozu es jedoch nicht kam.

Daraufhin hat das Abgeordnetenhaus sein Berichtsersuchen am 9. Dezember 1994 mit Fristsetzung zum 31. März 1995 erneuert. Die Umstellung von Zuwendungsgewährung auf Leistungsverträge entspricht auch einem Wunsch der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin, die ähnliche Forderungen bereits im Oktober 1992 in einem Positionspapier an die Fraktionen im Abgeordnetenhaus, die beteiligten Senatsverwaltungen sowie die „interessierte Fachöffentlichkeit" erhoben hatte.

Einige Senatsverwaltungen vertreten die Ansicht, dass durch die Umstellung von Zuwendungen auf Leistungsverträge Einsparungen von Personal- und Sachkosten in nicht unerheblicher Höhe erzielt werden können. Sie meinen, bei der bisherigen Zuwendungspraxis habe die Prüfung der von den Zuwendungsempfängern einzureichenden Verwendungsnachweise durch die Bewilligungsbehörden einen zum Teil erheblichen Aufwand erfordert. Mit der Umstellung auf Leistungsverträge sei auch die Erwartung künftiger Ersparnisse verbunden, die sich aus der grundsätzlichen Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung (§ 55 LHO) und dem daraus folgenden Anbieterwettbewerb mit der Möglichkeit, das günstigste Angebot auszuwählen, ergebe. Weiterhin könne mit dem Abschluß mehrjähriger Verträge auch dem Wunsch der Verbände nach mehr Planungssicherheit entsprochen werden, wodurch unter Umständen eine größere Wirtschaftlichkeit bei der Erbringung von Leistungen zu erreichen sei. Allerdings könnten die erwarteten Einsparungen durch den zur Leistungskontrolle erforderlichen Aufwand ganz oder teilweise aufgezehrt werden. Konkrete, durch Umstellung auf Leistungsverträge erreichbare Einspargrößen kann die Senatsverwaltung für Finanzen gegenwärtig nicht prognostizieren, zumal sie die Ausgaben für Zuwendungen insgesamt nur zu schätzen vermag. Nach diesen Schätzungen handelt es sich um einen Gesamtbetrag von über 1 Mrd. DM. 77 Nach den Erkenntnissen des Rechnungshofs betragen die jährlichen Ausgaben für Zuwendungen mehrere Milliarden DM. Er vertritt den Standpunkt, dass durch die Umstellung auf Leistungsverträge in der Regel mit einem Ausgabenanstieg oder ­ bei Begrenzung der Entgelthöhe auf die bisherige Zuwendung ­ mit einer Leistungsminderung zu rechnen ist. Im Zuwendungsrecht gilt der Grundsatz der Subsidiarität öffentlicher Förderung. Der Zuwendungsempfänger hat zur Erfüllung seiner Aufgaben grundsätzlich Eigenmittel einzusetzen und erfährt eine Förderung durch Zuwendungen nur in dem dann noch notwendigen Umfang (Teilfinanzierung). Auch im Sozial- und Jugendhilferecht ist vorgesehen, daß die freien Träger Eigenmittel einsetzen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BSHG sollen die Träger der (öffentlichen) Sozialhilfe die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Tätigkeit angemessen unterstützen. Träger der freien Jugendhilfe sollen nur gefördert werden, wenn sie eine angemessene Eigenleistung erbringen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VIII). 78 Bei Leistungsverträgen gehört es demgegenüber zum Wesen des wirtschaftlichen Leistungsaustauschverhältnisses, dass das Interesse des Vertragspartners der öffentlichen Hand vorrangig darauf gerichtet ist, mittels der zu erbringenden Leistung

Zu T 75 bis 85 und 88:

Der von der Senatsverwaltung für Finanzen vorgelegte Berichtsentwurf zur Umstellung von Zuwendungsgewährung auf Leistungsverträge ist in der dem Rechnungshof vorliegenden Fassung vom Senat bisher nicht beschlossen worden. In die weiteren Überlegungen wird die Stellungnahme des Rechnungshofs selbstverständlich einfließen.