JVA Tegel

Bücher können von der Vollzugsgeschäftsstelle bzw. einer zentralen Stelle automatisiert erfaßt werden. Dabei ist die Einführung unterschiedlicher Zugriffsrechte und -beschränkungen, die sich an den Aufgaben der Mitarbeiter orientieren, vorzusehen. Auch der Datenumfang könnte vor einer Automatisierung noch einmal kritisch auf seine Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung überprüft werden. Gerade bei der Größe einer Anstalt wie der JVA Tegel kann die Automatisierung entscheidend zur Arbeitsentlastung der Mitarbeiter und zur Verwirklichung des Schutzes des informationellen Selbstbestimmungsrechtes der Gefangenen beitragen. Die begonnene Automatisierung der Datenverarbeitung hat bereits jetzt gezeigt, dass sich hierdurch der Datenumfang der an andere Stellen innerhalb der JVA zu übermittelnden Daten verringert hat.

Der Inhalt der Gefangenenpersonalakten ist in mehrfacher Hinsicht problematisch: wegen des Umfanges der zum Teil höchst persönlichen Daten, wegen der Art der Aufteilung der Akte und im Hinblick auf die Zugriffsrechte Dritter.

In die Gefangenenpersonalakte sollten nur Unterlagen aufgenommen werden, die mit der Erreichung des Vollzugszieles in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Die Aufnahme von für den Vollzug nicht relevanten Banalitäten (wie z. B. dienstliche Meldungen über zerbrochenes Geschirr) sollte unterbleiben.

Auch bei den sogenannten „Vormeldern" (Anträge von Gefangenen) ist kritisch zu prüfen, ob eine Aufbewahrung in der Gefangenenpersonalakte tatsächlich erforderlich ist. Vormelder, mit denen die Gefangenen beispielsweise um einen Arztbesuch bitten, dienen nicht dem Vollzug, sondern stehen im Zusammenhang mit dem Arztbesuch, so dass der Vormelder ­ falls er aufbewahrt werden muss ­ wegen der besonderen Sachnähe in der Kranken- bzw. Gesundheitsakte abgeheftet werden sollte.

Die derzeit bestehende Möglichkeit jedes Mitarbeiters des Vollzugsdienstes, Gefangenenpersonalakten einzusehen, ist mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht zu vereinbaren. Nur soweit es für die Aufgabenerfüllung tatsächlich erforderlich ist, darf die Personalakte eingesehen werden. Zur nachträglichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einsichtnahme ist eine Protokollierung vorzusehen.

Um einen am Erforderlichkeitsgrundsatz orientierten Zugriff auf die in der Gefangenenpersonalakte enthaltenen Daten zu gewährleisten, sollte eine getrennte Aktenführung eingeführt werden, die sich an den bereits vorhandenen drei Heftnadeln und den besonders sensiblen Daten über sozialtherapeutische oder ärztliche Behandlungen und Maßnahmen orientieren sollte.

Die JVA Tegel erhält vor der Aufnahme eines Gefangenen aus der JVA Moabit eine vollständig angelegte Personalakte mit einer Aufnahmemitteilung über den Gefangenen. Die Vollzugsgeschäftsstelle der JVA Tegel erstellt im automatisierten Verfahren eine neue Aufnahmemitteilung, die weniger Daten enthält. Die positiv zu bewertende Reduzierung des Datensatzes verliert bei der Abheftung der Aufnahmemitteilung in der Gefangenenpersonalakte durch die weitere Aufbewahrung der Moabiter Mitteilung ihre Wirkung, da bei Einsichtnahmen in die Akte die Möglichkeit besteht, auch die umfassendere Aufnahmemitteilung, deren Inhalt überholt ist, einzusehen. Diese inhaltlich überholten Daten, die auch in Gefangenenkarteien und anderen Datensammlungen wieder auftauchen, sollten vernichtet werden, da sie zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind.

Die Aufbewahrungsdauer der Datensammlungen unterliegt offensichtlich keiner besonderen Kontrolle.

Soweit für Datensammlungen keine Aufbewahrungsfristen existieren, ist die Erforderlichkeit der Speicherungsdauer im Einzelfall zu prüfen. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit sind nur Vollzugsaufgaben heranzuziehen. Die Aufbewahrung darf nicht mit der Begründung, die wir häufiger erhalten haben ­ „Die Erfahrung zeige, dass die meisten Gefangenen nach ihrer Entlassung wiederkommen" ­, zu einer Vorratsdatenverarbeitung führen.

Die zum Teil über viele Jahre fortlaufende Führung der Bücher führt zu unterschiedlich langen Aufbewahrungszeiten der personenbezogenen Daten. Sie sollten künftig jahrgangsweise und

­ wo möglich ­ als Kartei geführt werden. Nur so können unverhältnismäßig lange Speicherzeiten für einzelne Betroffene verhindert und die Fristenkontrolle erleichtert werden.

Bericht des Berliner Datenschutzbeauftragten Stellungnahme des Senats

Probleme bereiten auch die bundeseinheitlichen Bestimmungen über die Aufbewahrungsfristen für das Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften und der Justizbehörden, in denen auch Aufbewahrungsfristen für die in der Vollzugsgeschäftsordnung geregelten Buchwerke, die Gefangenenpersonalakte und die Gefangenenkarteikarten enthalten sind. Die Fristen reichen von fünf Jahren bis zu 30 Jahren.

Problematisch ist bereits der Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn. Die Frist beginnt mit dem auf das Jahr der Weglegung folgenden Jahr zu laufen. Als Jahr der Weglegung z. B. bei Gefangenenbüchern gilt das Jahr, in dem der Vollzug aller darin aufgeführten Gefangenen beendet ist. Das bedeutet, dass Bücher, in denen Daten über einen zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen gespeichert sind, unter Umständen länger als 45 Jahre aufbewahrt werden. Die Regelung stellt einen krassen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Recht auf informationelle Selbsbestimmung dar und erschwert die Fristenkontrolle. Es muss ständig kontrolliert werden, welcher Gefangene die längste Freiheitsstrafe verbüßt. Dies dürfte nur sehr schwer durchführbar sein, zumal die Länge der Haftdauer in den Büchern nicht vermerkt ist.

Die uns häufig auf unsere Frage nach der Aufbewahrungsdauer von Unterlagen gegebene Antwort ­ „Wir sammeln so lange, bis der Raum/Schrank (in dem die Altakten aufbewahrt werden) voll ist" ­ zeigt, dass die Aufbewahrungsvorschriften nicht ausreichend bekannt sind. Erst recht unbekannt ist der Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn, an den sich demzufolge niemand zu halten scheint. Der Beginn der Aufbewahrungsfristen sollte praxisgerechter und am Erforderlichkeitsgrundsatz orientiert festgelegt werden.

Die bundeseinheitlichen Aufbewahrungsvorschriften sind vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten in der Anwendung und der dort geregelten Fristen dringend zu überarbeiten. Für die nicht in den bundeseinheitlichen Aufbewahrungsvorschriften geregelten Datensammlungen sind Aufbewahrungsvorschriften möglichst einheitlich für alle Justizvollzugsanstalten des Landes Berlin festzulegen.

Es gibt eine nahezu unübersichtliche Anzahl von Fotos von den Gefangenen zu den verschiedensten Zwecken und bei den verschiedensten Stellen.

Nach § 86 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) ist die Aufnahme von Lichtbildern zur erkennungsdienstlichen Behandlung des Gefangenen zur „Sicherung des Vollzuges" zulässig. Danach dürfen Lichtbilder nur gefertigt werden, wenn konkrete Hinweise für eine Fluchtgefahr bestehen. Der Gesetzgeber schreibt eine Entscheidung in jedem Einzelfall vor und hält die Anfertigung von Lichtbildern von jedem Gefangenen nicht für angezeigt. Als eine das Ermessen bindende Regelung sieht in Nr. 23 Abs. 2 VGO darüber hinaus vor, dass nur bei Strafgefangenen mit einer Vollzugsdauer von einem Jahr und mehr Lichtbilder aufzunehmen sind.

Wir haben Zweifel, dass die Vielzahl von Fotos, die wir in der Anstalt vorgefunden haben, unter Beachtung dieser Anforderungen gefertigt wurde.

Nach § 86 Abs. 3 StVollzG kann der Gefangene beantragen, daß die erkennungsdienstlichen Unterlagen nach seiner Entlassung aus dem Vollzug vernichtet werden. Hierfür ist erforderlich, daß feststellbar ist, ob von dem Gefangenen Fotos gefertigt wurden, wie viele Abzüge existieren, an welche Stellen sie weitergegeben wurden und wo sich die Negative befinden. Die Verantwortlichkeit für die Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten ist klar zu regeln und sollte bei der Stelle liegen, die die Gefangenenpersonalakte führt. Nach § 86 Abs. 2 StVollzG sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen zu den Gefangenenpersonalakten zu nehmen und nach Nr. 23 VGO dort in einem besonderen Umschlag aufzubewahren. In der Gefangenenpersonalakte sind auch das Negativ und sämtliche Abzüge sowie alle anderen Fotos, die zur Sicherung des Vollzuges gefertigt wurden, aufzubewahren. Hier ist die Zahl der Abzüge und jede Weitergabe von Abzügen zu dokumentieren.

Die in der JVA Tegel gewählte Verfahrensweise bei dem Umgang mit Fotos ist äußerst unübersichtlich. Nur in wenigen Gefangenenpersonalakten haben wir überhaupt ein Foto gefunden, so dass die gesetzliche Regelung hier zur Ausnahme gemacht Bericht des Berliner Datenschutzbeauftragten Stellungnahme des Senats worden ist. Fotos befinden sich bei den verschiedensten Stellen der Anstalt, auf Karteien oder anderen Unterlagen; eine Dokumentation, an welche Stellen Fotos weitergegeben wurden, existiert nicht. Nicht nur der Fotograf fertigt Fotos von Gefangenen an, sondern auch andere Stellen besitzen Polaroid-Kameras für Fotos von Gefangenen. Eine Kontrolle des Umganges mit den Fotos und eine Überprüfung der Zulässigkeit von Übermittlungen sowie die Durchsetzung des Anspruches der Gefangenen, daß alle ihre Fotos vernichtet werden (§ 86 Abs. 3 StVollzG), ist so nicht sichergestellt.

Es ist bedenklich, dass die Gefangenen über ihr Recht, die Vernichtung der Fotos zu verlangen, nur bei der Aufnahme durch einen Hinweis im Formular informiert werden, im übrigen offenbar für Ausländer nicht in ihrer Muttersprache. Bis zur Entlassung aus der Haft ist dieser Hinweis ­ wenn er denn auf dem umfangreichen Formular überhaupt gelesen wurde ­ in der Regel vergessen. Um den Betroffenen die Durchsetzung ihres Rechtes zu ermöglichen, sollte auch bei der Entlassung ein ausdrücklicher Hinweis hierauf erfolgen. Da die Fotos nach der Entlassung nicht mehr für Vollzugszwecke benötigt werden, wäre auch eine Vernichtung zu diesem Zeitpunkt ohne Antrag des Betroffenen sachgerecht und entspräche dem Erforderlichkeitsgrundsatz. Auf jeden Fall sind den Betroffenen die in ihrem Auftrag gefertigen Paß- und Ausweisfotos einschließlich der Negative bei ihrer Entlassung auszuhändigen.

Parkraumbewirtschaftung 3.5 Parkraumbewirtschaftung

Seit dem 6. März 1995 läuft in Berlin eine zweijährige Testphase zur Parkraumbewirtschaftung. Als Parkraumbewirtschaftungszonen sind die Spandauer Altstadt, die westliche Innenstadt sowie Stadtmitte eingerichtet worden. Offensichtlich einmalig im Bundesgebiet übernehmen private Firmen in den drei Parkraumbewirtschaftungszonen nicht nur die Aufstellung und Unterhaltung der Parkscheinautomaten, sondern auch die Kontrolle der Parkberechtigungen im jeweiligen Bewirtschaftungsgebiet. Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe hat zu diesem Zweck für das Land Berlin mit verschiedenen Firmen einen Vertrag über die Bewirtschaftung von Anwohnerparkzonen in Berlin abgeschlossen.

Der Vertrag verpflichtet die Firmen zum einen zur Beschaffung, zum Aufbau und zur Unterhaltung der Parkscheinautomaten; zum anderen überträgt er den Firmen auch die Überwachung des ruhenden Verkehrs in Abstimmung mit der Polizei. Die privaten Firmen kontrollieren in den vertraglich vereinbarten Gebieten und zu vertraglich vereinbarten Zeiten den ruhenden Verkehr. Die Entscheidung, wo und wann kontrolliert wird, obliegt dem Polizeipräsidenten. Dieser kann den Mitarbeitern der privaten Firmen jederzeit Weisungen erteilen. Wenn die Privaten bei ihrer Kontrolltätigkeit einen Verstoß gegen das Halten und Parken feststellen, erfassen sie mittels Handcomputer die Daten und übermitteln diese nach Ablauf eines Arbeitstages an die Bußgeldstelle. Am kontrollierten Fahrzeug hinterlassen die Kontrolleure einen Hinweiszettel, mit dem der Fahrzeuginhaber darauf hingewiesen wird, dass er sein Fahrzeug verkehrswidrig abgestellt habe und die weitere Bearbeitung unter Einsatz der automatischen Datenverarbeitung der Bußgeldbehörde beim Landespolizeiverwaltungsamt erfolgen werde.

Bei dem Einsatz privater Firmen zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs stellt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht die Frage, ob es sich hierbei um eine Funktionsübertragung oder um Auftragsdatenverarbeitung nach § 3 BlnDSG handelt. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang die Frage, in welchem Umfang Private im Bereich der hoheitlichen Aufgabenerfüllung eingesetzt werden dürfen.

Die Gewährung einer ausreichenden Überwachung der bewirtschafteten Gebiete ist eine der Grundvoraussetzungen für ein funktionierendes Parkraumkonzept. Grundsätzlich obliegt es der Polizei, Verstöße festzustellen und zu ahnden. Wegen politisch unerwünschter Personalvermehrung bei der Polizei mußte die Feststellung der Verstöße in den Pilotgebieten durch die vom Berliner Datenschutzbeauftragten beschriebene Verfahrensweise gelöst werden. Der Senat hat dabei in seiner Vorlage an das Abgeordnetenhaus (Drs 12/4683) deutlich gemacht, dass hierbei rechtliche Risiken eingegangen werden müssen, die auf Grund gerichtlicher Spruchpraxis möglicherweise zu einer Änderung des Überwachungsverfahrens führen können.

Durch eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Tiergarten ist die bislang praktizierte Form privater Kontrolltätigkeit beanstandet worden. Gegen das Urteil hat das Land Berlin Rechtsbeschwerde beim Kammergericht eingelegt. Über die Rechtsbeschwerde wird voraussichtlich erst in einigen Monaten entschieden werden.