Finanzamt
Zeugen. Die Auswertung führte zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Einschätzung nicht aufrecht zu halten war und daß die Wahrnehmungen des Petenten voll zutrafen. Das Bezirksamt war gehalten, gegenüber dem Beschäftigten eine Abmahnung auszusprechen.
Um Mißverständnissen vorzubeugen: Nicht die arbeitsrechtlichen Konsequenzen auf Grund der nachgeholten gründlichen Recherchen wertet der Ausschuß als Erfolg seiner Arbeit. Er legt vielmehr Wert darauf, dass Vorwürfe gerade wenn sie so detailliert wie im vorliegenden Fall vorgetragen werden sorgfältig geprüft werden. Für den Ausschuß waren deshalb nicht das Ergebnis und die abschließende Bewertung durch das Bezirksamt ausschlaggebend, sondern die Tatsache, dass sich das Bezirksamt eingehend mit den vom Petenten vorgetragenen Hinweisen auseinandergesetzt hat.
6. Auch in dem anderen Fall führte erst die Einschaltung des Petitionsausschusses und die damit verbundene nochmalige Prüfung des Sachverhaltes zu einem abweichenden, und zwar positiven Ergebnis für den Petenten. Dieser hatte sich um die Belange einer Verwandten ohne eigene Familie, einer alten Dame, die vom Sozialamt betreut wurde, gekümmert.
Mit dem Tod der alten Dame sah sich der Petent in der Pflicht, auch die Fragen der Bestattung zu klären. Er nahm deshalb mit dem Bezirksamt Kontakt auf, in dessen Verlauf er auch Kostenvoranschläge eines Bestattungsunternehmens vorlegte. Nach verschiedenen Gesprächen, in denen er von Anfang an unmißverständlich erklärte, die Erbschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausschlagen zu wollen, war ihm zugesagt worden, das Sozialamt werde die Kosten für die Bestattung übernehmen. Der Petent vertraute dieser Zusage des Bezirksamtes und veranlaßte die Auflösung des Hausstandes sowie die Bestattung und erledigte alle weiteren in diesem Zusammenhang anfallenden Pflichten.
Das Bezirksamt lehnte nach Vorlage der abschließenden Rechnung durch den Petenten eine Kostenübernahme für die Bestattung mit der Begründung ab, entweder hätte der Bestattungsauftrag vom Sozialhilfeträger selbst erteilt werden oder aber über die Frage der Kostenübernahme hätte vor der Auftragserteilung durch den Petenten entschieden werden müssen. Außerdem sei er als Erbe ohnehin verpflichtet, diese Kosten zu tragen.
Diese Haltung war für den Petenten völlig unverständlich, da er seine Aktivitäten stets eng mit dem Bezirksamt abgestimmt hatte und sich nach den vorangegangenen zahlreichen Kontakten sicher war, alle relevanten Fragen ausreichend geklärt zu haben; er sah sich nun durch die ablehnende Haltung des Bezirksamtes regelrecht getäuscht.
Die Ermittlungen des Ausschusses brachten zunächst keine Änderung. Das Bezirksamt beharrte auf der gegenüber dem Petenten bereits getroffenen Entscheidung. Auch das von dem Petenten angestrengte Widerspruchsverfahren blieb erfolglos, so dass er Klage erhob. Trotzdem sah der Ausschuß weiterhin Klärungsbedarf und bat um ein persönliches Gespräch mit dem zuständigen Stadtrat, damit die nach wie vor bestehenden Widersprüche zwischen dem Vorbringen des Petenten und den abweichenden Feststellungen des Bezirksamtes geklärt werden könnten. Die bezirklichen Prüfungen zur Vorbereitung dieses Gesprächs ergaben nun, daß die Angaben des Petenten, er habe sämtliche Unterlagen, so auch Kostenvoranschläge für die Leistungen des Bestattungsunternehmens dem Sozialamt zur Abstimmung vorgelegt, zutrafen. In dem Sozialhilfevorgang fand sich nämlich eine bis dahin unbeachtet gebliebene Bestätigung, nach der der Kostenvoranschlag des Bestattungsinstitutes vor Auftragserteilung dem Sozialamt vorgelegen haben mußte.
Damit waren die Voraussetzungen für die Übernahme der Beerdigungskosten durch den Träger der Sozialhilfe erfüllt; der ablehnende Bescheid des Bezirksamtes wurde aufgehoben, der Petent klaglos gestellt. Der Bezirksstadtrat hat gegenüber dem Ausschuß ausdrücklich bedauert, dass dieser entscheidende Hinweis in der Akte bislang übersehen worden war. Als mögliche Ursache für dieses Versehen verwies er auf die enorme Arbeitsbelastung, der die Mitarbeiter im Sozialamt ausgesetzt sind.
7. Der Bau von Autobahnen führt gerade innerhalb des Stadtgebietes immer wieder zu Belastungen für die Anlieger. Im Februar 1996 erreichte den Ausschuß eine Zuschrift von Siedlern in unmittelbarer Nähe der Bundesautobahn nach Hamburg. Sie beschwerten sich über eine erhebliche Lärmbelastung für die Anwohner und über deutlich spürbare Erschütterungen in den Wohnungen und Häusern auf Grund des regen Schwerlastverkehrs.
Der Ausschuß stellte bei seinen Ermittlungen zunächst fest, daß die Problematik bereits seit einigen Jahren bestand. So gab es seit 1988 bzw. 1990/91 verschiedene Messungen bzw. Berechnungen der Erschütterungs- und Geräuschemissionen. Eine geringfügige Überschreitung der entsprechenden Lärmgrenzwerte war jedoch nur für ein Grundstück festzustellen. Gleichwohl hielt es der Ausschuß für erforderlich, sich durch eine Ortsbesichtigung selbst einen Eindruck von den baulichen Gegebenheiten und den von den Petenten geschilderten Schwierigkeiten zu verschaffen. Bei der Ortsbesichtigung, an der neben den Vertretern des Ausschusses und der Petenten auch die zuständige Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr teilnahm, wurde der Sachverhalt ausführlich erörtert. Der Ausschuß konnte sich davon überzeugen, dass gerade in der sonst idyllischen Wohngegend die von der Autobahn ausgehenden Geräusche von den Anwohnern als besonders störend und belastend empfunden werden. Da jedoch die für ein Einschreiten der Ordnungsbehörden festgesetzten Grenzwerte nicht erreicht wurden, hat der Ausschuß keine Möglichkeit für eine grundlegende Änderung gesehen. Den Wunsch der Petenten, eine umfassende Lärmsanierung herbeizuführen, konnte der Ausschuß nicht erfüllen. Auch der Vertreter der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr sah angesichts der Sach- und Rechtslage einen nur sehr engen Handlungsspielraum. Allerdings erklärte er sich vor Ort bereit, noch einmal weitere Maßnahmen zu prüfen, um doch noch eine wenn auch voraussichtlich nur geringfügige Entlastung für die Anwohner zu erreichen. So soll geprüft werden, ob bei einer anstehenden Erneuerung der Fahrbahndecke Materialien verwendet werden können, die zu einer Geräuschdämmung beitragen.
Auch wird die Senatsverwaltung mit der Straßenverkehrsbehörde Möglichkeiten erörtern, um durch eine veränderte Verkehrssteuerung und die Durchsetzung einer bereits angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung eine Entlastung der Anwohner zu erzielen. Die hierzu erforderlichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen; der Ausschuß wird deren Ergebnis abwarten und die Eingabe dann erneut beraten.
8. Das in Berlin oft anzutreffende Nebeneinander von Arbeiten und Wohnen führt immer wieder zu Konflikten. Mehrmals führten Anwohner beim Petitionsausschuß Klage über in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Gewerbebetriebe. Auch wenn der Petitionsausschuß die Interessen der Anwohner gut nachvollziehen kann, kann er auf der anderen Seite auch die Notwendigkeit der Gewerbeausübung nicht grundsätzlich in Frage stellen. Im konkreten Einzelfall bedeutet dies, daß es einer sehr sorgfältigen Abwägung der beiden gegensätzlichen Interessen bedarf und gleichzeitig geprüft werden muß, welche Möglichkeiten bestehen, die sich aus der Spannungslage entwickelnden Konflikte auf ein für beide Seiten akzeptables Maß zu begrenzen. Nachfolgend sind zwei Beispiele aus Berlin-Weißensee genannt, die belegen, wie unterschiedlich die Auswirkungen in der Praxis sein können.
Ein betroffener Bürger beschwerte sich über besondere Belastungen durch eine in der unmittelbaren Wohnnähe gelegene Eisengießerei. So gebe es durch den Betrieb eines speziellen Ofens gravierende Luftverunreinigungen; außerdem sei mit der Bearbeitung des Materials eine erhebliche Lärmbelästigung durch Hammer-, Säge- und Klopfgeräusche verbunden. Bei den Ermittlungen des Ausschusses stellte sich heraus, dass die Eisengießerei bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts an diesem Standort betrieben wurde. Es handelte sich um eine genehmigungsbedürftige Anlage, die jedoch, weil in den neuen Bundesländern ansässig, der zuständigen Genehmigungsbehörde nur anzuzeigen war.
Danach genoß der Betrieb auf Grund von Übergangsbestimmungen zunächst in dem angezeigten Rahmen Bestandsschutz.
Nach der Überleitung des Immissionsschutzrechtes waren auch in den neuen Bundesländern bei Betrieb von genehmigungsbedürftigen Anlagen bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Insbesondere bedeutete dies, dass diese Anlagen dem Stand der Technik entsprechen mußten. Dem Betreiber wurde die Möglichkeit eröffnet, entweder eine Sanierung mit dem Ziel vorzunehmen, die festgelegten Höchstwerte nicht zu überschreiten, oder aber darauf zu verzichten, die Anlage länger als bis zu einem bestimmten Stichtag zu betreiben. Da der Sanierungsbedarf für die Anlage als zu groß eingeschätzt wurde, wurde vom Betreiber die Stichtagsregelung gewählt.
Mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag hatte er sich entsprechend verpflichtet, die Anlage zu diesem Zeitpunkt stillzulegen. Dies bedeutete jedoch nicht, dass damit sozusagen ein „Freibrief" ausgestellt worden wäre, in der bis dahin verbleibenden Zeit Schutzvorschriften zu umgehen, denn gleichzeitig wurde geregelt, dass bestimmte Emissionswerte nicht überschritten werden durften. Hierzu führte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie verschiedene Messungen durch und konnte in enger Zusammenarbeit mit dem Betreiber eine deutliche Verbesserung der Situation erzielen. Unter anderem verzichtete dieser auf die Verwendung verunreinigten Ausgangsmaterials und ließ den Abzug des Schmelzofens umbauen sowie die vorhandene Entstaubungsanlage einhausen. Auch wenn damit das Ziel der Petition, die darauf gerichtet war, die Anlage möglichst umgehend stillzulegen, nicht erzielt werden konnte, hielt der Ausschuß das erreichte Ergebnis für zufriedenstellend und schloß damit die Bearbeitung der Eingabe ab.
In einem weiteren Fall hatte sich ebenfalls ein Konflikt zwischen Gewerbebetrieb und Anwohnern entwickelt. Ein betroffener Petent berichtete, er und weitere Anwohner würden durch eine benachbarte Bauschuttsortier- und -ablagerungsanlage durch Staub und Lärm erheblich und unzumutbar beeinträchtigt. Die auf Grund der Eingabe vom Ausschuß eingeleiteten Ermittlungen beim Bezirksamt Weißensee ergaben, dass das Bezirksamt auf Grund der vorliegenden Beschwerden anderer Anwohner bereits tätig geworden war und sich direkt mit dem Betrieb in Verbindung gesetzt hatte.
So hatten Mitarbeiter zum Beispiel Kontrollen vor Ort durchgeführt und dabei das Vorbringen des Petenten bestätigt gesehen. Die Bemühungen des Bezirksamtes, in dem Interessenkonflikt zwischen den Anwohnern und der Firma einen Kompromiß zu erzielen, gestalteten sich auf Grund des Verhaltens des Anlagenbetreibers schwierig; im Ergebnis mußte das Bezirksamt den Geschäftsführer des Betriebes auffordern, den Gewerbebetrieb einzustellen, um die berechtigten Interessen der Anwohner wirksam zu schützen.
Dem Begehren der Petenten konnte also in vollem Umfang Rechnung getragen werden.
9. Der Ausschuß erhält immer wieder Eingaben, in denen es um den Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt geht.
Die Bearbeitung derartiger Petitionen zieht sich häufig aus unterschiedlichen Gründen recht lange hin und führt leider
trotz des guten Willens aller Beteiligten nicht immer zu einem glücklichen Ende, wie auch in dem nachstehenden Fall, der den Ausschuß bereits im Juli 1993, also noch in der 12. Wahlperiode, erreichte.
Eine Petentin, die selbst behindert ist, beschwerte sich über die wenig behindertengerechte Ausstattung des Finanzamtes für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern. So bemängelte sie das Fehlen einer geeigneten Rampe, die es Rollstuhlfahrern ermöglichen könnte, selbständig und ohne fremde Hilfe in das Gebäude zu gelangen. Auch wies sie auf fehlende behindertengerechte Toiletten und unzureichende Parkmöglichkeiten für Behinderte hin.
Die Senatsverwaltung für Finanzen nahm die Kritik der Petentin auf und sagte zu, die erkannten Mißstände abzubauen. Allerdings erwies sich der beabsichtigte Bau der erwähnten Rampe als äußerst schwierig.
Zunächst mußte der Eigentümer seine Zustimmung zu dieser baulichen Veränderung erteilen, da es sich um ein Gebäude handelte, das das Land Berlin lediglich gemietet hatte. Erst mit Beginn des Jahres 1994 konnte dem Bezirk ein Bauantrag vorgelegt werden, nachdem sich auf Grund der Auflagen des Vermieters zum Teil grundlegende Änderungen in der Planung ergeben hatten. Die Baumaßnahme war für das Haushaltsjahr 1994 bereits als besonders dringend eingestuft worden und sollte nach Freigabe der entsprechenden Mittel möglichst rasch umgesetzt werden. Das baurechtliche Verfahren zog sich jedoch hin. Im März 1995 erhielt der Ausschuß die Nachricht, die Behindertenrampe habe immer noch nicht errichtet werden können, weil nach Abschluß der Planungsphase festgestellt worden war, dass die Wegstrecke über einen maroden Kellerschacht geführt hätte. Auf Grund der fehlenden Festigkeit des Untergrunds war eine Änderung der architektonischen Planung notwendig. Gleichzeitig mußte das Genehmigungsverfahren neu beschritten werden.
Zumindest aber konnte der Ausschuß erfahren, dass andere Bauarbeiten, so für ein behindertengerechtes WC im Erdgeschoß des Finanzamtes, inzwischen abgeschlossen werden konnten.
Im Sommer 1995 erhielt der Ausschuß dann die Nachricht, daß es wegen der Streichung von Finanzmitteln in erheblichem Umfang möglicherweise zu Schwierigkeiten kommen könnte, die Baumaßnahme zu finanzieren. Die Verwaltung versprach aber, weiterhin bemüht zu sein, den Bau der Rampe voranzubringen. Leider ließ sich diese Zusage dann doch nicht einhalten. Im April 1996 fast drei Jahre nach Eingang der Petition teilte die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr dem Ausschuß mit, das bauaufsichtliche Verfahren sei zwar nunmehr abgeschlossen, jedoch werde auf Grund der überaus angespannten Haushaltslage des Landes Berlin und vor dem Hintergrund, dass dieses Mietgebäude zum Oktober 1996 aufgegeben werde, eine Umsetzung der Maßnahme nicht mehr für vertretbar gehalten. Für die verbleibenden Monate bis zur Räumung des Gebäudes sollte es nun mehr bei der bestehenden provisorischen Lösung verbleiben.
Diesen Argumenten konnte sich der Ausschuß selbstverständlich nicht verschließen, und er hat die Angelegenheit abgeschlossen.
10. Über die Auffassung des Senats, dass Enteignungen auf der Grundlage des Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vom 8. Februar 1949 und der im Anschluß nach Gründung der DDR veröffentlichten sogenannten Liste 3 nach dem Vermögensgesetz nicht rückgängig gemacht werden können, hat der Petitionsausschuß der 12. Wahlperiode bereits berichtet. Von einer solchen Enteignung war eine Erbengemeinschaft betroffen, die sich allerdings nicht wegen der verwaltungsrechtlichen Problematik, sondern wegen der enormen Kosten eines Zivilprozesses an den Petitionsausschuß gewandt hat.
Die Petentinnen hatten in erster Instanz einen Rechtsstreit gegen das Land Berlin wegen Grundbuchberichtigung gewonnen. Nach Auffassung des Landgerichts Berlin war nämlich die Enteignung unwirksam, da das im Jahre 1949 in der Liste 3 erfaßte Grundstück gar nicht dem dort namentlich aufgeführten Erblasser gehörte. Zum Leidwesen für die Erbengemeinschaft war das Land Berlin mit seiner Berufung gegen dieses Urteil erfolgreich. Nach Auffassung des Kammergerichts war die Enteignung wirksam, da das Grundstück bereits vorher von der Sowjetischen Besatzungsmacht beschlagnahmt worden war. Auf Grund dieser für sie unerwarteten Entscheidung war die Erbengemeinschaft, die aus einer Rentnerin, einer Auszubildenden und einer Arbeitslosen bestand, beträchtlichen Prozeßkostenforderungen ausgesetzt. Die Erbinnen hatten wegen des hohen Streitwerts nämlich nur für die erste Instanz Prozeßkostenhilfe beantragt und auch erhalten, so dass ihnen für den zweiten Rechtszug Gerichtskosten in Höhe von 27 922,50 DM berechnet wurden. Darüber hinaus hatten sie dem Land Berlin als Prozeßpartei Anwaltskosten für die erste und zweite Instanz in Höhe von 34 609,25 DM nebst Zinsen zu erstatten.
Auf Grund der Eingabe entschied der Präsident des Landgerichts, die Gerichtskosten niederzuschlagen. Die Senatsverwaltung für Finanzen, die das Land Berlin in dem Prozeß vertreten hatte, hatte hingegen einen Erlaß der außergerichtlichen Kosten abgelehnt und blieb bei diesem Entschluß, auch nachdem der Petitionsausschuß sie über die positive Entscheidung wegen der Gerichtskosten informiert hatte.
Nach den Feststellungen der Senatsverwaltung für Finanzen war nicht zu besorgen, dass die Durchsetzung des Anspruchs zu einer Existenzgefährdung bei den Petentinnen führen würde, so dass kein Erlaß, sondern lediglich eine Stundung der Forderung in Betracht kam. Einen Unterschied zur Geltendmachung der Gerichtskosten sah die Senatsverwaltung darin, dass dort auf zusätzliche Einnahmen für den Landeshaushalt verzichtet würde, während im Falle der Rechtsanwaltskosten es sich um die Rückforderung vom Land Berlin bereits geleisteter Ausgaben handele. Diese Ausgabe sei auch unumgänglich gewesen, weil das Land Berlin sich nach der Zivilprozeßordnung wie jede andere Prozeßpartei vor den Landgerichten und Gerichten des höheren Rechtszugs anwaltlich vertreten lassen müsse.
Angesichts der Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung, die einen Erlaß nur unter engen Voraussetzungen zulassen, vermochte der Ausschuß die Entscheidung der Senatsverwaltung für Finanzen nicht zu beanstanden. Nicht übernommen hat er allerdings deren zusätzliches Argument, die Petentinnen hätten den Prozeß auf eigenes Risiko durch zwei Instanzen geführt. Denn es war die Senatsverwaltung für Finanzen, die Berufung eingelegt hatte, nachdem in der ersten Instanz sowohl der Prozeßkostenhilfeantrag als auch die Klage der Petentinnen erfolgreich gewesen waren.
Zudem war und ist die Wirksamkeit von Enteignungen nach der „Liste 3" in mehreren Fallkonstellationen durchaus umstritten. Umso mehr freute sich der Petitionsausschuß, daß die Petentinnen wenigstens von den Gerichtskosten befreit werden konnten.
11. Einige Hochschullehrer kritisierten den Wegfall der besonderen Vergütungen, die Prüfer und Prüferinnen bisher für die Abnahme von Prüfungen für ein Lehramt/Erstes Staatsexamen erhielten. Das Abgeordnetenhaus hatte mit Artikel VI des Gesetzes zur Änderung lehrerbildungsrechtlicher Vorschriften vom 26. Oktober 1995 beschlossen, dass entsprechende Vergütungen nicht mehr gezahlt werden.
Da für andere Staatsprüfungen zum Beispiel im Jura- oder Medizinstudium weiterhin Prüfervergütungen geleistet werden, sahen die Petenten durch den einseitigen Wegfall der Prüfervergütungen beim Ersten Staatsexamen für ein Lehramt den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Sie forderten den Petitionsausschuß deshalb auf, sich für eine Rücknahme des Beschlusses einzusetzen. Der Ausschuß machte in diesem Fall von der Regelung in § 8 des Petitionsgesetzes Gebrauch und überwies die Eingabe den Fraktionen mit der Bitte um Mitteilung, ob sie die Petition zum Gegenstand einer Gesetzesinitiative machen wollen.
Die Fraktionen der CDU und der SPD äußerten sich dahingehend, sie beabsichtigten nicht, das Lehrerbildungsgesetz erneut zu ändern. In der Fraktion der SPD werde zur Zeit erwogen, ob nicht auch Hochschulprofessoren anderer Fachrichtungen zukünftig vergütungsfrei Prüfungen leisten sollten. Die Fraktion der CDU prüfe, inwieweit es sinnvoll sein könnte, wenn alle Hochschulprofessoren der verschiedenen Fachrichtungen eine bestimmte Anzahl von Prüfungen vergütungsfrei abnehmen sollten und erst über dieses Maß hinausgehende Prüfungstätigkeiten zu vergüten wären. Mit den angedachten Regelungen würde auch die von den Petenten beklagte Verletzung des Gleichheitsprinzips beseitigt werden.
Auch die Fraktion der PDS teilte mit, sie werde die Petition nicht zum Gegenstand einer Gesetzesinitiative machen. Die Änderungen im Lehrerbildungsgesetz würden zwar eine Ungleichbehandlung gegenüber Prüferinnen und Prüfern in anderen Staatsprüfungen wie z. B. Jura und Medizin bedeuten, die Fraktion sehe aber darüber hinaus auch das Problem der sehr unterschiedlichen Prüfungsbelastungen von Professorinnen und Professoren, die nicht allein über Honorare abzugelten seien. Daher müsse eine grundsätzliche Debatte über die unterschiedlichen Prüfungsbelastungen, deren gerechtere Verteilung und mögliche Ausgleichsformen geführt werden, bevor gesetzliche Initiativen zu ergreifen seien.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin, auch sie sehe eine Ungleichbehandlung der professoralen Prüferinnen und Prüfer. Da nach dem Hochschulgesetz die Abnahme von Prüfungen zu den Aufgaben von Professoren gehöre, sei diese Tätigkeit aber bereits vergütet. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halte es deshalb für angemessen, die Honorare für alle Prüfungen zu streichen.
Dieses Beispiel zeigt, dass Bitten um Gesetzesänderungen nicht immer das von den Petenten gewünschte Ergebnis, sondern manchmal genau das Gegenteil bewirken können.
Daß unter Umständen in Zukunft die Prüfungsvergütungen für alle Prüfer an den Hochschulen entfallen können, ist von den Petenten sicherlich nicht bezweckt worden.
12. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass sich hauptsächlich Berlinerinnen und Berliner an den Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses wenden. Aber genauso selbstverständlich endet der Kreis der Petenten nicht an den Stadtgrenzen. Soweit eine Eingabe von „auswärts" das Handeln oder Unterlassen von Berliner Behörden oder die Berliner Gesetzgebung betrifft, kann der Petitionsausschuß dann auch das Anliegen prüfen. Bisweilen gehen die Antworten des Petitionsausschusses in ferne Kontinente, so im Falle eines Petenten, dem die große Entfernung zu seiner früheren Heimatstadt Berlin für ihn zunächst unlösbare Probleme bereitete. Der in Namibia wohnende ehemalige Bedienstete der Senatsverwaltung für Justiz hatte seit Monaten vergeblich versucht, einen Antrag auf Beihilfe im Krankheitsfall zu stellen. Sein per Luftpost an die Senatsverwaltung für Justiz
Beihilfestelle gesandtes Schreiben war mit dem Zustellungsvermerk „unbekannt verzogen" zurückgekommen, weil sich deren Anschrift geändert hatte und der Postzusteller aus nicht nachvollziehbaren Gründen den Brief nicht an die Senatsverwaltung für Justiz weitergeleitet hatte. Es dauerte Monate, bis der Petent diese Rücksendung in den Händen hielt. Zum einen wurde der Schiffsweg gewählt, zum anderen hatte der Petent auf dem Umschlag seine Adresse nicht angegeben, so dass die Sendung von der namibischen Post geöffnet wurde, um den Absender zu erfahren. Dabei wurde fälschlicherweise der ehemalige Zahnarzt des Petenten als Absender angesehen, weil von ihm erstellte Rechnungen dem Antrag des Petenten beigefügt waren. Der Nachfolger dieses Zahnarztes händigte schließlich das Poststück dem km entfernt wohnenden Petenten aus. In der Zwischenzeit war die Antragsfrist abgelaufen. In seiner Verzweiflung sandte der Petent die gesamten Unterlagen erneut nach Berlin, diesmal allerdings an den Petitionsausschuß, wo sie von dem langen Weg durch viele Hände sichtbar gekennzeichnet
eintrafen. Dem Petenten konnte sodann durch Weiterleitung seines Antrages an die zuständige Beihilfestelle geholfen werde, die ihm wegen der besonderen Umstände Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gewährt hat.