Pflegeversicherung

Schulwegbeförderung

Die Umweltorientierung für Kinder mit autistischer Behinderung ist erheblich beeinträchtigt, aber auch das Umgehenkönnen mit der autistischen Behinderung ist gesellschaftlich noch nicht hinreichend gesichert. Deshalb ist die selbständige Schulwegbewältigung nur sehr eingegrenzt gegeben.

Für Schülerinnen und Schüler ist deshalb unbedingt notwendig, entsprechend der „Ausführungsvorschriften über Schülerbeförderung, Schulwegbegleitung und Fahrkostenhilfe" die Beförderung in nicht öffentlichen Verkehrsmitteln zu finanzieren und zu organisieren.

Auf Anregung der für Schule zuständigen Bezirksstadträte soll baldmöglichst eine Umstellung der Ausführungsvorschriften über Schülerbeförderung, Schulwegbegleitung und Fahrkostenbeihilfe vom 8. August 1990 erfolgen. Dabei soll die finanzielle Zuständigkeit dem Wohnortbezirk zufallen, wohingegen die Organisationszuständigkeit beim Schulstandortbezirk verbleiben soll.

Diese Umgestaltung soll möglichst die in letzter Zeit häufiger aufgetretenen verwaltungstechnischen und vor allem finanziellen Schwierigkeiten lösen.

Berufsvorbereitung und Berufsfindung

Eine befriedigende Integration autistischer Jugendlicher und junger Erwachsener in das Arbeitsleben ist von großer Tragweite für die Persönlichkeitsentwicklung und Verselbständigung der Betroffenen.

Trotz der in 2.2.3 aufgezeigten Schwierigkeiten bei der Integration von Menschen mit Autismus in Werkstätten für Behinderte sind die Werkstätten gesetzlich gehalten, sich auch dieser Klientel zu widmen, auch wenn die sprachliche Barriere und die qualitative Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen durch die besonderen Eigenarten autistischer Menschen die Förderung erheblich erschwert.

Einen weiteren möglichen Weg, hier zu besseren Ergebnissen zu kommen, bietet das Projekt „Kommunikationsund Arbeitsassistenz", das gegenwärtig in Trägerschaft des Vereins „Eltern für Integration" als Modellprojekt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wird.

Ziel des Projektes ist es, jungen Menschen mit Autismus zur Eingliederung in das Berufs- und Arbeitsleben zu verhelfen. Die nicht oder kaum sprechenden Menschen mit Autismus galten bisher wegen ihrer massiven Kommunikationsbehinderung als schwer geistig behindert und als unfähig zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, vor allem am Berufs- und Arbeitsleben. Eine erst vor wenigen Jahren in Deutschland bekanntgewordene, in Australien entwickelte und inzwischen in einer ganzen Reihe von Ländern (insbesondere Australien und USA) praktizierte Methode der Kommunikation, die „gestützte Kommunikation" (facilitated communication, FC), hat die Annahme über die geistigen, sprachlichen und sozialen Kapazitäten und Potentiale der nicht sprechenden Autisten weitgehend verändert.

FC ermöglicht es den nicht sprechenden Menschen, sich über den Computer schriftlich zu äußern. Entscheidend dabei ist die Unterstützung durch einen Kommunikationshelfer (facilitator). Im fortgeschrittenen Stadium der Erlangung der Kommunikationsfähigkeit mit Hilfe eines Facilitators kann das Stützen (wo es nicht wegen motorischer Beeinträchtigung unverzichtbar ist) in der Regel immer stärker reduziert werden, z. B. auf ein bloßes Berühren am Ellenbogen, an Schulter oder Kopf, bis die betreffende Person gänzlich unabhängig kommunizieren (schreiben) kann.

Durch die Nutzung von FC als schriftliches Ausdrucksmittel konnte bei einer Reihe scheinbar hochgradig geistig behinderter Menschen festgestellt werden, dass sie im Besitz einer weitgehend intakten „inneren Sprache" (Verständnis, schriftlicher Ausdruck, Literalität) sind.

Durch die „gestützte Kommunikation" öffnen sich für die nicht sprechenden Menschen mit Autismus nicht nur die Tore zu zwischen-menschlichem sprachlichen Austausch und Verständigung, sondern auch zu Bildung, Ausbildung und kooperativer Arbeit. Mit der kommunikativen Barriere fällt das entscheidende Hindernis gegen sprachlich vermittelte Qualifizierung.

Durch den Verein „Eltern für Integration" werden im Projekt „Kommunikations- und Arbeitsassistenz" am Standort in Treptow 15 Jugendliche betreut.

Bei der Teilnehmergruppe handelt es sich um Jugendliche mit Autismus schwerer Ausprägung, bei denen bisherige Eingliederungsversuche in die Arbeitswelt (auch die Eingliederung in Werkstätten für Behinderte oder in Tagesfördergruppen) scheiterten bzw. für die kein adäquates Förderangebot für den Übergang in die Arbeitswelt zur Verfügung steht. Für die Teilnehmer werden während der Laufzeit des Modellprojekts (im Rahmen von Arbeitsförderungsmaßnahmen durch das Arbeitsamt) personenbezogen Stützpädagogen eingesetzt. Die Stützpädagogen werden im Rahmen des Projekts so weit fortgebildet, dass sie möglicherweise später als qualifizierte fachliche Begleitung für autistische Mitarbeiter in der Praxis zur Verfügung stehen können.

Inwieweit die beiden Hauptziele des Modellprojektes

a) Nachholen von schulischer Bildung durch Nutzung neuer Möglichkeiten der Kommunikation und

b) Vorbereitung auf Eingliederung in die Arbeitswelt (WfB, erster Arbeitsmarkt) erreichbar sind, wird die Auswertung der Ergebnisse des Modellprojektes zeigen. Zu erwarten sind in jedem Fall Schlußfolgerungen zur Bedeutung des Einsatzes von FC im Unterricht bei Kindern mit autistischen Störungen Maßnahmen für diesen Personenkreis.

Arbeit und Wohnen

Ein besonderes Problem für alle Beteiligten stellt der Übergang autistischer Menschen aus der Obhut der Eltern in ein anderes Betreuungssystem oder in die Selbständigkeit dar. Wegen der bereits dargestellten Besonderheiten der autistischen Störung können nur relativ wenige als Erwachsene selbständig oder allein mit ambulanter Betreuung leben.

Rund 75 % der betroffenen Personen leben nicht mehr in der Familie, sondern seit der Adoleszens oder dem frühen Erwachsenenalter in verschiedenen Einrichtungen, in der Regel in Heimen für Geistigbehinderte. In der Praxis hat sich gezeigt, dass wegen der spezifischen Probleme der Menschen mit Autismus in den genannten Heimen oder anderen Einrichtungen große Schwierigkeiten entstehen. Es wird daher in vielen Fällen auf eine Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgewichen, was aber keinesfalls als befriedigende Lösung auf Dauer angesehen werden kann. Eine kurzfristige Unterbringung in einer solchen Einrichtung ist lediglich als Maßnahme einer Krisenintervention zu akzeptieren.

Auch für Menschen mit Autismus findet das Normalisierungsprinzip Anwendung, das grundsätzlich eine räumliche Trennung der verschiedenen Lebensbereiche vorsieht. Eine Betreuungsform, die Wohnen, Arbeiten und Pflege unter einem Dach zusammenfaßt, kann auf Grund der Streubreite des Behindertenbildes bei Menschen mit autistischer Behinderung als Abweichung vom obengenannten Normalisierungsprinzip ebenfalls angeboten werden.

Seit einem Jahr steht im Bezirk Wilmersdorf ­ Nikischstraße ­ lediglich eine erste spezielle Wohngruppe mit 6 Plätzen zur Verfügung. Damit ist der Bedarf jedoch nicht gedeckt. Geholfen ist damit nur einem Teil autistischer junger Menschen, bei denen die Trennung zwischen Arbeit und Wohnen angezeigt ist.

Darüber hinaus sind im Land Berlin zur Zeit den Vereinen „Hilfe für das autistische Kind" und „Eltern für Integration" 15 junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren bekannt, für die die Ablösung aus dem Elternhaus bevorsteht. Hier kann die Vermeidung der Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik nur gelingen, wenn im Land Berlin für sie entsprechende Plätze betreuten Wohnens und Arbeitens in Verbindung mit Pflege geschaffen werden.

Durch die Senatsverwaltung für Schule Jugend und Sport war ein Projekt mit 7 Plätzen im Bezirk Köpenick

­ Ahornweg 8 ­ geplant.

Die Finanzierung ­ geplant war eine Investitionsmaßnahme nach Art. 52 PflegeVG, SGB XI ­ ist auf Grund der Änderung des Pflegeversicherungsgesetzes nicht gesichert, da Einrichtungen für Behinderte nicht mehr in diese gesetzliche Zuständigkeit fallen.

Hinzu kommt, dass die Platzkosten für die geplante Einrichtung mit etwa 200 000,­ DM Investitionsbedarf etwa um 80 000,­ über den üblichen Ansätzen liegen. Dabei waren aber zusätzliche bauliche Maßnahmen vorgesehen, die der Verbindung von Arbeiten und Wohnen für diesen Personenkreis im besonderem Umfang Rechnung tragen sollten. Dieses besondere Angebot sollte nach Möglichkeit ­ gegebenenfalls in einzelnen Finanzierungsphasen ­ erneut zur Realisierung erwogen werden.

Durch den veränderten Senatszuschnitt ist die Zuständigkeit für Wohneinrichtungen behinderter Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener auf die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales übergegangen.

4 Auswirkungen auf die Haushalts- und Finanzplanung

Die Abstimmung der haushaltswirtschaftlichen Konsequenzen für das in Aussicht genommene Gesamtkonzept ist nicht Teil der angeforderten Berichterstattung. Ein ganzheitliches Konzept lässt sich allerdings nicht ohne finanziellen Mehrbedarf realisierien.

Die Ermittlung der haushaltswirtschaftlichen Konsequenzen mit den beteiligten Bezirken bedarf dazu noch der Fortführung struktureller Datenabstimmung u. a. mit den Standortbezirken der Auftragsschulen für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Autismus.

Insgesamt wird für die erforderlichen Erweiterungen im Rahmen der dargestellten Strukturen ein Finanzierungskonzept noch zu sichern sein.