Fortführung der Berliner Verwaltungsreform hier: Abbau von Verwaltungsvorschriften
„Der Senat wird aufgefordert, alle Verwaltungsvorschriften grundsätzlich zu Ende 1996 außer Kraft zu setzen, soweit diese nicht allein innerbehördliche Fragen regeln oder gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Rat der Bürgermeister als unerläßlich eingestuft und, auf das Notwendigste beschränkt, neu erlassen wurden. Das Verfahren der Sichtung und Überprüfung der Verwaltungsvorschriften ist so rechtzeitig zu beginnen, dass eine substantielle Auswahl erforderlicher Verwaltungsvorschriften sichergestellt ist.
Der Senat wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus nach Abschluß der Überprüfung mitzuteilen, welche rechtsbereinigenden Effekte quantitativ und qualitativ erreicht wurden. Dies beinhaltet eine nach Fachressorts gegliederte Aufstellung, welche Verwaltungsvorschriften entfallen sind und welche in wesentlich überarbeiteter Form neu erlassen wurden." (Auszug aus dem Antrag der Koalitionsfraktionen über entschlossene Fortführung der Verwaltungsreform [Drucksache Nr. 13/556], hier Nummer 3, der unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Drucksache Nr. 13/929 angenommen wurde.)
Hierzu wird berichtet:
1. Mit Inkrafttreten des Berliner Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes vor fast 40 Jahren wurde eine Regelung eingeführt, mit der das Land Berlin hinsichtlich der Eindämmung der Vorschriftenflut bundesweit immer noch vorbildlich ist und die noch nicht von allen Bundesländern praktiziert wird.
Nach § 6 Abs. 4 AZG sollen Verwaltungsvorschriften mit Ausnahme derjenigen in Angelegenheiten der Personalverwaltung eine Begrenzung ihrer Geltungsdauer enthalten, die nicht über zehn Jahre hinaus erstreckt werden darf. Ist die Geltungsdauer nicht begrenzt, so treten Verwaltungsvorschriften zehn Jahre nach Ablauf des Jahres außer Kraft, in dem sie erlassen worden sind (§ 6 Abs. 4 Satz 3 AZG). Sollte ihre Weitergeltung unerläßlich sein, müßten sie neu erlassen werden.
Vor diesem Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass alle Verwaltungsvorschriften, die derzeit vom Senat und den Senatsverwaltungen als unerläßlich angesehen werden und somit weitergelten, nach Ablauf der jeweiligen zeitlich befristeten Geltungsdauer außer Kraft treten werden.
Bei der Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses wurde berücksichtigt, das von diesem Beschluß ausdrücklich nur die Verwaltungsvorschriften erfaßt werden, die Wirkungen nach außen entfalten und nicht ausschließlich verwaltungsinterne Regelungsbereiche betreffen. Hierunter fallen insbesondere alle dienstrechtlichen Vorschriften.
2. Nach § 6 Abs. 1 AZG erläßt der Senat Verwaltungsvorschriften zur Ausführung von Gesetzen (Ausführungsvorschriften) sowie die sonstigen allgemeinen Verwaltungsvorschriften (Grundsätze, Richtlinien, Allgemeine Anweisungen).
Für die Aufhebung derartiger Verwaltungsvorschriften zum 31. Dezember 1996 bedurfte es einer ebenfalls auf § 6 Abs. 1 AZG gestützten Verwaltungsvorschrift des Senats (Allgemeine Anweisung). Diese Allgemeine Anweisung wurde zwischenzeitlich erlassen; sie regelt die Weitergeltung der Verwaltungsvorschriften des Senats, die als unerläßlich eingestuft wurden (vgl. Anlage 1 weitergeltende Verwaltungsvorschriften nach § 6 Abs. 1 AZG einschließlich Begründung der jeweils federführenden Senatsverwaltung) sowie das Außerkrafttreten der weiteren Verwaltungsvorschriften ab
1. Januar 1997 (vgl. Anlage 2 aufgehobene Verwaltungsvorschriften nach § 6 Abs. 1 AZG).
3. Um eine umfassende Überprüfung des gesamtem Bestandes an Verwaltungsvorschriften zu veranlassen, wurden die Senatsmitglieder aufgefordert, entsprechend der für die Vorschriften des Senats getroffenen Regelung die von den einzelnen Senatsverwaltungen nach § 6 Abs. 2 AZG und anderen Gesetzen erlassenen Verwaltungsvorschriften ebenfalls zu überprüfen und, soweit wie möglich, zum 31. Dezember 1996 außer Kraft zu setzen.
Das Ergebnis der Prüfung der Senatsverwaltungen ist als Anlage 3 (aufgehobene Verwaltungsvorschriften nach § 6 Abs. 2 AZG) beigefügt.
4. Im Rahmen der Beteiligung des Rats der Bürgermeister an der Prüfung der Unerläßlichkeit von Verwaltungsvorschriften hat dieser den Senat in seiner Sitzung vom 19. Dezember 1996 um Fristverlängerung gebeten, und gefordert, alle Verwaltungsvorschriften erst zum 31. März 1997 außer Kraft zu setzen und eine Auflistung der unerläßlichen Verwaltungsvorschriften einschließlich einer Einzelbegründung vorzulegen. Der Senat hat in seiner Sitzung vom 28. Januar 1997 beschlossen, dem Wunsch des Rats der Bürgermeister nach einer Fristverlängerung für seine Stellungnahme in der Weise zu entsprechen, dass dem Rat eine weitere Frist bis zu seiner nächsten Sitzung am 20. Februar 1997 gewährt wird.
Gleichzeitig wurde angeboten, dass die zuständigen Senatsverwaltungen die Notwendigkeit für das Weitergelten einzelner Verwaltungsvorschriften in den zuständigen Ausschüssen des Rats der Bürgermeister erläutern. In seiner Sitzung vom 20. Februar 1997 hat der Rat der Bürgermeister keine weitere Stellungnahme abgegeben. Der Rat der Bürgermeister beabsichtigt, einen Ausschuß bestehend aus Vertretern der Bezirke einzurichten, der die Anregungen einzelner Bezirke aufgreifen wird. Die jeweils zuständigen Senatsmitglieder werden diesem Ausschuß zu den jeweiligen Themenschwerpunkten Auskünfte erteilen und zu den Anregungen des Ausschusses Stellung nehmen. Der Senat begrüßt die Absicht der Bezirke, weitere Vorschläge zur Vereinfachung und zum Abbau von Verwaltungsvorschriften zu unterbreiten. Der Senat verspricht sich von der gezielten Einbeziehung der Adressaten von Verwaltungsvorschriften zusätzliche Erfolge bei der Deregulierung. Das vorliegende Ergebnis der Überprüfung von Verwaltungsvorschriften kann daher nur als Zwischenschritt angesehen werden. Im Rahmen der künftigen Arbeit wird weiterhin strikt das Ziel einer weitgehenden Deregulierung verfolgt werden.
5. Hinsichtlich des bisher erzielten Ergebnisses der Prüfung der Verwaltungsvorschriften auf Wegfallmöglichkeit könnte in quantitativer Hinsicht der Eindruck entstehen, dass die reine Zahl der aufgehobenen Verwaltungsvorschriften gegenüber der Zahl der als unerläßlich eingestuften relativ gering ist.
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Senat bzw. die jeweilige Senatsverwaltung Verwaltungsvorschriften nicht als Selbstzweck, sondern grundsätzlich nur auf Grund gesetzlicher Vorgabe oder zwingenden Bedarfs an für Berlin einheitlichen Regelungen erläßt. Folglich konnte das Ergebnis der Prüfung der bestehenden Verwaltungsvorschriften zahlenmäßig nicht anders ausfallen.
Die Weitergeltung von als unerläßlich eingestuften Verwaltungsvorschriften entbindet die jeweils federführende Senatsverwaltung jedoch nicht von der Verpflichtung, die Vorschriften auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls auf das Notwendigste beschränkt neu zu erlassen.
Der Senat sieht das Vorhaben, Verwaltungsvorschriften nachhaltig abzubauen bzw. in ihrem Regelungsumfang zu reduzieren mit dem Ziel, das Verwaltungshandeln zu effektivieren und zu schnelleren Verwaltungsentscheidungen zu kommen, als Daueraufgabe an.
Ob durch den Wegfall von Verwaltungsvorschriften ein qualitativer rechtsbereinigender Effekt erzielt wurde, muss über die Tatsache hinaus, dass nicht mehr erforderliche Verwaltungsvorschriften bereits vor Ablauf der Geltungsdauer von 10 Jahren nach § 6 Abs. 4 AZG aufgehoben wurden, nicht weiter vertieft werden.
Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg sind nicht zu erwarten, ebenso wie auch keine direkten Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung erkennbar sind.
Wir bitten, den Beschluß damit als erledigt anzusehen. Aus dem Geschäftsbereich des Regierenden Bürgermeisters
Senatskanzlei :
Allgemeine Anweisung über die Stiftung des Verdienstordens des Landes Berlin vom 21. Juli 1987 (ABl. S. 962)
Der Verdienstorden des Landes Berlin wird alljährlich am 1. Oktober an Berliner Bürgerinnen und Bürger verliehen, die sich um die Stadt Berlin verdient gemacht haben. Diese mittlerweile sehr angesehene Tradition, die im Rahmen der 750. Jahrfeier im Jahre 1987 begründet wurde, sollte weiterhin Bestand haben. In mehreren anderen Bundesländern, wie z. B. Bayern und Nordrhein-Westfalen, werden ebenfalls derartige Auszeichnungen verliehen, die eine hohe Wertschätzung genießen. Dies zeigt, dass ein allgemeines Bedürfnis der Bürger nach Anerkennung durch ihr Land besteht.
Mit dem Berliner Landesorden werden vielfach Menschen geehrt, die sich ehrenamtlich, uneigennützig und zum Teil mit eigenen finanziellen Aufwendungen für das Gemeinwesen eingesetzt haben. In der heutigen Zeit knapper öffentlicher Kassen kommt der Auszeichnung daher auch in dieser Hinsicht eine große Bedeutung zu. Die Allgemeine Anweisung vom 21. Juli 1987 stellt als Beschluß des Senats über die Stiftung eines Verdienstordens die Rechtsgrundlage für die Ordensverleihung dar. Die Weitergeltung der Verwaltungsvorschrift ist deshalb notwendige Voraussetzung für die Fortsetzung dieser Tradition.
4. Aus dem Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Finanzen:
Grundsätze für die Behandlung von Rechtsstreitigkeiten Berlins vom 23. Januar 1990 (ABl. S. 202/DBl. I S.10)
Die Zuständigkeiten bei der Führung von Rechtsstreitigkeiten und die Zusammenarbeit der einzelnen Stellen untereinander müssen geregelt sein, da sonst unklar ist, welche Verwaltung für welche Prozesse zuständig ist und es infolgedessen beständig zu Doppelarbeit und Kompetenzkonflikten käme.
Grundsätze über die Schlichtung von vermögensrechtlichen Streitigkeiten innerhalb der Berliner Verwaltung vom 31. März 1992 (DBl. I S. 63)
Das Schlichtungsverfahren dient zum einen der Vermeidung langwieriger und kostenintensiver Gerichtsverfahren von Stellen des Landes Berlin oder an denen das Land Berlin beteiligt ist, zum anderen zur Regelung interner Streitigkeiten, in denen gerichtliche Entscheidungen nicht möglich sind. Ein solches Verfahren braucht zumindest ein gewisses formelles Regelungsgerüst.
Grundsätze für die Behandlung der an Berlin fallenden Erbschaften und anderen Vermögen vom 26. Mai 1992
(DBl. I S. 64)
Die Erbschaftsgrundsätze regeln die Zuständigkeit und das Verfahren im Rahmen der an Berlin fallenden Erbschaften, Vermächtnisse und anderen Vermögen. Es besteht ein Regelungsbedarf insbesondere im Hinblick auf die Behandlung des Erbfalls, die Verwendung der Erbschaft, Erfüllung von Auflagen und Nachlaßverbindlichkeiten; gleiches gilt für Vermächtnisse und den Anfall anderer Vermögen. Ohne die Erbschaftsgrundsätze wäre der Berliner Verwaltung unklar, wie in den genannten Fällen zu verfahren wäre. Da die gesamte Berliner Verwaltung betroffen ist, ist an den Erbschaftsgrundsätzen festzuhalten. Das gesetzliche Erbrecht des Fiskus nach § 1936 BGB sowie der Anfall von Vereinsvermögen nach § 45 Abs. 3, § 46 BGB sowie von erloschenen Stiftungen des BGB (§ 6 des Berliner Stiftungsgesetzes) sind gesetzliche Aufgaben des Landes, die auch im Hinblick auf rechtliche Verpflichtungen gegenüber Dritten einer verbindlichen Regelung innerhalb der Berliner Verwaltung bedürfen.
Anordnung über die zuständige Stelle nach § 110 Abs. 1 Nr. 12 Satz 3 des Bewertungsgesetzes vom 23. Juni 1992 (ABl. S. 2058)
Zur Auslegung steuerrechtlicher Vorschriften werden grundsätzlich vom BMF nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sog. ländereinheitliche Erlasse herausgegeben. Sie dienen der einheitlichen Rechtsanwendung zu allgemeinen oder speziellen Fragen des Steuerrechts und sind in der Regel zeitlich begrenzt. Die in Form von besonderen Richtlinien herausgegebenen Erlasse (z. B. Einkommensteuer-Richtlinien, Gewerbesteuer-Richtlinien) werden ständig überarbeitet und an die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angepaßt. Auf Grund dieser besonderen Situation ist eine Begrenzung der Gültigkeitsdauer von Verwaltungsvorschriften in Angelegenheiten der Steuerverwaltung grundsätzlich nicht möglich.
Grundsätze für die Regulierung von Haftpflichtansprüchen vom 22. Juni 1993 (ABl. S. 3098/DBl. I S. 265)
Die Haftpflichtgrundsätze regeln die differenzierte Zuständigkeit innerhalb der Berliner Verwaltung im Rahmen einer Leistungsgewährung zur Befriedigung bestimmter Rechtsansprüche und zur Abwehr unberechtigter Ansprüche. Die Vorschriften sind dringend erforderlich, um Unklarheiten hinsichtlich der Zuständigkeit und die damit verbundene Gefahr von Mehrfachleistung durch Berlin oder Nichtleistungen mit der Folge unnötiger Klagen gegen das Land Berlin zu verhindern. Auf Grund der Erforderlichkeit ihrer Verbindlichkeit müssen die Haftpflichtgrundsätze als Verwaltungsvorschrift erlassen werden. Ihr Wegfall hätte eine Regelungslücke zur Folge. Die Möglichkeit der Bekanntgabe von Verwaltungsvorschriften (§ 99 GGO I) gewährleistet weitgehend die erforderliche Publizität.
Grundsätze für die Regulierung von Eigenschäden vom 22. Juni 1993 (ABl. S. 3099/DBl. I S. 267)
Die Eigenschädengrundsätze legen materiell den Grundsatz der Nichtversicherung von Eigenschäden des Landes Berlin sowie Ausnahmemöglichkeiten hiervon fest und regeln differenziert die Zuständigkeiten innerhalb der Berliner Verwaltung zur Deckung von Eigenschäden. Die in der Begründung zu 4.5 dargestellten Argumente gelten gleichermaßen.
Anordnung zu den Vorbehaltsaufgaben der Hauptverwaltung in den Angelegenheiten Berlins als Abgabenschuldner vom 22. Juni 1993 (DBl. I S. 269)