Die genannten Aufgaben und Ziele lassen sich sowohl in ambulanter Therapie als auch in stationärer Therapie

Im übrigen sind alle eventuell bestehenden Ressourcen zu nutzen. So kann z. B. die Einbeziehung von Angehörigen den Verlauf der Therapie begünstigen und zur Stabilisierung eines Therapieerfolges beitragen.

Der Therapieverlauf ist kontinuierlich zu reflektieren und zu überprüfen.

Die genannten Aufgaben und Ziele lassen sich sowohl in ambulanter Therapie als auch in stationärer Therapie realisieren.

Prinzipiell ist eine ambulante Therapie immer dann vorzuziehen, wenn ­ nach vorausgegangener Beratungsarbeit ­ eine relativ gute Motivation erreicht werden konnte und in der konkreten Lebenswirklichkeit des Süchtigen unterstützende und stabilisierende Bedingungen und Beziehungen zur Verfügung stehen. Entsprechend scheint für all diejenigen Abhängigen, die zu früh und zu weitgehend aus allen sozialen Bezügen herausgefallen sind, zunächst eine stationäre Therapie angemessen zu sein.

Es ist im Einzelfall differenziert zu prüfen, welche strukturellen Rahmenbedingungen von „Therapie" der persönlichen und sozialen Situation des Abhängigen am ehesten gerecht werden. Dabei kann auch ein Nacheinander verschiedener Therapieformen sinnvoll sein.

Situationsbeschreibung ­ Alkohol ­

Ambulante Therapie

Unter therapeutischen Gesichtspunkten bietet die ambulante Behandlung von Suchtkranken ­ soweit indiziert ­ vor allem folgende Vorteile:

- Angehörige und soziales Umfeld können konsequent einbezogen werden, sie erleben Fortschritte und Rückschläge mit und können ihr eigenes Verhalten überprüfen.

- Soziale Bezüge können aufrechterhalten, die Berufstätigkeit kann ­ gegebenenfalls eingeschränkt ­ fortgesetzt werden.

- Selbständigkeit und Eigenverantwortung des Betroffenen bleiben erhalten, so dass das Selbstwertgefühl weniger beeinträchtigt wird als durch die passive Krankenrolle in einer Klinik.

Durch ein vermehrtes ambulantes Behandlungsangebot kann darüber hinaus die Stigmatisierung ­ „der Alkoholiker muss zur Entziehungskur" ­ tendenziell abgebaut und der Ausgrenzung von Suchtkranken begegnet werden.

Die ambulante Therapie wird vorrangig von den Suchtberatungsstellen durchgeführt; je nach therapeutischer Orientierung der Mitarbeiter ist die Therapie eine Mischung von psycho- und sozialtherapeutischen Elementen in Einzel- und/oder Gruppentherapie. Daneben steht die Einleitung weiterer gegebenenfalls notwendiger medizinischer Behandlung und sozialer Hilfen sowie die therapeutische Arbeit mit den Angehörigen.

Sucht ist eine Krankheit, von der Partner oder Partnerinnen, Kinder oder Eltern mindestens ebenso nachhaltig geschädigt werden wie der Betroffene selbst; die Therapiebedürftigkeit der Mitbetroffenen ist inzwischen fachlich unumstritten.

Die Beratungsstellen im Ostteil der Stadt, die zur Zeit der DDR als Bestandteil von Polikliniken oder als Suchtambulanzen alle ärztlich geleitet wurden, hatten einen Großteil ihrer Patienten ambulant behandelt; dazu gehörten auch ambulante Entzüge.

Neben der ärztlichen Fachkompetenz und den damit gegebenen kurativen Möglichkeiten ­ u. a. auch Krankschreibung und medikamentengestützter Entzug ­ ließen es die personellen und räumlichen Kapazitäten auch zu, dass die Patienten jeden Tag ­ zum Teil über mehrere Stunden ­ die Behandlungsangebote in Anspruch nehmen konnten.

Zum Erfolg der ambulanten Therapie in der ehemaligen DDR hat sicherlich auch beigetragen, dass die Patienten sozial abgesichert waren und ihnen weder Arbeits- noch Wohnungsverlust drohten. Auch kamen sie durch die enge Zusammenarbeit mit Betrieben früh in die Behandlung.

Durch diese direkte Konfrontation mit einem ganzheitlichen, die gesamte Situation des Suchtkranken erfassenden, regionalisierten Behandlungssystem sind die Defizite unseres gegliederten Sozialleistungs- und Versorgungssystems gerade für Suchtkranke besonders deutlich geworden:

- Von den ambulanten Behandlungsangeboten und der Komm-Struktur der Beratungsstellen profitieren im wesentlichen die bereits motivierten und prognostisch relativ günstig zu beurteilenden Patienten. Die Bewilligungspraxis der Rentenversicherungsträger stellt so hohe Anforderungen an die Stabilität ihrer Versicherten, dass vor allem diejenigen Patienten eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme antreten können, die möglicherweise ganz auf eine professionelle Behandlung verzichten könnten.

- Die Personalausstattung der meisten Beratungsstellen läßt ein umfassendes Behandlungsangebot bisher nicht zu, so daß eine Auswahl der Patienten zwangsläufige Folge ist.

- Die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten, bei denen Suchtkranke in der Regel wegen ihrer Begleit- und Folgeerkrankungen viele Jahre ­ oft aber nicht als Suchtkranke erkannt ­ in Behandlung sind, ist noch eher zufällig und ungesteuert. Eine Differentialdiagnostik oder Nutzung der körperlichen Beschwerden für die Erzeugung von Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft findet daher noch zu selten statt.

- Auf Grund des Sicherstellungsauftrages zur ambulanten Versorgung durch die niedergelassenen Ärzte, die aber wiederum keine suchtspezifische oder psychotherapeutische Ausbildung haben, gelingt es nicht, den gesamten Behandlungsprozeß in einer Hand zu koordinieren und gegebenenfalls auch kontraindiziertes Handeln (z. B. Verschreibung von Arzneimitteln mit Suchtpotential, Krankschreibung zur Verschleierung des Trinkens, Co-Alkoholismus) zu verhindern.

- Suchtkranke, bei denen ja gerade auch die Beziehungsfähigkeit und die Krankheitseinsicht gestört sind, müssen ­ im Gegensatz zum somatisch Kranken ­ von sich aus die verschiedensten Instanzen gesundheitlicher und sozialer Versorgung (incl. gesonderter Antragstellung) aufsuchen, um adäquate Hilfe zu erlangen.

Vor dem Hintergrund dieser strukturellen Defizite, die sich nachteilig für Suchtkranke auswirken, ist im Jüdischen Krankenhaus eine Abhängigenambulanz entstanden, bisher die einzige Einrichtung dieser Art, die daher auch überregional arbeitet.

Die Durchsetzung einer Ambulanzbefugnis hat mehrere Jahre gedauert, da insbesondere die niedergelassenen Ärzte sich gegen eine solche „Konkurrenz" wehrten, obwohl fachlich allgemein anerkannt ist, dass suchtkranke Patienten eine Kombination verschiedener therapeutischer Leistungen durch ein multiprofessionelles Team, einen relativ hohen Zeitaufwand und nach oder während einer Initialphase von Einzelgesprächen eine Gruppenbehandlung benötigen: d. h. ein Behandlungssetting, das die Kassenarztpraxis in aller Regel nicht organisieren kann.

Fachambulanzen dieser Art ­ betrieben auch im Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus ­ streben auch andere Krankenhäuser an, die sich auf die Behandlung Suchtkranker spezialisiert haben. Es bleibt abzuwarten, ob eine solche Behandlungsform, von der auch körperlich schwerer geschädigte Patienten profitieren könnten, und die daher von den herkömmlichen Beratungsstellen mangels medizinischer (personeller und sächlicher) Ausstattung gar nicht erbracht werden kann, eine stärkere Akzeptanz im Medizinsystem ­ und damit der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen ­ erreicht.

Eine Lücke im ambulanten Versorgungssystem für Suchtkranke ist auch bei der teilstationären tagesklinischen Versorgung festzustellen. Es gab bisher in Berlin noch keine Tageskliniken für Suchtkranke, obwohl mit dieser Art der Behandlung bei psychisch Kranken gute Erfahrungen gemacht werden; zum Teil führen die Suchtabteilungen Patienten in der Entlassungsphase als tages- oder nachtklinische Patienten ­ je nachdem, aus welchem Grund ihnen eine selbständige Lebensführung noch nicht zugemutet werden kann.

Das Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus hat vollstationäre Betten in Tagesklinikplätze umgewandelt. Die Erfahrung zeigt, daß mit diesem Behandlungsangebot flexibler und kostengünstig auf die Behandlungsbedürfnisse der Patienten reagiert werden kann.

Sozial noch integrierten Alkoholkranken ist damit der Zugang zur Therapie erheblich zu erleichtern. Vollstationäre Behandlungszeiten können so selbst bei schwerer geschädigten Patienten verringert werden; bei entsprechender Indikation ist auch die Entgiftung tagesklinisch durchführbar.

Die Fachöffentlichkeit in den westlichen Bundesländern hat lange Zeit die tagesklinische ­ wie überhaupt die ambulante ­ Behandlung von Suchtkranken für nicht erfolgversprechend gehalten; inzwischen ist unbestritten, dass ­ eine Unterkunft und Bezugspersonen vorausgesetzt ­ tagesklinische Behandlung nach einer stationären Behandlung oder statt einer vollstationären Therapie in vielen Fällen eine sinnvolle Maßnahme sein kann.

Ein wesentlicher Hinderungsgrund für eine Umsetzung allerdings dürfte die Kostenregelung im Suchtbereich sein: Für die teilstationäre Behandlung kommen üblicherweise die Krankenkassen auf, weil sie einen Ersatz für vollstationäre Krankenhauspflege darstellt; im Suchtbereich ist aber die kausale Krankheitsbehandlung als Leistung der medizinischen Rehabilitation dem Rentenversicherungsträger zugeschrieben worden. Die Rentenversicherungsträger akzeptieren erst seit kurzem auch ambulante Leistungsangebote für die Behandlung ihrer Versicherten, stellen aber in ihrer entsprechenden Empfehlungsvereinbarung auf das Vorhandensein eines umfassenderen Leistungsangebotes (Beratung, Angehörigenarbeit etc.) in der Einrichtung ab.

Die Reduktion vollstationärer Betten zugunsten teilstationärer Angebote für Suchtkranke bedarf deshalb des Zusammenwirkens zwischen Kranken- und Rentenversicherungsträgern.

Stationäre Therapie

Ca. die Hälfte der zu Lasten der Rentenversicherungsträger gehenden Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation von Alkoholkranken (Entwöhnungsbehandlung) wird in Fachkliniken außerhalb Berlins durchgeführt, mit denen die Rentenversicherungsträger Belegungsverträge haben oder die sie selbst errichtet haben.

Über das Spektrum dieser Kurkliniken, ihre Behandlungskonzepte, Ausstattung, Aufnahmekriterien etc. besteht ein Überblick nur bei der bundesweit tätigen BfA.

Die Problematik der Versorgung in diesen Einrichtungen besteht in ihrer „Gemeindeferne", die etwa eine Einbeziehung der Angehörigen und eine Erprobung des Therapieerfolges im Alltag erschwert. Die räumliche Entfernung von Berlin ist seit dem Ende der Insellage leichter überwindbar geworden, die „Schonraum"-Funktion solcher Kliniken wird auch weiterhin ambivalent in ihrem Nutzen für die Patienten eingeschätzt.

Die Fachkliniken sind nicht in regionale Versorgungssysteme eingebettet und befassen sich ausschließlich mit dem kleinen Ausschnitt der Entwöhnungstherapie behandlungsbereiter und hinsichtlich der Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit günstig beurteilter Patienten, die Ansprüche an den Rentenversicherungsträger haben. Die für solche Suchtfachkliniken geeigneten Patienten haben seit 1978 ­ dem Datum des Inkrafttretens der „Empfehlungsvereinbarung Sucht" zur Kostenteilung zwischen Renten- und Krankensicherung ­ das „Leitbild" des Suchtkranken bei den Kosten- und Leistungsträgern geprägt (s. a. Punkt 9).

In einigen Regionen Deutschlands ist es zwischenzeitlich gelungen, auch die in der Region gelegene Fachklinik in ein regional verbindliches Versorgungssystem einzubeziehen. Da die Anerkennung und Belegung jedoch von der BfA und den Landesversicherungsanstalten bestimmt wird, haben Länder und Kommunen bisher keinerlei Einfluß auf die Bedarfsplanung und -entwicklung.

In Berlin ist die Entwöhnungstherapie für Alkoholkranke vorwiegend Bestandteil der Suchtabteilungen psychiatrischer Krankenhäuser. Die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, das Krankenhaus Spandau, das Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus, das St. JosephKrankenhaus Weißensee und die Kliniken im Theodor-WenzelWerk führen solche therapeutischen Programme von unterschiedlicher Dauer und psychotherapeutischer Orientierung durch. Sie bieten somit das gesamte Spektrum an: von der Entgiftungs- und Motivationsbehandlung über die Diagnostik und Behandlung der Begleit- und Folgeerkrankungen bis hin zur Entwöhnungstherapie sowie zur Langzeitbehandlung von chronisch Alkoholkranken.

Alle Programme zur Entwöhnungstherapie arbeiten mit unterschiedlich gewichteten methodenspezifischen Elementen der Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Soziotherapie, Arbeits- und Beschäftigungstherapie sowie kreativen und körperbezogenen Verfahren.

Über die jeweilige psychiatrische Institutsambulanz oder durch ambulante Nachsorgeangebote im Sinne der Empfehlungsvereinbarung zur ambulanten Rehabilitation kann die Beziehungskonstanz auch nach der Entlassung aus der stationären Behandlung noch therapeutisch genutzt werden.

Auf diese Weise ist eine nahtlose Behandlung möglich, die auch Patienten, die noch ohne Behandlungsbereitschaft in die Klinik eingewiesen werden, ein ihnen leichter zugängliches Therapieangebot machen kann.

Die genannten psychiatrischen Kliniken sind alle vollversorgende Einrichtungen für ihre jeweilige Region. Die Zusammensetzung der Patienten ist deshalb sehr heterogen, sowohl hinsichtlich Dauer und Schwere ihrer Erkrankung als auch hinsichtlich ihrer Therapiemotivation und Ansprüche an den Reha-Träger. Die Häuser stellen sich darauf zumeist durch die innere Differenzierung der Suchtabteilung ein.

Die II. Innere Abteilung ­ Psychosomatische Abteilung ­ des Jüdischen Krankenhauses führt auch weiterhin ihr bundesweit angesehenes Therapieprogramm durch, bei dem die internistische Diagnostik und Behandlung mit tiefenpsychologisch fundierter Kleingruppenarbeit verknüpft ist. Im Zusammenwirken mit der Abhängigenambulanz kann je nach Einzelfallindikation und Bindungsfähigkeit des Patienten eine ambulante und/oder stationäre Entgiftung und Entwöhnung von relativ kurzer Dauer durchgeführt werden.

Eine vorrangig psychotherapeutisch orientierte Entwöhnungstherapie bietet außerdem die Innere Abteilung der Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk an, die im Rahmen ihres psychosomatischen Schwerpunktes sowohl Patienten mit klassischen Psychosomatosen als auch mit den verschiedensten Suchterkrankungen behandelt.

Auch alle anderen psychiatrischen Abteilungen behandeln im Rahmen ihres Vollversorgungsauftrages Alkoholkranke, die häufig etwa die Hälfte der jährlichen Aufnahmen in der Psychiatrie ausmachen. Im Rahmen der knapp bemessenen Bettenzahl einer psychiatrischen Abteilung ist jedoch zumeist nur eine motivierende Entgiftungsbehandlung möglich, die oft noch keinen anhaltenden Veränderungswunsch beim Betroffenen hinterläßt.

Jedoch muss eine solche Chance in jedem Falle ergriffen werden, um die Patienten zum Ausstieg aus der Abhängigkeit zu motivieren.

Schlußfolgerungen

In der Zielplanung des Krankenhausplanes 1993 sind in psychiatrischen Abteilungen/Krankenhäusern insgesamt 183 Betten für die stationäre Entwöhnungstherapie Suchtkranker vorgesehen. Dies entspricht ­ unabhängig von der Akutbehandlung ­ einer Meßziffer von 0,05 Promille der Bevölkerung und muss als quantitativ ausreichend angesehen werden.

Die Entwöhnungstherapie soll auch weiterhin überregional, d. h. nicht bestimmten regionalen Einzugsgebieten zugeordnet, angeboten werden, um eine Wahlmöglichkeit und Therapiepluralität zu erhalten.

Ungelöst ist bisher das Problem, wie dennoch eine systematische und verbindliche Zusammenarbeit zwischen diesen Therapieprogrammen und den ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen sowie den Nachsorgeangeboten erreicht werden kann. Hier sollte es zu Vereinbarungen kommen, nach denen zumindest patientenbezogen eng kooperiert wird, so dass die vermittelnde Beratungsstelle nach Abschluß der Therapie erneut in Kontakt mit dem Patienten kommt und bei einem Rückfall in der Nachsorge die behandelnde Klinik den Patienten wieder aufnimmt.

Wichtig wäre dafür auch die gemeinsame Erarbeitung von Indikationsmerkmalen für ambulante, teilstationäre und stationäre Behandlung verschiedener therapeutischer Orientierung. Es ist bisher noch weitgehend zufallsabhängig, welcher Patient für welche Behandlung für „passend" gehalten und dorthin vermittelt wird.

Die Kooperation zwischen Beratungsstellen und Kliniken wird zusätzlich behindert durch berufsgruppenspezifische Probleme, Mangel an Information über die Arbeitsbedingungen der jeweils anderen Institution, verfestigte ideologisierte Sichtweisen von Abhängigkeit und Fixierung auf die Wichtigkeit der eigenen Rolle im Behandlungsprozeß.

Die Regionalisierung der Beratungsstellen wird hier hoffentlich neue Formen der Kooperation mit dem pflichtversorgenden Krankenhaus ­ und damit auch den Entwöhnungsprogrammen ­ möglich machen, z. B. die Rotation von Mitarbeitern, geteilte Stellen, gegenseitige Hospitationen, gemeinsame Fortbildung, Fallbesprechungen u. ä.

Welche Auswirkungen die von den Rentenversicherungsträgern geplante Errichtung von weiteren Suchtfachkliniken im Umland von Berlin auf die Entwöhnungstherapien haben wird, ist bisher noch nicht abzusehen. Befürchtet wird die Kündigung bisheriger Belegungsverträge mit der möglichen Folge, dass es immer schwerer wird, erfolgversprechende Behandlungsangebote für die schwerer geschädigten und früher gestörten Abhängigkeitskranken zu entwickeln, die ohnehin noch wenig vom spezialisierten Suchthilfesystem profitieren.

Die Weiterentwicklung der ambulanten Behandlungsangebote der Beratungsstellen hängt weitgehend von den finanziellen Ressourcen ab, die zur Verfügung gestellt werden können. Dem Grundsatz „ambulant vor stationär" müssen die Kosten- und Leistungsträger noch viel stärker als bisher Rechnung tragen. Dafür gilt es, aus den bisherigen schlechten Erfahrungen mit den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung in der ambulanten Rehabilitation Konsequenzen zu ziehen.

Situationsbeschreibung ­ illegale Drogen ­

Das Therapieangebot für Drogenabhängige in Berlin gliedert sich in stationäre und ambulante Maßnahmen. Das Angebotsspektrum wird durch zwei Übergangseinrichtungen, Kompakttherapie, das Modell „Therapie sofort" sowie die in zahlreichen Einrichtungen bestehende Möglichkeit der „Therapie statt Strafe" ergänzt. Eine Aufstellung der in Berlin vorhandenen Therapieplätze sowie die Dokumentation der Tätigkeit der Therapieeinrichtungen ist dem Anhang (Tabellen 5 bis 9) zu entnehmen.

Soweit der „Entzug" bzw. die „Entgiftung" nicht zum konzeptionellen Bestandteil der nachfolgend genannten Therapieeinrichtungen gehört, wird darauf im Kapitel zur medizinischen Versorgung gesondert eingegangen.

Stationäre Therapie

Im 2. Drogenbericht von 1983 wurden bereits die Anfänge der Drogentherapie in Berlin ausführlich dargestellt, so dass an dieser Stelle eine „Kurzfassung" im Hinblick auf die Entwicklung des derzeitigen Therapieangebots ausreichend erscheint.

Parallel zum Scheitern der klinischen Versorgung in bezug auf die neue Klientel der „Fixer" Anfang der 70er Jahre entstanden zahlreiche Selbsthilfegruppen und -initiativen mit unterschiedlich akzentuierten Ansätzen. Gemeinsame Strukturen und Prinzipien ließen sich in der Konzeption der „Therapeutischen Wohngemeinschaft" finden. Nach einer anfänglichen „Experimentierphase" profilierten sich sowohl „reine" Selbsthilfegruppen unter der Anleitung „Ehemaliger" als auch Selbsthilfegruppen mit professioneller Betreuung zu einem problemadäquaten therapeutischen Modell.

Dieses ausschließlich unter freier Trägerschaft entstandene stationäre Therapieangebot wurde u. a. auch wegen des bereits genannten Vorzugs freier Träger auf dieser Basis fest in das Hilfesystem integriert, ausgebaut und entsprechend gefördert. Zudem überzeugte die später noch darzustellende inhaltliche Konzeption, auf deren Grundlage sich dann verschiedene therapeutische Ansätze mit unterschiedlichen Ausrichtungen und Schwerpunkten weiterentwickelten.

Ein breites Spektrum des Therapieangebots entsprach der Notwendigkeit, den besonderen Belangen spezieller Zielgruppen und den vielfältigen Bedarfslagen gerecht zu werden. Insbesondere hat sich das Angebot der verschiedenen Einrichtungen in bezug auf die sozialen Merkmale von Klienten, deren Vorerfahrungen sowie bestehende Sekundärproblematiken ausdifferenziert. Dies wirkt sich u. a. auch auf die jeweilige Gruppengröße, den Strukturiertheitsgrad des Zusammenlebens und den Umfang der professionellen Betreuung aus. So gibt es ­ als Besonderheit der Berliner Therapielandschaft ­ nach wie vor Selbsthilfegruppen ohne professionelle Betreuung, therapeutische Wohngemeinschaften mit sehr hohem Selbsthilfeanteil, aber auch hoch-professionell arbeitende Einrichtungen. Hinzu kommen Unterschiede hinsichtlich der Aufnahmekriterien, der Therapiedauer sowie spezifischer Nachsorgeangebote wie z. B. Möglichkeiten der beruflichen Qualifikation.

Insgesamt verfügt das in den letzten Jahren zunehmend professioneller gewordene stationäre Therapieangebot heute über 16 Therapeutische Wohngemeinschaften mit unterschiedlicher Gewichtung von Selbsthilfe- und professionellen Anteilen; 2 „reine" Selbsthilfeeinrichtungen, die ohne externe professionelle Unterstützung von ehemals Drogenabhängigen angeleitet werden.

Die therapeutische Arbeit wird zum Teil über Tagespflegesätze der Kosten- und Leistungsträger abgerechnet. Im übrigen werden Zuwendungen (Fehlbedarfsfinanzierung) durch die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport gewährt. Der jeweilige Finanzierungsmodus ist in der folgenden Darstellung des Therapieangebots bei den einzelnen Einrichtungen vermerkt worden.

Therapeutische Wohngemeinschaften

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die verschiedenen Einrichtungen nach unterschiedlichen Ansätzen und therapeutischen Ausrichtungen arbeiten. Wenn von einer „Konzeption" der therapeutischen Wohngemeinschaft gesprochen wird, so ist damit ein bewährtes Modell von Prinzipien, Strukturen und Regeln gemeint, die in allen Einrichtungen als gemeinsame „TherapieBasis" gilt.

Grundprinzip aller therapeutischen Wohngemeinschaften ist die radikale Änderung der Lebensverhältnisse des Abhängigen, die sich nicht nur auf die äußeren Bedingungen, sondern auch auf die subjektive Haltung des Süchtigen bezieht. Statt der bisherigen Passivität und Konsumhaltung wird eine aktive Teilnahme am gemeinsamen Leben in der Gruppe erwartet. Hierzu gehört zum einen die Beteiligung an allen für den Erhalt einer Wohngemeinschaft notwendigen Arbeiten wie Haushaltsführung und -planung sowie die Mitarbeit in gemeinsamen Arbeitsprojekten. Hierzu gehört aber auch die Bereitschaft, mit absoluter Offenheit die eigenen Probleme, Ängste und Konflikte in der Gruppe darzulegen und damit eine gemeinsame Auseinandersetzung mit der Sucht zu ermöglichen. Die gegenseitige Unterstützung der einzelnen Gruppenmitglieder und die Orientierung an den Fortschritten und Erfolgen der anderen sind wichtigster Bestandteil dieses Selbsthilfeprozesses. Eine professionelle Unterstützung sollte im wesentlichen den Stellenwert einer „Hilfe zur Selbsthilfe" haben.

Das Zusammenleben ist also auf der Basis von Selbsttätigkeit und Selbstversorgung organisiert. In einem auf einzelnen Entwicklungsschritten und -stufen aufgebauten Prozeß soll „NachSozialisation" und Verantwortungsübernahme erreicht werden.

Der strukturelle Rahmen der Wohngemeinschaft wird über verbindliche Absprachen und Regeln hergestellt. In einer für alle Gruppenmitglieder verbindlichen Hausordnung bestehen zumindest die drei folgenden Grundregeln:

- Absoluter Drogenverzicht

- Keine Gewaltanwendung