Kreditobergrenze

Die gesetzliche Kreditobergrenze (Summe der Investitionsausgaben) betrug 6 332,1 Mio. DM. Wenn, wie schon seit dem Jahresbericht 1993 dargestellt, zur Vermeidung von Doppelzählungen bei der Berechnung von Investitionsausgaben nur die Summe der Investitionsausgaben eingerechnet wird, die sich nach Abzug der Summe der Zuweisungen für Investitionen aus dem öffentlichen Bereich ergibt, beträgt die Kreditobergrenze 4 252,3 Mio. DM. Beide Beträge wurden durch die Netto-Neuverschuldung überschritten:

Wie bereits im Vorjahresbericht unter T 387 erwähnt, hat die Senatsverwaltung für Finanzen noch vor Abschluß der Bücher 1994, jedoch bereits im Kalenderjahr 1995, Kredite zur Deckung der Ausgaben des Haushaltsjahres 1994 von 2 843 726 540,79 DM aufgenommen. Nach bisher geübter Praxis wären diese Kredite wegen des in das Kalenderjahr 1995 fallenden Vertragsabschlusses auf die Kreditobergrenze 1995 anzurechnen gewesen. Im Zusammenhang mit der vom Haushaltsjahr 1994 an gesetzlich geregelten Vorgriffsermächtigung schließt sich der Rechnungshof nunmehr aus buchungssystematischen Gründen der Betrachtungsweise der Senatsverwaltung für Finanzen an. Deswegen wurden die im Haushaltsjahr 1995 aufgenommenen und für 1994 gebuchten Darlehen nicht auf die Kreditobergrenze 1995 angerechnet (T 462). Für 1994 bleibt festzuhalten, dass unter Zugrundelegung der neuen Betrachtungsweise die Kreditobergrenze um 1,6 Mrd. DM, bei Abrechnung der Obergruppe 33 um 2,5 Mrd. DM überschritten wurde. Auch dies ist ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 LHO.

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats:

Zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ermächtigt das jeweilige Haushaltsgesetz, Kassenverstärkungskredite aufzunehmen. Nach § 3 Abs. 7 Haushaltsgesetz 1995/1996 vom 21. Dezember 1994 durften für 1995 als Höchstbetrag Kassenverstärkungskredite von bis zu 8 v. H. des in § 1 dieses Gesetzes festgestellten Betrages von 42 991 097 700 DM aufgenommen werden. Der Höchstbetrag belief sich somit auf 3 439 287 816 DM.

Von der Ermächtigung, Kassenverstärkungskredite aufzunehmen, hat die Senatsverwaltung für Finanzen anders als in den Vorjahren im Haushaltsjahr 1995 nur an neun Tagen keinen Gebrauch gemacht. An rund 200 Tagen wurden Beträge aufgenommen, die etwa 15 bis 35 v. H. der Höchstgrenze entsprachen. Als höchster Betrag wurden am 14. Dezember 1995

1 265,2 Mio. DM erreicht. Die Höchstgrenze wurde also bei weitem nicht ausgeschöpft. Die Notwendigkeit der fast täglichen Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten weist auf die schlechte Liquidität des Landes Berlin hin, die u. a. auf den schnellen Abbau der Bundeshilfe und die vollständige Einbeziehung in den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, aber auch auf zurückgehende Steuereinnahmen zurückzuführen ist. Die vermehrte Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten hatte auch zur Folge, dass erhöhte Zinszahlungen zu leisten waren. Damit sind die Zinsen für Kassenkredite zu einem relevanten Ausgabeposten geworden. Bei sich stetig verschlechternder Liquidität wird auch der Ausschöpfungsgrad des im Haushaltsgesetz festgelegten Höchstbetrages weiter zunehmen.

Für das Haushaltsjahr 1996 wurde der Höchstbetrag durch das Nachtragshaushaltsgesetz 1995/1996 zunächst auf 10 v. H. und durch das Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 1995/1996 vom 25. November 1996 auf 14 v. H. des in § 1 des Nachtragshaushaltsgesetzes festgestellten Betrages von 42 322 730 100 DM erhöht, so dass Kassenverstärkungskredite bis zu einem Höchstbetrag von 5 925 182 214 DM aufgenommen werden durften. Mit dieser Ausweitung des Höchstbetrages liegt Berlin an der Spitze aller Länder und übertrifft sogar den Bund. Der Rechnungshof hält es für auf die Dauer nicht vertretbar, die Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten in diesem Umfang zuzulassen, weil dadurch ein zusätzliches Kreditvolumen zur Deckung laufender Ausgaben geschaffen wird. Die Senatsverwaltung für Finanzen sollte darüber hinaus alle Möglichkeiten nutzen, um den Liquiditätsbedarf zu verringern. Hierbei wären ggf. auch der Betriebsmittelbedarf in Kassen und Zahlstellen zu überprüfen sowie kürzere Ablieferungspflichten für Einzahlungen vorzusehen.

b) Erhebliche Verluste durch nachteilige Grundstücksgeschäfte

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat bei Grundstücksgeschäften nachteilige Verträge geschlossen, rechtsgrundlose Zahlungen geleistet und eine verfehlte Verkaufspolitik betrieben. Sie hat dadurch finanzielle Nachteile für Berlin von mehr als 6,7 Mio. DM verursacht. Der Rechnungshof empfiehlt dem Senat, die Vorgabe, Grundstücke in zentraler Lage zu veräußern, aufzugeben, und erwartet, dass vor allem Bürodienstgebäude erst nach Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen veräußert werden.

Der Rechnungshof hat stichprobenweise einige der von der Senatsverwaltung für Finanzen geschlossenen Verträge über den An- und Verkauf von Grundstücken geprüft und den Verhandlungsstand zu zwei weiteren aus der Presse bekanntgewordenen Verkaufsvorgängen verfolgt. Sowohl die Festsetzung der Kaufpreise als auch die Durchführung der entsprechenden Kaufverträge waren bei den nachfolgenden Fällen für Berlin nachteilig.

Auf die nachfolgenden Ausführungen des Senats zu den Einzeldarstellungen des Rechnungshofs wird verwiesen.

(1) Grundstück A:

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat das Grundstück Ende 1993 veräußert. Den Kaufpreis errechnete sie ­ ausgehend von einem Verkehrswert von 16,45 Mio. DM ­ unter Anwendung der Sonderkonditionen gemäß Senatsbeschluß Nr. 3273/93 vom 27. April 1993 sowie unter Verrechnung

Zu T 469:

Das erwähnte Grundstück wurde an einen ausländischen Staat veräußert. Der frühere Eigentümer des Grundstücks war in den 60er Jahren von der damaligen DDR enteignet worden.

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats einer von Berlin zu zahlenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung von drei Geschossen über einen Zeitraum von fünf Jahren und zwei weiteren Geschossen für die Dauer von sechs Monaten wie folgt:

Für den Verkauf des Grundstücks, das 1970 mit einem in Plattenbauweise errichteten fünfgeschossigen Bürogebäude bebaut worden war, ermittelte die damalige Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen mit Gutachten vom 30. September 1993 ursprünglich einen Verkehrswert von 21,7 Mio. DM. Einwände des Kaufinteressenten über einen zu hohen Ansatz der Büromiete im Ertragswertverfahren führten zu einer Neubewertung durch die damalige Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, die in ihrem „zweiten" Gutachten, erstellt durch Austausch einiger Seiten des ursprünglichen Gutachtens und im November 1993 rückdatiert auf den 30. September 1993, einen Verkehrswert von nur noch 16,45 Mio. DM ermittelte. Die Reduzierung des Werts beruhte auf einer Verringerung des Mietansatzes für Büroräume von 50 auf 40 DM/m2 monatlich sowie einer Verminderung der unterstellten Restnutzungsdauer des Gebäudes von 35 auf 25 Jahre. Während die vorgenommene Korrektur im Mietansatz nachvollzogen werden kann, ist die in die endgültige Verkehrswertermittlung eingeflossene Verkürzung der Restnutzungsdauer, die allein zu einer Verkehrswert- und damit Kaufpreisminderung von 1,24 Mio. DM führt, nicht plausibel. Die damalige Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen rechtfertigte in einer ersten Stellungnahme ihr Vorgehen damit, dass ihre Aussage auf neueren Erkenntnissen, insbesondere Mängelbeschreibungen des Kaufinteressenten, beruhe. Dies überzeugt nicht. Da in den Akten der damaligen Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen sowie auch in denen der Senatsverwaltung für Finanzen ein Vermerk über die Verhandlung mit dem Kaufinteressenten fehlt, ist nicht erkennbar, ob dieser überhaupt Baumängel vorgebracht hat und um welche Baumängel es sich handeln soll. In ihrer zweiten Stellungnahme erklärte die damalige Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen dann, daß sie sich aufgrund von Veröffentlichungen in der Fachliteratur über typische Bauschäden bei Plattenbauten veranlaßt gesehen habe, diese Schäden im „zweiten" Gutachten zu berücksichtigen. Auch diese Erklärung überzeugt nicht. Es ist spekulativ, allgemein gewonnene Erkenntnisse auf einen Einzelfall zu übertragen, ohne zu prüfen, ob die den allgemeinen Erkenntnissen zugrunde liegenden Tatsachen auch im betreffenden Einzelfall zutreffen. Im weiteren Schriftwechsel verneinte die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr weiter, einen zu geringen Verkehrswert ermittelt zu haben.

Sie zog sich dabei auf das von der Rechtsprechung entwikkelte Kriterium zurück, dass in einer Spanne von plus/minus 10 v. H. um den Mittelwert alle Ermittlungsergebnisse als Verkehrswert angesehen werden können; der Betrag von 1,24 Mio. DM liege somit innerhalb der Toleranzspanne.

Dieser im Grundsatz zuzustimmenden Aussage ist entgegenzuhalten, dass dadurch die Entgegnung des Rechnungshofs, die vorgenommene Verkürzung der Restnutzungsdauer um zehn Jahre sei nicht plausibel, nicht überzeugend entkräftet wird. Die Vorgehensweise in der Bewertung führte zu einem finanziellen Nachteil für Berlin von 1,24 Mio. DM.

Die beanstandete sogenannte 2. Verkehrswertermittlung hat nur den damals schon erkennbaren Trend am Grundstücksmarkt berücksichtigt. In der ersten Phase nach der Einigung wurden am Grundstücksmarkt völlig überzogene Kaufpreise und Mieten vereinbart. Zum Zeitpunkt der Wertermittlung war bereits erkennbar, dass der Markt solche Mieten nicht zuläßt. Deshalb wurde der ursprüngliche Mietansatz von 50,00 DM auf 40,00 DM je m2 monatlich reduziert. Die Verringerung der Restnutzungsdauer des Gebäudes von 35 auf 25 Jahre wurde deshalb vorgenommen, weil die Lebensdauer von Plattenbauten zunächst von der damaligen Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen zu hoch eingeschätzt worden war. Erst durch die Veröffentlichungen in der Fachliteratur wurde die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen auf typische Bauschäden bei Plattenbauten aufmerksam und sah sich veranlaßt, dies zu berücksichtigen. Die gewählte Restnutzungsdauer von 25 Jahren entspricht dem baulichen Zustand des veräußerten Plattenbauwerkes. Mit der Reduzierung der ursprünglichen Einschätzung von 35 Jahren auf die dem baulichen Zustand entsprechende Reduzierung auf 25 Jahre hat deshalb zu keinem Vermögensschaden für das Land Berlin geführt.

Das ursprüngliche Gutachten vom 30. September 1993, das durch das „zweite" Gutachten gleichen Datums ersetzt worden ist, war in den Akten der damaligen Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen nicht mehr enthalten. Der RechZu T 471:

Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr wird künftig auf die Einhaltung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Aktenführung achten.