Vergabe öffentlicher Aufträge nach den Verdingungsordnungen für Leistungen (VOL) und Bauleistungen (VOB) transparenter und effektiver gestalten

Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 12. Juni 1997 beschlossen: „Das Abgeordnetenhaus fordert vom Senat, auf Erweiterungen der Auftragsbedingungen im Rahmen der VOB/VOL hinzuwirken, die sowohl EU-rechtlich machbar als auch beschäftigungswirksam erfolgversprechend sind.

Folgende Maßnahmen bzw. Zielsetzungen sind umzusetzen:

1. Alle Unternehmen mit Landesbeteiligung und Unternehmen, die öffentliche Mittel einsetzen, sollen grundsätzlich nach den Bedingungen und Richtlinien der VOB/VOL Aufträge ausschreiben und vergeben.

2. Die Auftragsbedingungen sollen um beschäftigungswirksame Parameter ergänzt werden, damit Neueinstellungen von Arbeitslosen ermöglicht werden und die Leistungen von Beschäftigten in Berliner Unternehmen erbracht werden können.

3. Die Auftragsvergabe hat konsequent in kleinteiliger Fachlosvergabe zu erfolgen. Die Genehmigungspflicht für die Weitervergabe von Aufträgen durch den Auftraggeber bleibt bestehen.

4. Von den Unternehmen (Auftragnehmer) ist die Tariftreueerklärung weiterhin einzufordern, deren Einhaltung wirksamer als bisher kontrolliert werden muß. Wenn Nachunternehmer beauftragt werden, ist dies durch eine Nachunternehmerklausel sicherzustellen. Entsprechende Regelungen sind auch in den Förderungsverträgen des Landes Berlin (u.a.

Wohnungsneubau, Modernisierungs- und Instandsetzungsprogramme) vorzusehen.

5. Es ist zu prüfen, ob bei einem vertragsmißbräuchlichen Einsatz von Beschäftigten bei Nachunternehmern der Auftragnehmer auch für seine Nachunternehmer gesamtschuldnerisch in vollem Umfang haftbar gemacht werden kann.

6. Verschärfung der Kontrolle von öffentlichen Auftragsvergaben durch die Vergabeprüfstellen Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe, Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr und den Vergabeüberwachungsausschuß (Senatsverwaltung für Justiz) entsprechend dem Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge. Dies schließt auch die Kontrolle von Aufträgen ein, die unter den EU-Schwellenwerten liegen.

7. Der Wirtschaftsinformationsdienst (WIDI) muss ausgebaut werden. Die Auftragsvergabeangebote privater Unternehmen müssen möglichst umfassend mit aufgenommen werden. Die Rahmenbedingungen zur Bildung von Bietergemeinschaften bei der Bewerbung für sogenannte Vergabepakete müssen für klein- und mittelständische Unternehmen in Berlin deutlich verbessert werden.

Der Senat wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus regelmäßig, erstmalig zum 30. September 1997, über die Umsetzung der obengenannten Maßnahmen und Zielsetzungen zu berichten."

Hierzu wird berichtet:

Zu 1:

Der Forderung, dass „alle Unternehmen mit Landesbeteiligung, die öffentliche Mittel einsetzen, grundsätzlich nur nach den Bedingungen und Richtlinien der VOB/VOL Aufträge ausschreiben sollen", wird im Bereich des öffentlichen und öffentlich geförderten Bauens (ohne Wohnungsbau) in Berlin insofern schon Rechnung getragen, als dass in Übereinstimmung mit § 4 Nr. 3 VOB/A Bauleistungen in der Regel nach Fachgebieten oder Gewerbezweigen getrennt vergeben werden (Fachlose). Sollen im Ausnahmefall alle Fachlose in einer gemeinsamen Ausschreibung vergeben werden (schlüsselfertige Vergabe), so müssen hierfür besondere technische oder wirtschaftliche Gründe vorliegen, z. B. ungewöhnliche Anforderungen in technischer bzw. terminlicher Hinsicht oder außerordentliche wirtschaftliche Vorteile.

Angesichts der Beschäftigungssituation in der mittelständischen Wirtschaft wird in Berlin von dieser Ausnahmeregelung praktisch kein Gebrauch gemacht.

Auf Grund des besonderen Ausnahmecharakters dieser Ausschreibung ist durch Rundschreiben der Senatsbauverwaltung bestimmt, dass bei einer beabsichtigten Vergabe von Bauleistungen an einen Generalunternehmer die Zustimmung der jeweiligen politischen Leitung ­ Staatssekretär bei SenBauWohnV und SenStadtUmTech bzw. Baustadtrat bei den Bezirksverwaltungen

­ einzuholen ist. Außerdem ist die VOB-Stelle bei der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vor der Veröffentlichung einer derartigen Ausschreibung über die beabsichtigte schlüsselfertige Vergabe zu informieren.

Im Entwurf der Wohnungsbauförderungsbestimmungen (WFB) 1998 ist eine Verpflichtung der Bauherren vorgesehen. So hat der Bauherr die Bauleistungen im Wettbewerb nach den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen VOB/A zu vergeben und die Verdingungsunterlagen entsprechend § 10 VOB/A abzufassen. Des weiteren werden grundsätzlich bei der Vergabe bevorzugt kleinere und mittlere Unternehmen der Region Berlin/Brandenburg zur Angebotsabgabe aufgefordert.

Im Bereich der Verdingungsordnung für Leistungen ­ ausgenommen Bauleistungen ­ (VOL) wird ebenfalls die nach § 5 VOL/ A geforderte losweise Vergabe, die kleinen und mittleren Unternehmen Bewerbungschancen gibt, generell beachtet.

Zu 2: Im Sinne dieser Forderung hat die Senatsbauverwaltung als Maßnahme zu verbesserter Beschäftigung in der Bauwirtschaft im August 1997 durch Rundschreiben festgelegt: „Soweit die Voraussetzungen für eine Vergabe im Nichtoffenen Verfahren nach § 3 a Nr. 3 in Verbindung mit § 3 Nr. 3

VOB/A vorliegen, ist in der Regel ein Nichtoffenes Vergabeverfahren durchzuführen, um insbesondere außergewöhnliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bieter zu mobilisieren, worin vor allem auch eine Wettbewerbsstärke der deutschen Unternehmen und der dort beschäftigten, fast durchweg qualifizierten deutschen Bauarbeitnehmer liegt. Entsprechendes gilt für Vergaben im Wege einer Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb nach § 3 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A."

Darüber hinaus können öffentliche Aufträge mit beschäftigungswirksamen Vertragsbedingungen versehen werden, wenn deren Gesamtfinanzierung anteilig oder vollständig durch solche Finanzmittel gesichert werden, die auf Grund gesetzlicher Regelungen (z. B. Arbeitsförderungsgesetz, Bundessozialhilfegesetz) oder auf Grundlage sonstiger arbeitsmarktpolitischer Förderprogramme des Bundes, der Länder, der Europäischen Union (z. B. Europäischer Sozialfonds) oder sonstiger Einrichtungen und Körperschaften (z. B. Sozialplanfonds) mit entsprechenden arbeitsmarkt- und beschäftigungsfördernden Zweckbindungen vergeben werden.

Weiterhin schreibt z. B. das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) seit 1. April 1997 für den Bereich der gewerblichen Maßnahmen der Arbeitsförderung (allg. AB-Maßnahmen, §§ 249 h,

s) sogar den Vorrang bzw. den Zwang der Vergabe entsprechend AFG-geförderter Arbeiten an Wirtschaftsunternehmen als Bedingung vor. Deshalb sind bei der beschäftigungswirksamen Auftragsvergabe über die VOB/VOL hinaus ergänzende Bestimmungen zu beachten, die sich aus der Inanspruchnahme arbeitsmarktlicher Fördermittel zur Gesamtfinanzierung von Antragsmaßnahmen ergeben, insbesondere die der ordnungsgemäßen Durchführung der Auftragsmaßnahme, der Haftung sowie der Verwendung der arbeitsmarktpolitischen Fördermittel.

In jedem Falle gilt es, bei der beschäftigungswirksamen Auftragsvergabe eine Substitution von Dauerarbeitsplätzen durch arbeitsmarktlich gefördertes Personal bei den auftragnehmenden Wirtschaftsunternehmen zu verhindern. Deshalb sollen in die beschäftigungswirksame Auftragsvergabe hauptsächlich solche Arbeiten einbezogen werden, deren Gesamtfinanzierung ohne die Finanzierungsbeteiligung der arbeitsmarktpolitischen Fördermittelgeber nicht oder auf absehbare Zeit nicht sichergestellt werden könnte. Ziel der beschäftigungswirksamen Auftragsvergabe ist über deren arbeitsmarktentlastende Wirkung sowie die Erzeugung zusätzlicher versicherungspflichtiger Beschäftigung bei Wirtschaftsunternehmen hinaus die beschäftigungsgebundene Stabilisierung und Belebung der den Standort Berlin entwickelnden Investitionstätigkeit sowie die Erweiterung der realisierbaren Auftragsvolumina zugunsten der Wirtschaft.

Die EU-Kommission stellt für die öffentliche Auftragsvergabe fest, dass für Auftragsvolumen oberhalb der EU-Schwellenwerte sozialpolitische Zielsetzungen ­ und somit auch „beschäftigungswirksame Parameter" ­ gegebenenfalls als Auftragsbedingungen formuliert werden können, für Auftragsvolumen unterhalb der EU-Schwellenwerte sollen soziale Präferenzen und damit auch beschäftigungswirksame Parameter in die Zuschlagskriterien aufgenommen werden können, die jedoch in beiden Fällen nicht auf bestimmte Regionen beschränkt sein dürfen.

Zu 3: Wie bereits zu 1. ausgeführt, wird im Bereich des öffentlichen und öffentlich geförderten Bauens in Berlin der Forderung, „daß die Vergabe in kleinen Losen weiter verstärkt wird", bereits in vollem Umfang Rechnung getragen.

Auch der Forderung nach Beibehaltung einer Genehmigungspflicht für die Weitervergabe von Aufträgen wird bereits seit dem Frühjahr 1995 gefolgt.

Um unerlaubten Nachunternehmereinsatz verstärkt zu bekämpfen, werden bei allen Vergaben von öffentlichen Bauaufträgen Berlins folgende Regelungen in die Besonderen Vertragsbedingungen aufgenommen: „Erklärung und Verzeichnis der Nachunternehmer Mir/Uns ist bekannt, dass die angebotene Leistung im Falle der Auftragserteilung gemäß § 4 Nr. 8 VOB/B im eigenen Betrieb auszuführen ist. Ich/Wir werde(n) daher die Leistungen, auf die mein/unser Betrieb eingerichtet ist, im eigenen Betrieb ausführen. Leistungen auf die mein/unser Betrieb nicht eingerichtet ist, werde(n) ich/wir nur an Nachunternehmer übertragen, die die Voraussetzungen der Nr. 15 der zusätzlichen Vertragsbedingungen Berlins erfüllen. Diese Nachunternehmer sind im Verzeichnis der Nachunternehmer aufgeführt. Mir/Uns ist bekannt, dass nach Vertragsabschluß mit einer Zustimmung zur Übertragung von Leistungen an Nachunternehmer nur zu rechnen ist, wenn unabwendbare Umstände von mir/uns nachgewiesen werden.

Soweit eine Übertragung von Leistungen an Nachunternehmer unumgänglich notwendig ist, werde(n) ich/wir Unter und Zulieferaufträge an kleine und mittlere Unternehmen in dem Umfang vergeben, wie es mit der vertragsgemäßen Ausführung der Leistung vereinbar ist."

Zum Vertragsbestandteil werden ferner folgende Bestimmungen: „Vergibt der Auftragnehmer Leistungen ohne Zustimmung des Auftraggebers an Nachunternehmer oder vergibt ein Nachunternehmer ihm übertragene Leistungen ohne Zustimmung des Auftraggebers an weitere Nachunternehmer, so hat der Auftragnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von 3 v. H. des Gesamtauftragswertes an den Auftraggeber zu zahlen. Im Wiederholungsfall wird der Auftragnehmer für die Dauer von 2 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Feststellung, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen. Ebenso wird bei einem Verstoß gegen die Einhaltung der Berliner Lohntarife der Auftragnehmer für die Dauer von 2 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Feststellung, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen".

Zu 4: Diesem Beschluß wird seit über zwei Jahren mit der „Erklärung zur Einhaltung der geltenden Berliner Lohntarife" Rechnung getragen. Seit diesem Zeitpunkt dürfen öffentliche Bauaufträge nur an Bieter vergeben werden, die mit ihrem Angebot eine Erklärung zur Einhaltung der geltenden Berliner Lohntarife abgegeben haben. Bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge Berlins wird in die Besonderen Vertragsbedingungen folgende Verpflichtung aufgenommen und damit zum Vertragsbestandteil gemacht: „Ich/Wir erkläre(n), dass bei der Auftragserteilung zum o. g.

Bauvorhaben die Entlohnung meiner/unserer Arbeitnehmer nicht unter den jeweils geltenden Berliner Lohntarifen erfolgen wird. Beim Einsatz von Nachunternehmen werden diese von mir/uns entsprechend verpflichtet. Der Auftraggeber behält sich vor, durch Stichproben anhand von mir/uns vorzulegenden Lohnabrechnungslisten die Einhaltung zu überprüfen. Mir/Uns ist bekannt, dass bei Verstoß gegen diese vertragliche Vereinbarung mein/unser Unternehmen für 2 Jahre von der Vergabe öffentlicher Bauaufträge ausgeschlossen wird. Ich/wir habe(n) dem Betriebsrat diese Erklärung zur Kenntnis gegeben." Angebote ohne diese unterschriebene Erklärung scheiden aus der Wertung aus. Die Baudienststellen Berlins wurden anläßlich mehrerer Vergabebesprechungen gebeten, das Rundschreiben strikt zu beachten und die stichprobenweisen Kontrollen in dem erforderlichen Umfang durchzuführen. Mit Rundschreiben SenBauWohnV VI Nr. 17/1996 vom 18. Juni 1996 sind die Baudienststellen nochmals dringend gebeten worden, an Hand der vom Auftragnehmer vorzulegenden Lohnlisten die Einhaltung der geltenden Berliner Lohntarife im erforderlichen Umfang stichprobenweise zu kontrollieren. Darüber hinaus hatte die Senatsbauverwaltung bis Ende 1996 ein Unternehmen beauftragt, das zusammen mit den Baudienststellen die stichprobenweise Kontrolle der Einhaltung der Berliner Lohntarife übernahm. Seit 1997 unterstützen Dienstkräfte der Senatsbauverwaltung die Baudienststellen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe. Darüber hinaus wurde bei der Senatsbauverwaltung eine Eingreifgruppe eingerichtet, die Baustellen Berlins hinsichtlich des Nachunternehmereinsatzes vor Ort kontrolliert. Mit Stand vom 31. Dezember 1997 wurden von den Baudienststellen insgesamt 318 Bauvorhaben gemeldet. Davon sind 181 Bauvorhaben von der Eingreifgruppe Bau (EG-Bau) überprüft worden. Dabei wurden in zwölf Fällen unerlaubter Nachunternehmereinsatz und in sieben Fällen der Verstoß gegen die Einhaltung der geltenden Berliner Lohntarife festgestellt. Im Zusammenhang mit diesen Verstößen wurden, wie in den Rundschreiben SenBauWohnV VI Nr. 6 und 7/1997 gefordert, die entsprechenden Sanktionen (Vertragsstrafe in Höhe von 3 v. H. des Gesamtauftragswertes bzw. der Ausschluß für 2 Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge) veranlaßt.

Mit Schreiben vom 05. August 1997 teilte das Bundeskartellamt dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr mit, dass es beabsichtigt, dem Land Berlin nach § 37 a Abs. 2 i. V. m. § 26 Abs. 2 GWB zu untersagen, bei der Vergabe öffentlicher Straßenbauaufträge eine „Erklärung zur Einhaltung der geltenden Berliner Lohntarife" der Auftragnehmer zum Vertragsbestandteil zu machen, und das Land Berlin zusätzlich zu verpflichten, die mit Rundschreiben erteilte Weisung insoweit zu widerrufen. Darüber hinaus behält sich das Kartellamt vor, im Rahmen von Verwaltungsverfahren die hier beanstandete Vergabepraxis des Landes Berlin in gleicher Weise auf anderen Märkten des Baubereiches unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Das Bundeskartellamt weist ferner darauf hin, dass die Bindung des Auftragnehmers, seinen Nachunternehmer entsprechend zu verpflichten, gemäß § 15 GWB nichtig ist. Die Senatsbauverwaltung hat in ihrer Stellungnahme die Beanstandungen des Bundeskartellamtes zurückgewiesen. Sie wird auch weiterhin an ihrer Vergabepraxis festhalten und den Rechtsweg ausschöpfen.

Bei der Wohnungsbauförderung ist vorab zu bemerken, dass es sich nicht um die Vergabe öffentlicher Aufträge handelt, d. h., die Investitionsbank Berlin (IBB) nicht Vertragspartner der Auftragnehmer ist, sondern nur Vertragspartner des Bauherren. Der Bausenator hat deshalb die IBB nachdrücklich gebeten, die Tariftreueerklärung und die Nachunternehmerklausel auch für den öffentlich geförderten Mietwohnungsbau sowie in der Modernisierungs- und Instandsetzungsförderung zu übernehmen. Daraufhin hat der Vorstand der IBB mit Schreiben vom 11. April 1997 dem Senator für Bauen, Wohnen und Verkehr mitgeteilt, dass im Hinblick auf die derzeitige Situation der Berliner Bauarbeitnehmer mit den Förderungsnehmern (Bauherren) durch Ergänzung der Förderungsverträge bzw. Verpflichtungserklärungen künftig folgende Vereinbarungen getroffen werden: „Der Förderungsnehmer verpflichtet sich, dafür Sorge zu tragen, dass die bei den geförderten Baumaßnahmen eingesetzten Arbeitnehmer nicht unterhalb der jeweils geltenden Berliner Lohntarife entlohnt werden. Er wird eine dementsprechende Verpflichtung der Bauunternehmer in allen Bauverträgen vorsehen mit der Maßgabe, dass der jeweilige Bauunternehmer gehalten ist, diese Verpflichtung an etwaige Subunternehmer (und diese gegebenenfalls an weitere Subunternehmer) weiterzugeben. Im Fall der Zuwiderhandlung ist vom verantwortlichen Baubeteiligten eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 000 DM für jeden Arbeitnehmer, der unter Tarif entlohnt wird, an die IBB zu zahlen. Diese Bestimmung ist in jeden Bauvertrag (als Vertrag zugunsten der IBB) aufzunehmen. Der IBB sind Ausfertigungen sämtlicher Verpflichtungserklärungen jeweils spätestens 4 Wochen seit ihrer Abgabe einzureichen."

Im Entwurf der WFB 1998 ist ebenfalls eine Tariftreueerklärung vorgesehen. Beim Verstoß gegen diese Verpflichtung oder beim Einsatz von Schwarzarbeitern ist die auftragnehmende Firma für zwei Jahre von der Vergabe öffentlicher und öffentlich geförderter Bauaufträge auszuschließen.

Zu 5: Aus dem Gesetz ist eine gesamtschuldnerische Haftung nicht ableitbar. Die Verpflichtungen von Hauptauftragnehmer und Nachunternehmer stehen weder zum Land Berlin noch zu Vertragspartnern des Nachunternehmers in einem Gesamtschuldverhältnis im Sinne von § 421 BGB. Denn es fehlt hierbei an der gesetzlichen Voraussetzung zweier Schuldner für dieselbe Leistung.

Darüber hinaus bedarf es für die Interessenlage des Landes Berlin als Vertragspartner einer solchen Regelung nicht. Denn der Hauptauftragnehmer haftet dem Auftraggeber (Land Berlin) für das Verschulden seiner Nachunternehmer bei der Vertragserfüllung ohnehin umfassend.

Aus dem Vertragsverhältnis des Landes Berlin zum Hauptauftragnehmer können allerdings keine Ansprüche von Beschäftigten des Nachunternehmers herbeigeführt werden, die dieser in den Verträgen mit seinen Arbeitnehmern zu begründen unterläßt.

Zu 6: Gemäß der nationalen Umsetzung der EG-Überwachungsrichtlinien wird die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr bzw. die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe insbesondere bei von Bewerbern und Bietern behaupteten Verstößen gegen Vergabebestimmungen als erstinstanzliche Verga beprüfstelle tätig, bei denen es sich um EG-weite Vergabeverfahren handelt. In diesen Fällen hat sie auch die Möglichkeit, das Vergabeverfahren auszusetzen.

Beide Senatsverwaltungen werden der Forderung nach der Kontrolle von Aufträgen, die unter dem EU-Schwellenwert liegen insofern gerecht, als dass bereits 1979 eine VOB bzw. VOLBeschwerdestelle eingerichtet wurde, die auch Beschwerden bei nationalen Verfahren nachgeht.

Die Aufgaben der VOB-Beschwerdestelle sind in einem Rundschreiben wie folgt definiert: „Die VOB-Beschwerdestelle hat die Aufgabe, Beschwerden der Auftragnehmer, der Nachunternehmer (hinsichtlich der Vertragsgestaltung durch die Hauptunternehmer) und der öffentlichen Auftraggeber über Verstöße gegen die VOB bei öffentlichen oder mit überwiegend öffentlichen Mitteln geförderten Bauaufträgen unverzüglich nachzugehen, für eine rasche Aufklärung und rechtzeitige Entscheidung zu sorgen, allgemein darauf hinzuwirken, dass die Verdingungsunterlagen der VOB entsprechend aufgestellt werden sowie die Baudienststellen und die Auftragnehmer bei Unklarheiten in Fragen der Vergabe, Vertragsgestaltung und Abrechnung von Bauleistungen zu beraten. Die Baudienststellen sind gehalten, die Hinweise und Empfehlungen der VOBStelle zu beachten."

Gleiches gilt sinngemäß für die VOL-Beschwerdestelle in ihrem Bereich. Bei bekannt werdenden Verstößen u. a. gegen die Anordnung nach losweiser Vergabe wird die jeweilige Vergabestelle durch die bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe ressortierende VOL-Beschwerdestelle abgemahnt.

Die Bundesregierung beabsichtigt, im Jahr 1998 die sogenannte haushaltsrechtliche Lösung der Umsetzung der EG-Überwachungsrichtlinien zugunsten eines Vergaberechtsänderungsgesetzes zu ändern. Ein diesbezüglicher Gesetzesentwurf wurde mit einer Stellungnahme des Bundesrates dem Deutschen Bundestag vorgelegt.

Danach ist beabsichtigt, die Aufgaben der jetzigen erstinstanzlichen Vergabeprüfstelle auf eine Vergabekammer (jetzige Zweitinstanz Vergabeüberwachungsausschuß) mit Aussetzungsrecht zu verlagern. Zweitinstanz wird eine Kammer des Oberlandesgerichtes.

Die jetzigen Vergabeprüfstellen werden dann in allen Vergabeverfahren, sowohl unter- als auch oberhalb des Schwellenwertes, nur noch beratene Funktion ­ ohne Weisungsbefugnis gegenüber den Vergabestellen ­ haben.

Zu 7: Der WIDI soll zu einem Informationswarenhaus und damit zu einem zentralen Informationsknotenpunkt der Region ausgebaut werden.

Mittelfristig sind weitere Themengebiete im WIDI geplant (z. B. Bauschädensammlungen, Übersichten über Online- und Offline-Datenbanken, Förderprogramme, Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Innovative Produkte, Ideenbörsen, Virtuelle Verfahren, Wissenschaftliche Arbeiten).

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe und die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr haben sich stets in besonderem Maße dafür eingesetzt, dass auch die Investitionsvorhaben der Betriebe im mehrheitlichen Eigentum des Landes Berlin (BVG, BEHALA, BSR u. a.) an WIDI gemeldet werden. Die o.g. Institutionen sind in zahlreichen Schreiben auf die Bedeutung von WIDI für die mittelständische Wirtschaft hingewiesen und um die Einstellung ihrer Investitionsvorhaben bei WIDI gebeten worden. Am 1. März 1997 fand in den Räumen des Verbandes der Berlin-Brandenburger Wohnungsunternehmen eine Fachgesprächsrunde zum Thema „Öffentliches Auftragswesen" statt. Eines der Kernthemen bildete dabei WIDI. An dem Gespräch nahmen neben den Vertretern nahezu aller Senatsverwaltungen Vertreter der BSR, der BEHALA, der BVG der Berliner Wasserbetriebe und Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaften teil.

Der Senat von Berlin wird auch zukünftig darauf drängen, daß sich alle „halböffentlichen" Investoren zum Wohle der kleinen und mittleren Unternehmen der Region an WIDI beteiligen. Die Entwicklung im Jahre 1997 gibt dabei Anlaß zu Optimismus.

Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr hat in der Baustadträtesitzung im März dieses Jahres WIDI vorgestellt und die bezirklichen Bauverwaltungen unter Hinweis auf den Nutzen von WIDI für kleine und mittlere Unternehmen aufgefordert, bezirkliche Investitionen frühzeitig an WIDI zu melden.

Auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe präsentierte WIDI in der Wirtschaftsrätesitzung im April diesen Jahres.

Die Berichterstattung zur Umsetzung der obengenannten Maßnahmen und Zielsetzungen erfolgte bereits mehrfach. Aus diesem Grund wird gebeten, dass auf weitere Berichterstattung verzichtet wird.

Wir bitten, den Beschluß damit als erledigt anzusehen.