Kassenverstärkungskredite

Eine in das Haushaltsjahr 1996 zu übertragende Restermächtigung verbleibt danach nicht (vgl. Tabelle in T 313).

Zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ermächtigt das jeweilige Haushaltsgesetz, Kassenverstärkungskredite aufzunehmen. Der für das Haushaltsjahr 1996 geltende Höchstbetrag von 8 v. H. (§ 3 Abs. 7 Haushaltsgesetz 1995/1996) wurde durch das Nachtragshaushaltsgesetz 1995/1996 auf 10 v. H. und durch das Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 1995/1996 vom 25. November 1996 auf 14 v. H. des in § 1 des Nachtragshaushaltsgesetzes festgestellten Betrages von 42 322 730 100 DM erhöht, so dass im Haushaltsjahr 1996 Kassenverstärkungskredite bis zu einem Höchstbetrag von 5 925 182 214 DM aufgenommen werden durften (vgl. Vorjahresbericht T 467). Das Änderungsgesetz trat rückwirkend zum 1. Januar 1995 in Kraft.

Von der Ermächtigung, Kassenverstärkungskredite aufzunehmen, hat die Senatsverwaltung für Finanzen erstmals über das gesamte Jahr Gebrauch gemacht. Die Kreditaufnahme betrug stets mindestens 328,5 Mio. DM. Als höchster Bestand wurden am 12. Dezember 1996 5 155 500 000 DM erreicht.

Mit der Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten sollen lediglich Schwankungen bei der Verfügbarkeit der Kassenmittel, die sich durch unterschiedliche Zahlungstermine für Einnahmen und Ausgaben ergeben, ausgeglichen werden. Wird jedoch über einen längeren Zeitraum ständig ein bestimmter Sockelbetrag (vgl. T 320) benötigt, dürfte es sich mindestens insoweit um Kredite zur Deckung von Ausgaben (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 1 LHO) und nicht mehr um Kassenverstärkungskredite (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 2 LHO) handeln. Unbeachtlich ist dabei, ob der Sockelbetrag durch einen langfristigen oder mehrere kurzfristige Kredite abgedeckt wird. Je nach Zinsentwicklung können auch kurzfristige Kredite zur Deckung von Ausgaben aufgenommen werden. Entscheidend ist die fortdauernde Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben, die unabhängig von vorübergehenden Liquiditätsengpässen besteht.

Die Finanzlage Berlins im Jahr 1996 war geprägt zum einen durch zurückgehende Steuereinnahmen, zum anderen durch geplante, jedoch nicht realisierte Vermögensverkäufe. Die zunehmenden Zinszahlungen für Kreditaufnahmen beeinflußten die Entwicklung ebenfalls negativ (vgl. T 27). Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass diese ungewöhnliche Situation nicht auf Dauer anhalten, sondern durch die fortschreitende Haushaltskonsolidierung bereinigt werden wird. Der Rechnungshof wird die Entwicklung kritisch beobachten und erwartet, daß die Kreditermächtigung für Kassenverstärkungskredite wieder auf ein auch im Vergleich zu anderen Bundesländern vertretbares Maß gesenkt wird.

b) Auffällige Vergabe- und Vertragsmängel sowie Verzögerungen bei der Neukonzeption des automatisierten Haushaltswesens

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat im Zusammenhang mit der Neukonzeption des automatisierten Haushaltswesens (NK-AHW) Beratungsaufträge, ohne weitere Angebote einzuholen, freihändig vergeben. Außerdem hat sie Hard- und Software sowie Software-Pflege zu früh bezahlt und einen erheblich verspäteten Einsatz der Software im wesentlichen verschuldet. Für Berlin sind hierdurch beträchtliche finanzielle Nachteile entstanden.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat sich seit 1979 bemüht, das automatisierte Haushaltswesen (AHW) durch eine eigene Neukonzeption (NK-AHW) zu ersetzen. Der Rechnungshof hat mehrfach hierüber berichtet (vgl. zuletzt Jahresbericht 1991 T 366 bis T 386). Nachdem die Versuche, ein eigenes Verfahren zu entwickeln, endgültig gescheitert waren, hat sich die Senatsverwaltung auch auf Veranlassung des Abgeordnetenhauses (z. B. Auflagenbeschluß vom 17. Juni 1992,

Drucksache 12/1720) Anfang 1992 dazu entschlossen, die Leistungen fremd zu vergeben.

324Zunächst hat sie ein Beratungsunternehmen zur Vorbereitung und Durchführung eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbs mit dem Ziel der Markterkundung eingeschaltet.

Aufgrund des Teilnahmewettbewerbs sollte später eine beschränkte Ausschreibung durchgeführt werden. Den ersten Auftrag über die Beratungsleistungen (Auftragsvolumen

500 DM) hat die Senatsverwaltung freihändig ohne Gegenangebot, die weiteren Aufträge (Auftragsvolumen 1,4 Mio. DM) hat sie als Anschlußaufträge an dasselbe Beratungsunternehmen vergeben. Damit hat sie Leistungen von insgesamt über 1,5 Mio. DM dem Wettbewerb entzogen.

325Die freihändige Vergabe der Beratungsaufträge hat die Senatsverwaltung zunächst mit besonderer Zeitnot, der Eigenart der Leistung, die besondere schöpferische Fähigkeiten voraussetzen würde, sowie mit einschlägigen Erfahrungen und Referenzen des Beratungsunternehmens begründet. Im weiteren Schriftverkehr hat sie jedoch insbesondere die Erwartungshaltung des Unterausschusses „Kommunikationsund Informationstechnik" des Hauptausschusses hervorgehoben, der dieses Unternehmen empfohlen und keine Bedenken gegen die freihändige Vergabe erhoben habe. Weiterhin habe der Unterausschuß eine positive Beschlußempfehlung im Hinblick auf die Aufhebung von Haushalts- und von Stellensperren signalisiert. Auch den Hauptausschuß habe sie im Mai 1992 informiert. Die Senatsverwaltung hatte dem Hauptausschuß allerdings nur über ein Auftragsvolumen von höchstens 250 000 DM berichtet.

326Vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung von Leistungen darf zwar abgewichen werden, wenn z. B. besondere Umstände vorliegen (§ 55 Abs. 1 LHO), die von der Senatsverwaltung für Finanzen vorgetragenen Gründe reichen jedoch nicht aus. Die besondere Dringlichkeit zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe war durch Versäumnisse der Senatsverwaltung weitgehend selbst verursacht. Die Leistungen erforderten auch keine besonderen Erfahrungen, sondern gehören zum normalen Tätigkeitsfeld einer Unternehmensberatung, so dass auch andere Unternehmen in Betracht gekommen wären. Die Vergabe der Aufträge verstieß somit gegen die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung zur öffentlichen Ausschreibung. Nicht einmal die Verfahrensvorschriften für die freihändige Vergabe, die grundsätzlich mindestens das Einholen von drei Angeboten vorsehen, hat die Senatsverwaltung beachtet. Die Erwartungshaltung des Unterausschusses „Kommunikations- und Informationstechnik" konnte die Senatsverwaltung keineswegs von ihrer Verpflichtung entbinden, nach Recht und Gesetz zu verfahren. Aus den Unterlagen ergibt sich im übrigen, dass die Senatsverwaltung am 3. März 1992 selbst beschlossen hat, den Beratungsauftrag „freihändig" zu vergeben.

327Aufgrund des öffentlichen Teilnahmewettbewerbs (vgl. T 324) hat die Senatsverwaltung für Finanzen Anfang 1993 die für die erste Stufe des NK-AHW erforderliche Hard- und Software beschränkt ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt eine Bietergemeinschaft (ein Hardware und ein Softwarelieferant), mit der die Senatsverwaltung am 12. August 1993 einen Mantelvertrag über die Lieferung von Hardware, die Überlassung von Software und über Planungsleistungen geschlossen hat (Auftragsvolumen 2,1 Mio. DM; Pauschalbetrag einschließlich Umsatzsteuer, zahlbar in einer Summe am 31. August 1993). Mit dem Softwarelieferanten hat die Senatsverwaltung am selben Tag noch zusätzlich einen Rahmen-LizenzVertrag (Volumen 3,4 Mio. DM, zahlbar in drei Teilbeträgen zum Dezember 1993, Juni 1994 und Dezember 1994) sowie im Dezember 1993 mit Wirkung zum 1. Januar 1994 einen Pflegevertrag geschlossen (monatlicher Zahlbetrag 18 500 DM). Bestandteil dieser Verträge sind jeweils die besonderen Vertragsbedingungen (BVB) für den Kauf, die Überlassung, Planung und Pflege von IT-Anlagen und Geräten.

Die Senatsverwaltung hat die Zahlungen zu vertraglich vereinbarten Zahlungsterminen geleistet. Nach den BVB-Kauf sind jedoch Zahlungen für den Kauf von Hardware regelmäßig nicht vor der Abnahme zu leisten. Eine Vorauszahlung ist nur bis zur Höhe von 50 v. H. gegen Sicherheitsleistung zulässig. Die Vorauszahlung ist bei Leistungsverzögerungen zu verzinsen. Auch die einmalige Vergütung für die Überlassung von Software ist nach den BVB-Überlassung nicht vor Abnahme der Programme zu zahlen. Für Planungsleistungen sind Teil- bzw. Abschlagzahlungen nach den BVB-Planung nur zulässig, sofern im Planungsschein einzelne in sich abgeschlossene Teilleistungen gesondert festgelegt sind. Im Planungsschein waren jedoch keine Teilleistungen vorgesehen. Als vereinbarten Abnahmetermin für das Gesamtwerk sieht der Rechnungshof den 2. Februar 1994 an (vgl. Überlassungsschein Nr. 7 zum Mantelvertrag: Gesamtabnahme am 3. Januar 1994 mit anschließendem 30tägigen Integrationstest). Die endgültige Version der Software war jedoch erst am 13. Dezember 1994 abnahmereif. Die Zahlungszeitpunkte nach dem Mantelvertrag und für die erste Rate des RahmenLizenz-Vertrages (vgl. T 327) lagen somit deutlich vor dem nach BVB frühestzulässigen Zahlungstermin. Die geleisteten Zahlungen überstiegen auch erheblich die nach den BVBKauf für die Hardware zulässige Vorauszahlung von bis zu 50 v. H. des Kaufpreises von 0,9 Mio. DM (1,2 Mio. DM abzüglich Vergütung für Nebenleistungen).

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat darauf verwiesen, daß die Vertragskonditionen für den Mantelvertrag und den Rahmen-Lizenz-Vertrag Teil eines Gesamtpaketes waren. Ausgehandelte Einsparungen bei der Landeslizenz und der Wartung dürften nicht vernachlässigt werden. Bei Betrachtung als wirtschaftliche Einheit (Gesamtvolumen ohne Pflegevertrag 5,5 Mio. DM) nehme der Pauschalpreis von 2,1 Mio. DM einen Anteil von 38,2 v. H. ein und sei als Vorauszahlung nach den BVB-Kauf zulässig gewesen.

Die Senatsverwaltung irrt, wenn sie die Vorauszahlung in Beziehung zum Gesamtvolumen des Geschäftes setzt. Die Vorauszahlung ist in dieser pauschalen Form nur in den BVBKauf vorgesehen und kann sich deshalb auch nur auf den im Kaufschein für die Hardware genannten Betrag beziehen (vgl. T 328). Die Abweichungen von den zulässigen Zahlungsterminen nach den BVB und die unzulässige Vorauszahlung von 1,6 Mio. DM sowie die vorzeitige Zahlung von zwei Teilbeträgen von insgesamt 1,7 Mio. DM aufgrund der Zahlungsverpflichtung aus dem Rahmen-Lizenz-Vertrag (zusammen fast 3,4 Mio. DM) vor dem Zeitpunkt der endgültigen Abnahme ist ein gravierender Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§§ 7 und 34 LHO). Der Rechnungshof hat überschlägig einen Zinsschaden von 0,2 Mio. DM für Berlin ermittelt.

Laut Überlassungsschein Nr. 1 zum Mantelvertrag hat die Senatsverwaltung für Finanzen auch drei Einzellizenzen (Preis 597 333 DM) erworben, die von der Landeslizenz nach dem Rahmen-Lizenz-Vertrag vom selben Tag mit umfaßt waren. Auf den Preis der Landeslizenz, die ursprünglich nicht vorgesehen und deshalb auch nicht Bestandteil des Angebotes war, wurde jedoch lediglich der Preis für eineinhalb Einzellizenzen angerechnet. Somit hat Berlin eineinhalb Einzellizenzen zuviel bezahlt (Differenz 298 666 DM).

Die Senatsverwaltung hat hierzu ausgeführt, es habe sich erst nach der Auswertung der Angebote gezeigt, dass die getroffene finanzielle Absicherung keinesfalls für den Erwerb der Software-Lizenzen für rund 1 300 Endbenutzer ausreichen würde. Das habe zu der Überlegung geführt, noch während der laufenden Vertragsverhandlungen mit der Bietergemeinschaft auf den kostengünstigen Erwerb einer Landeslizenz hinzusteuern. Es wäre rechtlich nicht möglich gewesen, in den Überlassungsschein für die Software der ersten Entwicklungsstufe zugleich auch (oder statt dessen) die Landeslizenz aufzunehmen (Hinweis auf das Verbot von Nachverhandlungen gemäß § 24 VOL). Ferner wären bei voller Anrechnung der Lizenzgebühren die Preisnachlässe im Rahmen-LizenzVertrag geringer ausgefallen.

333Diese Rechtfertigung überzeugt nicht. Im Mantelvertrag vom 12. August 1993 wurde u. a. die Absicht der Vertragspartner, abweichend vom ursprünglichen Angebot (Einzellizenz) zusätzlich eine Rahmenvereinbarung über eine Landeslizenz abzuschließen, zum Vertragsbestandteil erklärt. Bereits mit dieser Vereinbarung hat die Senatsverwaltung den durch die Ausschreibung und das Bieterangebot festgelegten Rahmen überschritten und faktisch das Ergebnis von Nachverhandlungen festgehalten. Die Regelungen im Rahmen-Lizenz-Vertrag vom selben Tag haben diese Absicht lediglich konkretisiert.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hätte deshalb ­ um Schaden von Berlin abzuwenden ­ bei Abschluß des RahmenLizenz-Vertrages die volle Anrechnung der überflüssigen Einzellizenzen verlangen müssen. Die Senatsverwaltung hat ferner nicht nachgewiesen, dass der beim Erwerb der Landeslizenz realisierte Preisnachlaß höher war als der durch die Nichtanrechnung von Einzellizenzen entstandene Schaden.

334In dem Pflegevertrag (vgl. T 327) ist als Beginn der Leistungspflicht für die Pflegeleistungen der 1. Januar 1994 festgelegt.

Nach den Regelungen der BVB-Überlassung übernimmt der Auftragnehmer die Programmpflege nach Ablauf der Gewährleistung, die frühestens zwölf Monate nach der Abnahme endet. Grundlage des Pflegevertrages waren Programme in der Ausprägung der Berliner Version, die erst am 13. Dezember 1994 abnahmereif waren. Der Pflegevertrag hätte deshalb erst wesentlich später wirksam werden dürfen.

335Die Senatsverwaltung für Finanzen hat den vorzeitigen Beginn des Pflegevertrages mit einem günstigeren Entgelt als sonst üblich begründet. Ferner hat sie ausgeführt, dass sich der Pflegevertrag nicht nur auf die Mängelbeseitigung im Rahmen der Gewährleistung beschränkt, sondern als wesentliche Leistung die Verbesserung des Softwareproduktes ProFISKAL durch neue Versionen und die Erweiterung der Funktionen des Standards zur Stufe eins (Anpassung) umfaßt hat. Wäre es allein um die Mängelbeseitigung gegangen, hätte sie den Pflegevertrag mit Sicherheit erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist geschlossen.

336Die Senatsverwaltung lässt dabei außer acht, dass die Anpassung von ProFISKAL (Zielversion) bereits Bestandteil des Mantelvertrages war und mit insgesamt 169 050 DM abgegolten wurde. Die Bereitstellung neuer Versionen war demgegenüber für die Erfüllung des Mantelvertrages nachrangig.

Eine weitere Finanzierung des Anpassungsaufwandes über den Pflegevertrag für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist ist deshalb zu beanstanden.

Insgesamt hat die Senatsverwaltung die Bedenken des Rechnungshofs gegen den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Pflegevertrages nicht ausräumen können.

337Die vom Auftragnehmer gelieferte Software war erst im Dezember 1994, also weit nach dem im Mantelvertrag genannten Termin (2. Februar 1994), insgesamt abnahmereif.

Auch die im Anschluß daran weiterentwickelten Programmversionen waren erst nach monatelanger Test- und Reklamationszeit abnahmefähig. Aufgrund des Verzuges bis Dezember 1994 wäre nach den Regelungen der BVB-Kauf, -Planung, -Pflege und -Überlassung pauschalierter Schadenersatz von über 300 000 DM zu fordern gewesen, wenn die Leistungsstörung allein vom Lieferanten ausgegangen wäre.

338Die Senatsverwaltung hat auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen verzichtet, weil sie davon ausgeht, daß die Verzögerungen im wesentlichen von ihr selbst zu vertreten sind. Zum Beispiel habe sich das zuständige Referat innerhalb des Zeitraums, in dem die Präzisierungen festgelegt werden sollten, in einer permanenten Umzugsphase befunden.

Es sei erst von März 1994 an möglich gewesen, „mit der gemeinsamen Definition der Präzisierungsprotokolle für das Zielsystem zu beginnen". Zum geplanten Abnahmetermin sei deshalb der klassische Fall einer nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung eingetreten (§§ 275 bis 282 BGB), die der Auftragnehmer nicht zu vertreten habe.

Durch die Verzögerung des Einsatzes von ProFISKAL ist es zu Schäden für das Land Berlin gekommen. Da die Senatsverwaltung für Finanzen dafür im wesentlichen die Verantwortung übernimmt, ist zu prüfen, ob Haftungsansprüche gegen Mitarbeiter dieser Verwaltung zu erheben sind. Dazu weist der Rechnungshof darauf hin, dass die Umzugspläne der Verwaltung bereits mindestens seit September 1992, demnach weit vor Abschluß der Verträge bekannt gewesen waren. Darüber hinaus hat der Auftragnehmer der Senatsverwaltung während der Umzugszeit Büroräume zur Verfügung gestellt.

Eine umzugsbedingte Verzögerung hätte bei sachgerechter Planung deshalb nicht eintreten dürfen oder zumindest bei der vertraglichen Terminierung berücksichtigt werden müssen.

Auch die Senatsverwaltung für Finanzen ist gehalten, künftig die Regeln des Vergabeverfahrens sowie die BVB-Regelungen strikt zu beachten. Der Rechnungshof erwartet, dass wegen der verfrühten Zahlungen (vgl. T 330), der nicht vollständigen Anrechnung der Einzellizenzen (T 333) und wegen des durch den verspäteten Einsatz von ProFISKAL entstandenen Schadens, für den sich die Senatsverwaltung für Finanzen im wesentlichen verantwortlich fühlt, die Haftungsfrage geprüft wird. Der Schriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen. Der Rechnungshof wird die weitere Entwicklung begleiten und ggf. erneut berichten.

c) Steuerverwaltung:

(1) Vermeidbare Zinsbelastungen in Millionenhöhe durch zögerliche Bearbeitung bedeutender Steuerfälle

Die drei aufkommensstärksten Finanzämter Berlins unterließen es vielfach, bedeutsame Steuerfälle zügig und mit der gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten. Hierdurch sind allein bei den vom Rechnungshof geprüften Fällen Körperschaftsteuern von mehr als

Mio. DM erst mit erheblicher Verzögerung festgesetzt worden.

Dies hat allein bei zwei Finanzämtern zu vermeidbaren Zinsbelastungen bei Bund und Land von mehr als 4 Mio. DM geführt.

Der Rechnungshof hat bei den Finanzämtern für Körperschaften I, II und III, den drei aufkommensstärksten Berliner Finanzämtern, bedeutende Steuerfälle untersucht und hierbei erhebliche Mängel festgestellt. So haben diese Finanzämter den rechtzeitigen Eingang besonders angeforderter Steuererklärungen nicht ausreichend überwacht sowie die Steuerfestsetzungen in diesen Fällen nicht fristgemäß innerhalb von drei Monaten durchgeführt, Vorauszahlungen nicht oder nicht rechtzeitig angepaßt und Fälle mit ausgewiesenen hohen Körperschaftsteuerrückstellungen nicht bevorzugt bearbeitet. Von den geprüften 515 Körperschaftsteuerfestsetzungen waren etwa 52 v. H. mit einem Volumen an Körperschaftsteuer von mehr als 246 Mio. DM teilweise aus mehreren Gründen mängelbehaftet. Bei einer sachgerechten Bearbeitung hätten die Finanzämter diese Beträge ganz oder teilweise erheblich früher vereinnahmen können.

Für Steuerfälle, bei denen sich im Vorjahr eine Körperschaftsteuerabschlußzahlung von über 16 000 DM ergeben hat, fordern die Finanzämter für Körperschaften die Steuererklärungen besonders an. Nach Weisungen der Oberfinanzdirektion Berlin sollen Steuerpflichtige, die nicht von Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertreten werden, die besonders angeforderten Steuererklärungen bis zum 31. Mai des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres einreichen. Bei steuerlich vertretenen Steuerpflichtigen verlängert sich die Abgabefrist bis zum 30. September. Die Oberfinanzdirektion hat die Finanzämter angewiesen, die besonders angeforderten Erklärungen regelmäßig innerhalb von drei Monaten nach deren Eingang abschließend zu bearbeiten. Dies ist den drei Finanzämtern nicht zufriedenstellend gelungen. Sie hatten

Steuererklärungen von den betrachteten 515 Körperschaftsteuerfestsetzungen besonders angefordert. Bei über der Hälfte dieser Steuererklärungen mit einem Körperschaftsteuervolumen von über 111 Mio. DM haben die Finanzämter die Einhaltung der Abgabefrist nicht überwacht und eingegangene Erklärungen nicht innerhalb von drei Monaten abschließend bearbeitet. So hat beispielsweise ein Finanzamt zwischen dem Eingang einer Erklärung und ihrer abschließenden Bearbeitung ohne erkennbaren Grund fast 49 Monate verstreichen lassen. Dies ist um so unverständlicher, als nach den Angaben der Steuerpflichtigen in der betreffenden Körperschaftsteuererklärung von einer Abschlußzahlung von über 200 000 DM auszugehen war. In einem weiteren Fall erinnerte ein Finanzamt erst 15 Monate nach Fristablauf an die Abgabe der besonders angeforderten Steuererklärung.

Die nach Eingang dieser Erklärung vom Finanzamt festgesetzte Abschlußzahlung betrug über 20 Mio. DM. 343Die festgestellten Mängel beruhen auch darauf, dass die Sachgebietsleiter ihren Aufsichts- und Kontrollpflichten nicht hinreichend nachgekommen sind. Fast alle Veranlagungsplätze der untersuchten Finanzämter haben die Arbeitsliste zur Überwachung des Steuererklärungseingangs für den Veranlagungszeitraum 1994 nicht weisungsgemäß und nicht mit der gebotenen Sorgfalt geführt. Die Sachgebietsleiter haben diese Liste vierteljährlich zu prüfen. Sie sind dieser Prüfungspflicht teilweise nicht oder nur unzureichend nachgekommen, obwohl sie hierbei sich leicht einen umfassenden Überblick über den Bearbeitungsstand der besonders angeforderten Steuererklärungen hätten verschaffen und den Mängeln frühzeitig begegnen können. Vom Veranlagungszeitraum 1995 an wird der fristgerechte Steuererklärungseingang maschinell überwacht. Diese maschinelle Unterstützung entbindet die Sachgebietsleiter jedoch nicht von ihren Aufsichts- und Kontrollpflichten. Sie haben weiterhin im Rahmen ihrer Fachaufsicht darauf hinzuwirken, dass die ihnen zugeordneten Dienstkräfte den fristgerechten Eingang der besonders angeforderten Steuererklärungen tatsächlich überwachen und diese sodann zeitnah bearbeiten.

344Körperschaften haben die noch zu leistende Körperschaftsteuerzahlung in der Bilanz als Steuerrückstellung auszuweisen und die Zuführung zu den Rückstellungen in einer Anlage zur Körperschaftsteuererklärung besonders kenntlich zu machen. Die Zuführung zu der Steuerrückstellung stimmt häufig mit der Nachzahlung überein. Anhand dieser Angaben können die Dienstkräfte der Finanzämter für Körperschaften verhältnismäßig leicht die Steuerfälle erkennen, bei denen sich voraussichtlich eine hohe Steuernachzahlung ergeben wird. In diesen Fällen können sie die Veranlagungen bevorzugt durchführen oder die Vorauszahlungen entsprechend anpassen. Die Finanzämter für Körperschaften haben in der Vergangenheit ihre Dienstkräfte mehrfach auf diese Zusammenhänge hingewiesen. Darüber hinaus hat die Oberfinanzdirektion die Finanzämter 1994 zur Sicherung des Steueraufkommens angewiesen, Steuerfälle mit voraussichtlich hohen Nachzahlungsbeträgen bevorzugt zu veranlagen.

345Die drei Finanzämter haben trotz der in der Anlage zur Körperschaftsteuererklärung ausgewiesenen hohen Zuführungen zu den Körperschaftsteuerrückstellungen in einer Vielzahl von Fällen die Erklärungen nicht weisungsgemäß zeitnah bearbeitet. Sie sind ihrer Verpflichtung, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, insoweit nicht nachgekommen (vgl. § 34 Abs. 1 LHO). Beispielsweise hatte eine Steuerpflichtige in der Anlage zur Steuererklärung eine Zuführung zur Körperschaftsteuerrückstellung von 9 Mio. DM ausgewiesen. Obwohl der Sachgebietsleiter wegen der Höhe der Rückstellung die sofortige Bearbeitung dieser Steuererklärung angeordnet hatte, hat ein Bearbeiter die Steuer von knapp 9 Mio. DM erst sechs Monate nach Erklärungseingang festgesetzt. Bei einem weiteren Fall hat das Finanzamt trotz einer ausgewiesenen Zuführung zur Rückstellung von mehr als 2 Mio. DM die Veranlagung erst 18 Monate nach Eingang der Erklärung durchgeführt und so auch die Abschlußzahlung von über 2 Mio. DM entsprechend verspätet festgesetzt.

Solche Verzögerungen traten selbst bei der Bearbeitung der Steuererklärungen auf, die aufgrund zu erwartender Abschlußzahlungen besonders angefordert waren. Damit brachten sich die Finanzämter in Widerspruch zu ihrer eigenen Fristsetzung, die dadurch den Steuerpflichtigen im nachhinein unverständlich erscheinen mußte.