Wahlweise Weihnachtsfreizeit oder Weihnachtsgeld

„Der Senat wird aufgefordert, im Jahr 1997 unter Ausschöpfung der geltenden Sonderurlaubsbestimmungen den Beschäftigten des Landes Berlin (Arbeiter, Angestellte und Beamte) analog dem „Bremer Modell" die Möglichkeit anzubieten, statt der jährlichen Weihnachtszuwendung das entsprechende Entgelt als Freizeitausgleich im Sinne der Sonderurlaubsverordnung zu nehmen.

Dabei sollte die Wahlmöglichkeit stufenweise (1 bis 4 Wochen) gewährt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass bei der Gewährung der Wahlmöglichkeit zwischen „Weihnachtsgeld" oder „Weihnachtsfreizeit" dienstliche Belange nicht beeinträchtigt werden dürfen. Ein Drittel der so gegebenenfalls eingesparten Landesmittel ist zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zu verwenden.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. Januar 1998 zu berichten, ob und in welchem Umfang das „Bremer Modell" von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Berlin angenommen wurde. Ferner ist darzustellen, welcher Verwaltungsaufwand durch diese Maßnahme entstanden ist und welche Landesmittel insgesamt eingespart wurden."

Hierzu wird berichtet: Gliederung:

1. Das „Bremer Modell" in der Anwendung des Landes Berlin

2. Umsetzung des Abgeordnetenhausbeschlusses

3. Entscheidungserfordernisse zur Umsetzung der Regelung

4. Zusammenfassung der Reaktionen auf die Regelung aus dem politischen und gewerkschaftlichen Raum

5. Bisherige Inanspruchnahme der Regelung durch die Beschäftigten

6. Höhe des Verwaltungsaufwandes

7. Erwirtschaftete Personalkosten

8. Verwendung der erwirtschafteten Personalmittel

9. Ausblick

1. Das „Bremer Modell" in der Anwendung des Landes Berlin

Das dem Beschluß des Abgeordnetenhauses zugrundeliegende „Bremer Modell" eröffnet den Beschäftigten des Bremer öffentlichen Dienstes die Möglichkeit, im Laufe eines Jahres 1 bis 4 Wochen Sonderurlaub ohne Bezüge in Anspruch zu nehmen und die auf diesen Zeitraum entfallenden Bezüge erst in dem Monat einzubehalten, in dem die Sonderzuwendung gezahlt wird, d. h. im Arbeitnehmerbereich im Monat November, im Beamtenbereich im Monat Dezember.

Der Beschluß des Abgeordnetenhauses vom 25. September 1997 verweist dem Grunde nach auf dieses Modell, erweitert dieses aber um eine Wahlmöglichkeit zwischen Weihnachtszuwendung oder einem diesem Entgelt entsprechenden Freizeitausgleich („Weihnachtsgeld" oder „Weihnachtsfreizeit").

Da diese Wahlmöglichkeit aus tarifrechtlichen und dienstrechtlichen Gründen tatsächlich nicht besteht, wurde in der Umsetzung des Beschlusses auf die bereits im „Bremer Modell" praktizierte Regelungstechnik zurückgegriffen: Es werden die auf den Beurlaubungszeitraum entfallenden Bezüge als Vorschuß weitergezahlt und erst im Zusammenhang mit der Ende des laufenden Jahres fälligen Zuwendung mit den im Dezember zustehenden Bezügen verrechnet. Folglich wird dem Grunde nach nicht die (Weihnachts-)Zuwendung vermindert. Mit dieser Regelungstechnik wird der Beschluß des Abgeordnetenhauses unmittelbar aufgenommen und weitergeführt.

2. Umsetzung des Abgeordnetenhausbeschlusses

Um noch in 1997 die Inanspruchnahme vorhandener Sonderurlaubspotentiale möglichst breit auszuschöpfen, wurde die Umsetzung des Beschlusses durch Rundschreiben PersAG Nr. 71/1997 vom 7. Oktober 1997 der Senatsverwaltung für Inneres umgehend veranlaßt. Parallel wurden die Beschäftigten mit entsprechenden Merkblättern über die Auswirkungen eines Sonderurlaubs informiert. Unter Berücksichtigung dessen, dass nach Veröffentlichung des Rundschreibens nur noch 12 Wochen zur Verfügung standen, wurde die Regelung auf das Jahr 1998 ausgedehnt.

An der Umsetzung der Regelung war der Hauptpersonalrat gem. § 90 Nr. 2 PersVG zu beteiligen. Wegen der Forderung des Abgeordnetenhauses, dieses Modell noch 1997 wirksam werden zu lassen, ist von der Möglichkeit gem. § 84 Abs. 4 PersVG Gebrauch gemacht worden, das Rundschreiben bereits vor Abschluß des Beteiligungsverfahrens anzuwenden.

3. Entscheidungserfordernisse zur Umsetzung der Regelung Folgende Entscheidungen und ­nderungen waren zur Umsetzung des Beschlusses erforderlich und sind mit o. g. Rundschreiben bekanntgegeben worden:

- Für einen Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge bis zu vier Wochen liegt ein wichtiger Grund im Sinne der Sonderurlaubsverordnung vor, weil der Sonderurlaub der Personalkosteneinsparung dient. Vor Antritt des Sonderurlaubs ist deshalb auch das dienstliche Interesse an der Beurlaubung schriftlich anzuerkennen.

- Dienstliche Belange vor Ort sollen einer Gewährung des Sonderurlaubs grundsätzlich nicht entgegenstehen, können jedoch im Einzelfall zu einer gänzlichen Versagung oder zu einer Verschiebung des Sonderurlaubs führen.

- Die Behörden wurden aufgefordert, die Sonderurlaubswünsche der Beschäftigten mit dem Ziele größtmöglicher Bewilligungsmöglichkeiten zu entscheiden. Insbesondere bei Sonderurlaubswünschen für 1997 bis zu zwei Wochen und Sonderurlaub im Jahre 1998 (für den ganzjährig der Sonderurlaubswunsch mit den dienstlichen Bedürfnissen abgestimmt werden kann) muss sich eine Ablehnung auf besondere Ausnahmetatbestände gründen.

- Im Vorgriff auf eine in Vorbereitung befindliche Änderungsverordnung wurde zugelassen, dass der Sonderurlaub in diesen Fällen keine Auswirkungen auf die beihilferechtlichen Ansprüche hat.

Anwendungsbereich

- Die Regelung gilt auch für Beamte/innen z. A. sowie für Teilzeitbeschäftigte. Ob für Lehrkräfte die Regelung entsprechend angewendet werden kann, obliegt der Entscheidung der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport.

- Die Regelung gilt unmittelbar nur für den unmittelbaren Berliner Landesdienst. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat zwischenzeitlich die Anwendbarkeit auch für das künstlerische Personal der Theater und für die Universitäten und Fachhochschulen erklärt. Einige Krankenhäuser wenden die Regelung ebenfalls an.

4. Zusammenfassung der Reaktionen auf die Regelung aus dem politischen und gewerkschaftlichen Raum Hauptpersonalrat

Der Hauptpersonalrat hat dem Rundschreiben, das ihm gemäß § 90 Nr. 2 PersVG zur Beteiligung zugeleitet wurde, nicht zugestimmt. Kritisiert wird insbesondere, dass die Regelung als „Sparmaßnahme" ohne Personalausgleich und somit rein fiskalisch betrachtet wird. Es wird befürchtet, dass durch die Maßnahme die Arbeitsdichte in unzumutbarem Maß steige und der Betriebsfrieden dadurch gestört werden würde. Weiterhin werden rechtliche Bedenken gegen die grundsätzliche Entscheidungspraxis erhoben, den wichtigen Grund eines Sonderurlaubs personalwirtschaftlich zu begründen.

Gewerkschaften und Berufsverbände

Die der Senatsverwaltung für Inneres vorliegenden Stellungnahmen der Gewerkschaften und Berufsverbände weisen darauf hin, dass tarifrechtliche und dienstrechtliche Regelungen umgangen bzw. gebeugt werden würden und rieten den Beschäftigten von der Inanspruchnahme der Regelung ab. Weiterhin wird die Befürchtung geäußert, mit dem Sonderurlaub würden indirekt weitere Potentiale für Bezügekürzungen und zusätzliche Personalkosteneinsparungen ermittelt werden können.

Rat der Bürgermeister

Im RdB wurde kontrovers über die Regelung diskutiert. Einige Vertreter begrüßten das zusätzliche Instrument zur sozialverträglichen Personalkosteneinsparung. Andere wiesen darauf hin, daß die unterschiedlichen Bezugsgrößen der Sonderzuwendung in den jeweiligen Rechtskreisen und Statusgruppen eine Ungleichbehandlung nach sich ziehe. Einige Vertreter machten organisatorische Vorbehalte geltend und befürchteten auf Grund unklarer rechtlicher Aussagen Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Zudem wurde geäußert, dass die Mitarbeiter, die wegen großer Arbeitsbelastung bereits jetzt weit über das Maß der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit hinaus arbeiten würden, dieses Angebot nicht in Anspruch nehmen könnten und dadurch eher demotiviert werden würden.

Hierzu stellt der Senat zusammenfassend folgendes fest:

Das Abgeordnetenhaus hat den Senat von Berlin einstimmig dazu aufgefordert, statt der jährlichen Weihnachtszuwendung das entsprechende Entgelt als Freizeitausgleich im Sinne der Sonderurlaubsverordnung bzw. der entsprechenden tariflichen Bestimmungen nach dem Vorbild des „Bremer Modells" zu ermöglichen.

Die Ausschöpfung und Neugestaltung aller Möglichkeiten im Rahmen des sozialverträglichen Personalkostenabbaus ist Vorund Rahmenbedingung für das Gelingen des anspruchsvollen Ziels, den gesetzlich vorgegebenen Stellenabbau sozialverträglich, d. h. ohne betriebsbedingte Kündigungen zu gestalten.

Hierzu haben sich Senat, Bezirke, Hauptpersonalrat, Gewerkschaften und Berufsverbände in der Vereinbarung zum Umgang mit der Personalüberhangsituation vom 29. Mai 1997 einvernehmlich verständigt. Die neue Regelung zum Sonderurlaub stellt ein weiteres Instrument zur Beschäftigungssicherung dar.

Jegliche Unterstützung bei der Umsetzung dieser Regelung ist daher implizierter Bestandteil der Beschäftigungssicherungsvereinbarung. Eine Behinderung dieses Instruments stellt die wechselseitige Verpflichtung, das Gelingen des sozialverträglichen Stellenabbaus zu unterstützen, in Frage.

Ablehnungen in 1997 wurden hauptsächlich mit der angespannten Personalsituation sowie mit organisatorischen Schwierigkeiten bedingt durch den geringen verbleibenden Gesamtzeitraum (rund 10 Wochen) zur Umsetzung der Maßnahmen begründet.

Ablehnungen in 1998 wurden hauptsächlich mit der Personalmangelsituation und Bearbeitungsrückständen begründet.

In welcher Höhe in den ablehnenden Bereichen noch Personalkosteneinsparungen realisiert werden müssen, ist nicht bekannt.

Über die Bewilligungen/Ablehnungen im mittelbaren Berliner Landesdienst sind mehrheitlich keine Angaben erfolgt.

6. Verwaltungsaufwand

Die Angaben der unterschiedlichen Behörden zur Höhe des Verwaltungsaufwandes differierten insgesamt erheblich, so daß vergleichbare oder durchschnittliche Aussagen nicht möglich waren. Es wird erwartet, dass erst mit einer flächendeckenden Kosten- und Leistungsrechnung plausible und vergleichbare Angaben möglich sind.

Im übrigen macht der Senat auf folgenden Sachverhalt aufmerksam: Die bisherigen Instrumente zum sozialverträglichen Stellenabbau verlieren auf Grund bundesgesetzlicher Verschlechterungen (z. B. im Rentenrecht, im Arbeitsförderungsrecht und im Bundesversorgungsrecht) zunehmend an Wirkung. Im Zusammenhang mit dem jährlich enger werdenden Stellenrahmen werden Unterbringungsmöglichkeiten von Personalüberhangkräften stetig eingegrenzt. Die Weiterentwicklung bisheriger sowie die Entwicklung neuer Instrumente ist daher regelmäßig erforderlich. Personalkostenabbau ist nicht kostenneutral zu realisieren. Die Anwendung der verschiedenen Instrumente ist sowohl direkt (z. B. bei Prämienzahlungen zur Förderung des Ausscheidens) als auch indirekt (z. B. durch erhöhten Personalaufwand durch Information, Beratung, Umsetzung) kostenintensiv. In vergleichbaren Unternehmen der Wirtschaft werden daher für jede abzubauende Stelle entsprechende zusätzliche Sanierungsmittel bereitgestellt. Dies ist im Berliner öffentlichen Dienst bisher nicht vorgesehen. Hier müssen die Dienststellen im Rahmen ihrer jährlich begrenzter werdenden personellen und finanziellen Möglichkeiten den Personalkostenabbau gestalten.

7. Erwirtschaftete Personalkosten

Für den unmittelbaren Berliner Landesdienst sind mit Stand 31. Januar 1998 folgende Personalkosten erwirtschaftet worden:

Über die Ergebnisse im mittelbaren Berliner Landesdienst liegen mehrheitlich keine Angaben vor.

8. Verwendung der erwirtschafteten Personalmittel

Der Beschluß des Abgeordnetenhauses sieht vor, ein Drittel der erwirtschafteten Personalmittel zur Schaffung neuer, zusätzlicher Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zu verwenden.

Die erwirtschaftete Summe steht einmalig zur Verfügung, so daß eine dauerhafte Verwendung der Mittel für die Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsmittel nicht finanziert wäre. Die Senatsverwaltung für Inneres hat aber in Wahrnehmung ihrer beschäftigungspolitischen Verantwortung folgendes Verfahren veranlaßt:

Den Verwaltungen wird die Verwendung ihrer erzielten Personalkostenbeträge freigestellt. Die Mittel können beschäftigungssichernd oder direkt arbeitsmarktwirksam verwendet werden. Die Ausnahme von der Stellenbesetzungs- und Mittelsperre und für die Besetzungspflicht aus dem Personalüberhang gilt im Umfang der eingesparten Personalkosten als erteilt. Die Dienststellen werden über diese Entscheidung umgehend informiert.

9. Ausblick

Über eine Verlängerung der Regelung über den 31. Dezember 1998 hinaus wird der Senat rechtzeitig entscheiden.

Wir bitten, den Beschluß damit als erledigt anzusehen.