Wirtschaftsförderungsprogramme

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat im Februar 1997 den Senat beauftragt, eine Evaluierung der verschiedenen Wirtschaftsförderungsprogramme durchzuführen. Da der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses von Berlin der Vergabe eines entsprechenden externen Gutachtenauftrages nicht zugestimmt hat, wurde die Evaluierung von der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe, Referat für Grundsatzangelegenheiten der Wirtschaftspolitik, durchgeführt.

Ziel der Evaluierung ist, zu prüfen, ob die Notwendigkeit von Veränderungen besteht und gegebenenfalls Anpassungen der Programme durchgeführt werden sollten. Diese Veränderungen können sowohl die Inhalte und Ziele der Förderung als auch die formale Durchführung wie z. B. das Antragsverfahren betreffen.

Insbesondere ist die Frage nach den Opportunitätskosten zu beantworten: gäbe es eine bessere, d. h. effizientere Verwendungsmöglichkeit für die eingesetzten Mittel?

Mit der vorliegenden Evaluierung wird versucht, diesen Fragen nachzugehen und Denkanstöße zu geben. Hierbei werden unmittelbar unternehmensbezogene Förderprogramme berücksichtigt, die noch nicht evaluiert wurden. Programme zur Förderung der Landwirtschaft, der Entwicklungspolitik und der Infrastruktur sowie arbeitsmarktpolitische Programme, die im Zuständigkeitsbereich der Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen liegen, werden nicht erfaßt.

2 Wirtschaftliche und sozialökonomische Ausgangslage

In den Jahren der deutschen Teilung und der künstlichen Insellage des Westteils von Berlin war die Stadt nur durch die finanzielle Unterstützung von außen wirtschaftlich lebensfähig. Alle wirtschaftlichen Aktivitäten wurden subventioniert und der WestBerliner Haushalt bis zu 60 % aus dem Bundeshaushalt finanziert.

Diese Subventionen wurden nach einer kurzen Übergangszeit bis Ende 1994 vollständig abgebaut. Parallel dazu bauten viele Westberliner Unternehmen, die oft nur dank hoher Subventionen wettbewerbsfähig waren, Arbeitsplätze ab oder wanderten ins Umland, wo sie mit niedrigeren Kosten und höheren Förderungen rechnen konnten. Wie überall in Ostdeutschland konnte die Mehrzahl der im Ostteil Berlins ansässigen Betriebe dem Wettbewerbsdruck nicht standhalten und mußte in erheblichem Maße Arbeitsplätze abbauen oder ganz schließen.

Berlin hat so seit 1990 mehr als 250 000 Arbeitsplätze verloren, vorwiegend im verarbeitenden Gewerbe. Nachdem in den Jahren 1994 und 1995 ein jährlicher Rückgang um rund 24 000 Beschäftigte zu registrieren war, hat sich 1996 der Arbeitsplatzabbau in Berlin auf 49 000 Personen verdoppelt und stieg 1997 erneut auf 57 000 an. Dies zeigt, dass der Strukturwandel in Berlin noch nicht abgeschlossen ist und sich sogar in einigen Bereichen noch verstärkt.

Die Arbeitslosenquote steigt in Berlin seit 1991 kontinuierlich an und erreichte im Jahresdurchschnitt 1997 einen Wert von 17,3 %.

Nach der deutschen Wiedervereinigung hatte die Hoffnung bestanden, dass mit dem sich abzeichnenden Bauboom in Berlin auch die Berliner Wirtschaft einen Aufschwung erleben würde.

Die Arbeitsmarkt- und Einkommenseffekte kamen aber nur zu einem geringen Teil der Stadt zugute, weil ein Großteil der Aufträge an auswärtige wettbewerbsfähigere Unternehmen vergeben wurde.

Diese Entwicklungen schlagen sich auch in der Veränderung des Bruttoinlandsproduktes nieder. So ging das BIP im Jahre 1996 in Berlin um 0,3 % zurück (zum Vergleich: Deutschland hatte 1996 eine Zunahme des BIP in Höhe von 1,4 %). 1997 konnte Berlin bereits wieder ein geringes Wirtschaftswachstum in Höhe von 0,7 % verzeichnen. Deutschland hat 1997 dagegen ein Wachstum in Höhe von + 2,2 % erreicht.

Die schwierige Situation auf dem Berliner Arbeitsmarkt führte zu einer Zunahme der Zahl der Sozialhilfeempfänger/innen.

Ende 1997 bezogen über 267 000 Personen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Damit stieg die Zahl der Sozialhilfeempfänger/innen innerhalb eines Jahres um ca. 15,4 % an. Insgesamt waren Ende 1997 rund 7,8 % der Berliner Bevölkerung auf die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Die überdurchschnittlich hohen Berliner Sozialhilfeleistungen belasten den angespannten Berliner Haushalt zusätzlich und schränken die Handlungsfähigkeit der Stadt ein.

Die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ungünstigen Sozialindices Berlins, die im Anhang 1 exemplarisch an der Zahl der Sozialhilfeempfänger, der Alleinerziehenden und der ausländischen Personen verdeutlicht werden, können nur eingeschränkt die tatsächlichen sozialen Probleme einer Stadt widerspiegeln.

Obwohl die Berliner Politik sich bemüht, einheitliche Lebensverhältnisse in allen Berliner Bezirken herzustellen, gibt es zwischen den Bezirken erhebliche Unterschiede. So kommt der von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales herausgegebene Sozialstrukturatlas für Berlin, der 1997 fortgeschrieben wurde, zu dem Ergebnis, dass Bezirke mit einem negativen Sozialindex, d. h. z. B. einer hohen Arbeitslosenquote, einem hohen Anteil von Sozialhilfeempfängern, Alleinerziehenden, einer niedrigen Lebenserwartung und vergleichsweise geringen Einkommen sich vor allem im Zentrum Berlins oder in Zentrumsnähe befinden. So hat Kreuzberg mit 25,5 % im Jahresdurchschnitt 1997 die höchste Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) der Berliner Bezirke. Eine günstige Sozialstruktur findet sich demgegenüber deutlich häufiger in den Berliner Außenbezirken.

Um diesen Strukturwandel zu unterstützen und seine vorübergehend negativen Folgen wie z. B. hohe Arbeitslosigkeit abzufedern, wurde eine Vielzahl von Förderinstrumenten eingesetzt.

Dies war nur Dank der flexiblen und schnellen Unterstützung, die Berlin nach der Wiedervereinigung von der Europäischen Kommission, der Bundesregierung und den anderen deutschen Bundesländern zuteil wurde, möglich. Langsam sind erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung erkennbar. Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass Berlin insbesondere im Dienstleistungsbereich Wachstumschancen hat:

- Seit 1991 sind mehr als 100 000 neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor entstanden, vor allem im Bereich produktionsnaher Dienstleistungen wie technische Beratung, im Softwarebereich und im Kommuniktions- und Mediensektor. Hier liegen auch besondere Zukunftspotentiale.

- Als FuE-Standort gehört Berlin ebenfalls zu den ersten Adressen in Deutschland. Eine große Zahl gut ausgebildeter Absolventen verläßt jedes Jahr die Berliner Hochschulen und steht dem regionalen Arbeitsmarkt zur Verfügung.

- Mit dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten zur Europäischen Union wird Berlin vom Rande Europas ins Zentrum rücken. Berlin wird als „Gateway to the East", als Tor zu den Märkten in Mittel- und Osteuropa, eine wichtige Rolle spielen.

3 Typologie der Berliner Wirtschaftsförderprogramme

Wirtschaftsförderung aus volkswirtschaftlicher Sicht

Die beschriebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen prägten maßgeblich die Ausgestaltung des Wirtschaftsförderinstrumentariums in Berlin. Ziel der Programme war, den Strukturwandel durch die Förderung von Innovationen zu unterstützen und einen zu starken und zu schnellen Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern.

Die staatliche Unterstützung einer bestimmten Gruppe oder Wirtschaftsbranche kann volkswirtschaftlich aus unterschiedlichen Gründen sinnvoll sein. Erstens kann der Staat durch Subvention versuchen, Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen.

Auf Grund der Größe des Marktes (Stichwort: Globalisierung) und der damit verbundenen fehlenden Transparenz und der hohen Informationskosten sind kleine und mittlere Unternehmen sowie Existenzgründer/innen gegenüber Großunternehmen, die die „Economies of scale" (Größenvorteile durch abnehmende Grenzkosten) besser nutzen können, benachteiligt.

Die staatliche Wirtschaftsförderung verfolgt mit der Ausrichtung ihrer Programme an den Bedarfen der KMU aber nicht nur das Ziel des Nachteilausgleichs, sondern unterstützt KMU zum zweiten auch auf Grund ihrer positiven externen Effekte. Existenzgründer/innen und kleine und mittlere Unternehmen sind die Schaffer von Arbeitsplätzen par excellence. Während in der Industrie weiter Arbeitsplätze abgebaut werden, können die KMU einen Zuwachs an Arbeitsplätzen verzeichnen. Außerdem sind es kleine und mittlere Unternehmen, die durch ihre Flexibi lität und Innovationskraft in erheblichem Maße zur wirtschaftlichen Entwicklung der ganzen Region beitragen.

Die Wirtschaftsförderprogramme des Landes Berlin

Die Förderprogramme werden in der von der Investitionsbank Berlin (IBB) in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe herausgegebenen Förderfibel in verschiedene Förderbereiche unterteilt: Existenzgründungen fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe mit der „Meistergründungsprämie", die in diesem Papier evaluiert wird. Außerdem stehen weitere Bundesprogramme zur Verfügung.

Der Bereich Investitions- und Finanzierungshilfen wird mit einer Vielzahl von vor allem Bundesprogrammen gefördert. Mit der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA), an deren Finanzierung Bund und Land jeweils zur Hälfte sowie der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) beteiligt sind, werden neben Infrastrukturmaßnahmen auch gewerbliche Investitionen gefördert. Zur einzelbetrieblichen Erfolgskontrolle im Rahmen der GRW-Förderung hat der Bund-/Länder-Unterausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA) ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieses Gutachtens werden in Kürze vorliegen. Eine Bewertung des Mitteleinsatzes des EFRE im Rahmen des Operationellen Programms Berlin (Ost) 1991 bis 19931 sowie der Zwischenevaluierung der EU-Strukturfondsinterventionen im Land Berlin im Zeitraum 1994 bis 19962 wurde vorgenommen.

Mittel aus dem Berliner Haushalt fließen auch in den in diesem Frühjahr angelaufenen Liquiditätsfonds. Auf Grund der erst begonnenen Förderung kann eine Evaluierung des Programms noch nicht vorgenommen werden. Weitere Förderprogramme wie der Konsolidierungsfonds und der IBB-Zukunftsfonds erhalten keine Berliner Haushaltsmittel. Der Konsolidierungsfonds läuft außerdem aus, deshalb wurde von einer Evaluierung abgesehen. Der IBB-Zukunftsfonds ist erst im Frühjahr 1997 mit dem Ziel ins Leben gerufen worden, die kleinen und mittleren Unternehmen zu stärken.

Im Bereich Umwelttechnologie sind die Umwelt-Förderprogramme (UFP) III und V sowie die Zukunftsinitiative Ökologisches Wirtschaften (ZÖW) zu nennen. Diese Programme werden mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert und regelmäßig entsprechend den Richtlinien der Europäischen Kommission evaluiert. Im Mai 1997 hat die Prognos GmbH Berlin ihre Zwischenbewertung der EU-Strukturfondsinterventionen im Land Berlin im Zeitraum 1994 bis 1996 vorgelegt.

Weiterhin fließen Berliner Haushaltsmittel in Programme zur Förderung von Forschung und Entwicklung. Die Programme

- FuE-Mittelstandsförderprogramm,

- Förderung von F&E-Projekten im Informations- und Kommunikationsbereich,

- Programm zur Förderung der industriellen Technologieentwicklung,

- Innovationsfonds des Landes Berlin,

- Medientechnologieprogramm werden sowohl mit Haushaltsmitteln Berlins als auch mit Mitteln aus dem EFRE finanziert und sind deshalb im Prognos-Gutachten evaluiert worden. Die Ergebnisse dieser Evaluierung sind im Anhang 2 nachzulesen.

1 Prognos: „Evaluierung des Mitteleinsatzes des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen des Operationellen Programms Berlin (Ost) 1991 bis 1993", Berlin, 28. Oktober 1995.

2 Prognos: „Zwischenbewertung der EU-Strukturfondsinterventionen im Land Berlin im Zeitraum 1994 bis 1996 ­ Teil 1: Zwischenbewertung der Interventionen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und fondsübergreifende Bewertung", Berlin, 21. Mai 1997; Ansprechpartner: Dr. Michael Göbel; Dipl.-Volkswirt Bodo Middeldorf.

3 Dieses Programm wurde mit dem Medientechnologieprogramm in dem neuen Programm „Informationsgesellschaft" zusammengefaßt.

Zur Absatzförderung werden die Programme „Förderung von Messebeteiligungen", das in diesem Papier evaluiert wird, und das neu initiierte Programm „Neue Märkte erschließen", das mit EU-Mitteln aus der Gemeinschaftsinitiative KMU gefördert wird, eingesetzt.

Des weiteren sind in der Förderfibel verschiedene Beratungshilfen aufgeführt, die allerdings nicht mit Berliner Landesmitteln unterstützt werden. Bei den „Arbeitsmarktpolitischen Hilfen und Beschäftigungsförderungen" handelt es sich, soweit Landesprogramme erwähnt werden, um Programme, die von der Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen betreut werden und deren Hauptziel die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Qualifizierung ist. Die Förderung der Wirtschaft ist dagegen nur ein indirektes Ziel. Das Programm „Förderung von Schulungsleistungen in kleinen und mittleren Unternehmen als Ergänzung zu den Sachinvestitionen aus der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GA)" ist ein Modellprojekt der GA und wird im Rahmen der GA-Evaluierung untersucht.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die wirtschaftsbezogenen, nicht landwirtschaftlich orientierten Programme bis auf die Meistergründungsprämie und die Förderung von Messebeteiligungen bereits evaluiert wurden oder eine Evaluierung nicht sinnvoll ist, da die Programme entweder auslaufen oder erst vor kurzem gestartet sind, so dass noch nicht genügend Daten für eine ex post-Evaluierung vorliegen. Deshalb beschränkt sich diese Untersuchung auf die Evaluierung der Meistergründungsprämie und die Förderung von Messebeteiligungen.

4 Evaluierung der Meistergründungsprämie

Die Förderung von Existenzgründungen im Handwerk

Im Oktober 1984 hat das Berliner Abgeordnetenhaus den Senat aufgefordert, ein Programm zur Förderung des Strukturwandels im Berliner Handwerk vorzulegen. Einer der Schwerpunkte dieses Programms sollten Erleichterungen für Existenzgründungen von Jungmeisterinnen und -meistern sein. Bereits im November 1984 hat der Berliner Senat ein entsprechendes Programm vorgelegt, das u. a. auch die Einführung einer Meistergründungsprämie vorsah.

Ziel der Meistergründungsprämie war es, Handwerksmeister zu veranlassen, sich unmittelbar nach der Meisterprüfung selbständig zu machen, und ihnen die Existenzgründung durch eine Prämie, die die Eigenkapitalbasis des neuen Unternehmens erhöht, zu erleichtern. Der Förderung von Existenzgründungen wurde vor allem deshalb eine große Bedeutung zugemessen, weil von Gründungen ein erheblicher arbeitsmarktpolitischer Effekt ausgeht. Es wurde damit gerechnet, dass jeder neu gegründete Handwerksbetrieb im Durchschnitt 4,5 neue Arbeitsplätze schafft.

Die Meistergründungsprämie betrug 20 000 DM und wurde denjenigen Meistern gezahlt, die innerhalb eines Jahres nach Ablegung der Meisterprüfung in ihrem Handwerk eine Existenz gründeten, die mindestens drei Jahre Bestand hat und in der mindestens ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer für die Dauer von 12 Monaten beschäftigt wird. Diese Existenzförderung wurde ab dem 1. Januar 1985 gewährt und war bis einschließlich 1987 befristet. Über die Weiterführung des Programms sollte nach einer Evaluierung entschieden werden.

Im November 1986 regte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seinem Gutachten „Förderung von Innovationen und Arbeitsplätzen im Rahmen der Berliner Strukturprogramme" an, die Prämie Ende 1987 auslaufen zu lassen, da es zu erheblichen Mitnahmeeffekten käme. Außerdem sei eine ausreichende Förderung durch ERP-Darlehen sichergestellt, so dass in einigen Fällen sogar eine „Überfinanzierung" festzustellen gewesen sei.

Bei der Beurteilung des DIW-Gutachtens muss jedoch berücksichtigt werden, dass Aussagen zur Wirksamkeit des Programms so kurze Zeit nach Programmbeginn kaum möglich sein dürften.

Des weiteren bestanden erhebliche Zweifel an der Repräsentativität der Befragung, da nur 7 Handwerksmeister befragt wurden, obwohl allein im Jahre 1985 97 Existenzgründungen mit der Meistergründungsprämie gefördert wurden.

Die Handwerkskammer Berlin führte im Januar 1988 ebenfalls eine Erfolgskontrolle durch. In ihre Befragung bezog sie alle Antragsteller des Jahres 1985 ein, die die Meistergründungsprämie erhalten hatten. Die Rücklaufquote war mit über 85 % sehr hoch.

Durch die Auswertung der Fragebögen kam die Handwerkskammer Berlin zu folgenden Ergebnissen:

- Wenn es die Meistergründungsprämie nicht gegeben hätte, wäre in 80 % der Fälle eine Existenzgründung später, überhaupt nicht oder in geringerem Umfang erfolgt.

- Die Gruppe der Befragten, die ohne Meistergründungsprämie entweder nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt gegründet hätten, habe zusätzlich zu ihren eigenen Arbeitsplätzen 150 weitere Arbeitsplätze geschaffen.

- Insgesamt hätten die sich an der Befragung beteiligenden Meisterinnen und Meister 388 Arbeitsplätze (einschließlich ihrer eigenen) geschaffen. Im Durchschnitt sei jeder Arbeitsplatz mit 3 865,98 DM durch die Meistergründungsprämie gefördert worden.

Mit Auslaufen der Förderung Anfang 1988 war ein deutlicher Rückgang der Existenzgründungen im Handwerk zu verzeichnen.

Während im 1. Quartal 1987 noch 354 Existenzgründungen (Betriebsneugründungen und Betriebsübernahmen) im Vollhandwerk verzeichnet werden konnten, sank diese Zahl im ersten Quartal 1988 deutlich auf 282, also um rund 20 %. Vor diesem Hintergrund wurde die Förderung Anfang 1989 wieder aufgenommen. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden Übergangsvorschriften für Handwerksmeister aus dem Beitrittsgebiet erlassen, die am 1. Januar 1992 in Kraft traten. Vom November 1992 an wurden vorübergehend (bis Ende 1994) auch die Meister der volkseigenen Industrie in die Förderung einbezogen.

Seit 1997 wird die Meistergründungsprämie mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative KMU kofinanziert. Insgesamt stellt die Europäische Kommission in der laufenden Förderperiode (1995­1999) Mittel in Höhe von 2,842 Millionen ECU bereit. Dies entspricht einer Förderung in Höhe von jährlich rund 1,8 Mio. DM von 1997 bis 1999. Für das Ziel-1-Gebiet (Ostteil Berlins) stehen ca. 1,0 Mio. DM und für das Ziel-2-Gebiet (Westteil Berlins) ca. 0,8 Mio. DM jährlich zur Verfügung. In den östlichen Bezirken Berlins beträgt der Beteiligungssatz des EFRE 50 % und in den westlichen Bezirken 30 %. Diese Gemeinschaftsmittel werden mit nationalen Mitteln in Höhe von rund 2,8 Mio. DM kofinanziert, so dass im Jahr rund 4,6 Mio. DM zur Verfügung stehen. Damit sind ca. 239 Förderungen im Jahr möglich.

Die Förderrichtlinien der Meistergründungsprämie wurden seit Initiierung des Programms nur geringfügig an die neue wirtschaftliche Entwicklung angepaßt. So wurde z. B. der Berechtigtenkreis erweitert, indem der Zeitraum verlängert wurde, innerhalb dessen sich die Meisterin bzw. der Meister nach Ablegung der Meisterprüfung selbständig machen muß. Damit kann die Meisterin bzw. der Meister vor dem Schritt in die Selbständigkeit noch bis zu drei Jahren Erfahrungen im Beruf sammeln, vorher betrug die Frist ein Jahr. Die neuesten Richtlinien vom 27. Februar 1998 sind in der Anlage 3 beigefügt.

Die Bedeutung des Handwerks für die Berliner Wirtschaft

Die Meistergründungsprämie ist das einzige handwerksspezifische Förderprogramm des Landes Berlin. Ihre Aufgabe ist es, das Berliner Handwerk zu stärken, indem Existenzgründungen in diesem Bereich gefördert werden. Dieser Entscheidung liegt die Annahme zugrunde, dass das Handwerk für die Berliner Wirtschaft insgesamt eine besondere Bedeutung hat.

Das Berliner Handwerk ist einer der wichtigsten Arbeitgeber in Berlin. Es beschäftigte Ende 1997 knapp 243 000 Personen, das waren fast doppelt so viele wie in der Industrie. Von 1990 bis 1997 sind im Berliner Handwerk ca. 37 300 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen worden, während in der Industrie rund 130 000

Arbeitsplätze verloren gingen.

Auch als Ausbilder hat das Handwerk eine große Bedeutung.

1997 waren in Berlin insgesamt knapp 23 000 Auszubildende im Handwerk beschäftigt, das entpricht einer Zunahme der Anzahl der Ausbildungsverhältnisse von 1990 bis 1997 um 9 000. Der Anteil weiblicher Auszubildender lag 1997 allerdings nur bei knapp 25 %.

In den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen der beruflichen Selbständigkeit eher ungünstig entwickelt.

Schwierigkeiten machen vor allem die Zunahme der Vorschriften sowie die hohen Steuersätze und die Lohnnebenkosten. Darüber hinaus macht vielen Handwerksbetrieben die Konkurrenz aus den Ländern in Mittel- und Osteuropa zu schaffen.

Andererseits haben sich auch die Erwartungen der Kundinnen und Kunden gewandelt. Das Qualitätsbewußtsein ist gestiegen, und es werden höhere Anforderungen an den Service gestellt.

Immer häufiger wünschen die Kunden maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand.

Eine weitere Herausforderung, der sich die Handwerksbetriebe stellen müssen, ist der anstehende Generationswechsel in vielen Betrieben. Rund 43 % der rund 10 000 Betriebsinhaber des Berliner Vollhandwerks sind älter als 55 Jahre. Viele von ihnen scheiden in absehbarer Zeit aus, so dass geeignete Nachfolger gefunden werden müssen. In den kommenden fünf Jahren stellt sich die Nachfolgefrage für etwa 4 500 Handwerksbetriebe mit mindestens 50 000 Arbeitnehmern.

Außenwirtschaftlich hat das deutsche Handwerk nur eine geringe Bedeutung. Von den rund 560 000 Betrieben des Vollhandwerks verzeichneten im Jahre 1994 lediglich 17 600 (3,1 %) Exportaktivitäten. Vom gesamten Umsatz des Handwerks in Höhe von 800 Mrd. DM entfielen gerade einmal 14 Mrd. DM auf Exporte, das entspricht einer Exportquote von 1,8 % (Berlin 1,2 %). Die Exportquote des Handwerks ist generell gering; in Berlin liegt sie jedoch mit 2,5 % noch unter dem Bundesdurchschnitt.

Evaluierung der Meistergründungsprämie

Förderbedingungen Zielgruppe: Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister, die sich innerhalb von drei Jahren nach Ablegung der Meisterprüfung selbständig machen wollen.

Konditionen: Es wird eine einmalige Prämie von 20 000 DM gezahlt. Die Gewährung der Prämie ist an folgende Bedingungen geknüpft:

- Der Meisterbetrieb muss mindestens drei Jahre bestehen;

- die Existenzgründerin bzw. der Existenzgründer darf keine weiteren Einkünfte aus unselbständiger Arbeit oder aus einer weiteren selbständigen Tätigkeit haben;

- es muss mindestens ein/e zusätzliche/r sozialversicherungspflichtige/r Arbeitnehmer/in für die Dauer von mindestens 12 Monaten beschäftigt werden.

Programmabwicklung: Die Antragstellung erfolgt über die Handwerkskammer Berlin, die die Erfüllung der Förderbedingungen prüft und die Anträge mit Votum an die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe weiterleitet, die dann abschließend entscheidet.

Der/Die Handwerksmeister/in hat die Erfüllung der Förderbedingungen nachzuweisen. Sollte ihr/ihm dies nicht möglich sein, weil z. B. kein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer eingestellt wurde, ist die Prämie zurückzuzahlen.

Die Prämie in Höhe von 20 000 DM entspricht in der Regel dem von den Geschäftsbanken zumeist geforderten Eigenanteil von 20 % bei einem durchschnittlich erforderlichen Gründungskapital von ca. 100 000 DM. Außerdem wurde berücksichtigt, daß unbeschadet des seit ca. anderthalb Jahren (allerdings überwiegend als Darlehen) gewährten Meister-BAföG ­ sonstige Eigenmittel und Ersparnisse der Jungmeisterinnen und -meister regelmäßig durch Vorbereitungskurse, Prüfungsgebühren und Lebensunterhalt während der Vorbereitung und Ablegung der Meisterprüfung aufgebraucht sind.

Dabei unterscheidet die Meisterprüfung als generelle Berufszugangsvoraussetzung das Handwerk von nahezu allen übrigen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft, bei denen die Begrün4 Die Förderrichtlinien sind in der Anlage 3 beigefügt.