Er kann im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften im begründeten Einzelfall Einrichtungen in denen Tiere gehalten werden

Er wird unterrichtet und angehört zu Tierschutzproblemen im Land Berlin, unterbreitet Vorschläge zur Verbesserung des Tierschutzes in Berlin und berät die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales im Falle von Beschwerden von Bürgern über Verstöße gegen das Tierschutzrecht.

- Er kann im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften im begründeten Einzelfall Einrichtungen, in denen Tiere gehalten werden, besichtigen.

- Zu den Aufgaben des Beirates gehört nicht die der Kommission nach § 15 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes ­ Tierversuchskommission ­ obliegende Mitwirkung an der Genehmigung von Tierversuchsvorhaben.

Gemäß o. g. Anordnung soll der Beirat wie folgt zusammengesetzt sein:

- vier auf Grund von Vorschlägen aus Berliner Tierschutzorganisationen ausgewählten Mitgliedern,

- vier auf Grund von Vorschlägen von wissenschaftlichen Einrichtungen in Berlin ausgewählten Mitgliedern sowie

- einem auf Grund von Vorschlägen der Tierärztekammer

­ Ausschuß für Tierschutz ­ ausgewähltem Mitglied.

Der Beirat wählt gemäß seiner Geschäftsordnung aus seiner Mitte für die Dauer der Amtszeit einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden.

Die laufenden Geschäfte des Beirates werden von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales geführt.

Bis zu seinem geschlossenen Rücktritt setzte sich der Beirat wie folgt zusammen:

- Prof. Dr. N.-C. Juhr (Leiter des Institutes für Tierschutz, Tierverhalten und Labortierkunde, Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin) ­ Vorsitz ­

- Christiane Bernhardt (Tierversuchsgegner Berlin e. V.) ­ stellvertretender Vorsitz ­

- Dr. Thomas Göbel (Klinik und Poliklinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin)

- Prof. Dr. Peter Horst (Institut für Grundlagen der Nutztierwissenschaften, Fachbereich Agrar- und Gartenbauwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin)

- Prof. Dr. Heinz Klös (ehem. Direktor des Zoologischen Gartens Berlin)

- Dr. Klaus Lüdcke (Präsident der Tierärztekammer Berlin)

- Prof. Dr. Heidemarie Klingbeil (Tierschutzverein für Berlin und Umg. e. V.)

- Prof. Dr. Scharmann (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz)

- Volker Wenk (Geschäftsführer des Tierschutzvereins für Berlin und Umg. e. V.)

Bei den in den Jahren 1996 und 1997 durchgeführten Sitzungen des Beirates für Tierschutz wurden folgende Schwerpunkte beraten:

- Aufnahme des Tierschutzes in die Grundlagenverträge der EU

Der Beirat für Tierschutz spricht sich für die Aufnahme des Tierschutzes in die Grundlagenverträge der EU aus.

- Kastration von Hunden zur Vermeidung der Überpopulation

Auf Grund der ständig steigenden Zahl streunender Hunde in Berlin hält der Beirat für Tierschutz eine Änderung des Tierschutzgesetzes dahingehend für erforderlich, dass die Kastration von Hunden zur Verhinderung einer unkontrollierten Fortpflanzung zukünftig möglich ist. Damit wäre eine Einpassung an das Europäische Heimtierübereinkommen vollzogen.

- Katzenhaltung in Laubenkolonien

Der Beirat spricht sich gegen das in der Satzung des Kleingärtnerverbandes festgeschriebene Katzenhaltungsverbot auf Laubengrundstücken aus.

- Auffangstationen

Der Beirat für Tierschutz setzt sich für den Bau einer Auffangstation für exotische Tiere ein und empfiehlt dem Senat, die institutionellen, finanziellen und personellen Voraussetzungen zum Bau einer Auffangstation zu schaffen.

- Affenhaltung am Institut für Physiologie der Freien Universität Berlin

Der Beirat für Tierschutz nimmt den Bericht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über die Affenhaltung am Physiologischen Institut der Freien Universität Berlin zustimmend zur Kenntnis. Er bittet den Senat darauf hinzuwirken, dass die Anzahl der gehaltenen Affen mittelfristig auf das für Forschungszwecke notwendige Maß reduziert wird, indem z. B. Tiere an den Zoologischen Garten abgegebenen werden.

- Vergabe von Zirkusplätzen

Der Beirat für Tierschutz nimmt das von den Ländern Berlin und Brandenburg gemeinsam erarbeitete Erlaubnisformular für Zirkusbetriebe und das Verfahren zum Informationsaustausch zwischen den Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämtern dieser Bundesländer zur Kenntnis.

- Jagdzeiten-Verordnung

Der Beirat für Tierschutz äußert sich kritisch zu den in der Jagdzeiten-Verordnung vorgesehenen Schonzeitenverkürzungen für bestimmte Wildtiere. Diese Meinung wurde auch gegenüber dem Jagdbeirat vertreten.

- Subventionen für Lebendschlachttiertransporte

Der Beirat für Tierschutz bittet den Senat auf Bundes- und EU-Ebene alle Möglichkeiten auszuschöpfen, dass EU-Regelungen erlassen werden, die die EU-Subventionen für Lebendschlachttiertransporte abschaffen.

- Föhnbox-Automat für Hunde

Der Beirat für Tierschutz hat auf Grund einer Anfrage aus einem Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt ein Gutachten für den Einsatz eines sog. Föhnbox-Automaten für Hunde erarbeitet. Danach ist der Einsatz solcher Geräte aus Tierschutzgründen nicht empfehlenswert, da den Hunden bei ihrer Anwendung Leiden zugefügt werden.

Im Beirat für Tierschutz wurden außerdem folgende Punkte angesprochen:

- Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien,

- Taubenpille,

- Töten von in Wildschweingehegen gehaltenen Wildschweinen,

- Kamelrennen auf der Galopprennbahn Hoppegarten (Land Brandenburg)

- Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen über das Halten gefährlicher Hunde in Berlin

Die Stellungnahmen des Beirates waren für die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in vielen Fällen eine wichtige Grundlage für die Bewertung spezieller Tierschutzfragen. Außerdem wurden Forderungen des Beirates zu in der Entwicklung befindlichen Rechtsvorschriften des Bundes von unserer Verwaltung bei Beratungen in den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Gremien des Bundes und der Länder sowie im Bundesrat eingebracht bzw. berücksichtigt.

Trotz der aus Sicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales erfolgreichen Arbeit des Beirats erklärte dieser am 7. November 1997 seinen geschlossenen Rücktritt. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass der Tierschutz im Land Berlin durch die Neugliederung der Verwaltung (siehe I. 6.), entgegen der Auffassung des Senats, abgewertet wird, da vor allem im Bereich der Genehmigung und Überwachung von Tierversuchen erhebliche Defizite zu erwarten wären. Diese Bedenken fanden bei Verabschiedung des der Neuorganisation zu Grunde liegenden Gesetzes durch das Abgeordnetenhaus insofern Berücksichtigung, als der Senat verpflichtet wurde, 4 Monate nach Neugliederung der Verwaltung dem Abgeordnetenhaus u. a. darüber zu berichten, welche Auswirkungen die Verlagerung der genannten Aufgaben auf diesen Bereich des Tierschutzes hat.

II. Landwirtschaftliche Nutztiere

1. Einleitung

Es steht außer Frage, dass Tiere zum Nutzen oder als Begleiter des Menschen gehalten werden dürfen. Dabei ist es selbstverständlich, dass Tiere so zu halten sind, dass sie ihre Bedürfnisse, insbesondere ihr Bewegungs- oder Beschäftigungsbedürfnis, befriedigen können; sie müssen artgemäß ernährt, angemessen gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden.

Da auch in der Großstadt Berlin noch ca. 37 700 landwirtschaftliche Nutztiere (Rinder, Schweine, Pferde, Schafe, Ziegen, Geflügel) gehalten werden (Viehzählung vom 3. Dezember 1996), spielt das Problem der Haltung dieser Tiere auch in Berlin eine nicht zu unterschätzende Rolle. Allerdings nimmt die Zahl landwirtschaftlicher Nutztiere in den letzten Jahren kontinuierlich ab.

Sie lag im Jahr 1994 noch bei ca. 51 873 Tieren.

2. Rechtsvorschriften

Europarat

Das Europäische Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen zielt auf eine europaweite Harmonisierung der Tierschutzbestimmungen hinsichtlich Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten, Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Übereinkommen bereits 1978 ratifiziert (Gesetz vom 25. Januar 1978, BGBl. 1978 II S. 113).

Da die Bestimmungen dieses völkerrechtlichen Vertrages relativ allgemein gehalten sind, ist im Rahmen des Übereinkommens ein Ständiger Ausschuß eingerichtet worden, dem die Ausarbeitung von detaillierten Empfehlungen an die Vertragsparteien obliegt.

Empfehlungen sind bislang für die Haltung von Legehennen, Schweinen, Rindern, Pelztieren, Schafen und Ziegen verabschiedet worden. An Empfehlungen für die Haltung von Mastgeflügel wird derzeit gearbeitet.

Die Empfehlungen müssen von den Vertragsparteien des Übereinkommens durch Rechtssetzung oder Verwaltungspraxis

­ hierzu gehören auch Beratungsempfehlungen ­ umgesetzt werden.

Europäische Union

Im November 1991 hat der Ministerrat der Europäischen Union je eine Richtlinie über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern und Schweinen verabschiedet (Richtlinien 91/629/EWG und 91/630/EWG). Die Haltung von Legehennen regelt die Richtlinie 88/166/EWG des Rates zur Festsetzung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in Käfigbatteriehaltung.

Die von der Bundesregierung angestrebte EU-weite möglichst einheitliche Umsetzung der unter 2.1 genannten Europaratsempfehlungen in Form einer Richtlinie über die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere ist im Berichtszeitraum nicht weiter verfolgt worden. Seit Ende der deutschen Ratspräsidentschaft wurde dieser sehr allgemein gehaltene Richtlinienvorschlag nicht mehr weiterentwickelt.

Bundesrepublik Deutschland § 2 des Tierschutzgesetzes, die zentrale nationale Vorschrift für Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren, bestimmt in Übereinstimmung mit dem erweiterten Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungskonzept folgendes: „Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,

2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden."

Die Grundsätze des § 2 des Tierschutzgesetzes muss jeder Tierhalter erfüllen. Dabei kann ein Verstoß gegen diese Grundsätze geahndet werden, ohne dass es des Erlasses besonderer Durchführungsverordnungen bedarf. Es ist jedoch in einzelnen Bereichen notwendig, bestimmte Mindestvoraussetzungen, deren Einhaltung für den Schutz der Tiere unverzichtbar sind, sowie Anforderungen, die für das Wohlbefinden bestimmter Nutztierkategorien wesentlich sind, näher zu regeln. Dem wurde bereits in einigen Bereichen (Legehennen, Schweine, Kälber) durch Erlaß von speziellen Rechtsvorschriften Rechnung getragen.

Weitergehende Forderungen, wie zum Beispiel ein Zulassungsoder Bewilligungsverfahren für neue Nutztierhaltungssysteme, wie es in der Schweiz vorgeschrieben ist und praktiziert wird, wurden im Gegensatz zur Auffassung des Landes Berlin bislang von der Bundesregierung abgelehnt. Auf Antrag des Bundesrates war die Aufnahme einer Regelung über solche Zulassungsverfahren in die Novelle des Tierschutzgesetzes einer der Punkte, über die im Vermittlungsausschuß zwischen Bundestag und Bundesrat (siehe unter I. 4) beraten wurde.

Für die Einführung solcher Zulassungs- oder Bewilligungsverfahren spricht besonders, dass die tierschutzgerechte Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere das Ergebnis der Erfüllung technischer Voraussetzungen, der Handhabung des Haltungssystems sowie der sachkundigen Betreuung der Tiere ist. Daher kann durch die Einführung einer Zulassungspflicht für Haltungssysteme eine entscheidende Voraussetzung für eine tierschutzgerechte Haltung erzielt werden. Allerdings bestehen EG-rechtlich wegen der Eingriffe in den freien Wettbewerb erhebliche Bedenken. Das Zulassungsverfahren könnte dazu mißbraucht werden, den Markt gegen gebietsfremde Anbieter abzugrenzen.

Auf Grund der Richtlinie 91/630/EWG des Rates über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen muss die Altersgrenze für das betäubungslose Kastrieren männlicher Schweine auf vier Wochen herabgesetzt werden. Die notwendige Anpassung an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts sieht der Ende Dezember 1997 in den Vermittlungsausschuß gegangene Gesetzentwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes vor. Eine entsprechende Regelung ist auch für das betäubungslose Kastrieren männlicher Rinder, Schafe und Ziegen vorgesehen.

In den vergangenen Jahren ist in Berlin eine Zunahme der Anzahl von Fleischereien zu registrieren, in denen nur noch Produkte aus Tierhaltungen des ökologischen Landbaus verkauft werden. Die Landwirte dieser Tierhaltungen sind z. B. dem Projekt „Neuland" angeschlossen. Damit haben sie sich verpflichtet, ihre Tiere über die rechtlichen Vorgaben hinaus art- und verhaltensgerecht sowie umweltfreundlich zu halten. Dieses Projekt wird durch aktive Verbraucherinformation des Tierschutzvereins für Berlin unterstützt. So konnte die Anzahl derartiger Fleischereibetriebe im Berichtszeitraum auf 14 erhöht werden. Damit ist Berlin die Stadt in Deutschland, in der es die höchste Zahl an Fleischereien gibt, die ausschließlich Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren verkaufen. In einer Metropole wie Berlin ist ein relativ großer Teil der Verbraucher bereit, tierfreundliche Haltungsbedingungen über den Kauf solcher Erzeugnisse zu honorieren. Damit werden nicht zu unterschätzende Impulse für die Weiterentwicklung des Tierschutzes vor allem auch außerhalb unserer Stadt gegeben.