Vergabemaßnahmen im Rahmen der Beschäftigungsförderung nach dem Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG)

„Der Senat von Berlin wird aufgefordert, bis zum 31. Dezember 1997 über die Maßnahmen zu berichten, wie der im neuen AFRG enthaltenen Zielsetzung eines Vorranges von Vergabemaßnahmen im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Berlin Rechnung getragen werden kann. Der Bericht soll insbesondere Aufschluß darüber geben, inwieweit die Einrichtung eines treuhänderisch zu bewirtschaftenden Fonds eine bezirks- und senatsressortübergreifende finanzielle und administrative Umsetzung derartiger Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erleichtern kann.

Dabei ist die Beschäftigung von Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitslosen sicherzustellen."

Hierzu wird berichtet:

Die Einrichtung eines treuhänderisch bewirtschafteten Fonds ist auf Grund der derzeitigen Haushaltssituation und der Konsolidisierungsnotwendigkeiten gegenwärtig nicht möglich. Eine haushaltsübergreifende Bewirtschaftung eines treuhänderisch bewirtschafteten Förderfonds würde eine zu große Einschränkung der finanzpolitischen Handlungsfähigkeit zukünftiger Haushaltsjahre bedeuten.

Der bisherige Handlungsrahmen und die erzielten Förderergebnisse werden nachstehend beschrieben:

1. Arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen nach altem AFGRecht

Die nach altem Recht des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) mögliche, aber sehr komplizierte Förderung von Vergabemaßnahmen an Wirtschaftsunternehmen ist bundesweit kaum genutzt worden. Im Regelfall wurden Regiemaßnahmen der Länder und Gemeinden oder der Freien Träger gefördert.

Eine Ausnahme bildeten seit Mitte 1993 diejenigen Maßnahmen der produktiven Arbeitsförderung (MpA) nach § 249 h AFG, die auf Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen der neuen Bundesländer und Berlins mit der Treuhandanstalt (THA) sowie deren Rechtsnachfolgern (BvS, TLG, BMGB) komplementär finanziert wurden. Ferner wurde unter Förderung der Senatsverwaltungen für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen sowie Bauen, Wohnen und Verkehr ein Vergabe-Projekt der allgemeinen Arbeitsbeschaffung (ABM) zur energetischen Sanierung und Modernisierung im Bereich der staatlich geförderten Wohnungswirtschaft und des Gebäudebestandes der Bezirke realisiert (KEBAB).

2. Bisherige Ergebnisse der Förderung von Vergabemaßnahmen 1993 bis 1998

Auf der Basis der mit der ehemaligen THA sowie deren Rechtsnachfolgern getroffenen Verwaltungsvereinbarungen sowie der ARP-geförderten sogenannten Landesmaßnahmen wurden in Berlin seit der Jahresmitte 1993 Vergabemaßnahmen der produktiven Arbeitsförderung sowie der allgemeinen Arbeitsbeschaffung nach dem AFG realisiert. Hiermit wurden knapp 8 000

Arbeitslose gefördert, wobei die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung im Durchschnitt mit 20 TDM pro Förderfall beteiligt war.

Die Gesamtkosten betrugen 493 Mio. DM. In diese Gesamtfinanzierung sind Mittel der Bundesanstalt für Arbeit (BA) mit durchschnittlich 23 TDM pro Förderfall sowie Eigenmittel der Projektträger in unterschiedlicher Höhe sowie Drittmittel eingebracht worden. Zu den Drittmitteln gehören beispielsweise Bundesmittel der Denkmalspflege, Mittel der Städtebauförderung sowie Fördermittel aus sogenannten Sozialplanfonds (z. B. DWAFonds, Förderwerk Chemie) der ehemaligen THA oder deren Rechtsnachfolgern.

Die Palette der geförderten Maßnahmefelder der beschäftigungswirksamen Vergabemaßnahmen reicht von Sanierungs- und Rückbaumaßnahmen auf nicht mehr betriebsnotwendigen Industrie- und Gewerbegrundstücken über Maßnahmen der sozialen städtebaulichen Erneuerung sowie der Denkmalspflege bis zu Renaturierungsprojekten des Garten- und Landschaftsbaus. Als Beispiele für Vergabemaßnahmen außerhalb von Bauleistungen werden benannt:

- Rekonstruktion historischer Schiffe der Berliner Stadtgeschichte,

- Maßnahmen zur Erstellung von Straßenzustandskatastern für die Tiefbauämter der Bezirke,

- Maßnahmen zur Erfassung von Liegenschaften im Landeseigentum in Verbindung mit der Vermögensaktivierung,

- Maßnahmen zur Aufarbeitung von Patientenakten der ehemaligen Betriebspolikliniken für die Gesundheitsämter der Bezirke sowie

- Transportmaßnahmen der Binnenschiffahrt zur Ver- und Entsorgung innerstädtischer Großbaustellen in Berlin (z. B. Hauptstadtausbau, Baumaßnahmen in innerstädtischen Entwicklungsgebieten).

Im Haushalt 1998 der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr sollen 25 Mio. DM der für die Stadterneuerung vorgesehenen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen bei der Vergabe von Aufträgen so eingesetzt werden, dass nach dem SGB III förderungsfähige Arbeitnehmer/-innen beschäftigt werden.

Die dadurch erhaltenen Zuschüsse der Bundesanstalt für Arbeit mindern nicht die Höhe der sich nach den Förderrichtlinien ergebenden Landesförderung. Die Mittel werden u. a. im Rahmen der Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Wohngebäuden ­ Kapitel 1290, Titel 663 56 und 893 56 ­ bereitgestellt.

Es ist geplant, ein Programmvolumen von

- ca. 15 Mio. DM für Projekte „Soziale Stadterneuerung" sowie

- ca. 10 Mio. DM für Projekte „Qualifizierung und Beschäftigung" einzusetzen.

Die endgültige Aufteilung dieses Programmvolumens hängt davon ab,

a) ob ausreichend viele Bauherren bereit sind, die zu fördernden Baumaßnahmen unter Einsatz von ABM-Kräften durchzuführen und

b) ob die Arbeitsämter den Einsatz von Mitteln nach dem Arbeitsförderungsgesetz für diese Projekte bewilligen.

3. Bisheriger Handlungsrahmen für die Umsetzung der beschäftigungswirksamen Vergabemaßnahmen im Land Berlin

Seit Jahresbeginn 1994 erfolgt die Umsetzung der beschäftigungswirksamen Vergabemaßnahmen auf Grundlage gesonderter, mit den zuständigen Stellen des Bundes und der Europäischen Gemeinschaft abgestimmten Verfahrensgrundsätzen, dargelegt in den „Controlling- und Vergabehandbüchern für beschäftigungswirksame Maßnahmen".

Bis 31. Dezember 1994 wurde das gesamte Vergabe- und Controllingverfahren dieser Maßnahmen allein durch die THA durchgeführt, ab 1995 führte die BvS das Verfahren nur noch im Organisations- und Eigentumsbereich der BvS fort.

Zum 1. April 1995 beauftragte das Land Berlin gemeinsam mit der THA einen Treuhänder zur Entwicklung und Umsetzung eines Fonds zur beschäftigungswirksamen Investitionsvergabe.

Die Durchführung des Förderungs-, Vergabe- und Controllingsverfahrens erfolgt auf der Grundlage eines Controlling- und Vergabehandbuches des Landes Berlin nach den Vorschriften der

a) Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB),

b) Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) sowie

c) Honorarordnung für Architekten u. Ingenieure (HOAI).

Unter Berücksichtigung der besonderen förderungsrechtlichen Bestimmungen des AFG zum Einsatz der vom Arbeitsamt zugewiesenen Beschäftigten wird den geförderten Projektträgern sowie den auftragnehmenden Wirtschaftsunternehmen in der Ausschreibung und in den Verdingungsunterlagen die Orientierung an entsprechenden mit den Gewerkschaften und der Bundesanstalt für Arbeit (BA) abgestimmten gesonderten Sanierungstarifverträgen und Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung vorgegeben.

4. Arbeitsmarktpolitischer Handlungsrahmen nach Inkrafttreten der Regelungen des Arbeitsförderungsreformgesetzes (AFRG) zum 1. April 1997

Durch die zum 1. April 1997 eingetretenen Rechtsänderungen in der Arbeitsförderung des Bundes (AFRG) ist der Vorrang der Vergabe der geförderten Arbeiten durch den Projektträger (Auftraggeber) zur Ausführung an Wirtschaftsunternehmen für ABM sowie MpA im gewerblichen Bereich gesetzlich stärker betont worden. Ausnahmen von dieser Vorrangregelung dürfen durch die BA nur dann zugelassen werden, wenn

- die landesrechtlich zuständige Behörde sowie der zuständige Fachverband zuvor beteiligt worden sind und

- die Vergabe der Arbeiten nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist.

In keinem Fall darf der Träger die Maßnahme in eigener Regie durchführen, wenn in einem entsprechenden Wirtschaftszweig und dem regional betroffenen Arbeitsmarkt die Zahl der geförderten Beschäftigten in ABM und MpA im Vergleich zur Zahl der nichtgeförderten Arbeitnehmer/-innen unverhältnismäßig hoch ist.

Der bisher erlaubte Anteil der Qualifizierung an der geförderten Arbeitszeit in Höhe von 10 % beziehungsweise 20 % ist ausgeweitet und die Möglichkeit eines betrieblichen Praktikums neu eingeführt worden. Zusammen dürfen die Anteile der beruflichen Qualifizierung sowohl in ABM als auch in MpA bis zu 50 % betragen. Inwieweit sich dieser zeitliche Umfang bei Vergaben an Wirtschaftsunternehmen verwirklichen läßt, bleibt abzuwarten.

Bei den Maßnahmen der produktiven Arbeitsförderung können künftig auch Projekte in die Förderung der BA einbezogen werden, die der Personalanpassung von Wirtschaftsunternehmen dienen und an deren Gesamtfinanzierung sich das betroffene Unternehmen in nicht unerheblichem Umfang beteiligt. Für diese Projekte gelten die rechtlichen Zuweisungsbeschränkungen der förderungsfähigen Zielgruppen des Arbeitsmarktes (z. B. Langzeitarbeitslose) nicht.

Ab 1. Januar 1998 werden MpA als Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM) von den Arbeitsämtern eingerichtet.

5. Umbau der Arbeitsmarktförderung im gewerblichen Bereich

Die Ausrichtung auf Vergabemaßnahmen im gewerblichen Bereich orientiert sich an folgenden Leitgedanken:

- Die Fördermittel der BA müssen als Bestandteil der Gesamtfinanzierung der beschäftigungswirksamen Vergabemaßnahmen geplant und eingesetzt werden.

- Die beschäftigungswirksame Vergabe von Aufträgen stabilisiert den Auftragsbestand der regionalen Wirtschaft.

- Durch die beschäftigungswirksame Auftragsvergabe sollen investive und wertschöpfende Vorhaben zur Verbesserung der wirtschaftsnahen und kommunalen Infrastruktur, der baulichen Unterhaltung, der städtebaulichen Erneuerung, der Wohnumfeldverbesserung, des städtebaulichen Denkmalschutzes sowie des Umweltschutzes unmittelbar arbeitsmarktentlastend gestaltet werden.

- Die Gesamtfinanzierung der beschäftigungswirksamen Vergabemaßnahmen soll über den Weg der ressortübergreifenden Bündelung der Komplementärförderung zu den AFG/ SGB III-Mitteln erfolgen.

Eine Möglichkeit zur Umsetzung dieser Leitgedanken wäre, vergabefähige Beschäftigungsmaßnahmen haushaltsjahrübergreifend oder mindestens haushaltsjährlich im voraus durch eine ressortübergreifende Planung unter Mitwirkung der zu beteiligenden Hauptund Bezirksverwaltungen zu bestimmen.

6. Vorstellung zur Bildung eines arbeitsmarktwirksamen Förderfonds zur haushaltsjahrübergreifenden Förderung beschäftigungswirksamer Vergabemaßnahmen

Weil die Einrichtung eines treuhänderisch bewirtschafteten Fonds aus haushaltspolitischer Sicht gegenwärtig nicht realisierbar ist, werden vorstellbare Fondsbereiche nachfolgend nur kurz skizziert.

Aus heutiger Sicht wären folgende Fondsbereiche vorstellbar:

Arbeitsmarktwirksamer Förderfonds für beschäftigungswirksame Vergabemaßnahmen Vorstellbar wäre die Bündelung beschäftigungswirksamer Vergabemaßnahmen der Haupt- und Bezirksverwaltungen sowie Anstalten und Körperschaften des Landes Berlin auf Grundlage einer gemeinsamen Fördervereinbarung. Es müßte hierdurch versucht werden, eine komplementäre Finanzierung beschäftigungswirksamer Vergabemaßnahmen von ABM beziehungsweise MpA/SAM zu erreichen.

Arbeitsmarktwirksamer Hauptstadtentwicklungsfonds

Die Zielstellung für einen derartigen Fonds wären die Förderung beschäftigungswirksamer Vergabemaßnahmen in Verbindung mit Investitionsvorhaben des Bundes zur Hauptstadtfinanzierung. Zur konkreten Durchführung beschäftigungswirksamer Vergabemaßnahmen von ABM beziehungsweise MpA/SAM müßten Verwaltungsvereinbarungen des Landes Berlin mit den zuständigen Stellen des Bundes abgeschlossen werden.

7. Förderfallzahlen

Für diese Vorstellungen lassen sich keine konkreten Förderfallzahlen beziffern. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass bereits zum momentanen Zeitpunkt im Rahmen von beschäftigungswirksamen Vergabemaßnahmen von ABM beziehungsweise MpA/SAM im Land Berlin rund 2000 Personen beschäftigt werden. Die Finanzierung erfolgt aus dem Kapitel 1800, Titel 684 17 ­ Zuschüsse an freie Träger für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ­ veranschlagten Ausgaben.

8. Frauenanteil

Der Frauenanteil an den Maßnahmen ist stark vom Charakter der Maßnahmen abhängig. Insgesamt beträgt er derzeit nicht mehr als 15 bis 20 %.

Während in den Maßnahmen im sozialen Bereich beziehungsweise in Maßnahmen mit Erfassungs- und Registraturaufgaben etwa 50 % Frauen beschäftigt werden, sind in den noch vorherrschenden Demontage- und Sanierungsmaßnahmen auf Grund der Schwere der Arbeit kaum Frauen beschäftigt.

Da jedoch die Erfahrungen aus frauenspezifischen Modellprojekten im gewerblich technischen Bereich zeigen, dass Frauen sowohl ein Interesse als auch die Fähigkeiten besitzen, in diesen Berufsfeldern zu arbeiten, muss es in Zukunft darum gehen, den Frauenanteil gerade in diesem Bereich zu erhöhen.

Der Senat wird mittels der beschäftigungswirksamen Vergabe Infrastrukturaufgaben und wertsteigernde Tätigkeiten für Berlin weiterhin unterstützen und damit Berliner Arbeitslosen neue Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen.

Wir bitten, den Beschluß damit als erledigt anzusehen.