Zu T 354 Die sogenannte Pietätsfrist wurde auf drei Monate

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

Die in der Veranlagungsstelle überprüften Erbfälle sind durchschnittlich zehn Monate nicht bearbeitet worden, obwohl das Finanzamt in der Hälfte dieser Fälle die Erbschaftsteuer ohne größere Sachverhaltsaufklärung hätte festsetzen können. Dies muss zudem vor dem Hintergrund gesehen werden, dass bereits bei der Erbfall- und Listenstelle nicht unerhebliche Bearbeitungspausen verfahrensbedingt die Steuerfestsetzung hinauszögern. Die Dienstkräfte berücksichtigen hier auf Grund einer amtsinternen Arbeitsanweisung bei allen Fällen eine sogenannte Pietätsfrist. Danach sind die Erbschaftsteuererklärungsformulare erst vier Monate nach dem Todestag des Erblassers an die Erben zu übersenden. Die Einhaltung einer solchen Frist ist nicht gerechtfertigt. Das Finanzamt sollte deshalb hierauf künftig verzichten und die amtsinterne Arbeitsanweisung entsprechend abändern. Im übrigen hätte die Arbeitsanweisung andere vorbereitende Tätigkeiten, wie beispielsweise Vermögensanfragen beim Wohnsitzfinanzamt des Erblassers, Rückfragen bei Banken oder Abgabe des Vorgangs an die Veranlagungsstelle wegen einer zu erwartenden hohen Steuerforderung, nicht ausgeschlossen. Dennoch haben die Dienstkräfte den Fall bisher frühestens nach Ablauf der Pietätsfrist zum ersten Mal bearbeitet. Soweit in dieser Zeit den einzelnen Fall betreffende Mitteilungen eingegangen sind, haben sie diese in der Regel lediglich den übrigen bereits vorhandenen Unterlagen zugeordnet. Diese Handhabung und die ungerechtfertigten Bearbeitungspausen haben bei den überprüften Fällen dazu geführt, dass zwischen dem Todestag des Erblassers bis zum Erlaß eines Steuerbescheides durchschnittlich 14 Monate vergangen sind. Das Finanzamt hätte den Bearbeitungsbeginn zumindest von der Größenordnung des Nachlasses abhängig machen müssen. Obwohl bei den Schenkungsfällen eine Pietätsfrist nicht zu beachten ist, sind hier bei den untersuchten Fällen seit dem Zeitpunkt des Eingangs des Schenkungsvertrages beim Finanzamt sogar durchschnittlich 18 Monate vergangen, bis die Dienstkräfte die Steuer festgesetzt haben.

Zu T 354:

Die sogenannte Pietätsfrist wurde auf drei Monate verkürzt.

Davon unabhängig wurde das Finanzamt angewiesen, gewichtige Fälle bereits vor Ablauf der Pietätsfrist zu bearbeiten.

Diese unzureichende Bearbeitung hat beim Land Berlin durch vorzeitige Kreditaufnahme zu vermeidbaren Zinsbelastungen geführt. Die verzögerte Steuerfestsetzung kann aber auch die Realisierung der Steueransprüche wegen eines möglichen zwischenzeitlichen Verbrauchs des Erwerbs gefährden.

Dies muss und kann vermieden werden. Die im Mai/Juni 1997 durchgeführte Veranlagungsaktion hat gezeigt, dass das Finanzamt in kurzer Zeit Steuerbeträge von insgesamt 56 Mio. DM festsetzen konnte. Daraus ergibt sich, dass viele Steuererklärungen ohne weitere Sachverhaltsaufklärung abschließend bearbeitet werden können.

Zu T 355:

Es handelt sich um eine Sachverhaltsdarstellung, zu der eine Stellungnahme nicht erforderlich ist.

Die IT-Unterstützung der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamts ist derzeit noch unzureichend. Eine effektive und rationelle Arbeitserledigung ist so zur Zeit nicht möglich. Zwar steht seit Anfang 1996 ein automatisiertes Verfahren zur Festsetzung der Erbschaftsteuer zur Verfügung, die Änderungen des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts durch die Jahressteuergesetze 1996 und 1997 waren aber zum Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof noch nicht in das Programm eingearbeitet. Die Dienstkräfte müssen daher die diese Zeiträume betreffenden Steuerbescheide nach wie vor handschriftlich erstellen. Es ist nicht vertretbar, dass die Dienstkräfte weiterhin einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit auf rein manuelle Tätigkeiten verwenden müssen. Ändert sich beispielsweise der Nachlaßwert in einem Erbfall mit fünf Erben, so muss die Dienstkraft derzeit handschriftlich fünf Änderungsbescheide fertigen. Dies erklärt wohl auch die gegenwärtige Praxis, einen Steuerbescheid erst nach Klärung des letzten womöglich noch so geringfügigen Teilproblems zu erlassen, da die Dienstkraft sich auf diese Art erhebliche Mehrarbeit erspart. Der finanzielle Schaden, der bei unnötig späten Steuerfestsetzungen eintritt, wird dabei nicht beachtet.

Dieses Problem würde sich beispielsweise durch eine punktuelle maschinelle Änderung in Form der Einzelwerteingabe lösen lassen. Die maschinelle Einzelwerteingabe ist ein in den Finanzämtern bei den anderen Steuerarten schon seit langem angewandtes und erprobtes Verfahren. Auch die Oberfinanzdirektion ist auf Grund ihrer im April 1997 durchgeführten

Zu T 356:

Die IT-Unterstützung der Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerstelle wird als eine bedeutende und dringliche Voraussetzung für die effektivere und rationellere Aufgabenerledigung angesehen.

Programmerweiterungen im Festsetzungsverfahren zur Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung des neuen Rechts und zur Änderung der Steuerfestsetzungen durch Einzelwerteingabe wurden im August 1997 freigegeben.

Bei personell ermittelter Steuerberechnung ist eine Verfahrenserweiterung zur Erstellung maschineller Bescheide (mit Abrechnung und Leistungsgebot) seit Mai 1998 im Einsatz.

Die Ausstattung der Arbeitsplätze im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerbereich mit PC ist abgeschlossen.

Die Dienstkräfte werden seit Juli 1998 für die Arbeit an den PC geschult.

Seit II/1998 ist das Bearbeitereingabeverfahren VERBIS (Veranlagung am Bildschirm) für die Festsetzung der Erbschaftsteuer im Einsatz. Damit werden die Bearbeitungszeiten verkürzt, weil die für die Festsetzung der Erbschaftsteuer erforderlichen Werte unmittelbar am PC eingegeben werden.

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

Organisations- und Fachgeschäftsprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die maschinelle Unterstützung der Erbschaftund Schenkungsteuerstelle vorangetrieben werden muß. Sie plant, noch 1997 diese Abteilung zu vernetzen und die programmtechnischen Voraussetzungen für ein maschinelles Abrechnungsverfahren bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu schaffen.

Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht waren die Arbeitsergebnisse der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle mängelbehaftet. Im Rahmen anhängiger Rechtsbehelfsverfahren haben die Dienstkräfte der Veranlagungsstelle die Vollziehung der Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide teilweise zu Unrecht ausgesetzt; hierdurch konnte das Finanzamt allein bei den überprüften Fällen Steuern von 3 Mio. DM nicht vereinnahmen. Bei den überprüften Fällen ist zudem die Bearbeitung der Rechtsbehelfsverfahren ohne nachvollziehbare Gründe für durchschnittlich drei Jahre unterbrochen worden. Indem das Finanzamt Hinweismitteilungen nicht ausgewertet hat, hat es allein bei den überprüften Fällen auf die Festsetzung von 78 000 DM Aussetzungszinsen verzichtet.

Zu T 357:

Die Listen zur Aussetzung der Vollziehung wurden durch das Finanzamt und im November 1997 durch die OFD Berlin dahingehend überprüft, ob die Aussetzungen weiterhin berechtigt sind.

Das Finanzamt wurde nochmals auf die einschlägigen Weisungen zur Bearbeitung und Überwachung der Listen hingewiesen.

Den vom Rechnungshof unterbreiteten Vorschlag, die Erledigung der maschinell erstellten Hinweismitteilungen (betr. Aussetzungszinsen) anhand von Prüflisten durch die Sachgebietsleiter überwachen zu lassen, hat die Verwaltung aufgegriffen. Die OFD Berlin arbeitet an der technischen und organisatorischen Umsetzung.

Zu den Aufgaben der Sachgebietsleiter gehört es nach der Dienstanweisung für neuorganisierte Finanzämter in Berlin, sicherzustellen, dass gesetzliche Vorschriften richtig angewendet werden, dass rationell gearbeitet wird und dass Termine eingehalten werden. Die Sachgebietsleiter sollen sich dabei ständig über die Arbeitsmenge und Arbeitsqualität informieren. Aufgetretene Mängel sollten sie abstellen. Die Sachgebietsleiter der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle sind ihrer Aufsichts- und Kontrollpflicht jedoch nicht im gebotenen Maße nachgekommen. So hätten sie ­ wie im Fall der zu Unrecht erfolgten Aussetzungen ­ beispielsweise allein durch die regelmäßige aufmerksame Durchsicht der Arbeitslisten Mängel rechtzeitig erkennen und ihnen frühzeitig begegnen können. Die Sachgebietsleiter haben aber auch nur unzulänglich den Fehlentwicklungen der Arbeitssituation entgegengewirkt. Ein Sachgebietsleiter hat so erst viel zu spät auf den längeren krankheitsbedingten Ausfall bei einem Arbeitsplatz der Erbfall- und Listenstelle reagiert und für Abhilfe gesorgt.

Durch Mißachtung der bestehenden Vertretungsregelungen ist bei diesem Platz die Bearbeitung eines überwiegenden Teils der Fälle für ein Jahr unterblieben.

Zu T 358:

Durch die geänderte Struktur der Erbschaftsteuerstelle ist eine ordnungsgemäße Vertretungsregelung zwischen den einzelnen Dienstkräften sichergestellt.

Der Rechnungshof hält es für dringend geboten, die Dienstund Fachaufsicht im Finanzamt zu verbessern. Dies ist schon deswegen unumgänglich, weil die Sachgebietsleiter der Veranlagungsstelle während der Prüfung überwiegend erklärt haben, dass sie keinen Überblick über die Anzahl und den Bearbeitungsstand der von den einzelnen Dienstkräften zu bearbeitenden Fälle haben.

Zu T 359:

Durch die von der Verwaltung ergriffenen Maßnahmen wird auch die Dienst- und Fachaufsicht im Finanzamt verstärkt.

Bei beiden Teilarbeitsgebieten der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle treten teilweise Doppelarbeiten dadurch auf, daß sowohl bei der Erbfall- und Listenstelle als auch bei der Veranlagungsstelle die Fälle auf Steuerfreiheit und Steuerpflicht geprüft werden (T 350). Das erschwert zusätzlich die kurzfristige Reduzierung der unerledigten Fälle. Organisatorische Maßnahmen ­ wie beispielsweise die Zusammenführung der beiden Arbeitsgebiete ­ sind zur Steigerung des Erledigungsstandes und für eine effiziente Arbeitsweise dringend erforderlich. Eine Neustrukturierung der gesamten Abteilung und eine Straffung der Verfahrensabläufe sind insbesondere in Anbetracht der personellen Ausstattung, die bei Umsetzung der Personalbedarfsberechnung auf den 1. Januar 1996 für die Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle zu verringern ist, unerläßlich. Die Oberfinanzdirektion hat bei ihrer im April 1997 durchgeführten Organisations- und Fachgeschäftsprüfung die Umorganisation der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle ebenfalls für notwendig erachtet. Sie hat sich allerdings darauf beschränkt, das Finanzamt aufzufordern, kurzfristig entsprechende Vorschläge zur räumlichen und personellen Umsetzung zu unterbreiten. Der Rechnungshof hätte es begrüßt, wenn die Oberfinanzdirektion zur Arbeitsentlastung des Finanzamts und in Wahrnehmung ihrer Dienst- und Fachaufsicht zu einer zweckmäßigen Neustrukturierung beigetragen hätte.

Zu T 360 und 361:

Hierzu wird auf die Ausführungen zu Tzn 350 ff. Bezug genommen.

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

Die Durchführung von Fachgeschäftsprüfungen bei den Finanzämtern ist ein wichtiges Instrument im Rahmen der der Oberfinanzdirektion obliegenden Dienst- und Fachaufsicht. Die Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle war bereits 1995 Gegenstand einer solchen Prüfung. Trotz der dabei festgestellten Bearbeitungsrückstände, deren Abbau nach Ansicht der Oberfinanzdirektion von den vorhandenen Dienstkräften erst innerhalb von ein bis eineinhalb Jahren zu bewerkstelligen sein sollte, hatte die Oberfinanzdirektion zum damaligen Zeitpunkt keinen Anlaß für eine umfassende Neuorganisation der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle gesehen. Sie hat es als ausreichend erachtet, einen zusätzlichen Arbeitsplatz in der Erbfall- und Listenstelle einzurichten. Bereits im Juni 1997 räumte sie aber gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen ein, dass sich anhand der vierteljährlich von der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle zu erstellenden Arbeitsstandstatistiken seit Anfang 1996 wieder ein erhebliches Anwachsen der Arbeitsrückstände ablesen läßt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Oberfinanzdirektion trotz der sich seit 1995 abzeichnenden Mängel nicht frühzeitig hinreichende Maßnahmen ergriffen hat, um die zeitgerechte Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sicherzustellen. Dadurch ist ein Schaden in beträchtlicher Höhe entstanden.

Es wäre auch Aufgabe der Oberfinanzdirektion gewesen, das Finanzamt beizeiten anzuweisen, zumindest die Fälle mit hohen Nachlaßwerten zügig zu bearbeiten. Das Finanzamt hätte beispielsweise anhand der vorliegenden Mitteilungen der Versicherungen und Banken leicht die Bedeutung einzelner Vorgänge und damit die voraussichtliche Größenordnung des jeweiligen Nachlaß- oder Schenkungswertes erkennen und sein Handeln entsprechend ausrichten können. Die beträchtlichen finanziellen Nachteile für das Land Berlin hätten sich durch sachbezogene und problemorientierte Anordnungen vermeiden oder zumindest deutlich reduzieren lassen. Der Rechnungshof erwartet, dass zur Sicherung des Aufkommens an Erbschaft- und Schenkungsteuer eine der Handhabung bei der Körperschaftsteuer vergleichbare Anweisung erlassen wird, nach der die Steuerfälle, bei denen hohe Nachzahlungsbeträge zu erwarten sind, bevorzugt zu veranlagen sind. Hierbei dürfen weniger bedeutsame Fälle allerdings nicht vernachlässigt werden.

Zu T 362:

Die Verwaltung hat die Feststellungen des Rechnungshofs aufgegriffen und Regelungen zur Bearbeitung der Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerfälle in Form einer Arbeitsanweisung mit Bearbeitungshinweisen und Vereinfachungsregelungen getroffen. Die mit dieser Arbeitsanweisung eingeführte „Prioritätenliste" stellt sicher, dass gewichtige Fälle mit hohen Steuerzahlungen vorrangig bearbeitet werden. Die Bearbeitung dieser Fälle wird durch die Sachgebietsleiter überwacht.

Die Oberfinanzdirektion hat erste Maßnahmen zur Abhilfe der bestehenden Mißstände ergriffen. Der Schriftwechsel mit der Verwaltung ist noch nicht abgeschlossen.

Zu T 363:

Die Feststellungen des Rechnungshofs resultieren aus dem Jahre 1997. Der Prüfungsbericht lag im November 1997 vor.

(3) Ineffiziente Beitreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen im Wege der Amtshilfe durch die Finanzämter

Die Finanzämter vollstrecken Forderungen auf Grund von Amtshilfeersuchen nicht zeitnah und nur wenig erfolgreich. Ohne grundlegende Änderung der Verfahrensabläufe drohen dem Land Berlin erhebliche finanzielle Verluste. Der Rechnungshof hält es für unerläßlich, insbesondere die IT-Unterstützung deutlich zu verbessern.

Der Vollstreckungsstelle des Wohnsitzfinanzamts obliegt neben der Beitreibung der Steuerrückstände, die bei seiner Finanzkasse zum Soll stehen (eigene Steuerrückstände), auch die Vollstreckung in bewegliche Sachen und Wertpapiere durch den Vollstreckungsaußendienst in den Fällen, in denen die Steuerrückstände einem anderen als dem Wohnsitzfinanzamt zuzurechnen sind. Außerdem treiben die Berliner Wohnsitzfinanzämter ­ anders als die Finanzämter in den meisten anderen Bundesländern ­ auch nichtsteuerliche öffentlich-rechtliche Ansprüche anderer Behörden bei, wenn diese nicht über eine eigene Vollstreckungsstelle verfügen und die Vollstreckungsschuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht freiwillig nachkommen. Die örtlich unzuständigen Finanzämter und die anderen Behörden richten ein sogenanntes Amtshilfeersuchen an das jeweilige Wohnsitzfinanzamt, um es mit der Beitreibung der Rückstände zu beauftragen.

Zu T 364 bis 367:

Es handelt sich um eine Sachverhaltsdarstellung, zu der eine Stellungnahme nicht erforderlich ist.