Sozialhilfe

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

Anlage Stellungnahme der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zu dem Jahresbericht 1998 des Rechnungshofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie der Haushaltsrechnung 1996

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

5. Gesundheit und Soziales

a) Entgangene Einnahmen und ungerechtfertigte höhere Ausgaben bei den Leistungen der Altenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz

Der Rechnungshof hat in ausgewählten Bezirken die Einnahmen und Ausgaben der Altenhilfe geprüft. Nach § 75 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) soll alten Menschen außer der Hilfe nach den übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes Altenhilfe gewährt werden, um Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und um alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Zu den im Gesetz beispielhaft aufgeführten Maßnahmen gehören Hilfen zur Beschaffung einer altersgerechten Wohnung oder eines Heimplatzes, zur Inanspruchnahme altersgerechter Dienste und zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung, der Bildung oder den kulturellen Bedürfnissen alter Menschen dienen.

Zu T 222:

Die Sachdarstellung bedarf keiner Stellungnahme.

Die Ausgestaltung der Altenhilfe als ergänzende Hilfeart und als Soll-Vorschrift ohne konkrete Festlegung von Leistungsansprüchen ermöglicht es den Bezirksämtern, die Höhe der Ausgaben zu beeinflussen. Der Rechnungshof hat deshalb auch untersucht, ob die geprüften Bezirksämter die Maßnahmen der Altenhilfe mit Rücksicht auf die Haushaltslage Berlins (T 23, 28, 31) eingeschränkt oder durch Erhebung von angemessenen Kostenbeiträgen haushaltsentlastend umgestaltet haben. Als Ergebnis ist festzustellen, dass die überwiegende Zahl der Bezirksämter zwar die Ausgaben vermindert, andererseits aber eine Reihe von Bezirksämtern vor allem im Ostteil Berlins die Ausgaben so erheblich gesteigert hat, daß im Vergleich der Jahre 1993 und 1996 insgesamt keine wesentliche Änderung der Ausgaben zu verzeichnen ist. Tendenziell wird an der langjährigen Verwaltungspraxis im Seniorenbereich trotz der Haushaltslage Berlins unverändert festgehalten.

Zu T 223:

Die Gewährung von Altenhilfe nach § 75 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ist im Land Berlin eine Bezirksaufgabe ohne Fachaufsicht. Bei der Umsetzung von § 75 BSHG sind die Bezirksämter allein an die gesetzlichen Vorgaben gebunden, da nach dem Außerkrafttreten der genannten Ausführungsvorschriften zum 31. Dezember 1995 verbindliche Vorgaben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales nicht mehr existieren.

Nach einer von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales durchgeführten Umfrage bei den Abteilungen für Sozialwesen der Bezirksämter sind die jeweiligen Haushaltsansätze für 1997 ausnahmslos gesenkt bzw. nicht erhöht worden.

Ferner wurde von Bezirken auch darauf verwiesen, dass der Globalsummenhaushalt ihnen die Möglichkeit gibt, politische Prioritäten zu setzen und dementsprechend bestimmte Aufgaben intensiver wahrgenommen werden können als andere.

Ein Beispiel hierfür sind die Erholungsreisen für ältere Bürger mit geringem Einkommen. Einem Vorschlag der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, die entsprechenden Ausführungsvorschriften, die am 31. Dezember 1995 außer Kraft getreten waren, aus Gründen der Haushaltskonsolidierung nicht mehr neu zu erlassen, stimmten die Bezirksstadträte für den Geschäftsbereich Soziales in ihrer Sitzung am 10. Mai 1996 zwar einvernehmlich zu. Ungeachtet dessen haben 1996 fast alle der geprüften Bezirksämter weiterhin Ausgaben von insgesamt 400 000 DM für solche Erholungsreisen geleistet. Auf Vorhalt des Rechnungshofs haben vier dieser Bezirksämter erklärt, von 1997 an auf diese Reisen verzichten zu wollen, jedoch haben nur drei von ihnen sich daran gehalten.

Zu T 224:

Ein Bezirksamt war auf Grund vertraglicher Bindungen gehalten, auch noch 1997 Reisen durchzuführen, diese wurden jedoch im laufenden Haushaltsjahr eingestellt.

Für die Teilnahme an kulturellen und sonstigen Veranstaltungen sowie an Ausflügen haben die Bezirksämter fast durchweg keine kostendeckenden Entgelte erhoben, sondern Ermäßigungen von 50 v. H. und mehr eingeräumt oder auf Entgelte ganz verzichtet. Zum Teil sind von ihnen beschaffte Eintrittskarten für Theater- und andere Aufführungen erheblich verbilligt abgegeben worden, obwohl bereits der Veranstalter einen Seniorenrabatt eingeräumt hatte. Nach § 75 Abs. 4 BSHG soll Altenhilfe zwar ohne Rücksicht auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen gewährt werden. Dies gilt nach dem Gesetz aber nur, „soweit im Einzelfall persönliche Hilfe erforderlich ist". Die persönliche Hilfe umfaßt nach § 8 Abs. 2 BSHG die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und in sonstigen sozialen Angelegenheiten wie z. B. bei der Beschaffung einer Seniorenwohnung oder der Unterbringung in einem Heim. Für andere Hilfen, wie denen zur Teilnahme an Veranstaltungen und Ausflügen, ist nach § 79 BSHG im Einzelfall zu prüfen, ob dem Hilfesuchenden und seinem Ehegatten die Aufbringung der Mittel wegen geringen Einkommens nicht zuzumuten ist. Dies kann ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand dadurch geschehen, dass künftig ErmäßiZu T 225:

Der Begriff der persönlichen Hilfe wird aus Sicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zu eng und damit im Ergebnis unzutreffend ausgelegt. Nach Ansicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ergibt sich aus dem Wortlaut von § 8 Abs. 2 BSHG eindeutig, dass die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und sonstigen sozialen Angelegenheiten zwar zur Leistungsform der persönlichen Hilfe gehört, aber nur ein Teil hiervon ist.

Die persönliche Hilfe geht weiter als die Beratung und hat als umfassende und gezielte Betreuungsleistung eine besondere Bedeutung in der Sozialhilfe. Hier ist insbesondere auch der Kommentar von Schellhorn zu § 8 BSHG, Randnotiz Nr. 16 sowie von Mergler und Zink zu § 8 BSHG, Randnotiz Nr. 14 anzuführen. § 11 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) I regelt dazu, dass die persönliche Hilfe zu den Dienstleistungen des Sozialhilfeträgers als Leistungsträger gehört, so auch ausgeführt im Kommentar von Mergler und Zink zu § 8 BSHG, Randnotiz Nr. 13.

In Abgrenzung zur Sachleistung ist bei der persönlichen Hilfe entscheidend, dass hier die Betreuungsmaßnahme im Vordergrund steht. Dabei wird persönliche Hilfe nicht dadurch Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats gungen nur noch bei amtsbekannter Hilfsbedürftigkeit, wie laufendem Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt, Anspruch auf Brennstoffhilfe, Telefonhilfe usw., gewährt werden. Der Rechnungshof schätzt, dass die geprüften Bezirksämter durch vom Gesetz nicht abgedeckte Entgeltverzichte Einnahmen von 500 000 DM nicht erhoben haben. Dies verstößt gegen das Gebot der vollständigen Einnahmeerhebung gemäß § 34 Abs. 1 LHO. ausgeschlossen, dass für sie gewisse Geldaufwendungen notwendig sind. Der Kommentar von Schellhorn zu § 75 BSHG Randnotiz Nr. 23 nennt hier beispielhaft die kostenlose Abgabe von Kaffee und Kuchen bei einem Altennachmittag.

Die vom Rechnungshof genannten kulturellen und sonstigen Veranstaltungen (z. B. gesellige Zusammenkünfte, Organisation von Interessengruppen, Bewegungsangebote), fallen danach unter die persönliche Hilfe nach § 75 Abs. 4 BSHG, weil sie Betreuungsangebote in diesem Sinne sind.

Nach dem Außerkrafttreten der AV können die Bezirke die Mittel in eigener Verantwortung bewirtschaften. Die einschlägigen Vorschriften ­ insbesondere die der Landeshaushaltsordnung (LHO) ­ sind dabei zu beachten.

In einigen Bezirksämtern sind noch immer Dienstkräfte damit beschäftigt, Reisen und Tagesfahrten für Senioren selbst zu organisieren, obwohl der Rechnungshof dies wiederholt beanstandet hatte. Zum Teil unternehmen die Dienstkräfte dabei sogar Dienstreisen, um geeignete Urlaubsquartiere oder Tagesfahrtziele zu erkunden. Im übrigen bereiten sie den Abschluß von Verträgen mit Hotels, Gastwirten und Busunternehmen vor. Allein ein Bezirksamt führte 1996 in den Monaten April, Mai und August mindestens 31 selbstorganisierte Bustagesfahrten für Senioren durch. Der Rechnungshof hat schon mehrfach ­ auch im Bereich der Jugendförderung ­ darauf hingewiesen, dass es auch angesichts der Haushaltslage nicht Aufgabe des Staates sein kann, mit im übrigen dafür nicht ausgebildetem Personal als Reiseveranstalter aufzutreten. Abgesehen von dem Haftungsrisiko als Veranstalter ist es finanziell nicht vertretbar Dienstkräfte der BesGr. A 10 oder der VGr. V c mit solchen verwaltungsfremden Aufgaben zu beschäftigen. Der Rechnungshof schätzt, daß bei einer Aufgabe der Reiseveranstaltertätigkeit Personalkosten-Einsparungen von jährlich mehr als 300 000 DM erzielt werden könnten. Da es auch für den Seniorenbereich eine ausreichende Anzahl gewerblicher Veranstalter von Reisen und Tagesfahrten gibt, ist das Angebot insoweit auch sichergestellt.

Zu T 226 bis T 227:

Die Vorbereitung und Durchführung der Altenhilfe als Bezirksaufgabe ohne Fachaufsicht fällt unter die Personal- und Organisationshoheit der Bezirksämter von Berlin. Der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales stehen keine Befugnisse zu, in Personal- und Organisationsfragen auf die Bezirksämter regelnd Einfluß zu nehmen.

Einsparungen könnten auch erzielt werden, wenn bei Ausflügen und Veranstaltungen im Rahmen der Altenhilfe die Zahl der hieran teilnehmenden Dienstkräfte auf das unerläßliche Maß reduziert werden würde. Als nicht angemessen hat der Rechnungshof z. B. beanstandet, dass eine (nicht etwa aus Behinderten bestehende) Seniorengruppe, die mit einem gemieteten Bus zu einem festlichen Abendessen und zum anschließenden Besuch einer Revue im Friedrichstadtpalast befördert wurde, von dem Bezirksstadtrat und der zuständigen Amtsleiterin sowie einem Gruppenleiter begleitet wurden. Während die Teilnehmer mit fast kostendeckendem Entgelt von 128,00 DM zur Finanzierung dieser Veranstaltung beitrugen, wurden die anteiligen Kosten für die drei Leitungskräfte ebenso aus Altenhilfemitteln gezahlt wie ein vom Bezirksstadtrat gegebenes Trinkgeld von 150,00 DM. Auf die Beanstandung des Rechnungshofs hat der Bezirksstadtrat nachträglich eine Spende in Höhe seines Teilnehmeranteils an den Bezirkshaushalt geleistet.

Die geprüften Bezirksämter haben für die Durchführung von Ausflügen und für sonstige Veranstaltungen über viele Jahre hinweg immer wieder dieselben Unternehmen herangezogen, ohne durch vorherige Ausschreibung der Leistungen oder wenigstens durch Einholung von Vergleichsangeboten den preisgünstigsten Anbieter solcher Leistungen im Wettbewerb zu ermitteln. Gründe hierfür waren nicht aktenkundig. Die Bezirksämter haben damit gegen § 55 LHO und die Ausführungsvorschriften zu dieser Gesetzesnorm verstoßen, wonach dem Abschluß von Verträgen über Lieferungen und Leistungen grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung, bei Leistungen bis zu 50 000 DM eine beschränkte Ausschreibung vorausgehen muss und selbst bei freihändiger Vergabe mehrere Angebote einzuholen sind. Ein anderer häufig anzutreffender haushaltsrechtlicher Verstoß war die Bewirtschaftung von Mitteln außerhalb des Haushalts. Einnahmen aus EinZu T 228:

Die Darstellung geltenden Rechts bedarf keiner Stellungnahme. Der Auffassung des Rechnungshofs wird gefolgt.