Gesetz über den Freiwilligen Polizeidienst (FPDG)

Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1:

Aufgabenbereich:

(1) Der Freiwillige Polizeidienst hat die Aufgabe, die Polizei bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu unterstützen und zu entlasten.

(2) Der Freiwillige Polizeidienst kann eingesetzt werden

1. zur Sicherung und zum Schutz von Gebäuden und öffentlichen Anlagen,

2. zur Unterstützung im Rahmen der Überwachung des Straßenverkehrs,

3. zur Unterstützung des polizeilichen Streifendienstes,

4. zum Streifendienst in Grün- und Erholungsanlagen, Wälder und auf Friedhöfen,

5. zur Unterstützung der Polizei bei öffentlichen Veranstaltungen,

6. als Kurier- und Transportdienst

§ 2:

Einrichtung und Heranziehung:

(1) Der Freiwillige Polizeidienst wird beim Polizeipräsidenten in Berlin eingerichtet. Die Heranziehung zur Dienstleistung erfolgt durch die Direktionen, bei Großeinsätzen durch das Landesschutzpolizeiamt und die Heranziehung zur Aus- und Fortbildung durch die Landespolizeischule.

(2) Die Heranziehung zur Dienstleistung erfolgt innerhalb arbeitsfreier Zeiten nach vorheriger freiwilliger Meldung.

(3) Die Heranziehung zur Ausbildung erfolgt in einem 14-tägigen Grundlehrgang, dem sich jährlich ein mehrtägiger Fortbildungslehrgang anschließt.

§ 3:

Übertragung von Befugnissen Polizeiliche Befugnisse können den Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes durch Rechtsverordnung nach § 5 Abs. 3 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin nur übertragen werden, soweit dies zur Erfüllung der in § 1 bezeichneten Aufgaben erforderlich ist.

§ 4:

Anforderungen:

(1) In den Freiwilligen Polizeidienst können Personen aufgenommen werden, die

1. volljährig sind und das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,

2. Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft erkennen lassen und einen guten Leumund besitzen,

3. den Anforderungen des Außendienstes gesundheitlich gewachsen sind,

4. eine abgeschlossene Schul- und/oder Berufsausbildung nachweisen können,

5. sich zur freiwilligen Übernahme der polizeilichen Aufgaben nach § 1 bereit erklären.

(2) Eine Aufnahme in den Freiwilligen Polizeidienst ist nicht zulässig, wenn

1. begründete Zweifel daran bestehen, dass der Bewerber auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin steht,

2. der Bewerber Beziehungen zu Organisationen unterhält, die von ihren Anhängern unbedingten Gehorsam verlangen und deshalb den Betroffenen in Konflikt mit seiner Verschwiegenheitspflicht bringen können,

3. der Bewerber innerhalb der letzten 5 Jahre wegen einer versuchten oder vollendeten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist, bei der ein Beamtenverhältnis in entsprechender Anwendung des § 83 des Landesbeamtengesetzes geendet hätte,

4. sonstige Erkenntnisse vorliegen, auf Grund derer im Hinblick auf die Aufgabe des Freiwilligen Polizeidienstes Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Bewerbers bestehen.

§ 5:

Rechtsstellung und Pflichten:

(1) Mit der Aufnahme in den Freiwilligen Polizeidienst wird ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis besonderer Art zum Land Berlin begründet. Für die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes finden die §§ 18 (Pflichten gegenüber der Allgemeinheit), 21 (Befolgung dienstlicher Anordnungen), 22 (Verantwortlichkeit), 26 (Amtsverschwiegenheit), 27 (Aussagegenehmigung), 41 (Haftung), 42 (Fürsorge und Schutz), 103 (Pflichten der Polizeivollzugsbeamten) und 110 Abs. 2 (Unfallfürsorge) des Landesbeamtengesetzes entsprechende Anwendung.

(2) Die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes sind verpflichtet,

1. der Heranziehung zur Dienstleistung oder zur Aus- und Fortbildung Folge zu leisten,

2. die Anordnung der Beamten des Polizeivollzugsdienstes zu befolgen,

3. die ihnen anvertraute Dienstkleidung und Ausrüstung pfleglich zu behandeln und nur zu dienstlichen Zwecken zu benutzen.

§ 6:

Ersatzleistungen und Entschädigung:

(1) Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes erhalten auf Antrag Ersatz für

1. Sachschäden, die sie erlitten haben, soweit sie nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben,

2. Verdienstausfall bei Einkünften aus einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Einkommenssteuergesetzes während einer Heranziehung zur Aus- und Fortbildung.

(2) Bei einer Heranziehung nach vorheriger freiwilliger Meldung zur Dienstleistung innerhalb arbeitsfreier Zeiten erhält der Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes auf Antrag eine Entschädigung für den Zeitaufwand. Das gleiche gilt für den innerhalb arbeitsfreier Zeiten erbrachten Zeitaufwand für sich anschließende Ordnungswidrigkeitenverfahren.

§ 7:

Freistellung und Erstattungspflicht bei Arbeitnehmern im Rahmen der Aus- und Fortbildung:

(1) Soll ein als Arbeitnehmer beschäftigter zur Aus- und Fortbildung herangezogen werden, so hat der Polizeipräsident in Berlin den Arbeitgeber unverzüglich von der beabsichtigten Heranziehung des Arbeitnehmers zu unterrichten. Unabhängig davon ist auch der Arbeitnehmer zur Unterrichtung verpflichtet. Der Bescheid über die Heranziehung soll dem Angehörigen des FPD mindestens zwei Wochen vor der Heranziehung zugehen.

(2) Wird ein Angehöriger des Freiwilligen Polizeidienstes zur Aus- und Fortbildung herangezogen, ist der hierfür ohne Einkommensminderung und ohne Anrechnung auf den tariflichen oder gesetzlichen Urlaub freizustellen.

(3) Dem Arbeitgeber werden die von ihm den Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes für die Dauer der Aus- und Fortbildung gewährten Leistungen sowie die Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung erstattet. Bezüge, die Angehörigen des öffentlichen Dienstes des Landes Berlin oder einer der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts fortgewährt werden, sind nicht zu erstatten.

§ 8:

Bekleidung und Ausrüstung:

Die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes erhalten unentgeltlich die notwendige Dienstkleidung und Ausrüstung.

§ 9:

Freie Heilfürsorge:

Der Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes erhält im Falle der Dienstleistung oder der Aus- und Fortbildung freie Heilfürsorge.

§ 10:

Unfallfürsorge:

Bei Unfällen, die Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes bei ihrer Dienstleistung oder Aus- und Fortbildung erleiden, gelten die Vorschriften über Dienstausfälle von Ehrenbeamten entsprechend (§ 110 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes).

§ 11:

Beendigung der Zugehörigkeit:

Die Zugehörigkeit zum Freiwilligen Polizeidienst endet außer durch Tod

1. mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das 65. Lebensjahr vollendet worden ist,

2. durch Entlassung aus dem Freiwilligen Polizeidienst,

3. durch Widerruf der Aufnahme in den Freiwilligen Polizeidienst,

4. durch rechtskräftige Verurteilung, sofern dadurch nach § 83 des Landesbeamtengesetzes das Beamtenverhältnis eines Beamten enden würde.

§ 12:

Entlassung und Widerruf:

(1) Auf Antrag ist die Entlassung aus dem Freiwilligen Polizeidienst auszusprechen. Der Antrag bedarf der Schriftform.

(2) Die Aufnahme in den Freiwilligen Polizeidienst kann widerrufen werden, wenn der Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes gegen die sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten schuldhaft verstoßen hat, Tatsachen bekanntwerden, die seiner Aufnahme in den Freiwilligen Polizeidienst entgegengestanden hätten, oder er aus anderen Gründen für den Freiwilligen Polizeidienst ungeeignet ist. Der Betroffene ist vor der Entscheidung anzuhören.

(3) Der Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes ist für den Freiwilligen Polizeidienst als ungeeignet anzusehen, wenn er sich nicht mindestens zweimal jährlich zur Dienstleistung meldet, einer Heranziehung zur Aus- und Fortbildung mehrfach fernbleibt oder nicht von einer Heranziehung aus besonderen Gründen freigestellt ist.

(4) Über die Entlassung aus dem Freiwilligen Polizeidienst und den Widerruf der Aufnahme entscheidet der Polizeipräsident in Berlin.

§ 13:

Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen:

(1) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen nähere Bestimmungen zum Vollzug dieses Gesetzes zu erlassen.

(2) Durch Rechtsverordnungen können insbesondere für den Ersatz notwendiger Auslagen, von Verdienstausfall und als Entschädigung für den Zeitaufwand für innerhalb arbeitsfreier Zeiten freiwillig erbrachte Dienstleistungen Pauschal- und Höchstbeträge festgesetzt werden.

§ 14:

Ausbildung vor der Aufnahme in den FPD

Die Vorschriften der §§ 6 bis 10 finden auf Personen Anwendung, die vor der Aufnahme in den FPD an der Ausbildung teilnehmen.

§ 15:

Inkrafttreten:

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das Gesetz über die Freiwillige Polizei-Reserve (FPRG) in der Fassung vom 23. Juni 1992 (GVBl. S. 198) außer Kraft.

Begründung:

Der Freiwillige Polizeidienst soll auf eine aktuelle gesetzliche Grundlage gestellt werden, die den veränderten Anforderungen nach der Wiedervereinigung besser gerecht wird. Durch konkreter gefaßte Anforderungen an die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes und das Weisungsrecht der Polizeibeamten wird in Zukunft eine noch bessere Kontrolle und Führung ermöglicht.

Der Gesetzesentwurf regelt abweichend vom bisherigen Gesetz über die Freiwillige Polizeireserve die Anforderungen für die Aufnahme bzw. den Ausschluß aus dem Freiwilligen Polizeidienst neu, so dass durch den vorgelegten Entwurf deutlich wird, daß nicht eine Fortsetzung der FPR geregelt, sondern ein Freiwilliger Polizeidienst für die neuen Aufgaben Berlins geschaffen werden soll. Durch die Einrichtung des Freiwilligen Polizeidienstes wird jedem Bürger die Möglichkeit gegeben, einen persönlich zumutbaren Beitrag zur Bewahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu leisten. Die Berliner Bürger können ehrenamtlich die Arbeit der Polizei unterstützen und diese durch sichtbare Präsenz von solchen Aufgaben entlasten, die nicht notwendig von ausgebildeten Polizeivollzugsbeamten wahrgenommen werden müssen.