Vollzugslockerungen

Neben dem am häufigsten vorgetragenen Begehren, Vollzugslockerungen zu erhalten, werden auch sehr spezielle Vorfälle im Strafvollzugsbereich einer Prüfung zugeführt. So beklagte ein Petent die anlässlich eines Zahnarzttermins verlangte Herausgabe eines Tennisballes, den er zwecks Ablenkung von den Zahnschmerzen in der Hand hielt. Seine beharrliche Weigerung, den Tennisball kontrollieren zu lassen, hatte zu einem Abbruch des Untersuchungstermins geführt, worin der Petent Körperverletzung und unterlassene Hilfeleistung sah. Nachdem er im Haftraum nochmals zur Herausgabe aufgefordert worden war, warf der Petent den Ball letztendlich aus dem Haftfenster. Entgegen seiner Auffassung war die angeordnete Kontrolle des Tennisballs durchaus rechtmäßig. Auch lag ein berechtigtes Interesse der Anstalt an der Kontrolle vor, da es möglich und zudem bereits geschehen ist, Drogen oder Ähnliches in Tennisbällen verpackt über die Außenmauer auf das Anstaltsgelände zu werfen. Die Vorwürfe der Körperverletzung und der unterlassenen Hilfeleistung konnten nach Prüfung der Geschehnisse als widerlegt gewertet werden; eine Strafanzeige zum gleichen Vorfall wurde eingestellt.

Eine Rüge sollte der Petitionsausschuss gegenüber denjenigen Torbeamten der Justizvollzugsanstalt Tegel aussprechen, die aus dem Umland anreisende Angehörige eines Petenten wegen einer 15-minütigen Verspätung nicht mehr an einer Meetingveranstaltung teilnehmen lassen wollten. Zwar besteht aus organisatorisch notwendigen Gründen die Anweisung, bei einer Überschreitung des Besuchstermins von mehr als 15 Minuten externe Besucher nicht mehr einzulassen. Bei Meetingveranstaltungen, an denen auch die Gruppenleiter teilnehmen, werden hiervon jedoch regelmäßig Ausnahmen gemacht. Zur Prüfung des Vorfalls wurden Stellungnahmen der zur fraglichen Zeit Dienst habenden Torbeamten eingeholt. Es stellte sich heraus, dass die Angehörigen des Petenten gar nicht erschienen waren. Auch waren an diesem Tag keine anderen Meetingbesucher wegen einer Verspätung abgewiesen worden.

Klagen über Missstände in Vollzugsanstalten:

Ein zweiwöchiger Arrest in einem besonders gesicherten Haftraum veranlasste einen Petenten, auf umfangreiche hygienische Mängel und ungenügende Essens- und Getränkeversorgung während der dortigen Unterbringung hinzuweisen. Wie eine Befragung der zuständigen Bediensteten durch den Teilanstaltsleiter ergab, hatte der Petent während seines Aufenthalts im Arrestraum leider keinen Bediensteten auf Unregelmäßigkeiten oder hygienisch problematische Umstände angesprochen. Nach einer Inaugenscheinnahme des Arrestraumes konnten die geschilderten Mängel nicht bestätigt werden. Die Ausstattung dieses Bereichs, die üblicherweise vor einer Neubelegung stattfindende Reinigung und turnusgemäße Essens- und Getränkeversorgung hätte normalerweise keinen Anlass zu Beanstandungen geben dürfen. Ob auf Grund des ansonsten unüblichen Umstandes, dass in diesem Arrestraum nahtlos hintereinander gegen mehrere Gefangene Arrestmaßnahmen zu vollziehen waren, doch vielleicht die Matratze und Decke nicht gewechselt wurden, konnte nicht mehr festgestellt werden. Die Anstalt hat gegenüber dem Petenten für den Fall, dass es entgegen der üblichen Verfahrensweise doch zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein sollte, vorsorglich ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht. Des Weiteren sind die Bediensteten erneut auf die durchzuführenden Arbeiten hingewiesen worden. Bei dieser Gelegenheit ist zudem angeordnet worden, bei normalen Arrestmaßnahmen ­ sofern nicht zum Beispiel Suizidgefahr besteht ­ auch Bettwäsche auszuhändigen.

Hinsichtlich der allgemeinen Situation im Strafvollzug hatte sich der Ausschuss unter anderem mit den Bitten zu befassen, die Arbeitsbedingungen der im Frauenstrafvollzug tätigen Dienstkräfte zu verbessern, für den Erhalt von Deutschkursen für Ausländer in der Justizvollzugsanstalt Tegel einzutreten oder endlich in allen Bereichen der Justizvollzugsanstalt Charlottenburg Insassenvertretungen wählen zu lassen.

Probleme im Zusammenhang mit der ärztlichen Versorgung im geschlossenen Vollzug sind im Berichtszeitraum äußerst selten angesprochen worden. Es handelte sich um Einzelfälle in unterschiedlichen Anstalten, so dass sich kein grundlegender Handlungsbedarf zeigte.

In zwei Fällen sah sich der Petitionsausschuss veranlasst, eine Selbstbefassung zu beschließen. Eine schon im letzten Berichtszeitraum durchgeführte Besichtigung der Justizvollzugsanstalt Moabit hatte einen katastrophalen baulichen Zustand insbesondere des B-Flügels in der Teilanstalt I, der einer grundlegenden Sanierung und dringend der Installation von Steckdosen bedarf, sowie des F-Flügels in der Teilanstalt II aufgezeigt. Wegen einer nicht ausreichenden Heizungsanlage können dort im Winter zum Teil nur Temperaturen von 14h erreicht werden. In Anbetracht der langen erfolglosen Bemühungen der Anstalt, die notwendigen Haushaltsmittel zur Behebung der Mängel zu erhalten, bat der Ausschuss den Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Abgeordnetenhauses, sich bei der Setzung der finanziellen Prioritäten im Justizbereich zu Gunsten der Justizvollzugsanstalt zu verwenden. Nach Erörterung der Problematik beschloss der Rechtsausschuss dann auch im Januar 1998, die Senatsverwaltung für Justiz aufzufordern, im Rahmen der Möglichkeiten die notwendigen Mittel vorrangig zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus setzte sich der Petitionsausschuss dafür ein, zur Vermeidung von gesundheitlichen Schädigungen von Inhaftierten diejenigen Hafträume, in denen durchschnittliche Temperaturen von unter 18h festgestellt werden, während der Kälteperioden nicht zu belegen.

Dieser Bitte ist vorübergehend entsprochen worden.

Ein Beitrag in der von Insassen der Justizvollzugsanstalt Tegel herausgegebenen Zeitschrift Lichtblick bewog den Ausschuss, den Hintergründen eines in der Turnhalle eingetretenen Todesfalles, insbesondere der Art und Weise ärztlicher Hilfeleistung durch Anstaltsbedienstete, nachzugehen. Die Umstände des Todesfalles und der Ablauf der Hilfeleistungen sind dem Ausschuss von der Justizvollzugsanstalt Tegel in einer ausführlichen Stellungnahme dargelegt worden. Darin wurde unter anderem mitgeteilt, dass in Auswertung des Vorfalls die Anstaltsärzte mit Personenrufgeräten und die Arztgeschäftstellen mit einem Stichwortkatalog über abzufragende Krankheitsbilder ausgestattet worden sind, um künftig noch schneller und zielgerichteter Hilfe leisten zu können. Ein von der Staatsanwaltschaft I bei dem Landgericht Berlin durchgeführtes Todesermittlungsverfahren war eingestellt worden.

Um sich von den örtlichen Gegebenheiten und den von Petenten angesprochenen Problemen ein Bild zu machen, ist auch in diesem Berichtszeitraum vom zuständigen Berichterstatter wiederholt die Möglichkeit genutzt worden, Strafvollzugsanstalten sowie die Einrichtungen des Maßregelvollzuges zu besuchen und hierbei mit den Leitern und zuständigen Bediensteten Gespräche zu führen. Die Besichtigung der neu eröffneten Justizvollzugsanstalten Hakenfelde und Charlottenburg sowie des Untersuchungshaftbereichs der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Pankow dienten mehr der Information über die allgemeine Situation der Bereiche. Auslöser für den Besuch noch des alten Untersuchungshaftbereichs der Justizvollzugsanstalt für Frauen am Standort der jetzigen Justizvollzugsanstalt Charlottenburg sowie der örtlichen Bereiche des Krankenhauses des Maßregelvollzuges auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik und des Klinikums Buch waren jedoch Eingaben, deren Prüfung über schriftliche Stellungnahmen hinaus Klärungsbedarf aufzeigten.

So ist auf diesem Wege zum Beispiel den von einer Petentin im Untersuchungshaftbereich vorgetragenen Beanstandungen über die Besuchsabwicklung, über fehlende Information und unzureichende Betreuung durch die zuständigen Bediensteten, deren Verhalten als unangebracht maßregelnd empfunden wurde, nachgegangen worden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten helfen zu beurteilen, ob es sich um subjektive Eindrücke im Einzelfall, ausgelöst durch die äußerst belastende Situation der in einer erstmaligen Untersuchungshaft erlebten Einschränkungen, oder gegebenenfalls um generelle Mängel handeln könnte. Die Schilderungen der Petentin waren durchaus eingehend seitens der Anstaltsleitung und der zuständigen Bediensteten zur Kenntnis genommen und geprüft worden. Zur Auswertung der Beschwerde war auch bereits ein Gespräch mit der Petentin geführt worden, in dem sie die Kritikpunkte konkretisiert und relativiert hatte. Die Umgangsformen der zuständigen Mitarbeiterinnen bei einzelnen Anlässen konnten naturgemäß im Nachhinein nicht bewertet werden. Im Ergebnis der geführten Gespräche ist jedoch der Eindruck gewonnen worden, dass die Beanstandungen nicht auf generelle Mängel zurückzuführen waren, die durch andere personelle oder organisatorische Maßnahmen künftig zu verhindern wären. Der Ausschuss konnte allerdings nachempfinden, dass es

­ bedingt auch durch die ungewohnte Einordnung in die Organisation und Abläufe der Untersuchungshaftanstalt ­ zwischen Inhaftierten und einzelnen Mitarbeiterinnen durchaus zu Spannungen und dem Gefühl, nicht angemessen behandelt zu werden, kommen kann. Derartige Konflikte können im Vorfeld nicht völlig verhindert werden. Da ähnliche Beschwerden aus dem Untersuchungshaftbereich für Frauen bisher nicht vorlagen, vermochte der Ausschuss eine der besonderen Situation angemessene Verhaltensweise der Mitarbeiterinnen nicht prinzipiell in Abrede zu stellen.

Klagen aus dem Maßregelvollzug:

Einige zum Teil sehr umfangreiche Beschwerden betrafen das Krankenhaus des Maßregelvollzuges (KMV). In dieser der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales nachgeordneten Einrichtung werden im Land Berlin die freiheitsentziehenden Maßregeln der Sicherung und Besserung gemäß § 61 Abs. 1 und 2

Strafgesetzbuch vollzogen. In den drei Abteilungen für Forensische Psychiatrie des KMV werden mithin diejenigen Straftäter betreut, bei denen gerichtlicherseits eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist, um die Allgemeinheit vor weiteren erheblichen suchtbedingten Taten des Verurteilten zu schützen.

Einige Eingaben aus diesem Bereich konnten wie üblich auf der Basis schriftlicher Ermittlungen abgeschlossen werden. Vermochte der Petitionsausschuss mehreren Beschwerden über zeitliche Einschränkungen des Fernsehempfangs während der Nachtruhezeiten nicht abzuhelfen, so führte die von einem in der Aufnahmestation aufenthältlichen Patienten beklagte Möglichkeit, nur einmal im Monat Kinderbesuch empfangen zu dürfen, erfreulicherweise bereits nach Auswertung der Eingabe seitens des KMV zu einer Ausweitung der Kinderbesuchstermine auf zwei Besuche monatlich.

Anstaltsbesichtigungen legten heiklere Eingaben nahe. So war die Problematik der Versagung bzw. Rücknahme von zugesagten Vollzugslockerungen im Maßregelvollzug in Verbindung mit Suiziden in der I. Abteilung für Forensische Psychiatrie von Patienten angesprochen worden. Hier ergaben Prüfungen keinen direkten Zusammenhang, vielmehr musste auf psychologische bzw. psychopathologische Motive geschlossen werden; die meisten dieser Patienten befanden sich in einem fortgeschrittenen Lockerungsstatus. Den die Eingabe unterzeichnenden Patienten konnte auf Grund des allgemein erhobenen und vom KMV in Abrede gestellten Vorwurfs, es würden Vollzugslockerungen versprochen und die Versprechen dann nicht eingehalten werden, mangels Nachprüfbarkeit konkreter Entscheidungen nur anheim gegeben werden, sich erneut an den Ausschuss zu wenden, wenn der Eindruck bestehen sollte, eine Lockerung sei ohne ausreichenden Grund zurückgenommen worden.

Eine weitere Eingabe aus dem örtlichen Bereich der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik des KMV betraf vermeintliche Mängel im therapeutischen Konzept der Einrichtung und Restriktionen auf der Station erhöhter Sicherung verbunden mit der Bitte, wieder auf eine Therapiestation verlegt zu werden. Der Petent befand sich zum Zeitpunkt der Besichtigung bereits sieben Monate auf der Sicherungsstation, die in der Tat auf Grund des hohen Sicherungsstandards den Patienten räumliche und persönliche Einschränkungen abverlangt. Eine sofortige Rückverlegung auf eine Therapiestation konnte leider nicht erreicht werden. Das KMV hatte einen Antrag auf Erledigung der Maßregel mangels hinreichend konkreter Erfolgsaussichten gestellt, über den die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Berlin noch nicht entschieden hatte. Da angesichts der drohenden Inhaftierung eine erhöhte Fluchtgefahr besteht, werden die betroffenen Patienten zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung regelmäßig auf der Sicherungsstation untergebracht. Dies konnte nicht beanstandet werden, jedoch hielt es der Ausschuss auf Grund der in der Sicherungsstation gewonnenen Eindrücke für wünschenswert, wenn der dortige Aufenthalt auf einen möglichst kurzen Zeitraum beschränkt werden könnte. Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft I bei dem Landgericht Berlin ergaben in diesem Zusammenhang, dass im konkreten Fall die Verzögerungen aus in der Person des Untergebrachten liegenden Gründen entstanden waren. Da er bei ersten Anhörungen nunmehr einen Therapiewillen bekundet hatte, war ihm Gelegenheit gegeben worden, durch Verhaltensänderungen doch noch seine Behandlungsfähigkeit zu beweisen und damit eventuell die Verlegung in den Strafvollzug abzuwenden. Zu der Gesamtproblematik der Auswirkungen langwieriger Entscheidungen wurde bekräftigt, dass in der Regel für alle Vollstreckungssachen, die freiheitsentziehende Maßnahmen betreffen, gelte, diese vorrangig und beschleunigt zu bearbeiten, um eine schnellstmögliche Entscheidung herbeizuführen.

In umfangreichen Darlegungen thematisierte ein im örtlichen Bereich Buch untergebrachter Patient die Zustände im Maßregelvollzug, Mängel in der medizinischen Betreuung, Zweifel an angemessener Therapie und Fachkompetenz der Ärzte. Seine Ausführungen reicherte er mit Zuschriften weiterer Patienten an, in denen über unterschiedliche individuelle Vorfälle Klage geführt wurde. Die Vielzahl der Kritikpunkte war auch hier Anlass eines persönlichen Gesprächs vor Ort mit der ärztlichen Leitung, weiteren zuständigen Bediensteten, einem Vertreter der Aufsichtsbehörde sowie mit dem Petenten. Dabei konnte eingehender als auf schriftlichem Wege die konkrete Situation der Petenten und die generell auftretenden Schwierigkeiten im Maßregelvollzug erläutert werden. Hintergrund der Beschwerden war nicht zuletzt die im Maßregelvollzug bestehende grundsätzliche Problematik des unfreiwilligen Charakters der gerichtlich angeordneten Therapie bei Straffälligen. Erfahrungsgemäß fehlt den untergebrachten Patienten vielfach zunächst die Bereitschaft, sich mit ihren Straftaten überhaupt und speziell mit deren Krankheitsaspekt auseinanderzusetzen. Die bei der Behandlung unabdingbare Konfrontation mit den Anlassdelikten und mit der krankhaften Bedingtheit ihrer Taten ist daher häufig konfliktträchtig. Es kann dabei auch das Gefühl auftreten, der behandelnden Institution ausgeliefert zu sein, was als massives Unrecht gegen die eigene Person empfunden werden kann. In dieser Situation befand sich auch der Petent. In der Erkenntnis, dass die Verarbeitung der gegebenen Umstände sicherlich problematisch ist, versuchte der Ausschuss neben einer eingehenden Würdigung der einzelnen Kritikpunkte auch zu vermitteln, dass es aus seiner Sicht nicht gerechtfertigt ist, der Einrichtung, die hinsichtlich des akademischen Stellenschlüssels mindestens dem Standard psychiatrischer Kliniken in Deutschland entspricht, grundsätzlich Misstrauen entgegenzubringen. Unabhängig davon, dass sicherlich auch im Maßregelvollzug Verbesserungen anzustreben sind, musste dem Petenten verdeutlicht werden, dass der Maßregelvollzug Zwangsläufigkeiten unterliegt und die finanziellen und personellen Ressourcen leider nicht beliebig veränderbar sind. Sein hauptsächliches Begehren, für ihn eine anerkannte Kapazität als externen Therapeuten beizuziehen, vermochte der Ausschuss nach Auswertung der Gespräche nicht zu unterstützen. Ihm ist dringend empfohlen worden, die gegebenen Therapieangebote nunmehr zu nutzen.

Steuerforderungen gegen Schulhausmeister wegen verbilligter Dienstwohnungen:

Beim Petitionsausschuss ist derzeit ein Verfahren zu 59 Petitionen anhängig, dessen Ergebnis für eine weitaus größere Zahl von Personen, nämlich für alle Schulhausmeister Berlins von Bedeutung sein wird.

Es geht um die Besteuerung des sogenannten geldwerten Vorteils von Dienstwohnungen. Dieser Vorteil entsteht dadurch, dass nach den Berliner Dienstwohnungsvorschriften Höchstwerte als Vergütung für Dienstwohnungen festgesetzt sind, die sich in erster Linie nach dem Bruttoeinkommen des jeweiligen Wohnungsinhabers richten. Diese Höchstwerte liegen in der Regel unter dem ortsüblichen Mietwert vergleichbarer Wohnungen.

Der Differenzbetrag zwischen Dienstwohnungsvergütung und ortsüblichem Mietwert ist nach dem Einkommensteuergesetz als Einnahme, die nicht in Geld besteht, zu versteuern. Entsprechendes gilt bei der Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge. Von April 1998 an führten zahlreiche Schulhausmeister beim Petitionsausschuss Klage darüber, dass sie rückwirkend ­ zum Teil bis zum Jahre 1994 ­ wegen eines vom Finanzamt ermittelten geld werten Vorteils für ihre Dienstwohnungen steuerlich in Anspruch genommen wurden, zum Teil unmittelbar durch das Finanzamt, zum Teil durch ihre Dienststelle, die ihrerseits als Arbeitgeber Steuern an das Finanzamt hatte nachzahlen müssen. Die Nachzahlungsforderungen waren dadurch entstanden, dass die Dienststellen, die als Arbeitgeber Lohnsteuer abzuziehen und an das Finanzamt abzuführen haben, den aus der Mietpreisverbilligung resultierenden Vorteil gar nicht oder aus der Sicht des zuständigen Finanzamtes nur unzureichend berücksichtigt hatten.

Die überwiegend mit erheblichen Nachforderungen konfrontierten Hausmeister wandten hiergegen vielfach ein, dass typische Mängel ihrer Dienstwohnungen den von den Finanzämtern berechneten geldwerten Vorteil ihrer Wohnungen wieder aufheben würden. In der Tat waren ihnen bei der Feststellung des Mietwertes durch die zuständigen Bezirksämter bzw. durch die in Amtshilfe handelnde Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr Mietminderungen von bis zu 25 % zugestanden worden.

Als mietmindernde Merkmale wurden z. B. der Lärm von Schülern und Sportplatznutzern auch außerhalb der Dienstzeiten, das Fehlen eines separaten Eingangs zur Dienstwohnung, die Beeinträchtigung durch Störmelder und Alarmanlagen innerhalb der Dienstwohnung sowie bauliche Mängel festgestellt. Diese Mietminderungstatbestände wurden aber von den Finanzämtern zumeist nicht oder nur mit geringeren Abschlägen vom geldwerten Vorteil berücksichtigt.

Hinzu kam, dass die Finanzämter bei ihren Vergleichsberechnungen ohne Berücksichtigung des Einzelfalls auf den für vergleichbare Wohnungen zutreffenden Mittelwert des Mietspiegels bzw. auf die von städtischen Wohnungsbaugesellschaften erhobenen Durchschnittsmieten nebst Betriebskosten abstellten. Dies war in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen lagen die von den Wohnungsbaugesellschaften im Ostteil der Stadt mitgeteilten Durchschnittsbetriebskosten erheblich höher als die von der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr für Dienstwohnungen vorgegebenen Werte. Zum anderen sollten in vielen Fällen hohe Beträge von bis zu 1200,00 DM versteuert werden, weil die betroffene Dienstwohnung - die der Hausmeister nicht aussuchen konnte ­ sich in einer guten Wohnlage befand oder als Neubau einzustufen war. Darüber hinaus blieb unberücksichtigt, dass nahezu alle Schulhausmeister auf Grund ihres geringen Einkommens an und für sich eine mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus geförderte Wohnung beziehen könnten, sie jedoch dienstlich dazu verpflichtet sind, in ihrer Dienstwohnung zu wohnen, die wiederum vom Finanzamt mit einer im frei finanzierten Wohnungsbau errichteten Wohnung verglichen wurde.

In ihren ersten Stellungnahmen sahen die Senatsverwaltungen für Finanzen sowie für Schule, Jugend und Sport keinen Anlass, das Verfahren zur Besteuerung des geldwerten Vorteils zu ändern.

Damit vermochte sich der Petitionsausschuss nicht zufrieden zu geben. Denn auf Grund der erheblichen Belastung durch die neben der Dienstwohnungsvergütung zu zahlenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auf den geldwerten Vorteil konnten es sich einige Hausmeister, die finanziell ohnehin nicht sehr gut gestellt sind, nicht mehr leisten, in der Wohnung zu verbleiben.

Demgegenüber sieht der Petitionsausschuss ein grundsätzliches Interesse darin, dass die Hausmeister auf dem Schulgelände wohnen. Diese führen nämlich Reparaturen in ihrer Freizeit aus, ermöglichen durch ihre ständige Anwesenheit Sportveranstaltungen außerhalb der Schulzeit und überwachen die Schulgebäude auch nachts und am Wochenende. Wie der Ausschuss ferner anhand der Rechtsprechung feststellen konnte, war das undifferenzierte Vorgehen der Finanzämter nicht mit der Rechtslage vereinbar, wonach auch bei der Feststellung des steuerrechtlich relevanten Mietwerts durchaus Mietminderungsmerkmale zu berücksichtigen sind. Umso mehr begrüßte es der Ausschuss, dass die ebenfalls um Stellungnahme gebetene Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr die Problematik ­ ebenso wie einige Bezirksämter ­ erkannt und dem Ausschuss umfassende Lösungsvorschläge unterbreitet hatte.

Der Ausschuss hat unter Berücksichtigung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die von der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr abgegebenen Empfehlungen weitgehend übernommen und die Senatsverwaltung für Finanzen sowie die für das Dienstwohnungsrecht zuständige Senatsverwaltung für Inneres gebeten, eine Lösung in diesem Sinne zu prüfen.

Mit dem Ziel eines bundeseinheitlichen Verfahrens erörterte die Senatsverwaltung für Finanzen die Vorschläge mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder und beabsichtigte im Ergebnis, wie folgt zu verfahren:

- Die Vergleichswerte für Mieten von Wohnungen, die sich direkt im Schulhaus befinden, sollten grundsätzlich anhand der unteren Werte des Mietspiegels für die entsprechende Wohnlage ermittelt werden. Sofern bisher der Mittelwert angesetzt worden war, sollte dieser jedoch um nicht mehr als 20 % unterschritten werden. Diese Regelung hielt die Senatsverwaltung im Hinblick auf die besonders intensiven Beeinträchtigungen durch den Schulbetrieb in diesen Fällen für vertretbar.

- Befinden sich Dienstwohnungen außerhalb des Schulgebäudes, sollte es bei den bestehenden Regelungen zur Ermittlung der Vergleichsmieten verbleiben. Im Einzelfall sollte allerdings entschieden werden, inwieweit Störungen durch den Schulbetrieb in einen Mangel der Wohnung umschlagen und damit zu einer Mietminderung führen können.

- Die Betriebskosten sollten anhand von Berechnungen der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr festgelegt werden.

Eine darüber hinausgehende Regelung unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Schulhausmeister hat die Senatsverwaltung für Finanzen allerdings unter Hinweis auf den allgemein anerkannten Grundsatz der objektiven Bewertung geldwerter Vorteile abgelehnt.

Diese Änderung der Besteuerungskriterien hielt der Petitionsausschuss zwar für tendenziell richtig, aber noch nicht weitreichend genug. Denn damit blieb nach wie vor der objektive Nachteil unberücksichtigt, dass die Schulhausmeister wegen der Verpflichtung, in ihrer Dienstwohnung zu wohnen, nicht auf mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus geförderte und entsprechend mietgünstige Wohnungen ausweichen können. Da nahezu alle Schulhausmeister die Voraussetzung für einen Wohnberechtigungsschein erfüllen dürften, hielt der Ausschuss einen Vergleich der Hausmeisterdienstwohnungen mit Objekten des freien Wohnungsmarktes nicht für angemessen. Er bat daher die Senatsverwaltung für Finanzen um eine Lösung, die diesem Umstand Rechnung tragen sollte. Auch war dem Petitionsausschuss daran gelegen, dass sich die beabsichtigten steuerlichen Korrekturen auf die Vergangenheit und dabei auf Fälle bestandskräftiger Steuerbescheide erstrecken sollten, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Er ersuchte daher die Finanzverwaltung, die Frage rückwirkender Änderungen ­ gegebenenfalls durch Billigkeitsmaßnahmen ­ wohlwollend zu prüfen.

Im Einvernehmen mit den Senatsverwaltungen für Inneres und für Bauen, Wohnen und Verkehr entwickelte die Senatsverwaltung für Finanzen sodann einen völlig neuen Ansatz:

- Der Mietvorteil soll nicht durch eine abstrakte Anwendung des Mietspiegels, sondern auf Grund von Besichtigungen der Schulhausmeisterwohnungen durch Bedienstete der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr ermittelt werden.

- Gerade bei den nach dem Mietspiegel teuren ab 1990 bezogenen Neubau-Dienstwohnungen soll die ab 1995 geltende Vorschrift des § 3 Nr. 59 des Einkommensteuergesetzes entsprechend Anwendung finden, wonach die Vorteile einer Dienstwohnung steuerfrei sind, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz nicht überschreiten. Im Ergebnis soll die Differenz zwischen objektivem Mietwert laut Mietspiegel und durchschnittlicher Sozialmiete ab 1995 steuerfrei bleiben. Die ab dem Jahre 1974 errichteten Wohnungen entsprechen dem Baustandard nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, so dass in diesen Fällen lediglich noch zu prüfen sein wird, ob die Förderbedingungen des sozialen Wohnungsbaus hinsichtlich der Wohnungsgröße eingehalten werden.