Wertschöpfungskette

.1.3 Ein zukunftsfähiger Ansatz: Das regionale Stoffstrommanagement Stoffstrommanagement ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung nachhaltiger Wirtschaftsweisen. Innerhalb der Stadtregion Berlin stellen sich die Fragen, welche Handlungsmöglichkeiten für eine zukunftsfähige Gestaltung der Stoffströme auf regionaler Ebene überhaupt bestehen und wie die Umsetzung eines ökologischen Stoffstrommanagements in Berlin mit der Stärkung der regionalen Wirtschaft (insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen) verknüpft werden kann. Die Enquetekommission „Zukunftsfähiges Berlin" hat zur Untersuchung der in der Stadtregion Berlin vorhandenen Ansätze und Möglichkeiten eines lokalen bzw. regionalen Stoffstrommanagements ein Gutachten beim Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) und dem Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Auftrag gegeben.18 Die Ergebnisse dieser Voruntersuchung liefern wichtige Erkenntnisse über

­ die Relevanz der lokalen und regionalen Handlungsebene:

Ein realistischer Blick auf die Potenziale und Restriktionen, die auf regionaler Ebene existieren, ist notwendig, um zu klären, welche Stufen der Wertschöpfungsketten sich überhaupt in der betrachteten Region befinden und in welcher Weise sie politischer Steuerung zugänglich sind.19 Dies wird in dem Gutachten durch konzeptionelle Betrachtungen und die Analyse von Fallbeispielen geleistet.

Es handelt sich hierbei um einen ersten Schritt auf dem Weg zu konkreten Aussagen für die Region Berlin-Brandenburg.

­ die fundamentale Bedeutung der Akteursbeziehungen für das Stoffstrommanagement:

Ein großer Teil der Ansätze des Stoffstrommanagements bezieht sich auf die technische Realisierbarkeit (Analyse von Stoffflüssen und deren Umgestaltung auf technischer Ebene). Das Gutachten zeigt auf, dass die Beachtung der Interessen und der Transaktionsbeziehungen der wirtschaftlichen Akteure für den Erfolg und Misserfolg eines Managementkonzepts von wesentlicher Bedeutung ist. Es wird ein Modell zur Analyse der Akteursbeziehungen und die daraus folgenden unterschiedlichen strategischen Ansätze vorgestellt und an Fallbeispielen überprüft.

Stoffstrommanagement

Der traditionelle nachsorgende („end-of-pipe") Umweltschutz ist darauf ausgerichtet, den Stoffeintrag in die Ökosphäre und gerade nicht den Stoffumsatz in der Antroposphäre zu regulieren. Das heißt, dass am „Endpunkt" eines industriellen Prozesses diejenigen Stoffe herausgefiltert werden, welche als schädlich für die 18 Vgl. Fichter, Kujath, Petschow u.a. (1999).

Die Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen regionaler Ansätze ist oft von der Diskrepanz zwischen Wunschvorstellungen bzgl. einer weitgehend regionalisierten Produktion und der relativen Bedeutungslosigkeit regionaler Wirtschaftszusammenhänge angesichts der Globalisierung und nationaler Rahmenbedingungen geprägt.

Ökosphäre bewertet werden. Die hiermit ­ teilweise mit großem finanziellen Aufwand ­ erzielten Erfolge bei der Reduktion von Schadstoffen haben jedoch ein generelles Anwachsen der Belastungen aus diffusen Quellen (z.B. durch nicht erfasste Stoffe und Massenströme) nicht verhindern können.

Der Ansatz des Stoffstrommanagements unterscheidet sich dadurch von der klassischen Herangehensweise, dass er zum Ziel hat, ökologische Prinzipien entlang der gesamten Stoffflusskette (von der Rohstoffentnahme bis zur Abfallentsorgung und der Rückführung der Stoffe in den Naturhaushalt) in ökonomische Prozesse zu integrieren.

Er ist damit prinzipiell geeignet, Widersprüche zwischen Ökonomie und Ökologie langfristig aufzuheben. Die ökologische Optimierung von Stoff- und Energieflüssen führt in vielen Fällen schon jetzt zu ökonomischen Vorteilen; Veränderungen der Rahmenbedingungen können die Konvergenz von Ökonomie und Ökologie beschleunigen.

Stoffstrommanagement zielt, neben der Verminderung einzelner Schadstoffe, auch auf die quantitativen Aspekte von Stoffströmen mit dem Ziel der Ressourcenschonung und der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Natursystems. Im Zuge des Paradigmenwechsels vom nachsorgenden Umweltschutz zur Umweltvorsorge wird zunehmend das Gesamtausmaß der Umweltbelastungen berücksichtigt. Daraus ergeben sich folgende erweiterte Aufgaben für eine nachhaltige Ressourcen- und Stoffstromwirtschaft:

­ Reduzierung und Vermeidung von schädlichen Stoffen im Natur- und Wirtschaftskreislauf,

­ Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und Erhalt der verfügbaren Ressourcen auch für künftige Generationen,

­ Erhalt der Produktivität und der Leistungsfähigkeit des Natursystems durch Vermeidung und Reduzierung von Belastungen.

Zur Umsetzung eines Stoffstrommanagementansatzes stehen grundsätzlich drei Prinzipien der Steuerung zur Verfügung:

1. Beeinflussung der Märkte über Preise (Energie- und Ressourcensteuern, Umweltlizenzen usw.),

2. „weiche" Instrumente einer Stimulierung der Koordination und Kooperation einzelwirtschaftlicher Aktivitäten (Beratung, Herstellung von Informationstransparenz, Aufbau der Logistik einer stoffstromtechnischen Kooperation usw.) sowie

3. rechtliche Regulierungen (Gesetze, Verordnungen, rechtsverbindliche Satzungen, Pläne, usw.). 20 Vgl. UBA (1997) 174.

Regionales Stoffstrommanagement

Auf der regionalen Ebene bietet v.a. das zweite Steuerungsprinzip geeignete Ansatzpunkte. So bestehen durch gesetzgebende Maßnahmen nur begrenzte Möglichkeiten, auf Stoffströme im Sinne des Steuerungsprinzips (3) einzuwirken.21 Auch lassen sich Ansätze einer Internalisierung von Umweltkosten über Steuern und Umweltlizenzen (Steuerungsprinzip 1) nur in wenigen speziellen Fällen regional organisieren, weil die Wirtschaft in andere Regionen ausweichen kann. Ergänzend zu nationalen und internationalen umweltrechtlichen Regulierungen können regional v.a. „weiche" Instrumente eingesetzt werden (z.B. Beratung, Informationsbereitstellung, Hilfen bei der Planung etc.). Allgemeine Ziele im Rahmen eines regionalen Ressourcen- und Stoffstrommanagements für die Stadtregion müssen durch konkrete Zielpunkte (Benchmarking) konkretisiert und operationalisiert werden. Ein solches konkretes Ziel hat Berlin z. B. in der Umweltpolitik formuliert: Reduktion der CO2-Emissionen um 25% bis zum Jahre 2010 auf der Basis der Emissionen von 1990. Solche Zielfestlegungen müssen in jedem Einzelfall die regionalen Besonderheiten und Voraussetzungen beachten, um geeignete Maßnahmen entwickeln zu können.

Ausgangspunkt für ein regionales Ressourcen- und Stoffstrommanagement sind die ökologischen Erfordernisse. Getragen und umgesetzt werden muss ein derartiger Ansatz von den ökonomischen und sozialen Akteuren. Deren Interessen müssen sich also mit einer ökologischen Umorientierung des Wirtschaftens verbinden lassen. Ausgehend von den ökonomschen Potenzialen (z.B. regionale Wirtschaftsstruktur, Handwerkstradition, Beschäftigungssituation), den sozialen (z.B. Ausbildung, Kenntnisse der Bevölkerung) und den ökologischen Potenzialen (z.B. landwirtschaftliche und Baurohstoffe) der Region müssen Strategien zur Stabilisierung der Wertschöpfung in einer Region zur Förderung von Kooperationen und zur Engerführung von Stoffströmen erarbeitet und umgesetzt werden.

Hierzu bedarf es leistungsfähiger Netzwerkstrukturen zwischen Unternehmen, Staat, intermediären Institutionen und Konsumenten, die es ermöglichen nicht nur in Wertschöpfungssondern auch in Stoffflussketten zu denken und zu handeln.

Nur die regional verorteten Bereiche wirtschaftlicher Aktivitäten (Stufen der Wertschöpfungskette, Branchen) können Ansatzpunkte für ein Ressourcenmanagement auf der regionalen und kommunalen Ebene Berlin-Brandenburgs sein. Die Wertschöpfungsketten sind daraufhin zu überprüfen, welche Produkte und Transaktionen jeweils an die Region gebunden bzw. innerhalb der Region organisiert sind.

Häufig liegen die Stufen der Wertschöpfung und die damit verbundenen Umweltbelastungen räumlich weit auseinander und der regionspezifische Handlungsraum bezieht sich nur auf einige Stufen der Wertschöpfung.

So sind z. B. im Abfallrecht einige Möglichkeiten zur Beeinflussung von Stoffströmen auf landespolitischer Ebene gegeben (z.B. Verpflichtung der Betriebe, Abfallbilanzen zu erstellen). 22 Vgl. Peters, Sauerborn, Spehl u.a. (1996) 9.