Verbesserung der Renten für die Opfer von SED-Willkür

„Der Senat wird aufgefordert, sich im Bundesrat der geplanten Bundesratsinitiative der neuen Länder auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesrats vom 4. März 1999 anzuschließen und sich für eine Verfolgtenrente einzusetzen, die den in der DDR politisch Verfolgten und durch die beiden SED-Unrechtsbereinigungsgesetze Rehabilitierten und den von der sowjetischen Besatzungsmacht Internierten, Deportierten und Verurteilten zugute kommen soll."

Hierzu wird berichtet:

1. Eine gemeinsame Bundesratsinitiative der neuen Bundesländer im Sinne des Beschlusses des Abgeordnetenhauses ist bislang nicht zustandegekommen, so dass sich das Land Berlin einer solchen nicht anschließen konnte.

2. Es gab vielmehr einen Antrag des Freistaates Sachsen vom 9. Februar 1999 zur Änderung des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes zugunsten verfolgter Schüler ­ der am 4. März 1999 im Arbeits- und Sozialpolitikausschuss des Bundesrates behandelt und vertagt worden ist ­ und darauf beruhend einen ergänzenden Antrag des Freistaates Thüringen, der auch Verbesserungen für SED-Opfer in der gesetzlichen Rentenversicherung beinhaltet.

Diese Anträge sind auf der 738. Sitzung des Bundesrates am 21. Mai 1999 keiner Sachentscheidung zugeführt und zu weiteren Beratungen in die Ausschüsse überwiesen worden. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik hatte bereits am 6. Mai 1999 die erneute Vertagung beschlossen, da inzwischen ein Referentenentwurf der Bundesregierung für eine Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze angekündigt worden ist.

Das Land Berlin hat für eine Vertagung gestimmt.

3. Die Novellierungsvorstellungen der Bundesregierung, die dem Senat in Form eines Eckpunktepapiers des Bundesministeriums der Justiz vorliegen, enthalten keine Vorstellungen über eine Verfolgtenrente. Somit kann davon ausgegangen werden, dass auch der in Kürze zu erwartende Gesetzesentwurf wahrscheinlich keine Verfolgtenrente vorsehen wird.

Ein ebenfalls zwischenzeitlich vorliegender Gesetzesentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 6. Mai 1999 sieht ebenfalls keine Verfolgtenrente für den im oben genannten Abgeordnetenhausbeschluss benannten Personenkreis vor, sondern nur Verbesserungen bei den sozialen Ausgleichsleistungen für die nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz anerkannten Personen.

Der Senat schätzt daher die Chancen für die vom Abgeordnetenhaus befürwortete Verfolgtenrente als gering ein.

Aber auch in der Sache hat der Senat gegen eine pauschale Verfolgtenrente Bedenken.

Eine solche Rente würde abgesehen davon, dass der Personenkreis nur schwer abgrenzbar ist, einen sehr hohen Verwaltungsaufwand erfordern, da jeder bereits positiv entschiedene Fall nach dem 1. und 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz sowie nach dem Häftlingshilfegesetz noch einmal aufgenommen werden müsste. Ferner würde der bisher im

2. SED-UnBerG vorgesehene und in vielen Fällen ja auch bereits vorgenommene Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung überflüssig werden; die bisherige Systematik des individuellen Nachteilsausgleichs je nach Schwere des erlittenen Unrechts ­ das unstreitig erheblich von Fall zu Fall divergiert ­ würde aufgehoben werden.

Nicht außer Acht gelassen werden können ferner die unter Umständen erheblichen Kosten für den Berliner Landeshaushalt. Die Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern beträgt derzeit im Bereich des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes 60 % zu 40 %.

Der Senat hat sich daher entschlossen, den neuen Bundesländern seinerseits ein gemeinsames Vorgehen vorzuschlagen. Hierzu hat sich die Senatorin für Gesundheit und Soziales mit Schreiben vom Juni 1999 an ihre Amtskollegen in den neuen Bundesländern gewandt und vorgeschlagen, eine Regelung anzustreben, nach der alle nach den Rehabilitierungsgesetzen anerkannten und auch die vom Häftlingshilfegesetz im Beitrittsgebiet nicht ausreichend erfassten Personen (sogenannte Zivilverschleppte jenseits von Oder und Neiße) eine angemessene Entschädigung erhalten können.

Eine solche Regelung würde allen Personengruppen politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet gleichermaßen gerecht und würde den sinnvollen individuellen Nachteilsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes unangetastet lassen und auch eine Novellierung des fast abgewickelten Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes überflüssig machen.

Die Abwicklung einer solchen Maßnahme könnte entweder durch die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in Bonn oder die Bundesstiftung zur Aufarbeitung des SED-Unrechts in Berlin unter Vorlage des jeweiligen Bescheides der Rehabilitierungsbehörden der Länder erfolgen.

Eine solche Zuständigkeitsregelung erscheint sachgerecht, da die Abgeltung des SED-Unrechts eine Aufgabe von nationaler Bedeutung ist und somit in die Kompetenz des Bundes fällt.

Die neuen Bundesländer und Berlin könnten dann ­ falls Übereinstimmung zu erzielen ist ­ entsprechend einen gemeinsamen Antrag im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens in den Bundesrat einbringen.

Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.