Kaufangebote oder Interessenbekundungen für den Gutshof Stolpe

3. Abschluss des Untersuchungsverfahrens

Der Ausschuss hat seine Beweisaufnahme am 26. März 1999 abgeschlossen. Die jeweils fertig gestellten Teilbereiche des in der Folgezeit erstellten Berichtsentwurfs sind den Fraktionen mit dem Hinweis zur Vorlage eventueller Änderungsanträge übermittelt worden. Der abschließende Berichtsentwurf und die von den Fraktionen vorgelegten Änderungsanträge sind in einer nichtöffentlichen Sitzung am 13. Juli 1999 beraten worden. Der Abschlussbericht des 3. Untersuchungsausschusses ist einstimmig/bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossen worden.

B. Untersuchungsergebnis

1. Welche Pacht- bzw. Kaufangebote oder Interessenbekundungen für den Gutshof Stolpe bzw. die landwirtschaftlichen Stadtgüterflächen sind bei der Senatsverwaltung für Finanzen, der Stadtgüter GmbH oder anderen Dienststellen des Landes Berlin oder im Land Brandenburg auf welcher Grundlage in schriftlicher oder anderer Form seit 1990 eingegangen?

Am 18. Dezember 1992 ist bei der Senatsverwaltung für Finanzen das Angebot der AGS Golfbetriebs GmbH & Co. KG zum „Stadtgut Stolpe" eingegangen. In dem Kaufangebot ist auf die Flächen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 ­ Stadtgut Stolpe ­ Bezug genommen worden: „... Gemeinsam mit der Gemeinde Stolpe haben wir den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 2 ­ Stolpe Stadtgut ­ erarbeitet.

Wir stellen hiermit den Antrag auf Kauf der von uns mit diesem Plan geplanten Flächen...."

Der räumliche Geltungsbereich des Plangebiets ist wie folgt beschrieben: „Das Planungsgebiet befindet sich angrenzend an das Dorf Stolpe und umfasst folgende Flurstücke der Flur 2 von Stolpe: Best.-Bl. Nr. 8/2

Flur 3

Best.-Bl. Nr. 65, 66, 67"

In der Begründung des Vorhaben- und Erschließungsplans ist zum Planungsgegenstand ausgeführt: „Der Vorhabenträger... beabsichtigt, neben der Restaurierung des Gutshauses, das Bauen von Wohnhäusern und das Errichten eines Gewerbehofs...."

Mit Schreiben vom 24. September 1996 hat die Senatsverwaltung für Finanzen die Antragstellerin, die zu diesem Zeitpunkt als DIG Deutsche Immobiliengesellschaft mbH aufgetreten ist, aufgefordert, zu ihrem „Antrag zum Erwerb des Gutes Stolpe" ein Kaufpreisangebot zu unterbreiten. Die DIG hat hierauf mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 geantwortet und das folgende Kaufpreisangebot unterbreitet: „Bebautes Gutsgelände... 35 000 m2... Wir bieten bei einer Ausnutzung lt. VEP 2 Stolpe... 190,00 DM/m2 Bauland... Golfodrom: Größe 400 « 400 m... 10,00 DM/m2..." Bezogen auf den Flächenbereich des bebauten Gutsgeländes ist damit eine Kaufpreissumme von 6 650 000 DM geboten worden. Die DIG Deutsche Immobiliengesellschaft mbH hat erklärt, sie werde den ehemaligen Gutspark, dessen Flächen nicht in ihr Eigentum übergehen sollten, aufforsten. Sie hat weiterhin den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags über Flächen für einen zukünftig zu entwickelnden Golfplatz und den Erwerb von Flächen an der Stadtgrenze zu Frohnau zur Entwicklung eines allgemeinen Wohngebiets beantragt.

Mit an die Senatsverwaltung für Finanzen gerichteten Schreiben vom 24. Juli 1996 hat die A. Schockemöhle, G. und Ch. Ahlmann GbR den „Erwerb des Gutshofes Stolpe mit den dazugehörigen Ackerflächen" beantragt. In dem Antragsschreiben hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, eine Vorstellung ihres Konzepts vor Vertretern der Gemeinde Stolpe habe ergeben, dass ein Interesse an der Umsetzung des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 bestehe. Die Antragstellerin hat zum Ausdruck gebracht, ihr Interesse sei nicht auf das Plangebiet des Vorhabenund Erschließungsplans Nr. 2 begrenzt, sondern umfasse eine Fläche von 290 ha. Hierzu heißt es in dem dem Antrag beigefügten „Nutzungskonzept zur Revitalisierung des Gutes Stolpe": „... Zum heutigen Zeitpunkt sind der größte Teil der Ackerflächen des Gutes Stolpe vom Stadtgut Schönerlinde bewirtschaftet und Teilflächen verpachtet.

Die vom Stadtgut Schönerlinde verwalteten Acker- und Hofflächen belaufen sich auf ca. 290 ha.

Darin enthalten ist die Fläche des Gutshofs mit insgesamt ca. 10 ha (inklusive Gutspark und zugehörigen Hofflächen). ...

Die Investoren beabsichtigen den Erwerb der gesamten zur Verfügung stehenden Acker- und Hofflächen, um einen modernen Pferde- und Rinderzuchtbetrieb betreiben zu können. Eine Revitalisierung des Landwirtschaftsgutes mit zeitgemäßer Nutzung ist das Ziel...."

Auf die unter dem 24. September 1996 ergangene Aufforderung durch die Senatsverwaltung für Finanzen, ein Kaufpreisangebot zum „Erwerb des Gutes Stolpe" abzugeben, hat die Antragstellerin am 23. Oktober 1996 geantwortet und den Flächenbedarf zur Umsetzung ihres Konzepts im Einzelnen dargelegt: „Das Angebot umfasst vier Teile:

1. Das Gutsgebäude mit angrenzender Fläche (unmittelbarer Hofbereich) 3,5880 ha

2. Erweiterter Hofbereich... 6,0000 ha

3. Landwirtschaftliche Nutzflächen (Acker) 248,8176 ha

4. Sonstige Flächen, Ödland, Wege usw. 61,5393 ha Summe 319,9449 ha"

Hierzu hat sie das nachstehend aufgeführte Kaufpreisangebot unterbreitet: „Zu Ziff. 1: Das Gutsgebäude mit angrenzenden Flächen sollte u. E. einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden, die mit der angrenzenden Pferdehaltung und der Entwicklung des Dorfes in Einklang zu bringen ist.

Sollten wir es mit übernehmen, wird hierfür ein Preis ­ nach Abzug erheblicher Abrisskosten von 538 200,00 DM für angemessen erachtet.

Zu Ziff. 2: Der erweiterte Hofbereich gilt für uns als Standort für den aufzubauenden Betrieb und als hofnahe Auslauffläche. Hierfür sind erhebliche Rekultivierungskosten zu erbringen. Aus diesen sind nachstehend zwei weitere Bewerbungen (im folgenden Bewerbung C und D genannt) dargestellt, die mit den Angeboten der DIG Deutsche Immobiliengesellschaft mbH und der A. Schockemöhle, G. und Ch. Ahlmann GbR in ein Auswahlverfahren einbezogen worden sind. In dem Auswahlverfahren ist weiterhin auf einen von der GEWOBAG ­ Gemeinnützige Wohnungsbau- Aktiengesellschaft Berlin ­ bereits im April des Jahres 1996 unterbreiteten Antrag auf Erwerb aller dem Land Berlin in Stolpe gehörenden Grundstücke Bezug genommen. Der Vorgang ist in den Feststellungen des Untersuchungsausschusses zu Frage 7 ausführlich dargestellt.

Der Antrag des Bewerbers zu C ist im März 1995 zunächst mündlich an die Stadtgüter Berlin mbH gerichtet worden. In einer der Senatsverwaltung für Finanzen am 19. August 1995 übermittelten „Konzeption ­ Nutzung des Gutes Stolpe ­" hat der Kaufinteressent dargelegt, er beabsichtige auf dem Gut Stolpe wieder eine vorwiegend landwirtschaftliche Nutzung aufzubauen sowie eine kleine Reitanlage und ein Hotel zu betreiben. Auf die Aufforderung der Senatsverwaltung vom 24. September 1996, ein Kaufpreisangebot abzugeben, hat er mit Schreiben vom 20. Oktober 1996 geantwortet: „... in der oben beschriebenen Angelegenheit möchten wir nunmehr unser Gebot für den Gutshof Stolpe abgeben. Sofern das Kauflos den telefonisch besprochenen Umfang (Gutshof innerhalb der Gutshofmauern, Gutspark und angrenzendes Stück Wiese...) hat, bieten wir eine Summe von 1,6 Mio. DM... als Kaufsumme für dieses Areal."

Der Antrag des Bewerbers D auf „Kauf des ehemaligen Gutshofes Stolpe und einen Teil der dazu gehörenden Ländereien" ist im September 1992 bei der Stadtgüter Berlin mbH eingegangen.

In der Folgezeit hat der Bewerber mehrfach sein „noch immer bestehendes Interesse am Kauf, der Pachtung oder den Nutzungsrechten für die gesamte Gutsanlage Stolpe oder auch nur Teilen" zum Ausdruck gebracht. In der „Konzeption seines Unternehmens" hat er unter anderem ausgeführt, beabsichtigt sei die provisorische Instandsetzung der Stallungen und deren Vermietung für Pferdehaltung sowie die Sanierung von Gebäuden, die Erstellung von Neubauten wie zum Beispiel einer Reithalle mit Gastronomie, der Bau von Wohnungen, Gästezimmern, die Errichtung einer Jugendherberge sowie der Bau von Sport- und Erholungseinrichtungen, darüber hinaus die Anlegung eines Reitplatzes mit Koppeln. Der Bewerber hat auf die unter dem 24. September 1996 ergangene Aufforderung der Senatsverwaltung für Finanzen zur Abgabe eines Kaufpreisangebots nicht geantwortet.

Das weitere Auswahlverfahren hat sich auf die Bewerbungen der DIG Deutsche Immobiliengesellschaft mbH, der A. Schockemöhle, G. und Ch. Ahlmann GbR und den Bewerber C beschränkt. Am 17. März 1997 ist der Bewerber zu C negativ beschieden worden. Als Ergebnis des Auswahlverfahrens sind zunächst weitere Verhandlungen mit den beiden verbleibenden Bewerbern geführt worden. Ein Kaufvertrag ist zwischen dem Land Berlin und der DIG Deutsche Immobiliengesellschaft mbH nicht zu Stande gekommen. Der Gesellschaft ist mit Schreiben vom 6. Oktober 1997 mitgeteilt worden, dass das Land Berlin die Grundstücksflächen zunächst nicht veräußern wolle. Mit dem verbleibenden Bewerber, der dann gegründeten Alwin Schockemöhle & Co. Stadtgut Stolpe GbR mbH, ist unter dem 28. August 1997 ein Kaufvertrag über die Veräußerung von rund 240 ha zu einem Kaufpreis von rund 2,25 Millionen DM vorbehaltlich der späteren Wertermittlung durch die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr und dem Vorbehalt einer sich daraus ergebenden Nachverhandlung abgeschlossen worden. Unter dem 12. Januar 1998 haben die Parteien zu diesem Kaufvertrag eine Abänderung und Ergänzung vereinbart, in dem die veräußerte Fläche deutlich reduziert und der größere Teil der Flächen verpachtet worden ist. Dieser Vertrag steht zu seiner Wirksamkeit unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Abgeordnetenhauses von Berlin.

2. Welche Dienstanweisungen für den Umgang mit Stadtgüterflächen außerhalb Berlins lagen den Mitarbeitern/innen der Senatsverwaltung für Finanzen seit wann vor? Welche Regelungen bestanden seit wann bzgl. Ausschreibungsverfahren und der Information des Staatssekretärs bzw. der Senatorin über Pachtbzw. Kaufverträge? Wurden die o. g. Dienstanweisungen und Regelungen von den Mitarbeitern/innen der Senatsverwaltung für Finanzen eingehalten? Wie wurde in der Senatsverwaltung für Finanzen mit dem Schreiben des Regierenden Bürgermeisters vom 28. Juni 1996 betr. Berliner Stadtgutflächen im Land Brandenburg verfahren?

a) Einhaltung von Dienstanweisungen

Die Senatorin für Finanzen Dr. Fugmann-Heesing hat auf Nachfragen des Untersuchungsauschusses erklärt, dass es zum Zeitpunkt des Veräußerungsgeschäfts Stadtgut Stolpe keine speziellen Dienstanweisungen über den Umgang mit Stadtgüterflächen gegeben habe. Eine mittlerweile erlassene Weisung sehe die Vorlagepflicht an die Führungsspitze des Hauses bei Veräußerung von Stadtgüterflächen vor. Zum Zeitpunkt des Veräußerungsvorgangs Stadtgut Stolpe seien die allgemeinen Regelungen über die Vergabe von Grundstücken und die allgemeinen Zeichnungsvorschriften als innerdienstliche Anweisungen zu befolgen gewesen: „... Es gab keine besonderen Anweisungen, die sich auf Stadtgutflächen bezogen, sondern nur die allgemeinen Dienstanweisungen für die Grundstücksgeschäfte. Es gibt ja nach diesem Vorgang Stolpe eine Anweisung, dass es kein Grundstücksgeschäft über Stadtgüter in meinem Hause gibt, das nicht der Leitung des Hauses, also dem Staatssekretär oder mir, vorgelegt wird. Aber eine solche Dienstanweisung gab es vorher nicht, sondern nur die allgemeinen Zeichnungsvorschriften, die galten. Es gab in Bezug auf Bieterverfahren... 1996 bei mir im Haus bereits eine intensive Auseinandersetzung mit der damaligen Grundstücksabteilung IV über die Frage, in welchen Fällen Bieterverfahren durchzuführen sind, zunächst dann eine mündliche Weisung, die dann umgesetzt worden ist in eine schriftliche Weisung, ..." (Wortprotokoll vom 26. März 1999, Seite 70)

aa) Verfahrensregelungen für die Vergabe von Grundstücken

Nach Weisung der Senatorin für Finanzen hat die Vergabe von Grundstücken des Landes Berlin im Wege des Bieterverfahrens zu erfolgen. Ausweislich der vorliegenden Aktenvorgänge ist in Ausführung der Entscheidung der Senatorin am 15. Oktober 1996 ein entsprechender Leitfaden erstellt worden. Danach sind landeseigene Grundstücke generell auszuschreiben. Eine Direktvergabe ist nur für den Ausnahmefall vorgesehen. Vor der Ausschreibung von landeseigenen Grundstücken ist eine Wertfeststellung bei der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr einzuholen. In dem überarbeiteten Leitfaden vom 25. November 1996 sind bezüglich der Veräußerung von Grundstücken zusätzliche Kriterien erarbeitet worden.

Vor der Entscheidung der Senatorin über die Vergabe von landeseigenen Grundstücken nach den Regeln des geschilderten Bieterverfahrens hatte es nach Beschreibung von Staatssekretär Kurth keine aktive Vermarktungspolitik im Wege einer allgemeinen Ausschreibung von Grundstücken gegeben: „... Also, eine aktive Vermarktungspolitik dahingehend, dass wir, ohne dass irgendein Interessent vorstellig wurde, gesagt haben, wir schreiben jetzt mal ein Grundstück in der Zeitung aus oder über Internet, das hat es vorher nicht gegeben." (Wortprotokoll vom 26. März 1999, Seite 27)

Hinsichtlich der bis zum in Kraft treten des Leitfadens Ende des Jahres 1996 auf der Grundlage der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vergaberichtlinien in Gang gesetzten Veräußerungsfälle findet sich in den dem Untersuchungsausschuss übermittelten Aktenvorgängen eine an die Senatorin gerichtete Anfrage eines Mitarbeiters der Senatsverwaltung für Finanzen vom 1. April 1997, in der der Vorschlag unterbreitet wird, aus Gründen des Vertrauensschutzes nach den bisherigen Regeln zu verfahren.

Bezüglich des Hergangs der Abfassung der Weisung über die Vergabe von Grundstücken haben sich der Zeuge Kurth und der damalige Leiter der Abteilung Liegenschaften, der Zeuge Legermann, geäußert. Der Zeuge Kurth hat darauf hingewiesen, dass die Senatorin unmittelbar nach ihrem Amtsantritt den neuen Maßstab zur Vergabe von Grundstücken des Landes Berlin im Wege der Ausschreibung gesetzt habe. Die Abfassung der zunächst mündlich erlassenen Weisung habe wegen der von der allgemeinen Regelung zu treffenden Ausnahmetatbestände über den Verzicht einer Ausschreibung und der Erstellung einer Liste der sogenannten Altfälle auf sich warten lassen (Wortprotokoll vom 26. März 1999, Seite 24, 27). Der Zeuge Legermann hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass zunächst eine mündliche Weisung der Senatorin für die Ausschreibung landeseigener Vorschriften bestanden habe, ohne dass ihre Umsetzung zu diesem Zeitpunkt klargestellt gewesen sei: „So verweise ich einmal darauf, was ich vorhin berichtet habe: Umsetzung der Weisung der Senatorin, in Zukunft Bieterverfahren durchzuführen. Das hat es auch zunächst von der Senatorin nur mündlich gegeben, mit der Aufforderung, dass das sofort anzuwenden ist, ohne dass man sich darunter jetzt etwas Genaues vorstellen konnte, und gleichzeitig der Aufforderung, darüber Regelungen zu erarbeiten.

Also, das war eine mündliche Weisung, und die war natürlich dann auch zu berücksichtigen...." (Wortprotokoll vom 17. Dezember 1998, Seite 36)

(1) Anwendung der Verfahrensregeln auf den Veräußerungsvorgang Stadtgut Stolpe Bezüglich des Veräußerungsvorgangs Stadtgut Stolpe ist eine Ausschreibung nach den von der Senatorin erlassenen neuen Richtlinien über die Vergabe von Grundstücken nicht erfolgt. Die Frage, ob ein Verstoß gegen die Weisungen der Senatorin vorliegt, ist davon abhängig, ob diese im Zeitpunkt des Auswahlvorgangs bereits Wirksamkeit entfalteten. Die Bewerber, die in die nähere Auswahl gekommen waren, hatten auf die Anfrage der Senatsverwaltung für Finanzen vom 24. September 1996 ihre Kaufpreisgebote im Oktober 1996 unterbreitet. Das Verfahren war damit also bereits vor in Kraft treten der Weisung in November 1996 in Gang gesetzt worden, hatte aber noch nicht seinen Abschluss gefunden. Auf diesen Umstand hat der Steuerungsdienst der Senatsverwaltung für Finanzen anlässlich der Aufbereitung des Vorgangs im September 1997 verwiesen und hinsichtlich der Beachtung der Regelungen über die Vergabe von Grundstücken darauf abgestellt, ob ein „eingeschränktes Bieterverfahren" stattgefunden habe: „Das Verfahren von IV C 75 zur Gewinnung von Kaufpreisangeboten war also schon abgeschlossen, als der Leitfaden Gültigkeit erlangte. Somit liegt auf dem ersten Blick kein Verstoß vor, falls man die Aufforderung an die drei geeigneten Investoren, Kaufpreisangebote abzugeben, als („beschränkte") Ausschreibung ansehen will. Diskutieren könnte man allerdings gegebenenfalls darüber, ob es nur möglich oder nicht auch nötig gewesen wäre, auf Grund der Öffnungsklausel im Schreiben vom 24. September 1996 („keine Verpflichtung des Landes Berlin und keine Ansprüche gegen Berlin für den Fall, dass eine Vergabe ­ aus welchen Gründen auch immer ­ nicht erfolgt") trotz der abgelaufenen Frist und eingegangenen Angebote ein zweites, richtiges Bieterverfahren durchzuführen, da bei in Kraft treten des Leitfadens noch keine Entscheidung über Stolpe getroffen war."

In der Aufbereitung des Vorgangs Veräußerungsvorgang Stadtgut Stolpe in der Senatsverwaltung für Finanzen, in den Sitzungen des Unterausschusses „Vermögensverwaltung und Beteiligungen" des Hauptausschusses Ende des Jahres 1997 und schließlich bei der Einvernahme der Zeugen in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses sind verschiedene Wertungen hinsichtlich der Frage, ob die von dem Steuerungsdienst angesprochene „beschränkte" Ausschreibung stattgefunden hat, vorgetragen worden:

- Ein eingeschränktes Bieterverfahren sei auch dann durchgeführt, wenn sich wie im Veräußerungsvorgang Stadtgut Stolpe die Angebote der Interessenten zwar auf unterschiedliche, nicht deckungsgleiche Flächen bezogen hätten, aber eine Verknüpfung der Bewerbungen über die im Vordergrund stehende angestrebte Umsetzung der Konzepte für den Flächenbereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 ­ Stadtgut Stolpe ­ bestehe (Wortprotokoll vom 17. Dezember 1998, Seite 45).

- Ein eingeschränktes Bieterverfahren habe bezogen auf das im September 1996 eingeleitete Auswahlverfahren stattgefunden. Nachdem die Deyhle-Gruppe den Zuschlag für die Flächen des Gutshofs Stolpe, des Gutsparks Stolpe und kleiner, angrenzender Flächenbestandteile erhalten habe, sei die Schockemöhle-Gruppe als alleinige Bewerberin für die landwirtschaftlichen Flächen aufgetreten. Bezüglich dieses Flächenbereichs habe also ein eingeschränktes Bieterverfahren nicht stattgefunden.

- Die Schockemöhle-Gruppe habe von Anfang an auf die Flächen von rund 290 ha über rund 319 ha auf 244 ha geboten.

Aus den Flächenveränderungen ergebe sich kein zwingender Grund für ein neues, echtes Bieterverfahren.

(2) Zusammenfassung des Sachverhalts

Der Untersuchungsausschuss beschränkt sich auf die Feststellung, dass zur Zeit des Auswahlverfahrens eine ausdrückliche schriftliche Regelung für die in der Senatsverwaltung für Finanzen zentrale Vorschrift der Vergabe von Grundstücken nicht bestanden hat. Hinsichtlich der Bewertung des Sachverhalts überlässt der Untersuchungsausschuss der Senatorin für Finanzen insoweit das abschließende Wort. Als Ergebnis ihrer Aussage ist festzuhalten, dass ein direkter Verstoß gegen eine Anweisung über die Durchführung von Bieterverfahren nicht festgestellt werden kann: „Ja, ich sage einmal: Das ist eben ein Verfahren, das gerade in einer solchen Übergangsphase stattgefunden hat, und das können Sie so oder so bewerten.... Dies war eine Übergangsphase, und ich sage einmal: Mitarbeiter, die in einer solchen Übergangsphase, wo man schon in Vorbereitung Gespräche geführt hat, sich auch bereits auf ein Verfahren verständigt hat, dieses aber noch nicht schriftlich niedergelegt ist und allen bekannt gemacht worden ist, da kann man sich darüber streiten, ob man es so oder so handhabt. Es ist sicherlich kein direkter Verstoß gegen eine Anweisung." (Wortprotokoll vom 26. März 1999, nichtöffentliche Anlage 3, Seite 1)

Der Untersuchungsausschuss hat in Bezug auf die Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften eine umfassende Überprüfung des Sachverhalts insoweit vorgenommen, als die bei Vertragsschluss vom 28. August 1997 fehlende Wertaussage der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr Einfluss auf den vom Land Berlin ausgehandelten Kaufpreis und einer damit einhergehenden möglichen Verschwendung von Landesmitteln zur Folge hatte. Hierzu wird auf die Darstellung in Frage 10 des Untersuchungsauftrags verwiesen.

bb) Allgemeine Zeichnungsvorschriften

In den Arbeitsanweisungen der Senatsverwaltung für Finanzen sind zu den Schlusszeichnungsvorbehalten folgende Regelungen getroffen:

Dem Staatssekretär werden zur Schlusszeichnung vorgelegt:

a) Entscheidungen über... die Veräußerung von Grundstücken mit einem Kaufpreis... von mehr als 10 Mio. DM einschließlich der Ermächtigungen und Zustimmungen dazu, ...

Dem Abteilungsleiter werden zur Schlusszeichnung vorgelegt:

a) Entscheidungen über... die Veräußerung von Grundstücken mit einem Kaufpreis... von mehr als 3 Mio. DM bis zu 10 Mio. DM einschließlich der Ermächtigungen und Zustimmungen dazu, ...

Den Referatsleitern IV B und IV C werden zur Schlusszeichnung vorgelegt:

a) Entscheidungen über... die Veräußerung von Grundstücken mit einem Kaufpreis... bis 3 Mio. DM einschließlich der Ermächtigungen und der Zustimmungen dazu, ...