Umweltschutz

V.

Auf der Grundlage des Landschafts- und Artenschutzprogramms 1994 ist die Erhaltung der naturnahen Ufer und Röhrichtgürtel ein Schwerpunkt der Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege und des Gewässerschutzes. Um die wenigen im Außenbereich noch vorhandenen Röhrichtbestände (23 % der Uferlänge) zu erhalten, muss das Röhrichtschutzprogramm fortgeführt werden. Für die nächsten Jahre sind Maßnahmen mit Schwerpunkt im Ostteil der Stadt am Langen See und Seddinsee vorgesehen. Durch die Weiterentwicklung und Verbesserung der Methoden zum Wellenschutz und zur Pflanztechnologie ist es möglich, unter sparsamer Mittelverwendung große Erfolge zu erzielen. Als geeignete Methode der Röhrichtüberwachung ist die Fortführung der Luftbildauswertung mit den im Jahr 2000 zur Verfügung stehenden Infrarotluftbildern geplant. Diese flächendeckende Überwachung bietet mit einem vertretbaren Aufwand die Chance, bei der Planung und Prioritätensetzung von Schutzmaßnahmen zukünftig solche Röhrichtbestände rechtzeitig vor weiterem Rückgang zu bewahren, die noch die Fähigkeit zur selbstständigen Ausbreitung besitzen. Gleichzeitig kann der Erfolg der Maßnahmen und eingesetzten Mittel kontrolliert werden. Es ist beabsichtigt, die Ergebnisse der Luftbildauswertung und Untersuchungen zu veröffentlichen.

VI.

Die Berliner Röhrichtbestände wurden in den vergangenen Jahrzehnten durch anthropogene Ursachen in einem erheblichen Maß zerstört (der Rückgang wurde auf 70 % zwischen 1962 bis 1989 geschätzt). Dies war der Anlass dafür, dass das Abgeordnetenhaus 1986 Sofortmaßnahmen zum Schutz und Erhalt der Röhrichte im Rahmen eines Röhrichtschutzprogrammes beschloss. Die Untersuchung der Ursachen des Röhrichtrückganges, die Sicherung und die Wiederansiedlung von Röhricht sind Ziel des Röhrichtschutzprogrammes.

Der Geltungsbereich des Gesetzes zum Schutze des Röhrichtbestandes vom 27. November 1969 war bislang auf die Havel im Westteil der Stadt Berlin begrenzt.

Eine spezielle gesetzliche Grundlage zum Röhrichtschutz in den Spree-Dahme Gewässern besteht nicht.

Jedoch ist der Schutz des Röhrichtbestandes in verschiedenen Landes- und Bundesgesetzen geregelt.

Im Berliner Landesfischereigesetz (LFischG) vom 19. Juni 1995 heißt es im § 17 Abs. 2: „Die obere Fischereibehörde kann im Einzelfall das Betreten der Uferflächen und Anlagen in und an Gewässern einschränken oder verbieten, soweit dies im öffentlichen Interesse zum Schutz der Anlagen oder zur Abwehr von Gefahren oder aus Naturschutzgründen erforderlich ist. Zum besonderen Schutz des Röhrichts sind grundsätzlich folgende Handlungen verboten:

1. das Betreten des Röhrichtbestandes,

2. das Einfahren mit Fahrzeugen aller Art, mit Surfbrettern, Flößen oder sonstigen Schwimmkörpern in das Röhricht,

3. das Betreten und Befahren von Schneisen in oder zwischen Röhrichtbeständen, wenn die Schneisen nicht breiter als 20 m sind,

4. das Ankern oder Abstellen von Fahrzeugen aller Art, Surfbrettern, Flössen oder sonstigen Schwimmkörpern im Röhricht oder in einem so geringen Abstand, dass Schäden am Röhricht verursacht werden können (es ist ein Mindestabstand von 10 Metern einzuhalten, und

5. die Verursachung von Sog und Wellenschlag durch unzulässig hohe Fahrtgeschwindigkeiten beim Vorbeifahren an Röhrichtbeständen."

In einem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung fischereirechtlicher Vorschriften und zur Aufhebung des Röhrichtschutzgesetzes wird daher der Senat dem Abgeordnetenhaus empfehlen, die bisherigen Vorschriften zum Schutz des Röhrichts gemäß §17, Abs. 2, Satz 1 des Berliner Landesfischereigesetzes (LFischG) vom 19. Juni 1995 (GVBl. Bln. S. 358) derart zu ergänzen, dass die seit dem Wirksamwerden des Berliner Röhrichtschutzgesetzes im Jahre 1969 gewonnenen Erfahrungen in die Novelle des LFischG eingearbeitet sind. Auf Grund eingehender rechtlicher Prüfung ist es ausgeschlossen, den gesamten Röhrichtbestand in Berlin durch eine Rechtsverordnung nach §§ 18 und 22 des Berliner Naturschutzgesetzes (NatSchGBln) rechtsverbindlich zu schützen; diese Möglichkeit sieht das NatSchGBln in der geltenden Fassung zwar noch vor (§ 51 Abs. 2). Mit dem 8. Änderungsgesetz des Berliner Naturschutzgesetzes, das am 20. Juni 1999 in Kraft getreten ist, ist diese Regelung jedoch ersatzlos gestrichen worden. Die Ziele des Röhrichtschutzes können durch Einbindung derselben in die Landesfischereigesetzgebung in der erforderlichen Weise rechtlich für das Land Berlin flächendeckend festgelegt werden, sofern der Röhrichtschutz dem Gedeih und der Fortentwicklung der Fische dient. Diese Ziele sind völlig identisch mit der Wirkung des Röhrichtschutzgesetzes, die die Reinhaltung der Gewässer, der Erhaltung der Gewässerufer sowie des Naturund des Landschaftsschutzes betreffen.

Das neue Gesetz zur Änderung fischereirechtlicher Vorschriften und zur Aufhebung des Röhrichtschutzgesetzes wird umfassende Schutzmaßnahmen enthalten, die von den bisher gemachten Erfahrungen abgeleitet werden.

Die Röhrichtbestände sind ein natürlicher Schutz des Ufers gegen mechanischen Wasserangriff zum Erhalt der Laich-; Aufwuchs- und Ruheräume für die dem Fischereirecht unterliegenden Tiere, wie Fische, Muscheln, Schnecken, Würmer, Egel, Wasserflöhe usw. Sie wirken dem Uferabtrag durch Wellenschlag und Sogwirkung entgegen.

Durch das Gesetz sollen die Röhrichtbestände an den Ufern der Gewässer im Land Berlin vor Eingriffen des Menschen, aber auch vor unsachgemäßem Röhrichtschnitt, geschützt werden.

Die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (Kapitel 21 bis 23) regelt die höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeiten für Fahrzeuge mit Maschinenantrieb.

Diese betragen je nach den Verhältnissen der Wasserstraßen 5 bis 12 km/h. Lediglich Sportfahrzeuge mit Maschinenantrieb dürfen auf Seen oder seenartigen Erweiterungen mit einer Gewässerbreite über 250 m bis zu einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h fahren. Der Uferschutz wird nach Auffassung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes dadurch gewährleistet, dass diese Sonderregelung nur außerhalb eines 100 m breiten parallel zur Uferlinie verlaufenden ufernahen Schutzstreifen in dem die maximale Höchstgeschwindigkeit 8 km/h beträgt gilt und dass sensible Bereiche ­ wie Kladower Seestrecke der Unteren Havel-Wasserstraße von km 13 bis km 15,5 der Havelnebenarm südlich der Pfaueninsel, die Havel-OderWasserstraße von der Schleuse Spandau bis zum Nieder-Neuendorfer See einschließlich oder der Tegeler See ­ von dieser Sonderregelung grundsätzlich ausgenommen sind.

Angesichts dieses Regelungsumfanges beabsichtigt der Senat nicht, weitere Änderungen beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu erwirken.

Vor diesem gesetzlichen Hintergrund, dass in den zuvor zitierten Gesetzen der Röhrichtbestand geschützt ist und die Gefahr der Überregelung besteht, hat der Senat von seiner Absicht ein neues Röhrichtschutzgesetz zu erlassen abgesehen. Er beabsichtigt vielmehr, das Landesfischereigesetz dahingehend zu ändern, dass die Belange des Röhrichtschutzes deutlicher vertreten werden und Sanktionen möglich sind.

Zur Sicherung der bisher erzielten Erfolge und zur Stabilisierung der neuen Anpflanzungen sowie zur Renaturierung mit Röhrichtansiedlung der durch Erosion betroffenen Uferabschnitte muss das Röhrichtschutzprogramm auch in den folgenden Jahren im Rahmen verfügbarer Mittel fortgeführt werden.

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung ergeben sich aus diesem Bericht unmittelbar nicht.

Für die Zukunft ist vorgesehen, den Röhrichtschutzbericht nicht als eigenständigen Bericht zuverfassen, sondern als Teil des Umweltnachhaltigkeitsberichtes, der alle zwei Jahre verfasst wird.

Wir bitten, dieser Verfahrensweise zuzustimmen.

Berlin, den 30. Juli 1999

Der Senat von Berlin

Der Regierende Bürgermeister

In Vertretung Kähne Dr. Fugmann - Heesing Chef der Senatskanzlei Senatorin für den Senator für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie