Gesetz über einen befriedeten Bezirk um den Tagungsort des Abgeordnetenhauses von Berlin

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel I:

§ 1:

Durch dieses Gesetz wird für den Tagungsort des Abgeordnetenhauses von Berlin ein befriedeter Bezirk gebildet, innerhalb dessen öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge nur nach Maßgabe des § 3 zulässig sind.

§ 2:

(1) Der befriedete Bezirk um den Tagungsort des Abgeordnetenhauses von Berlin wird durch folgende Straßen begrenzt: Leipziger Platz und Leipziger Straße vom Potsdamer Platz bis zur ehemaligen Otto-Grotewohl-Straße Straßenzug ehemalige Otto-Grotewohl-Straße und Wilhelmstraße von der Leipziger Straße bis zur Anhalter Straße Anhalter Straße

Von der Wilhelmstraße bis zur Stresemannstraße Stresemannstraße von der Anhalter Straße bis zum Potsdamer Platz

(2) Die Gehwege und die Fahrbahn der Stresemannstraße zwischen Köthener und Dessauer Straße gehören zum befriedeten Bezirk. Die Gehwege und Fahrbahnen der übrigen in Absatz 1 benannten Straße und Plätze gehören nicht zum befriedeten Bezirk.

§ 3:

(1) Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge innerhalb der befriedeten Bezirke sind zuzulassen, wenn eine Beeinträchtigung der Tätigkeit des Abgeordnetenhauses von Berlin sowie seiner Fraktionen und eine Behinderung des freien Zugangs zum Gebäude des Abgeordnetenhauses von Berlin nicht zu besorgen ist. Davon ist in der Regel dann auszugehen, wenn die Versammlung oder der Aufzug an einem Tag durchgeführt werden soll, an dem Sitzungen der in Satz 1 genannten Stellen nicht stattfinden.

(2) Die Zulassung kann mit Auflagen verbunden sein.

(3) Durch die Zulassung werden die übrigen Vorschriften des Versammlungsgesetzes, insbesondere der §§ 14 und 15, nicht berührt.

§ 4:

Über Anträge auf Zulassung entscheidet die Senatsverwaltung für Inneres jeweils im Einvernehmen mit der Präsidentin/dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin.

§ 5:

Anträge auf Zulassung von Versammlungen nach § 1 sollen spätestens sieben Tage vor der beabsichtigten Versammlung oder dem Aufzug bei der Senatsverwaltung für Inneres eingereicht werden.

Artikel II:

Dieses Gesetz tritt am Tage der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft; gleichzeitig, tritt das Gesetz über die Befriedung des Tagungsortes des Abgeordnetenhauses von Berlin (Berliner Bannmeilengesetz) vom 17. März 1983 (GVBl. S. 482), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Februar 1998 (GVBl. S. 18), außer Kraft.

Begründung:

Mit diesem Gesetz erfolgt eine rechtliche Angleichung der Sicherheitsvorkehrungen für das Abgeordnetenhaus von Berlin an das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Verlassungsorganen des Bundes vom 11. August 1999. In § 2 wird der durch das Berliner Bannmeilengesetz beschriebene befriedete Bannkreis entsprechend dem Bundesgesetz in einen befriedeten Bezirk umgewandelt. Die §§ 1, 3, 4 und 5 wurden demzufolge inhaltlich und textlich dem Bundesgesetz entnommen und nur auf die Berliner Situation zugeschnitten. Zudem wird folgender Widerspruch aufgelöst: Entsprechend dem Bundesgesetz (§ 3) ist das Karree innerhalb der Leipziger Straße, der Wilhelmstraße, der Niederkirchnerstraße und der Stresemannstraße ab dem 1. August 2000 ein befriedeter Bezirk, entsprechend dem Berliner Bannmeilengesetz (§ 1) ­ sofern keine Änderung erfolgt ­ aber ein befriedeter Bannkreis.

Das Bundesgesetz trägt der Tatsache Rechnung, dass die bisherigen Schutzregelungen für die Verfassungsorgane des Bundes völlig überzogen waren. Das ist auch hinsichtlich der Schutzregelungen für den Tagungsort des Abgeordnetenhauses von Berlin so. Zudem wurde das im Artikel 8 GG sowie in Artikel 26 VvB verankerte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit dadurch unangemessen eingeschränkt.

Die vorgeschlagene Regelung bewegt sich im Rahmen der vom Grundgesetz sowie der Verfassung von Berlin vorgesehenen möglichen Einschränkungen und garantiert ausreichend Schutz für das Abgeordnetenhaus und seine Fraktionen. Es ist außerdem nicht einzusehen, warum für das Abgeordnetenhaus von Berlin rigidere Schutzvorschriften gelten sollten als für die Verfassungsorgane des Bundes, zumal die Vertreibung der Stadtverordnetenversammlung von Berlin aus dem Sowjetischen Sektor, die für die Berliner Regelung stets begründend ins Feld geführt wurde, über 50 Jahre zurückliegt und die politischen Verhältnisse eine Wiederholung inzwischen grundsätzlich ausschließen.

Im Grundsatz betrachtet die Fraktion der PDS jegliche besonders ausgewiesene Schutzzone als überflüssig, weil die bestehenden Regelungen z. B. des Versammlungsrechtes vollkommen ausreichen. Dennoch sieht sie in der Entscheidung des Deutschen Bundestages, die bisherige Bannmeile in einen befriedeten Bezirk umzuwandeln, einen Schritt in die richtige Richtung, dem sich Berlin umgehend anschließen sollte.