Flächenvorsorge

Die Flächenvorsorge bezieht sich nicht nur auf das mengenmäßige Angebot, sondern auch auf eine ausgewogene räumliche Verteilung in der Stadt, das Angebot differenzierter Flächengrößen und qualitative Standorteigenschaften wie Erreichbarkeit, Erschließung, räumliche Lage.

Der Gewerbebestand auf gewerblichen Bauflächen soll grundsätzlich erhalten bleiben. Die Wiederverwendung und bessere Ausnutzung dieser gewachsenen Standortbereiche hat Vorrang vor der Inanspruchnahme von Wachstumsreserven.

Die Inanspruchnahme der Wachstumsreserven soll zeit- und bedarfsgerecht entsprechend den Stufen der Inanspruchnahme erfolgen. Eine von dieser Stufenplanung abweichende vorzeitige Inanspruchnahme von Flächen bedarf des Einvernehmens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe.

3. Flächensicherung:

Auch der Aufbau moderner Dienstleistungsstrukturen auf dem Weg zu einer Dienstleistungsmetropole setzt eine tragfähige produktionsgeprägte „materielle" Basis voraus. Umfang und räumliche Verteilung der gewerblichen Bauflächen sollen deshalb grundsätzlich erhalten und zur Sicherung der industriellen Basis Berlins dem produktionsgeprägten Gewerbe vorbehalten bleiben.

Mit der Weiterentwicklung des Industrieflächensicherungskonzeptes sollen wirtschaftlich unerwünschte Nutzungen abgewehrt und der langfristigen technologischen und wirtschaftlichen Stärkung und Qualifizierung von Standorten eine konzeptionelle Grundlage gegeben werden.

4. Standortprofilierung und Flächenqualifizierung

In den Mittelpunkt von wirtschaftspolitischen Entwicklungsstrategien und Aktivitäten der Wirtschaftsförderung ist die Pflege und Weiterentwicklung technologisch oder logistisch begründeter räumlicher Netzwerke zu stellen, insbesondere die schon vorhandenen industriellen/wissenschaftlichen Kerne technologischer Wachstumsbranchen. Diese sind zu unterstützen und weiterzuentwickeln.

Die Darstellung der räumlichen wie technologischen Vielfalt Berliner Gewerbestandorte und die Hinweise auf vorhandene oder geplante Ressourcen der wirtschaftsbezogenen Infrastruktur und der Flächenpotenziale gehen weit über den bloßen Flächennachweis hinaus.

Die Handlungsfelder und Maßnahmen zur Profilierung und Qualifizierung der Berliner Gewerbestruktur sind auf drei räumlichen Ebenen anzusiedeln:

- Profilierung der Stadträume Berlins über Themenschwerpunkte ihrer räumlichen Entwicklung,

- wirtschaftspolitische Profilierung von Standorten und ihrer räumlichen Schwerpunkte nach Branchen,

- Profilierung von Flächen

- zur Ansiedlung besonders geeigneter Betriebstypen (Betriebe des verarbeitenden Gewerbes, Baubetriebe, Distributionsbetriebe, produktionsorientierte Dienstleistungsbetriebe) unter Berücksichtigung des gegebenen Nutzungsumfeldes und der infrastrukturellen Ausstattung,

- als Schwerpunkte der Forschung und Entwicklung im räumlichen Umfeld der herausragenden Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen Berlins,

- für Gewerbebetriebe zur teilräumlichen Versorgung.

Mit der vorrangigen Ansiedlung von Leitbetrieben mit Magnetwirkung auch für Zuliefer- und Logistikunternehmen an Standorten ohne ausgeprägte oder verloren gegangene wirtschaftliche/industrielle Tradition sollen wirtschaftspolitische Entwicklungsansätze zur Standortprofilierung unterstützt werden.

5. Räumliches Modell der gewerblichen Entwicklung

Das Leitbild zur räumlichen Verteilung des produktionsgeprägten Gewerbes nimmt die Qualitäten der historischen Entwicklung der Berliner Industrie auf und entwickelt sie weiter. Es ist räumlich wie funktional differenziert: Hauptstandorte Drei über die Stadt verteilte großflächige Hauptstandorte bilden die räumlichen Schwerpunkte des produktionsgeprägten Gewerbes. Sie sind geprägt durch Unternehmen mit vorwiegend überregionalem Absatz. Auf Grund ihrer gesamtstädtischen Bedeutung sind diese Standorte konsequent vor nicht produktionsgeprägten Nutzungen zu schützen. Sie sind durch Erhalt und Ansiedlung neuer Leitbetriebe langfristig zu sichern bzw. zu qualifizieren:

- Der Produktionsschwerpunkt West mit Orientierung auf Elektrotechnik, Informations- und Kommunikationstechnik, Verkehrstechnik und Maschinenbau,

- der Produktionsschwerpunkt Süd mit Orientierung auf Verkehrstechnik und Maschinenbau,

- der Produktionsschwerpunkt Ost mit Orientierung auf Elektrotechnik, Informations- und Kommunikationstechnik, Verkehrstechnik und Maschinenbau sowie dem größten räumlichen Entwicklungspotenzial für neu anzusiedelnde Unternehmen.

Weitere Standorte von gesamtstädtischer Bedeutung

Neben dem Erhalt und der Qualifizierung traditioneller Standorte sind auch neue Standorte unter besonderen räumlichen Voraussetzung zu entwickeln. Auch diese sind grundsätzlich dem produktionsgeprägten Gewerbe vorzubehalten:

- Erhalt und Qualifizierung traditioneller Standorte wie Spandau West, Flottenstraße und Adlershof/Grünauer Straße,

- Entwicklung neuer Standorte mit direkten räumlichen Verbindungen zu benachbarten Standorten in Brandenburg wie Staaken im Verbund mit Dallgow, Mahlsdorf im Verbund mit Dahlwitz-Hoppegarten,

- Entwicklung neuer Standorte mit besonderer Verkehrsgunst wie Schönerlinder Straße, Bohnsdorf West.

Standorte mit besonderer Eignung für die Versorgung der Innenstadt

Im Bereich der Innenstadtrandzone sind als Standorte mit günstigen Bedingungen für eine Kombination von Produktion, produktionsorientierten Dienstleistungen und Distribution zu sichern das Gebiet südlich der Bundesautobahn in Tempelhof/Neukölln,

- das Gebiet zwischen Autobahndreieck Charlottenburg und Westhafen.

Standorte mit besonderer Eignung für Unternehmen, die eng mit Wissenschaft und Forschung kooperieren

Diese Standorte sind auf einzelne Themen, primär aus dem Bereich der vom Berliner Senat definierten Technologiecluster, spezialisiert. Gleichzeitig sind Gewerbeflächen im Umfeld dieser Einrichtungen bevorzugt zu entwickeln. Als Standorte sind zu erhalten bzw. zu entwickeln:

- Umfeld Technische Universität (Innenstadt)

- Tegel/Am Borsigturm (Nordwestraum)

- Umfeld Klinikum Buch/Max-Delbrück-Centrum (Nordostraum)

- Adlershof/Johannisthal/Umfeld Humboldt Universität (Südostraum)

- Umfeld Freie Universität (Südwestraum)

Der Berliner Gewerbekranz

Der Berliner Gewerbekranz ist aus Flächen eines ursprünglich reinen Industriegürtels um die Innenstadt entstanden und soll für produktionsgeprägte gewerbliche Nutzungen erhalten werden. Mit Blick auf das Ziel „Stadt der kurzen Wege" ermöglichen diese Standorte die Ansiedlung von Betrieben mit Arbeitsplätzen für die nahe gelegenen Wohngebiete der äußeren Stadträume.

6. Inwertsetzung (Erschließung und Bebauungsplanung)

Zur Inwertsetzung der Flächenprofilierung sind die planungsrechtlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen.

Vorrangige Ziele bei der Aufstellung bzw. Anpassung von Bebauungsplänen sind:

- Die Gewerbeflächenbereitstellung, insbesondere bei der Entwicklung der Wachstumsreserven und bei der Erschließung von Standorten, vorrangig in den östlichen Bezirken,

- der Ausschluß stadtstrukturell unverträglicher Nutzungen (großflächiger Einzelhandel/Freizeitnutzungen), vorrangig in den westlichen Bezirken.

Mit der Schaffung oder Änderung der verbindlichen Bauleitplanung ist auf der örtlichen Ebene die aus dem Nutzungsumfeld und dem weiterentwickelten Industrieflächensicherungskonzept abgeleitete Orientierung der Hauptnutzungsart Industriegebiet oder Gewerbegebiet räumlich zu konkretisieren.

Die äußere Erschließung ist insbesondere für die großen östlichen Gewerbestandorte zu verbessern. Vordringliche Maßnahmen hierfür sind neben das vorhandene Netz ergänzenden Straßenbaumaßnahmen:

- die Realisierung der Tangentialverbindung Ost (TVO),

- die Realisierung der Tangentialverbindung Nord (TVN),

- die Realisierung der Süd-Ost-Verbindung (SOV).

7. Erhalt und Entwicklung eingestreuter Gewerbestandorte

Das nachbarschaftliche Nebeneinander von Arbeitsstätten und Wohnungen trägt zur Verkehrsminderung durch kurze Wege bei und gewährleistet eine Kunden- und wohnungsnahe Versorgung sowie geringe Flächeninanspruchnahme.

Die Erhaltung und Entwicklung der Funktionsmischung ist auf gesamtstädtischer wie auch auf teilräumlicher Ebene Ziel einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung. Mit einer gleichwertigen Bestandspflege von Gewerbe- und Wohnnutzungen ist einer weiteren funktionalen Entflechtung entgegenzuwirken.

Vorhandene gewerbliche Nutzung auch außerhalb gewerblicher Bauflächen ist grundsätzlich zu erhalten und planungsrechtlich soweit wie möglich zu sichern. Dies gilt zur Sicherung einer ausgewogenen räumlichen Verteilung von produktionsgeprägten Arbeitsplätzen in besonderem Maß für Bezirke mit nur geringer Ausstattung an gewerblichen Bauflächen.

Nach Betriebsverlagerungen ist eine gewerbliche Wiedernutzung der entsprechenden Grundstücke oder Gebäude anzustreben.

Für die Bestandspflege sind auf örtlicher Ebene umfassende Beratungen zur frühzeitigen Erkennung und Lösung betrieblicher Standortprobleme erforderlich.

8. Erhalt von Gewerbe- und Industrieanlagen denkmalpflegerischen Interesses

Viele Gewerbe- und Industrieanlagen sind zugleich architektonisch herausragende Zeugnisse Berlins als Industriemetropole. Wegen ihrer Qualität sollten sie daher grundsätzlich erhalten werden.

Dies gilt in besonderem Maße für gut erhaltene, flächensparende, mehrgeschossige Gebäude (z. B. Gewerbehöfe).

Insbesondere bei attraktiven Wasserlagen soll die vorhandene Substanz zur Förderung neuer Formen der Durchmischung von Arbeit mit anderen Nutzungsformen genutzt werden.

Standort- und Nutzungskontinuität von historisch gewerblich genutzten Grundstücken und Gebäuden sind auch von denkmalpflegerischem Interesse. Soweit nach Prüfung denkmalpflegerische Belange eine bestehende gewerbliche Nutzung oder gewerbliche Wiederverwertung von Grundstücken und Gebäuden in unwirtschaftlichem Maße beeinträchtigen, sind das öffentliche Interesse der Denkmalerhaltung und wirtschaftliche Interessen sorgfältig abzuwägen.

9. Umweltschutz im Rahmen der Gewerbeentwicklung

Die Verzahnung von Arbeitsstätten mit Wohnbereichen ist Element einer auf Funktionsmischung setzenden Stadtentwicklungspolitik. Zur Vermeidung oder Minderung von Konflikten sollen bei gleicher Schutzwirkung Immissionschutzmaßnahmen baulicher Art Vorrang vor flächenbeanspruchenden Abstandsregelungen haben.

Soweit gewerbliche Bauflächen direkt an schutzwürdige Flächen grenzen, sind in Bebauungsplänen die Bauflächen des Flächennutzungsplanes in Gewerbe- und Industriegebiete sowie die Baugebiete in sich nach Störungsgrad zu gliedern und/oder technische Immissionsschutzmaßnahmen festzusetzen.

Die Auswirkungen des Wirtschaftsverkehrs als größtes von gewerblichen Nutzungen ausgehendes Störpotenzial sind durch die Unterstützung entsprechender Logistikkonzepte zu mindern.

Der Stadtentwicklungsplan Gewerbe ist als Anlage beigefügt.

Wir bitten, den Beschluß damit als erledigt anzusehen.