Einbürgerungsverfahren in Berlin

Ich frage den Senat:

1. Welche Gründe sprachen dafür, dass die Senatsverwaltung für Inneres die Aufgaben in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten ab 1. Juli 1992 den Berliner Bezirksämtern übertragen hat?

2. Waren die Bezirksämter auf diese Aufgabe vorbereitet?

Hatten sie ausreichend qualifiziertes Personal?

3. Hat es Verzögerungen bei dem Verfahren der Übertragung der Staatsbürgerschaftsangelegenheiten an die Bezirke gegeben?

4. Welche Weiterbildungsseminare, Kurse usw. wurden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezirke angeboten?

5. Über wieviel Einbürgerungspersonal verfügen die Bezirke zur Zeit (bitte die Zahl der angemeldeten Ausländer/-innen und des Einbürgerungspersonals nach Bezirken angeben)?

6. Wie viele Einbürgerungsanträge wurden 1992, 1993, 1994 und 1995 in den Bezirken gestellt, und handelt es sich um

a) Anträge nach erleichterter Einbürgerung laut §§ 85, 86

Ausländergesetz (AuslG),

b) Anträge nach Ermessenseinbürgerung (bitte jeweils nach Bezirken auflisten)?

7. Wie viele Einbürgerungsanträge wurden 1992, 1993, 1994 und 1995 bearbeitet (bitte nach Bezirken auflisten)?

8. Wie lange dauert die Bearbeitung eines Einbürgerungsantrags (bitte nach Bezirken auflisten)?

9. Welchen Sinn macht es, die Aussiedlerinnen und Aussiedler fast das gleiche Einbürgerungsverfahren durchlaufen zu lassen?

10. Wie viele Einbürgerungsanträge von Aussiedlerinnen und Aussiedlern wurden 1992, 1993, 1994 und 1995 entgegengenommen (bitte nach Bezirken auflisten)?

In wie vielen Fällen ist die Senatsverwaltung für Inneres von Berlin wegen der Einbürgerungen der Ausländerinnen und Ausländer beim Bundesminister des Innern in Bonn vorstellig geworden, und wie war das Ergebnis?

Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1.: Die im Einvernehmen mit dem Rat der Bürgermeister am 1. Juli 1992 vorgenommene Übertragung von Staatsangehörigkeitsangelegenheiten auf die Bezirksämter von Berlin hat allen Interessenten den Weg eröffnet, Einbürgerungsanträge in ihrem in der Regel langjährigen Wohnbezirk zu stellen, also „in ihrem Rathaus". Zugleich sind damit die Zuständigkeiten der Bezirksämter erweitert und die der Senatsverwaltung für Inneres auf ministerielle Aufgaben beschränkt worden.

Auf Initiative des für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten zuständigen Referats der Senatsverwaltung für Inneres bietet die Verwaltungsakademie Berlin interessierten Mitarbeitern Fortbildungsveranstaltungen an. Außerdem besteht für diesen Personenkreis die auch weithin genutzte Möglichkeit, bei der Senatsverwaltung zu hospitieren. Der Fachverband der Standesbeamten bietet ergänzende Weiterbildungsmaßnahmen an.

Zu 5. Die Anträge wurden und werden bearbeitet. Ihre Aufgliederung nach Rechtsgrundlagen und Bezirksämtern ist mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht möglich. Da nur wenige Anträge zurückgenommen oder abgelehnt werden, verweist der Senat dazu jedoch als Anhaltspunkt auf die vom Statistischen Landesamt Berlin jährlich herausgegebene Einbürgerungsstatistik.

Zu 8.: Die Bearbeitungsdauer eines Einbürgerungsantrages ist vor allem abhängig von der Rechtsgrundlage, Art und Umfang der erforderlichen Beteiligung weiterer Behörden und Stellen sowie der erforderlichen Mitwirkung des Antragstellers. Durchschnittliche Bearbeitungszeiten sind deshalb wenig aussagefähig. Der Senat beschränkt sich daher auf die Aussage, dass in den Bezirksämtern mit einem besonders hohen ausländischen Bevölkerungsanteil die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Antrages mindestens neun Monate beträgt. Der Senat weist darauf hin, daß das anschließend regelmäßig notwendige Verfahren zur Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit bei den Heimatbehörden im allgemeinen länger dauert.

Zu 9. und 10.: Der Senat hat sich zu den nach dem geltenden Recht (§ 6 Absatz 1 des Ersten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit [1. StARegG]) möglichen Einbürgerungsverfahren für Aussiedler mit Rundschreiben der Senatsverwaltung für Inneres vom 3. September 1992 an die Bezirksämter wie folgt geäußert: „Wir empfehlen, vorsprechenden Aussiedlern zu raten, vor etwaigen staatsangehörigkeitsrechtlichen Anträgen ihre Vertriebenenverfahren zum Abschluß zu bringen und hierbei darauf hinzuweisen, dass staatsangehörigkeitsrechtliche Verfahren dann im allgemeinen entbehrlich sind, da die Inhaber eines Vertriebenenausweises alle Rechte eines Deutschen haben und folgerichtig auch deutsche Personaldokumente erhalten. Sofern gleichwohl auf staatsangehörigkeitsrechtlichen Anträgen bestanden wird, sind diese allerdings selbstverständlich entgegenzunehmen, die Verfahren jedoch regelmäßig bis zum Abschluß des Vertriebenenverfahrens auszusetzen. Auf die Aussetzung ist bei der Antragstellung hinzuweisen."

Diese Empfehlung hat sich in der Praxis bewährt. Konkrete Zahlen über gleichwohl gestellte Einbürgerungsanträge können nicht mitgeteilt werden.

Der Bundesgesetzgeber beabsichtigt nunmehr, § 6 Absatz 1 des 1. StARegG aufzuheben.

Zu 11.: Die Senatsverwaltung für Inneres legt dem Bundesministerium des Innern jährlich etwa 60 Vorgänge mit der Bitte vor, einer Einbürgerung zuzustimmen. Etwa 2/3 dieser Vorlagen sind erfolgreich.