Berlin verschenkt Geld ­ Finanzverzicht in der Veterinärmedizin?

Ich frage den Senat:

1. Ist an eine Reduzierung und stärkere Begrenzung der Studentenzahlen in der Veterinärmedizin angesichts des Überangebots von Tierärzten und tierärztlichen Ausbildungsstätten gedacht, und sind aus der Sicht des Senats die Außenstellen in Schwarzenbeck und Hoppegarten noch erforderlich für die Lehre?

2. Wie hoch waren die Einnahmen der jetzt zu schließenden Tierkliniken der Freien Universität Berlin (FU) am Standort Mitte bzw. welche Summen konnten an den Haushalt der FU bzw. des Landes Berlin vom Standort Mitte abgeführt werden?

3. Wie hoch waren demgegenüber die Einnahmen der Tierkliniken in Düppel/Bez. Zehlendorf, und in welchem Umfang gingen die in den Haushalt der FU bzw. des Landes Berlin ein?

4. Ist es richtig oder wie ist es richtig, dass etwa 60­80 % der Einnahmen (Operations- und Behandlungskosten) der Tierkliniken in Düppel/Bez. Zehlendorf in die Taschen der dortigen Professoren flossen bzw. wie hoch waren die Nebeneinnahmen der Veterinärprofessoren?

5. Hat der Senat vor, die privaten Nebeneinkünfte der beamteten Veterinärprofessoren und beamteten wissenschaftlichen Räte und Oberräte zu begrenzen und eventuell in welchem Umfang?

6. Wie wird das freigewordene Gelände der Tierkliniken und Veterinär-Medizinischen Institute am Standort Mitte künftig genutzt werden?

7. Ist es richtig, dass die Polizeiverwaltung die Nutzung der Pferdeställe der Tierkliniken am Standort Mitte für ihre Reiterstaffel trotz hervorragender örtlicher Voraussetzungen abgelehnt hat und weiterhin den Tiergarten vom Standort Köpenick aus versorgen will?

8. Wann werden (endlich) die Tierkliniken einschließlich Düppels aus den Wohngebieten Berlins nach außerhalb der Stadt verlagert, so wie es in vielen Metropolen und Großstädten Europas bereits geschehen ist?

Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1.: Das Haushaltsstrukturgesetz vom 15. April 1996 (GVBl. S. 126) sieht eine Reduzierung der Studienanfängerzahlen im Fachbereich Veterinärmedizin von 200 auf 150 jährlich vor.

Die Empfehlung des Wissenschaftsrats und die Vorschläge des Gründungskomitees für den fusionierten Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin sehen den Erhalt der Außenstellen in Schwarzenbek und in Hoppegarten als essentiell für die Lehre des Fachbereichs Veterinärmedizin an. Inwieweit die im Haushaltsstrukturgesetz vorgesehene Reduzierung der Ausbildungskapazität und des Staatszuschusses Auswirkungen auf den Betrieb der beiden Außenstellen haben wird, ist noch zu prüfen.

Zu 2.: Die Einnahmen für den Standort Mitte beliefen sich im Haushaltsjahr 1995 auf 1 302 932,16 DM. Sie wurden in voller Höhe an den Haushalt der Freien Universität Berlin abgeführt und sind im Rahmen der Haushaltsrechnung 1995 nachgewiesen.

Zu 3.: Die Einnahmen für den Standort Düppel in Höhe von 3 567 648,85 DM wurden ebenfalls in voller Höhe an den Haushalt der Freien Universität Berlin abgeführt.

Zu 4.: Nein. Neben den unter 3. genannten Einnahmen aus Behandlungsentgelten, die direkt an den Haushalt der Freien Universität Berlin abgeführt wurden, haben die nach der Hochschulnebentätigkeitsverordnung (HNtVO) zur Privatliquidation ermächtigten Veterinärmediziner am Standort Düppel im Jahr 1995 Bruttoeinnahmen (Operations- und Behandlungskosten) in Höhe von 939,45 DM erzielt. Davon wurde entsprechend den Bestimmungen der HNtVO ein Nutzungsentgelt in Höhe von 493,51 DM an die Freie Universität Berlin entrichtet.

Zu 5.: Am 1. Janaur 1996 ist die Erste Verordnung zur Änderung der HNtVO vom 12. Oktober 1995 in Kraft getreten. Mit der Änderungsverordnung wurden die Abgabesätze für stationäre und ambulante Tierbehandlung wie für Behandlungen in sonstigen medizinischen Bereichen angehoben. Eine weitere Anhebung ist derzeit nicht beabsichtigt.

Zu 6.: Die Freie Universität Berlin hat bisher von insgesamt 14 Gebäuden (Tierkliniken und Institute) der Veterinärmedizin am Standort Mitte 3 Gebäude und 4/6 des Hauptgebäudes geräumt und an die Humboldt-Universität zu Berlin zurückgegeben. Diese Flächen werden jetzt von der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät bzw. vom Fachbereich Biologie der Humboldt-Universität genutzt.

Weitere Gebäude werden mit Beendigung der klinischen Ausbildung am Standort Mitte im Jahre 1997 an die Humboldt-Universität zurückgegeben. Auch diese Flächen werden überwiegend der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät (insbesondere für die Nutztierwissenschaften) und dem Fachbereich Biologie zur Verfügung gestellt. Für die Nachnutzung der Klinik für Geburtshilfe gibt es derzeit 3 Varianten (Nutztierwissenschaften, Kleinund Heimtierklinik, Versuchstierstall), über die noch zu entscheiden ist.

6 Gebäude (Langhans-Gerlach-Bau, Ostertag-Haus, Tierstall Mikrobiologie, Sektionsgebäude Pathologie, 2/6 des Hauptgebäudes und ca. 44 % des Abderhalden-Hauses) werden längerfristig noch von veterinärmedizinischen Einrichtungen genutzt. Diese vom Fachbereich Veterinärmedizin am Standort Mitte genutzten Gebäude werden von der Freien Universität Berlin ­ abhängig von der Fertigstellung der Bauten in Düppel (Vorklinik, sogenanntes Vierer-Institut und Klinisch-theoretische Fächer) ­ Zug um Zug freigemacht werden. Im Hinblick auf die finanzielle Situation des Landes Berlin können Termine derzeit nicht genannt werden. Mit der Fertigstellung des Vierer-Instituts als erstem Bauabschnitt wird jetzt erst nach dem Jahre 2000 gerechnet. Daher sind für diese 6 Gebäude noch keine Nachnutzungsentscheidungen getroffen worden.

Zu 7.: Die Nutzung der Pferdeställe am Standort Mitte des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin durch die Polizeireiter ist Bestandteil konzeptioneller Einsatzüberlegungen gewesen. Ob und wann von welchem Standort aus Polizeireiter künftig im Innenstadtbereich eingesetzt werden, ist noch nicht entschieden.

Zu 8.: Die von der Freien Universität Berlin entwickelte Zielplanung für den Ausbau der Veterinärmedizin in Düppel entspricht den Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu einer künftigen Planung der Veterinärmedizin in Berlin. Sie paßt sich der Flächenplanung des Bezirkes Zehlendorf für den „Landschaftspark Düppel" an.

Damit entspricht sie der auch in anderen Bundesländern geplanten oder bereits vorgenommenen Verlegung von Tierkliniken außerhalb der Stadtzentren.