Innere Sicherheit in Neukölln und Kreuzberg

Ich frage den Senat:

1. Welche sicherheitspolitischen Strukturprobleme, Problemfelder und Brennpunkte gibt es gegenwärtig jeweils in den innerstädtischen Polizeiabschnitten 52 bis 55 in Neukölln und Kreuzberg?

2. Wieviel Kontaktbereiche gibt es jeweils in den genannten Polizeiabschnitten, und welche Erfahrungen haben die Kontaktbereichspolizisten gemacht, um Sicherheitsprobleme zu bekämpfen?

3. Wie hoch ist die Zahl der Straftaten und der Polizeieinsätze, einschließlich Art und Struktur, jeweils in den Polizeiabschnitten jährlich seit 1992? Wie hat sich die Aufklärungsquote entwickelt?

4. Welche Maßnahmen werden in den genannten Polizeiabschnitten angewandt, um gegen Kriminalitäts-Brennpunkte vorzugehen?

5. Welche Personalstärke und Personalstruktur haben jeweils die Polizeiabschnitte 52 bis 55, und wieviel Personalstellen sind davon gegenwärtig nicht besetzt?

6. Welche Personalentwicklung ist für die kommenden Jahre vorgesehen?

7. Wie beurteilt der Senat gegenwärtig die Sicherheitslage im Volkspark Hasenheide, im Körnerpark sowie an der Lessinghöhe/Thomashöhe?

8. Wie beurteilt der Senat die Zusammenarbeit zwischen den Bezirksämtern und der Polizei? Hält der Senat die baldige Einrichtung von „ Hierbei spielen das Verhältnis des deutschen und des nichtdeutschen Bevölkerungsanteils sowie die Integration der einzelnen Bevölkerungsschichten und -gruppen in das tägliche Leben eine nicht zu unterschätzende Rolle. So ist Kreuzberg, gemessen an der Gesamteinwohnerzahl, inzwischen zum größten Stadtgebiet mit türkischer Bevölkerung außerhalb der Türkei geworden; der Gesamtausländeranteil an der Kreuzberger Bevölkerung (155 383 Einwohner) beträgt 33,4 % (51 947 Ausländer). Im Bereich des Abschnitts 52 liegt der Anteil der Ausländer bei 29,0 % (18 753 Ausländer), im Bereich des Abschnitts 53 bei 36,6 % (33 194 Ausländer) ­ jeweils Stand 31. Dezember 1995.

In den Abschnitten 54 und 55 (Neukölln) beträgt der Anteil nichtdeutscher Bevölkerung 28,0 % bzw. 40,4 % (26 085 bzw. 22 548 Ausländer) bei einer Abschnittseinwohnerzahl von 93 274 bzw. 74 062.

Im Bezirk Kreuzberg beträgt der Anteil der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger ca. 28 %, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Hier treffen auf engstem Raum die sozialen Unterschiede der jeweiligen Bevölkerungsschichten und -gruppen aufeinander.

Kriminalitätsbrennpunkte:

- A 52: Straßenzüge Hasenheide/Gneisenaustraße/Yorckstraße/Mehringdamm (Straßenkriminalität)

- A 53: Kottbusser Tor und Umgebung (Betäubungsmittel- und Begleitdelikte) Gesamtbereich SO 36 (Wohnungs- und Geschäftseinbrüche, Raubtaten, Kfz-Delikte) Bereich Stresemannstraße/Köthener Straße (Kfz-Delikte)

- A 54: Hermannplatz (illegaler Zigarettenhandel)

- A 55: Volkspark Hasenheide (Betäubungsmittel- und Begleitdelikte)

Die Kontaktbereichsbeamten (KoBB) haben neben zahlreichen anderen Aufgaben den Dauerauftrag, mit in der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung tätig zu werden. Sie kommen diesem Auftrag permanent nach, indem sie engen Kontakt zum Bürger und zu Gewerbetreibenden pflegen, mit ihrer ständigen Präsenz das subjektive Sicherheitsgefühl des Bürgers stärken und durch Auswertung der Strafanzeigen sowie eigene Lagebeurteilung regelmäßig Gruppen- und Einzelberatungsgespräche durchführen. Diese Präventivmaßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung führt jeder Kontaktbereichsbeamte in seinem Bereich selbständig durch, wobei er auf Grund enger Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei, z. B. durch Mitteilung vorhandener aktueller Erkenntnisse über Deliktsbrennpunkte, -häufigkeit, -begehungsformen und sonstiger Hinweise, sowie entsprechender Informationsblätter des kriminalpolizeilichen Beratungsdienstes eine fachspezifische Unterstützung erfährt. Des weiteren werden regelmäßig Verdachtskataloge zu bestimmten Deliktsarten wie Einbruch, Diebstahl, Überfall, Betrug und zu sonstigen Delikten von den Fachdienststellen der Kriminalpolizei erstellt und den Kontaktbereichsbeamten zur Durchführung der vorbeugenden Beratungsgespräche zur Verfügung gestellt.

Bei sich abzeichnenden Kriminalitätsbrennpunkten werden unter Einbeziehung der örtlichen Kenntnisse des KoBB durch verschiedene Dienststellen der Schutz- und Kriminalpolizei entsprechende schwerpunktmäßige Maßnahmen durchgeführt.

In den letzten Monaten wurden im Bereich der Direktion 5 ca. 260 Beratungsgespräche im Rahmen der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung von KoBB durchgeführt. Die KoBB haben die Erfahrung gemacht, dass die Beratungsgespräche von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen werden.

Zu 3.: Im räumlichen Bereich der A 52 bis A 55 handelt es sich bei den hier auftretenden Straftaten um Delikte der Straßenkriminalität. Zu nennen sind hier insbesondere Wohnungseinbrüche, Jugendgruppengewalt, Straßenraub, Fahrraddiebstahl und Delikte rund um das Kfz. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zeigt derzeit eine noch nicht gesicherte rückläufige Tendenz der Delikte der Straßenkriminalität bei gleichzeitig steigender Aufklärungsquote. Anhand der für die betroffenen Abschnitte ausgewerteten Strafanzeigen der Jahre 1993 bis 1995 lässt sich eine abschnittsbezogene Aufklärungsquote nicht nennen; hier muß auf das Material für die gesamte Direktion zurückgegriffen werden. Der Rückgang der Straßenkriminalität in den genannten Abschnitten stellt sich anhand der bekanntgewordenen Fälle (Eingangsstatistik) wie folgt dar:

Die Direktion 5 liegt mit dieser Aufklärungsquote an der Spitze aller Direktionen.

Die Kriminalitätsbekämpfung wird als gemeinsame Aufgabe von Schutz- und Kriminalpolizei angesehen und steht unter der Federführung des Referats Verbrechensbekämpfung (Ref VB).

Die einzelnen Abschnitte werden durch ständigen Informationsaustausch in die Lage versetzt, ihre eigenen Kräfte (z. B. Streifendienst Verbrechensbekämpfung) lageangepaßt einzusetzen; gezielte Unterstützung erfahren sie dabei von Kräften der Bereitschaftspolizei, der Direktionshundertschaft und der Operativen Gruppen (OG) der Referate Verbrechensbekämpfung und Öffentliche Sicherheit (z. B. Fahndungsgruppe, OG Wohnungseinbruch, OG Jugendgruppengewalt, OG SO 36). Daß sich diese der jeweiligen Kriminalitätsentwicklung angepaßten Operativen Gruppen bewährt haben, belegen beispielhaft die rückläufigen Fallzahlen und die Erhöhung der Aufklärungsquote bei besonders schwerem Diebstahl aus Wohnungen: Rückgang I. Quartal 1996 zum I. Quartal 1995 um 123 Taten (ca. 18 %) bei gleichzeitigem Anstieg der Aufklärungsquote auf 22,5 %.

Zu 5. Danach wird es mit der extern begleitenden Umsetzung und Fortführung der Polizeistrukturreform weitere organisatorische und aufgabenkritische Untersuchungen der einzelnen Bereiche mit dem Ziel geben, auch z. B. durch die Straffung der Funktionsdienste der Abschnitte den Außendienst zu stärken.

Personalentwicklung hat darüber hinaus zum Ziel, das Leistungsvermögen der Mitarbeiter zu verbessern. Neben den hier nicht zur Disposition stehenden Maßnahmen der Aus- und Fortbildung wird durch höherwertige Stellenverlagerungen auch in Abschnitten der Dir 5 eine deutliche Effizienzsteigerung der Arbeit angestrebt. Der Einführung der zweigeteilten Laufbahn und den erhöhten Qualitätsanforderungen wird dabei Rechnung getragen. Insbesondere der Abschnitt 53, aber auch der Abschnitt Nr. 52 sind in der Belastungsreihenfolge aller Abschnitte unter den führenden Abschnitten vertreten. Hier wurden neben der Entwicklung der Straßenkriminalität und den vorliegenden Einsatzzahlen auch die künftigen Bevölkerungsentwicklungen und die veränderte Infrastruktur berücksichtigt.

Zu 7.: Seit geraumer Zeit ist im Volkspark Hasenheide eine eigenständige Betäubungsmittelszene zu verzeichnen, deren Aktivitäten insbesondere mit Eintritt der wärmeren Jahreszeit zunehmen und den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln, Sexualdelikte, Vandalismus sowie Raubtaten umfassen.

Als Tätergruppen im Zusammenhang mit dem Handel von Haschisch treten dabei vorwiegend Personen aus dem karibischen, US-amerikanischen und arabischen Raum auf, während der Handel mit sogenannten harten Drogen (Heroin) von türkischen und arabischen Gruppen beherrscht wird. Im Jahr 1996 wurde dazu bislang ein versuchtes Tötungsdelikt verzeichnet.

Verstärkte polizeiliche Überwachung durch uniformierte und zivile Kräfte, Betreuung von Veranstaltungen und gezielte Einsätze verschiedener Gliederungseinheiten der Dir 5 bewirkten eine Beruhigung der Lage.

Die Sicherheitslage im Körnerpark sowie in der Lessinghöhe/ Thomashöhe wird vorwiegend durch Ordnungswidrigkeiten (nicht angeleinte Hunde) sowie Sachbeschädigungen an dort vorhandenen Einrichtungen (insbesondere Parkbänke, Gehwege) und Gewächsen beeinträchtigt. Im Jahr 1996 sind dort bislang zwei Raubtaten verübt worden. Diese Bereiche stellen insofern keine besonderen sicherheitsrelevanten Brennpunkte dar.

Zu 8.: Die Bezirksämter und die Polizei arbeiten unter Wahrung ihrer Zuständigkeit auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit eng zusammen. Notwendige Informationen werden auf institutionalisierten, aber auch auf sich in der praktischen Arbeit herausgebildeten

Wegen ausgetauscht. Anlaßbezogen werden auch gemeinsame Maßnahmen durchgeführt.

Die Bildung des Modellprojekts „Ortsteilbezogenes Sicherheitsforum", in dem auf örtlicher Ebene Behörden, Organisationen und Bürger ehrenamtlich zusammenarbeiten, um ortsspezifisch Kriminalitätsbekämpfungsstrategien zu entwickeln (siehe Koalitionsvereinbarung zwischen der CDU und SPD vom 25. Januar 1996, Seite 63), wurde auf der 8. Sitzung der Landeskommission „Berlin gegen Gewalt" am 2. April 1996 beschlossen. Demnach sollen zuerst in den Bezirken Neukölln und Friedrichhain die „Ortsteilbezogenen Sicherheitsforen" erprobt werden, um Erfahrungen für die spätere Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet sammeln zu können. Wann die Bildung dieses Modellprojekts abgeschlossen sein wird und die „Sicherheitsforen" ihre Tätigkeit aufnehmen, kann derzeit zeitlich nicht bestimmt werden.