Amtswiderspruch des Landes Berlin gegen Eigentümereintrag in das Grundbuch

Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass das Land Berlin am 7. Juni 1996 einen Amtswiderspruch gegen die Eigentümereintragung des Grundstücks Weizenweg 57 a in 12683 Berlin angeregt hat?

2. Welche Gründe lagen vor, dem langjährigen Bewohner des Hauses Herrn Dr. S. der sich seit 1971 vergeblich bemühte, das Haus käuflich zu erwerben, über die Senatsverwaltung für Finanzen mitzuteilen, dass er damit rechnen müsse, wieder Mieter seines Hauses zu werden?

3. Ist dem Senat bekannt, dass die Alteigentümerin des Hauses nach einem längeren Briefwechsel auf die Rückgabe verzichtete, weil „es ihr ein Anliegen war, dass nicht Gram und Kummer aus den Folgen der Wiedervereinigung wachse, sondern Erleichterung" und wie bewertet der Senat das?

4. Wie gedenkt der Senat zu würdigen, dass Herr Dr. S. nach seiner Eintragung in das Grundbuch am 19. Mai 1993 alle seine Ersparnisse in sein Haus gesteckt hat?

5. Wie bewertet der Senat diesen Umgang mit den verfassungsmäßig besonders geschützten Eigentumsrechten?

Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1. bis 5.:

Aus Gründen des Datenschutzes und wegen des laufenden Verfahrens über eine Eingabe an den Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses wird die Kleine Anfrage insoweit nicht beantwortet, als durch die Antwort Rückschlüsse auf den Einzelfall und die persönlichen Belange des Betreffenden möglich werden könnten.

Zur Frage des Eintrags eines Amtswiderspruchs gegen einen Eigentümereintrag in das Grundbuch wird folgendes mitgeteilt:

Die nach dem Verkaufsgesetz der DDR vom 7. März 1990 geschlossenen Verträge über den Kauf von Ein- oder Zweifamilienhäusern und den dazugehörenden Wohngrundstücken oder über den Zuerwerb der Grundstücke durch die Nutzer, die bereits Gebäudeeigentümer waren, haben in zahlreichen Fällen und aus unterschiedlichen Gründen den Eigentumserwerb rechtswirksam nicht begründen können.

Unwirksam sind nach der Rechtsprechung zum Beispiel die Kaufverträge, in denen ein dingliches Vorkaufsrecht für den Magistrat von Berlin vereinbart worden ist, da nach § 307 des Zivilgesetzbuches der DDR ein preisgebundenes Vorkaufsrecht nicht zulässig war.

Infolge der Teilnichtigkeit der Regelung des Vorkaufsrechts ist der gesamte Kaufvertrag und damit auch die Einigung über den Eigentumsübergang nach § 68 Absatz 2 ZGB nichtig.

Unabhängig davon, ob in den Verträgen ein Vorkaufsrecht für den Magistrat vereinbart wurde, sind Eigentumsumschreibungen auf Grund des Verkaufsgesetzes vom 7. März 1990 vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 18. Mai 1990 ­ 1. Staatsvertrag ­ in Verbindung mit dem Verfassungsgesetz der DDR vom 21. Juni 1990 unwirksam. Von diesem Zeitpunkt an war den Dienststellen der ehemaligen DDR die mit dem Verkaufsgesetz ausnahmsweise eingeräumte Verfügungsbefugnis, die bis zum Eigentumswechsel im Grundbuch fortbestanden haben muß, über in Volkseigentum überführte Grundstücke aus höherrangigem Recht wieder entzogen worden.

Soweit trotz unwirksamer Kaufverträge die Erwerber dennoch in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden sind, sind die Grundbücher unrichtig. Mit dem Eintrag eines Amtswiderspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs wird zunächst nur festgestellt, dass der Eigentumseintrag mit der wirklichen Rechtslage nicht übereinstimmt. Eine Entscheidung über die endgültige Rechtsbereinigung ist mit dem Eintrag des Widerspruchs nicht verbunden.

Der Widerspruch kann auf Anregung oder Antrag der zuständigen Dienststellen des Landes Berlin oder auch von Amts wegen durch das Grundbuchamt zum Eintrag gelangen.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses vom 24. März 1994 und 22. Juni 1995 werden fehlgeschlagene Käufe zum DDR-Kaufpreis, verbunden mit einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht für Berlin, nachbeurkundet und damit rechtswirksam. Über die Rechtsposition in weiteren, von den Beschlüssen nicht erfaßten, gescheiterten Kaufvertragsfällen wird im Hinblick auf die Bedingungen des Eigentumserwerbs bzw. den Ersatz von Verwendungen das Abgeordnetenhaus noch entscheiden.