Stand der Grundwasserregulierung in Kaulsdorf

Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass das Gebiet um die Elsensiedlung in Kaulsdorf-Süd als Grundwasser-Schadensgebiet eingestuft werden mußte?

Wenn ja, warum ist das Gebiet im Flächennutzungsplan noch als Wohnbaufläche W 4 ohne besondere Hinweise dargestellt?

2. Ist als eine der Hauptursachen für die in den letzten Jahren aufgetretenen und noch zu erwartenden Wasserschäden neben zerstörten beziehungsweise nicht mehr instandgesetzten Drainagen und Gräben und sinkenden Fördermengen im Wasserwerk Kaulsdorf auch die verstärkte Versiegelung von Einzugsflächen auf der Barnimhochfläche, z. B. durch den Großflächigen Wohnungsneubau in Hellerdorf, anzusehen?

3. Ist eine wesentliche Ursache dafür auch darin zu sehen, daß ein Regenwasserhauptsammler von Mahlsdorf-Nord kommend im Elsensee und ein weiterer an der Kohlisstraße/Ecke Sadowastraße, blind enden?

Handelt es sich dabei um Bausünden aus DDR-Zeiten, und wenn ja, wann werden diese korrigiert?

4. Haben die zuständigen Baubehörden im Bezirk Hellersdorf Bauantragsteller auf mögliche Gefahren infolge des steigenden Grund- beziehungsweise Schichtenwassers hingewiesen?

Wenn nein, warum nicht?

5. Ist dem Senat bekannt, dass selbst Hauseigentümer, die entsprechend des bei Bauantragstellung bekannten höchstmöglichen Grundwasserstandes ihre Keller in Betonwannenkonstruktion ausführen ließen, von Schäden betroffen sind, weil das Wasser noch höher gestiegen ist?

6. Sieht der Senat im Zusammenhang mit den Teilfragen 4 und 5 Klagen auf das Land Berlin zukommen beziehungsweise liegen solche schon vor?

Wenn ja, was hat der Senat dagegen unternommen, und wie hoch schätzt der Senat den finanziellen Schaden für das Land Berlin ein?

7. Sind neben der geplanten und umstrittenen Pumpstation zur Grundwasserabsenkung und der verstärkten Förderung des Wasserwerkes auch energiesparende und kostengünstigere Hilfsmaßnahmen wie z. B. die Reparatur beziehungsweise Neuanlage von Gräben und Drainagen geplant?

8. Wird in diesem Jahr noch mit dem Bau der Pumpstation begonnen, für die die Mittel im Nachtragshaushalt für 1996 eingeplant waren?

Wenn nein, warum nicht?

Sind dann die Mittel für 1997 verloren?

9. Sollte es nicht zum Bau der umstrittenen Pumpstation kommen, welche alternativen Hilfsmaßnahmen plant der Senat, und sind dafür die bereits eingeplanten Mittel übertragbar?

10. Gibt es einen Konsens zwischen der zuständigen Senatsverwaltung, dem Bezirk, den Berliner Wasserbetrieben, den Betroffenen und den Naturschutzverbänden über den anzustrebenden höchstzulässigen Grundwasserstand?

Wenn nein, warum nicht?

11. Treffen Informationen zu, dass die Berliner Wasserbetriebe es ablehnen, weiterhin mit hohem Aufwand Grundwassermengen weit über den Bedarf hinaus im Wasserwerk Kaulsdorf zu fördern und dafür an das Land entsprechend Grundwasserentnahmegeld zu zahlen, während das Land bei Inbetriebnahme der geplanten Pumpstation selbst Betreiber werden würde und von diesen Zahlungen befreit wäre?

12. Wurde überhaupt schon ein entsprechendes Beteiligungsverfahren für die Errichtung der umstrittenen Pumpstation im Landschaftsschutzgebiet eingeleitet?

Wenn nein, warum nicht?

13. Ist eine Bereitschaft bei den Betroffenen erkennbar, sich an den Kosten der Maßnahmen zu beteiligen, auch im Hinblick auf eine Werterhaltung beziehungsweise mögliche Wertsteigerung ihrer Grundstücke?

Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1.: In Berlin wurden und werden keine Flächen als „Grundwasserschadensgebiete" eingestuft, da große Gebiete Berlins im Warschau-Berliner Urstromtal liegen und damit im direkten Einflußbereich der Grundwasseroberfläche, die in ihrer Höhenlage unterschiedlich starken natürlichen periodischen Schwankungen unterliegt. Eine Darstellung im FNP ist wegen dieser Schwankungsbreite auch nicht möglich. Eine Berücksichtigung entsprechender Probleme erfolgt auf den nachfolgenden Planungsebenen.

Grundsätzlich kann auch in Gebieten mit sehr hohen Grundwasserständen ­ unter Beachtung der Regeln der Technik so gebaut werden, dass Schäden an Gebäuden ausgeschlossen sind.

In den Gebieten mit aktuell oder potentiell hohen Grundwasserständen können Hausbesitzer ihre Keller selbst gegen drückendes Wasser (Grundwasser) schützen, indem sie während der Baudurchführung sog. „Dichte Wannen" ausführen lassen bzw. nachträglich Innen- oder Außenwannen einbauen lassen.

Zu 2.: Die Hauptursachen des gestiegenen Grundwassers in Hellersdorf sind einerseits die Verringerung der dortigen Grundwasserförderung durch die Berliner Wasserbetriebe (stark reduzierter Wasserverbrauch besonders in den östlichen Bezirken) und andererseits die erhöhten Winter- und Frühjahrsniederschläge der letzten Jahre.

Eine mögliche „künstliche" Versiegelung auf der Barnimhochfläche hat keine oder nur geringe Auswirkungen auf die Grundwasserstände im Urstromtal, da die Böden der Hochfläche ­ entsprechend ihrer geologischen Entstehung für Niederschläge ­ nur gering durchlässig sind und hier somit eine weitgehend „natürliche" Versiegelung vorhanden ist.

Zu 3.: Nein, dies ist nicht als wesentliche Ursache anzusehen. Es ist richtig, dass Regenwasserhauptsammler in dieses Gebiet entwässern. Grundsätzlich würde das auf der Barnimhochfläche abregnende Niederschlagswasser jedoch auch ohne diese Kanalisation auf natürlichem Wege als oberirdischer und unterirdischer Abfluß in das Urstromtal fließen und dort die Grundwasseroberfläche aufhöhen. Um die Grundwasservorräte Berlins (aus denen das gesamte Trinkwasser der Stadt gewonnen wird) zu schützen, ist es nicht sinnvoll, Niederschlagswasser sofort über Kanalsysteme in die Vorfluter abzuleiten und damit der natürlichen Grundwasserneubildung zu entziehen.

Um zumindest das Abwasser aus diesen noch nicht kanalisierten Gebieten abzuleiten, haben die Berliner Wasserbetriebe die entwässerungstechnische Erschließung des Gebietes KaulsdorfSüd/Mahlsdorf-Süd in Angriff genommen. Insgesamt sind in diesem Gebiet rund 95 km Schmutzwasserkanäle einzubauen. Da es sich bei dem in Rede stehenden Einzugsgebiet überwiegend um Wasserschutzzonen handelt, bemühen sich die BWB, diese Kanäle bis zum Jahr 1998 einzubauen. Hierfür sind erhebliche Mittelansätze erforderlich.

Zu 4.: Ja, vor 11/2 Jahren wurde von einer Arbeitsgruppe des Bezirksamtes Hellersdorf unter Leitung des Stadtrates für Gesundheit eine Empfehlung an das Bau- und Wohnungsaufsichtsamt erarbeitet, mit dem Ziel, bei allen Bauvorhaben auf die dortige Grundwasserproblematik hinzuweisen.

Auch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie wurde in gleichem Sinn auf die damalige Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen eingewirkt, bei allen Bauvorhaben die dort zu erwartenden höchsten Grundwasserstände unbedingt zu berücksichtigen.

Zu 5.: Nein, dies ist nicht bekannt. Die hier gemessenen höchsten Grundwasserstände sind in diesem Gebiet noch nicht überschritten. Deshalb können bei Berücksichtigung dieser Werte und entsprechender Sicherheitszuschläge bei sachgerechter Bauausführung auch keine Schäden auftreten.

Zu 6.: Der Senat sieht keine Klagen auf das Land Berlin zukommen.

Wie unter Punkt 1. berichtet, kann auch in Gebieten mit sehr hohen Grundwasserständen ­ unter Beachtung der Regeln der Technik ­ so gebaut werden, dass Schäden an Gebäuden auszuschließen sind. Grundsätzlich gilt, dass für die technisch einwandfreie Baugründung der Bauherr mit seinem Architekten selbst verantwortlich ist.

Zu 7.: Energiesparende Hilfsmaßnahmen wie der Bau von Gräben und Dränagen sind wegen der ungünstigen hydrogeologischen Situation in diesem Gebiet nicht möglich, da eine entsprechende tief liegende natürliche Vorflut zur Ableitung des Wassers fehlt.

Würde man dieses Gebiet künstlich auf ein entsprechend tiefes Niveau (Spreeniveau) absenken, würden sich hier nicht absehbare ökologische Schäden ergeben. Die Neuanlage eines notwendigerweise stark verzweigten Grabensystems und einer flächenhaften Dränage wird auf jeden Fall sehr viel teurer werden als die beabsichtigte Absenkung des Seewasserspiegels auf den dort jahrzehntelang vorherrschenden Wasserstand, an den sich das dortige Ökosystem langfristig angepaßt hat.

Zu 8.: Mit dem Bau der Pumpstation und der Entnahme des Wassers aus dem Habermannsee kann erst nach Erteilung der wasserbehördlichen Befreiung von den Verboten der Schutzzone II, in der sich die Pumpstation befindet, in Verbindung mit dem Abschluß des förmlichen Erlaubnisverfahrens zur Entnahme des Wassers aus dem Habermannsee gemeinsam mit der Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung für dieses Gebiet begonnen werden.

Die Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung wird erst im nächsten Jahr abgeschlossen sein.

Die Mittel für 1997 sind nicht verloren.

Zu 9.: Der Senat geht davon aus, dass die geplante Pumpstation auch ausgeführt wird. Gleichwertige alternative Hilfsmaßnahmen sind nicht erkennbar.

Zu 10.: Nein, da es sich um die Absenkung eines Oberflächengewässers handelt, wird dessen für alle Parteien noch verträglicher Minimalwasserstand Gegenstand des Abwägungsprozesses im förmlichen Erlaubnisverfahren sein.

Zu 11.: Ja.

Zu 12.: Ja.

Zu 13.: Bislang ist der für die Gründung eines Wasserverbandes zuständigen Wasserbehörde ein derartiges Interesse der Betroffenen an einer Beteiligung ebenso wenig bekannt wie andere Beteiligungswünsche.