Beschäftigungsperspektiven im öffentlichen Dienst Berlins

Ich frage den Senat:

1. Wie viele Beschäftigte sind im öffentlichen Dienst Berlins in den Altersgruppen 50 bis 54 Jahre und 55 Jahre und älter tätig (bitte Angaben aufschlüsseln nach Arbeitern, Angestellten und Beamten, Männern und Frauen und nach Hauptverwaltung, Bezirken und mittelbarer öffentlicher Dienst)?

2. Ist der Senat bereit, die Möglichkeiten des Altersteilzeitgesetzes durch tarifvertragliche Regelungen auszuschöpfen?

Wenn ja, wie ist der gegenwärtige Stand der Verhandlungen mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes?

3. Welche Schritte hat der Senat darüber hinaus unternommen, um den Beschluß des Abgeordnetenhauses über eine solidarische Umverteilung von Arbeit im öffentlichen Dienst umzusetzen (Drucksache 13/525)?

4. Ist der Senat in der Lage, die Beschäftigtenstruktur des öffentlichen Dienstes nach den Aufgabenbereichen Allgemeine Dienste (aufgeteilt in Politische Führung und zentrale Verwaltung, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Rechtsschutz), Bildungswesen, Wissenschaft und Kultur, Soziale Sicherung, Gesundheit, Sport und Erholung und Sonstige (s. analog DIW-Bericht 45/95) darzustellen (wenn ja, bitte die Beschäftigtenzahlen für die Jahre 1991 bis 1995 aufschlüsseln)?

Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1.)

Zu 2.: Zur Umsetzung des Altersteilzeitgesetzes für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind Änderungen der bestehenden Tarifverträge, insbesondere bei den zusatzversorgungsrechtlichen Regelungen, notwendig. Die hierfür erforderlichen Tarifverhandlungen sind Ende September 1996 auf Bundesebene aufgenommen worden und werden voraussichtlich Ende November 1996 fortgesetzt. Das Ergebnis dieser Tarifverhandlungen muss abgewartet werden; eigenständige Regelungen Berlins zu den geltenden Tarifverträgen sind nicht möglich.

Zu 3.: Die Vereinbarung von Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, obliegt nach dem Tarifvertragsgesetz den Tarifvertragsparteien und nicht dem Senat von Berlin. Für die Arbeitnehmer des Landes Berlin gelten auf Grund von Übernahmetarifverträgen die von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die Angestellten und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für die Arbeiter vereinbarten Tarifverträge. Das Land Berlin ist auf Grund des Einkommensangleichungsgesetzes aus den genannten Arbeitgeberverbänden ausgeschlossen worden und kann daher keinen Einfluß auf die Tarifgestaltung auf Bundesebene nehmen. Tarifverhandlungen über Fragen der Flexibilisierung von Arbeitszeitvorschriften sind von der TdL/VKA bereits am 22./23. Februar 1996 aufgenommen worden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen, das auch für das Land Berlin verbindlich sein wird, bleibt abzuwarten.

Im übrigen sind nach den geltenden Tarifverträgen schon jetzt Möglichkeiten zu befristeten oder unbefristeten freiwilligen Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich, zur Arbeitszeitflexibilisierung und zum Überstundenausgleich durch Freizeitgewährung gegeben. Der Senat hat dazu eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Arbeitszeitumverteilung, an der auch Vertreter des Hauptpersonalrates, der Gewerkschaften und der Berufsverbände beteiligt sind, eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hat Vorstellungen entwickelt, wie die Arbeitszeitumverteilung erleichtert werden könnte.

In diesem Zusammenhang wurden die Berliner Gewerkschaftsvertreter aufgefordert, folgende Vorschläge in die letzte Tarifrunde einzubringen:

- die jährliche Zuwendung soll beim Übergang in eine Teilzeitbeschäftigung nach Vereinbarung der Arbeitsvertragspartner anstelle der derzeit vorgesehenen Einmalzahlung auf das Jahr verteilt gezahlt werden dürfen, um einen (Teil-)Ausgleich für die Einkommensverminderung wegen der Teilzeitbeschäftigung zu erreichen, und

- die Vergütung für Mehrarbeit sowie Zulagen und Zuschläge sollen auf Wunsch der Arbeitnehmer/-innen in Freizeit umgewandelt werden dürfen (der Ausgleich von Überstunden durch entsprechende Arbeitsbefreiung ist in den tarifvertraglichen Vorschriften ohnehin schon grundsätzlich vorgeschrieben).

Mit diesen Vorschlägen soll das geltende Tarifrecht weiterentwickelt werden, damit Beschäftigungschancen im öffentlichen Dienst durch freiwillige Arbeitszeitverkürzung und Arbeitszeitumverteilung erhalten bleiben und in der gegebenen Situation eines erheblichen Stellenabbaues die unerläßlichen Personalkosteneinsparungen sozialverträglich realisiert werden.

Ein Ergebnis u. a. dieser Anregungen war der Beitrag zur Arbeitszeitflexibilisierung durch eine Verlängerung des Ausgleichszeitraums für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 26 Wochen auf ein Jahr durch Tarifabschluß vom 17. Juli 1996.

Im Mittelpunkt der Tarifrunde 1996 standen nicht arbeitszeitumverteilende Maßnahmen, sondern der Verhandlungsschwerpunkt lag ­ vor allem arbeitnehmerseitig ­ auf einer nominalen Vergütungs- bzw. Lohnerhöhung.

Im übrigen stellt der Senat fest, dass die Elemente zu einer freiwilligen Arbeitszeitumverteilung auf der Grundlage des geltenden Rechts bereits seit 1995 aufbereitet vorliegen, so dass sie für die praktische Anwendung vor Ort geeignet sind. Alle aktuellen Arbeitszeitverkürzungsmodelle können von den Dienstkräften des öffentlichen Dienstes Berlins in Anspruch genommen werden, z. B. Sabbaticals, vollzeitnahe Teilzeitmodelle mit Blockfreizeiten, gleitende Ein- und Ausstiege, persönliche Zeitkonten. Die Beschäftigten werden durch umfangreiche Informationen und Beratungen bei der Inanspruchnahme unterstützt. Insbesondere männliche Beschäftigte sowie die Leitungs- und Führungskräfte sind aufgefordert, die neuen Teilzeitmodelle wahrzunehmen.

Die mit den neuen und flexiblen Arbeitszeitmodellen einhergehenden Organisationsveränderungen und -entwicklungen sind ein unmittelbarer Beitrag zur Umsetzung der Berliner Verwaltungsreform und zum Ausbau bürgernaher Angebote.

Zum weiteren Ausbau einer leistungsfähigen und modernen Verwaltung gehört auch die Verpflichtung zur Förderung einer qualitativ hochwertigen und quantitativ bedarfsgerechten Ausbildung. Der Senat hat bereits Maßnahmen beschlossen mit dem Ziel, ungeachtet der Einsparerfordernisse im Personalbereich die Zahl der zur Neubesetzung bereitgestellten Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst Berlins möglichst aufrechtzuerhalten und die Ausbildungsquote von mindestens 4 % aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus hat der Senat Vorkehrungen getroffen, um Berufsausbildungen, die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes nachgefragt werden (z. B. Kauffrau/-mann für Bürokommunikation), auch über den Bedarf zu fördern.

Der Senat hat bereits im Rahmen der Teilzeitoffensive die Änderung bundesrechtlicher Regelungen initiiert und wird dies auch weiterhin unterstützen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist damit beauftragt worden, die Änderung rentenrechtlicher Regelungstatbestände dahingehend zu prüfen, inwiefern der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht nach dem tatsächlichen beitragspflichtigen Einkommen aus der Teilzeitbeschäftigung, sondern nach dem fiktiven Einkommen einer 90 %igen Vollzeitbeschäftigung bemessen werden könnte.

Die Anpassung der VBL baut dann auf dem (geänderten) Sozialversicherungsrecht auf.

Zu 4.: Der Personalstand des öffentlichen Dienstes wird bundeseinheitlich zum Stichtag 30. Juni eines jeden Jahres erhoben und enthält auch eine Gliederung „analog DIW Bericht 45/95". Im vom Statistischen Landesamt Berlin für die „Landesverwaltung von Berlin" unter der Gliederungsnummer „L III 2 ­ j xx" („xx" ist die jeweilige Jahreszahl) veröffentlichten Statistischen Bericht sind die erfragten Angaben in den Tabellen 5.1 bis 5.2.2 enthalten.

Wegen des Umfangs ­ 6 Seiten je Jahr ­ sieht der Senat davon ab, diese Tabellen beizufügen.