Das Verhältnis des Finanzamts zum Steuerschuldner wird durch diese Regelungen nicht

Jahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats

399 Nach der für den Prüfungszeitraum geltenden Fassung des § 1 Abs. 1 ZerlG steht der Anspruch auf die Einkommen- oder die Körperschaftsteuer für ein Kalenderjahr unmittelbar dem Bundesland zu, in dem der Steuerpflichtige am 10. Oktober dieses Jahres seinen Wohnsitz oder den Ort seiner Geschäftsleitung hat. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz oder den Ort der Geschäftsleitung in ein anderes Bundesland, hat das nicht steuerberechtigte Bundesland die ihm zugeflossenen Steuerbeträge an das steuerberechtigte Bundesland zu überweisen, sofern diese mehr als 50 000 DM je Kalenderjahr betragen. Das steuerberechtigte Bundesland kann diese Ansprüche nur bis zum Ablauf des dritten auf die Vereinnahmung der Steuer folgenden Kalenderjahres geltend machen.

Das Verhältnis des Finanzamts zum Steuerschuldner wird durch diese Regelungen nicht berührt.

Die Berliner Steuerverwaltung überwacht die Steuerberechtigung nach § 1 ZerlG nicht zentral. Die Überwachung im Einzelfall obliegt der zuständigen festsetzenden Stelle des jeweiligen Finanzamts, die das Finanzamt im anderen Bundesland über den Steueranspruch bzw. die Überweisungsverpflichtung des Landes Berlin zu unterrichten hat. Das Finanzamt hat diese Fälle so lange zu überwachen, bis die Steuerberechtigung für alle in Betracht kommenden Kalenderjahre geklärt und die hierzu notwendigen Arbeiten abgeschlossen sind. In den Fällen, in denen von vornherein eindeutig erkennbar ist, dass ein Steueranspruch bzw. eine Überweisungsverpflichtung des Landes Berlin nicht besteht, genügt ein kurzer schriftlicher Hinweis hierauf.

Bedeutung erlangen die Regelungen zur unmittelbaren Steuerberechtigung nach § 1 ZerlG sowohl bei der Abgabe eines Steuerfalls an das Finanzamt eines anderen Bundeslandes als auch bei der Übernahme eines Steuerfalls von einem solchen Finanzamt. Es sind hierbei drei Fallgestaltungen der Steuerberechtigung zu unterscheiden: Anforderung bzw. Überweisungsverpflichtung von

- Vorauszahlungen,

- Erstattungsbeträgen oder

- vereinnahmten Steuern für zurückliegende Kalenderjahre.

Hat ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz oder den Ort seiner Geschäftsleitung in ein anderes Bundesland verlegt, Vorauszahlungen aber noch an das nach § 1 ZerlG nicht steuerberechtigte Bundesland geleistet und steht die Veranlagung für das entsprechende Kalenderjahr bei Übernahme der Akten noch aus, so hat das übernehmende Finanzamt von dem abgebenden Finanzamt des nicht mehr steuerberechtigten Bundeslandes die Vorauszahlungen anzufordern. Die Finanzämter haben es versäumt, solche Ansprüche des Landes Berlin von 6,4 Mio. DM geltend zu machen. So hatte es ein Finanzamt beispielsweise in einem Fall unterlassen, das genaue Datum der Wohnsitzverlegung zu ermitteln. Auf einen entsprechenden Hinweis des Rechnungshofs hat das Finanzamt dann festgestellt, dass der Steuerpflichtige bereits zum 1. September 1994 seinen Wohnsitz nach Berlin verlegt hatte. Mithin war das Land Berlin schon für das Kalenderjahr 1994 steuerberechtigt; das Finanzamt konnte so die noch an das nicht steuerberechtigte Bundesland geleisteten Vorauszahlungen für das Kalenderjahr 1994 von fast 950 000 DM für das Land Berlin vereinnahmen.

Bei erstmaliger Veranlagung der Einkommen- und Körperschaftsteuer nach der Aktenübernahme durch das Finanzamt des nunmehr zuständigen Bundeslandes sind die einem Steuerpflichtigen zu erstattenden Beträge für zurückliegende Jahre, für die das Bundesland des übernehmenden Finanzamts noch nicht steuerberechtigt war, von dem für diese Jahre steuerberechtigten Bundesland zu ersetzen. Die Finanzämter haben dies nicht beachtet, obwohl Erstattungsfälle in dieser Größenordnung ohnehin besonders eingehend zu überprüfen sind. Insgesamt haben es die Finanzämter in sechs Fällen unterlassen, den dem Land Berlin zustehenden Ansprüchen von mehr als 740 000 DM nachzugehen.

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404 Bei der Übernahme von Steuerfällen, bei denen das abgebende Finanzamt des vormals zuständigen Bundeslandes noch Steuerfestsetzungen für Jahre durchgeführt hat, für die es nicht mehr steuerberechtigt war, hat das Finanzamt des nunmehr zuständigen Bundeslandes die festgesetzten Beträge, soweit sie vereinnahmt worden sind, rückwirkend vom abgebenden Finanzamt des nicht mehr steuerberechtigten Bundeslandes anzufordern. Die Finanzämter hatten Beträge von mehr als 380 000 DM nicht geltend gemacht.

Wegen der Mindestgrenze von 50 000 DM nach § 1 Abs. 3 ZerlG bestand lediglich bei 22 der untersuchten 1 140 Fälle die Verpflichtung, einem Steueranspruch bzw. einer Überweisungsverpflichtung nachzugehen. Trotz dieser verhältnismäßig geringen Anzahl von Fällen haben die fünf Finanzämter in keinem Fall die Steuerberechtigung des Landes Berlin den Verwaltungsanweisungen entsprechend überprüft. Allein bei diesen Fällen wären dem Land Berlin ohne die Hinweise des Rechnungshofs 7,6 Mio. DM verlorengegangen.

Auch bei der Abgabe von Akten eines Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflichtigen an das Finanzamt eines anderen Bundeslandes ist vom abgebenden Berliner Finanzamt festzustellen, ob ein Steueranspruch bzw. eine Überweisungsverpflichtung des Landes Berlin besteht. Diese Prüfung ist auf der Abgabeverfügung zu dokumentieren. Sie verbleibt bei dem abgebenden Berliner Finanzamt. Bei gut drei Viertel der 1 344 geprüften Abgabeverfügungen wurde dies nicht beachtet, und Bearbeitungshinweise wurden unterlassen. Daher war in den meisten Fällen nicht mehr feststellbar, ob die Finanzämter eine Prüfung der unmittelbaren Steuerberechtigung vorgenommen hatten. Da es sich um Abgabefälle handelte, lagen die Akten den Finanzämtern im Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof nicht mehr vor. Ohne zusätzliche Sachverhaltsaufklärung war im nachhinein nicht erkennbar, ob und in welchem Umfang ein Steueranspruch bzw. eine Überweisungsverpflichtung des Landes Berlin bestanden hat oder noch besteht. Der Rechnungshof hat daher die Finanzämter aufgefordert, die unterbliebenen Prüfungen nachzuholen. Die Finanzämter haben diese Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Bisher haben sie jedoch bereits Steueransprüche des Landes Berlin von 15,7 Mio. DM und Überweisungsverpflichtungen an andere Bundesländer von 11,9 Mio. DM ermittelt. Allein in einem Fall wurde versäumt, einen Steueranspruch des Landes Berlin von 7 Mio. DM geltend zu machen.

Im Ergebnis haben die Finanzämter allein bei den geprüften Abgabe- und Übernahmefällen unmittelbare Steueransprüche Berlins von 11,4 Mio. DM erst auf Veranlassung des Rechnungshofs geltend gemacht. Zurückzuführen sind die festgestellten Mängel hauptsächlich auf Unkenntnis der zuständigen Bearbeiter. So haben die vom Rechnungshof befragten Dienstkräfte zumeist erklärt, dass sie weder die einschlägigen Verwaltungsanweisungen noch die für die Geltendmachung der Ansprüche notwendigen Vordrucke kennen. Diese Unkenntnis dürfte auch bei den Dienstkräften der anderen Berliner Finanzämter vorherrschen. Daher sind entsprechende Schulungsmaßnahmen unabdingbar. In Anbetracht der verhältnismäßig geringen Anzahl der in Frage kommenden Fälle (vgl. T 405) ist es zweckmäßig, künftig die Überwachung und Bearbeitung der Steuerberechtigung nach § 1

ZerlG innerhalb der Finanzämter zu zentralisieren. So könnte die Sachkompetenz konzentriert und der notwendige Schulungsaufwand reduziert werden.

Zu T 407:

Die vom Rechnungshof empfohlene Schulung der Dienstkräfte hält die Senatsverwaltung für Finanzen nicht für erforderlich.

Wie der Rechnungshof ausführt, stellt sich das Problem der Zerlegung nur in einer vergleichsweise geringen Zahl von Fällen.

Rechtliche Probleme hinsichtlich der Anwendung der Vorschriften des Zerlegungsgesetzes bestehen nicht, sondern verbesserungsbedürftig ist das Problembewusstsein der Dienstkräfte.

Durch Erlass einer detaillierten Rundverfügung und durch Änderung des Zeichnungsrechts trägt die Oberfinanzdirektion Berlin diesem Gedanken Rechnung.

Die vom Rechnungshof von Berlin angeregte Zentralisierung bei der Überwachung und Bearbeitung der Steuerberechtigung nach § 1 Zerlegungsgesetz ist von der Oberfinanzdirektion Berlin geprüft worden. Wegen der geringen Zahl der Fälle wird eine Zentralisierung nicht befürwortet, sondern die Verwaltung geht davon aus, dass die Verfahrensregelungen in der neu gefassten Rundverfügung eine ordnungsgemäße Erledigung der Zerlegungsfälle auf dem zuständigen Veranlagungsplatz gewährleisten.

Auch ist es geboten, die Arbeitsabläufe zu verbessern und

­ soweit möglich ­ durch IT zu unterstützen. Beispielsweise könnte die Oberfinanzdirektion Berlin veranlassen, daß sowohl bei Aktenabgaben als auch bei Aktenübernahmen mit Steuerbeträgen von mehr als 50 000 DM je Kalenderjahr maschinell Prüfhinweise herausgegeben werden, die auf die Notwendigkeit der Anspruchsprüfung nach § 1 ZerlG hinweiZu T 408:

Die Oberfinanzdirektion Berlin hat geprüft, ob die Bearbeitung der Zerlegungsfälle durch Ausgabe von Prüfhinweisen maschinell unterstützt werden kann. Mit der o. a. Rundverfügung werden u. a. Verfahrensänderungen bei Aktenabgaben an ein anderes Bundesland und Aktenübernahmen von einem anderen BundesJahresbericht des Rechnungshofs Stellungnahme des Senats land neu geregelt. Nach Auffassung der Steuerverwaltung reichen diese Regelungen für eine im Anschluß an das förmliche Abgabe-/Übernahmeverfahren erforderliche Überwachung, ob der dem Land Berlin zustehende Anspruch tatächlich von einem anderen Land erfüllt wird, aus. Von der Herausgabe der ursprünglich angedachten maschinellen Unterstützung durch Ausgabe von Prüfhinweisen wird deshalb abgesehen.

Eine maschinelle Unterstützung der Wiedervorlagen ist zur Zeit im Hinblick auf die geringe Zahl der Fälle nicht vorgesehen.

Eine solche Unterstützung wird in Erwägung gezogen, sobald im Rahmen des FISCUS-Projektes Anwendungen zur Verfügung stehen, die in allen Bereichen eine maschinelle Unterstützung zur Überwachung von Wiedervorlagen vorsehen. sen. Auch eine IT-überwachte Wiedervorlage wäre zweckmäßig, da die Fälle vom Finanzamt so lange zu überwachen sind, bis die Steuerberechtigung für alle in Betracht kommenden Kalenderjahre abschließend geklärt ist.

Der Rechnungshof beanstandet, dass die Oberfinanzdirektion nach den von ihm bereits auch 1994 festgestellten Mängeln bei der Umsetzung des § 1 ZerlG nicht sichergestellt hat, daß diese Steuern in vollem Umfang dem Haushalt Berlins zufließen. Sie hätte damit verhindern können, dass Steueransprüche des Landes Berlin in Millionenhöhe gefährdet sind. Allein durch die verspätete Geltendmachung unmittelbarer Steueransprüche Berlins von 11,4 Mio. DM bei den geprüften Finanzämtern sind dem Land Berlin durch die notwendige vorzeitige Kreditaufnahme erhebliche vermeidbare Zinsbelastungen entstanden.

Zu T 409:

Die Feststellungen des Rechnungshofs rühren aus einer Prüfung des Finanzamts für Körperschaften II aus der Zeit November 1993 bis Februar 1994. Soweit im Rahmen dieser Prüfung Feststellungen zu der Bearbeitung von Zerlegungsfällen getroffen wurden, hat das Finanzamt hierauf reagiert und Hinweise zur Bearbeitung in einer Amtsverfügung zusammengestellt. Sämtliche Zerlegungsfälle wurden ermittelt und bearbeitet. Die Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs bezogen sich auf Einzelfälle. Eine über den Bereich des Finanzamts für Körperschaften II hinausgehende Bedeutung dieser Feststellungen war nach damaligen Erkenntnissen nicht anzunehmen.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat gegen die Feststellungen des Rechnungshofs keine Einwendungen erhoben. Sie hat seine Vorschläge aufgegriffen und begonnen, sie umzusetzen. Der Schriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen.

Zu T 410:

Es handelt sich um eine Sachverhaltsdarstellung, zu der keine Stellungnahme erforderlich ist.

c) Zu aufwendige Arbeitsorganisation und überhöhte Personalausstattung beim Finanzamt Neukölln-Nord

Die Steuerverwaltung hat die Arbeitsabläufe bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger zu aufwendig organisiert. So hat das Finanzamt Neukölln-Nord für etwa 6 500 Steuerpflichtige jeweils ein Speicherkonto eingerichtet und Steuerakten angelegt, obwohl diese Steuerpflichtigen keine Steuerbeträge zu entrichten hatten.

Durch eine effiziente Arbeitsorganisation hätte das Land Berlin Personalausgaben von jährlich mindestens 360 000 DM einsparen können.

Der hierzu folgende Beitrag wurde federführend von der Senatsverwaltung für Finanzen erstellt.

Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind gemäß § 1 Abs. 4 Einkommensteuergesetz beschränkt einkommensteuerpflichtig. Die Einkommensteuer wird ­ je nach der Art der Einkünfte ­ entweder durch Steuerabzug (Einbehaltung an der Einkunftsquelle) oder im Wege der Steuerfestsetzung erhoben. Sie bemißt sich nach der Grundtabelle, beträgt jedoch mindestens 25 v. H. des Einkommens.

Zu T 411 und 412:

Es handelt sich um Sachverhaltsdarstellungen, zu denen Stellungnahmen nicht erforderlich sind.

Seit dem 1. Januar 1997 obliegt dem Finanzamt NeuköllnNord die Veranlagung der beschränkt Steuerpflichtigen für die Berliner Steuerverwaltung. Es hat diesen Aufgabenbereich und das dort eingesetzte Personal von dem zum 31. Dezember 1996 aufgelösten Finanzamt für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern übernommen; die Organisationsstrukturen hat es weitgehend beibehalten. Für die Bearbeitung der insgesamt etwa 12 500 Steuerfälle stehen derzeit rechnerisch 12,1 Dienstkräfte zur Verfügung. Die jeweilige Steuerfestsetzung erfordert zumeist nur ganz geringen Arbeitsaufwand, weil mehr als 90 v. H. der Steuerpflichtigen (etwa 11 600 der 12 500 Steuerfälle) ausschließlich Einkünfte aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft oder Personengesellschaft erzielen. Bei diesen Fällen erhält das Finanzamt Neukölln-Nord von dem für die Gemeinschaft bzw. Gesellschaft zuständigen Finanzamt eine Mitteilung über die Höhe der auf den einzelnen Beteiligten entfallenden Einkünfte.