Steuer

Vorblatt Vorlage ­ zur Beschlussfassung ­ über Abbau von Investitionshemmnissen bei der Vergabe von landeseigenen Gewerbegrundstücken in Berlin

A. Problem Grundstückskaufverträge Berlins enthalten Bindungen und Sanktionsmechanismen, die bei bestimmten Bauvorhaben inzwischen gelockert werden können oder entbehrlich sind und aus objektiven Gründen kaum eine Wirkung haben.

B. Lösung: Öffentlich ausgeschriebene Gewerbegrundstücke werden, sofern nicht besonders dringliche Interessen des Landes Berlin dem entgegenstehen, ohne besondere Verpflichtungen und Bindungen verkauft.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann bei einer Direktvergabe auf das Regelungsinstrument der Nutzungsbindung verzichtet werden, selbstständig nicht verwertbare Arrondierungsgrundstücke werden ohne jegliche Bindung veräußert.

C. Alternative Keine.

D. Kosten:

Der Abbau von Investitionshemmnissen eröffnet die Möglichkeit der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze in Berlin und lässt eine erhöhte Einnahme aus Grundstücksverkäufen und wachsende Steuereinnahmen erwarten.

E. Zuständigkeit Zuständig ist die Senatsverwaltung für Finanzen und die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie.

Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28.

Vorlage ­ zur Beschlussfassung ­ über Abbau von Investitionshemmnissen bei der Vergabe von landeseigenen Gewerbegrundstücken in Berlin

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Bei der Vermarktung von Gewerbegrundstücken gilt allgemein der Grundsatz der Ausschreibung. Direkte Vergaben sind darüber hinaus möglich.

Bei Gewerbegrundstücken, die öffentlich ausgeschrieben werden, erfolgt der Verkauf im Bereich der gewerblichen Dienstleistungen ohne besondere Verpflichtungen und Bindungen, sofern nicht besonders dringliche Interessen des Landes Berlin dies im Einzelfall geboten erscheinen lassen. Bei Ausschreibung von Grundstücken im Bereich des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes wird an den Instrumentarien Bauverpflichtung und Nutzungsbindung festgehalten.

Das an die Nutzungsbindung gekoppelte Wiederkaufsrecht wird auf einen Zeitraum von 10 Jahren befristet.

Sofern landeseigene Gewerbegrundstücke in Berlin direkt vergeben werden, wird auf eine vertraglich festgelegte Nutzungsbindung verzichtet, sofern

- die beabsichtigte Bebauung eine anderweitige Nutzung nicht zulässt bzw. eine verbindliche, eine andere Nutzung nicht zulassende Bauleitplanung vorliegt oder

- beim Kauf eines Gewerbegrundstückes durch einen Erbbauberechtigten die bestehende Bebauung eine andere Nutzung nicht ermöglicht bzw. eine verbindliche, eine andere Nutzung nicht zulassende, Bauleitplanung vorliegt.

Die durch den Wegfall der Nutzungsbindung in den dargestellten Fällen entbehrlichen Sicherungsinstrumente Grundschuld für Vertragsstrafe und Auflassungsvormerkung für Wiederkauf sicherten in der Vergangenheit auch die Genehmigungspflicht für eine Weiterveräußerung an Dritte. Um eine Weiterveräußerung aus Spekulationsgründen zu verhindern, erhalten die entsprechenden Verträge eine Wertabschöpfungsklausel für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Erfüllung der Bauverpflichtungen.

Bei der Direktvergabe eines selbstständig nicht bebaubaren Gewerbegrundstückes zu Zwecken der Arrondierung werden Bauverpflichtung, Nutzungsbindung und Vorkaufsrecht nicht mehr im Vertrag verankert, das Grundstück ist frei von Rechten Berlins.

Die Vergabe von Gewerbegrundstücken Berlins im Rahmen der Gewerbe- und Industrieansiedlung hat vorrangig Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu ermöglichen sowie Einnahmen für den Haushalt zu erzielen. Die Vertragsbedingungen und das Vergabeverfahren haben sich daran zu orientieren.

Durch eine Straffung der Verträge und Verfahrensabläufe wird ein marktgerechtes, zügiges, am Kunden orientiertes Grundstücksmanagement geschaffen.

Grundstücke, die für die Gewerbe- und Industrieansiedlung geeignet sind, werden mit Errichtung des Liegenschaftsfonds in diesen eingebracht. Die Konzeption des Liegenschaftsfonds wird eine gezielte Wirtschaftspolitik auch durch Ansiedlungsunterstützung fördern.

A. Begründung:

Das Abgeordnetenhaus hat am 28. November 1991 (Drs Nrn.

12/932, 12/932-1 und 12/942, Verbesserung des Verfahrens bei Grundstücksgeschäften) beschlossen, dass bei der Vergabe landeseigener Grundstücke gegenüber dem Investor ein umfangreiches Regelwerk an Verpflichtungen und Sanktionsrechten sowie Vertragsstrafen und Regelungen zu Wiederkaufsrechten festzuschreiben sind. Im Einzelnen wurde beschlossen, folgende Regelungen in die Verträge aufzunehmen:

a) eine Nutzungsbindung, in der die künftigen Nutzungen des Investors festgelegt sind und deren Änderung der Zustimmung Berlins bedarf;

b) eine Bauverpflichtung, die dem Investor aufgibt, den stadtplanerischen und städtebaulichen Richtlinien, gegebenenfalls Architektenwettbewerben, zu entsprechen;

c) die Untersagung des Verkaufs, der Vermietung oder Verpachtung des Grundstückes durch den Investor ohne Zustimmung des Landes Berlin und Sicherung der Rückgriffsrechte innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren;

d) die Festlegung von Nachbesserungsklauseln, die nachträglich eine Zahlung von erhöhten Kaufsummen vorsehen, wenn beispielsweise spätere bauliche Nutzungen höher sind als zum Zeitpunkt der Bewertung und des Kaufvertrags.

Am 17. Juni 1993 (Drs 12/2698) ergänzte das Abgeordnetenhaus den Beschluss aus dem Jahre 1991 insoweit, als dass das an die Nutzungsbindung gekoppelte Wiederkaufsrecht auf eine Dauer von 15 Jahren befristet wurde.

Der überwiegende Teil des dargestellten Regelwerkes hat sich bewährt. Die Vergabe eines landeseigenen Gewerbegrundstückes hat neben einem fiskalischen Aspekt auch den wirtschaftspolitischen Zielsetzungen des Senats Rechnung zu tragen. Bei der Vergabe ist die Ansiedlung von Betrieben mit der hiermit einhergehenden Schaffung von Arbeitsplätzen sicherzustellen, es bedarf daher grundsätzlich der Aufnahme einer Bauverpflichtung in die Verträge. Die Erhaltung der mit der Bebauung gewünschten Nutzung ist ebenfalls festzuschreiben, die diesem Ziel dienende Nutzungsbindung hat sich bewährt. Auch die Genehmigungspflicht der Weiterveräußerung, der Vermietung oder der Verpachtung dient der Sicherung einer bestimmten Nutzung. Aufgrund der immer kürzeren Innovationszyklen und schnelleren Veränderungen im Wirtschaftsleben wird das an die Nutzungsbindung gekoppelte Wiederkaufsrecht aber künftig auf eine Dauer von 10 Jahren befristet. Ebenfalls ist an den Nachbesserungsklauseln festzuhalten.

Ein Teil des Regelwerkes hat sich bei bestimmten Vergabeentscheidungen als nicht umsetzbar herausgestellt. Der Senat ist daher gewillt, bei den im Folgenden dargestellten Fallkonstellationen auf einige Sanktionsmechanismen im Vertrag zu verzichten.

Der Senat wird Gewerbegrundstücke generell ausschreiben.

Verträge, denen als Vergabeentscheidung eine Ausschreibung zugrundeliegt, werden im Bereich der gewerblichen Dienstleistungen grundsätzlich ohne besondere Verpflichtungen und Bindungen abgeschlossen. Hierdurch wird die fiskalpolitisch wünschenswerte Erwartung begründet, Gebote zu erhalten, die über dem Verkehrswert liegen. Sofern ein besonders dringliches Interesse des Landes Berlin dies geboten erscheinen lässt, können gleichwohl besondere Verpflichtungen und Bindungen vereinbart werden. Neben der grundsätzlich auszuführenden Ausschreibung ist die Direktvergabe landeseigener Gewerbegrundstücke an ansiedlungswillige Betriebe ein geeignetes Instrument zur Beschleunigung der Vergabeverfahren. So wird eine Direktvergabe bei allen Ansiedlungsvorhaben angestrebt, für die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie eine Empfehlung vorliegt, die das Vorhaben als besonders förderungswürdig testiert. Ebenso sind Direktvergaben bei der Umsiedlung von Betrieben unumgänglich, die in Sanierungs- und Entwicklungsgebieten als störend eingestuft werden. Die Möglichkeit einer Direktvergabe wird auch für politisch bedeutsame Ansiedlungsvorhaben sowie bei Vorhaben mit hauptstadtrelevanter Nutzung eröffnet.

Bei der Direktvergabe kann auf eine Nutzungsbindung verzichtet werden, sofern die errichtete Baulichkeit eine andere Nutzung nicht zulässt. Exemplarisch seien genannt Büro- und Geschäftshäuser.

Die vertragliche Festschreibung einer solchen Nutzung und die hiermit einhergehende dingliche Sicherung der Nutzungsbindung durch eine Grundschuld für den Fall der Ausübung einer Vertragsstrafe und durch eine Auflassungsvormerkung für einen beabsichtigten Wiederkauf hat sich nicht bewährt. Der Senat strebt daher bei diesen und vergleichbaren Veräußerungen einen Verzicht auf die Nutzungsbindung an. Diese ist auch dann entbehrlich, wenn eine verbindliche Bauleitplanung eine Nutzungsänderung ausschließt.

An den Senat werden regelmäßig Anträge von Erbbauberechtigten zum Kauf der Gewerbeerbbaugrundstücke gestellt. Sofern dem Antrag entsprochen wird, endet das Erbbaurecht, an die Stelle des Erbbaurechtsvertrages tritt ein Kaufvertrag. In den Kaufvertrag werden die Bindungen des Erbbaurechtsvertrages übernommen. Sofern die auf dem Gewerbegrundstück errichteten Baulichkeiten eine andere als die im Erbbaurechtsvertrag vereinbarte Nutzung nicht zulassen bzw. dementsprechende Regelungen der verbindlichen Bauleitplanung vorliegen, beabsichtigt der Senat, im abzuschließenden Kaufvertrag künftig auf die Nutzungsbindung zu verzichten.

In den dargestellten Fällen erfolgt keine dingliche Sicherung der Nutzungsbindung durch Grundschuld und Auflassungsvormerkung. Diese Grundbucheintragungen sichern aber auch die Genehmigungspflicht, der der Erwerber bei einer Veräußerung an Dritte unterliegt. Die Genehmigungspflicht ist ohne dingliche Sicherung rechtlich kaum durchsetzbar. Da der Senat aber gewillt ist, eine Weiterveräußerung aus Spekulationsgründen zu verhindern, erhalten die entsprechenden Verträge eine Mehrerlösabführungsklausel. Diese wird vorsehen, dass innerhalb der ersten fünf Jahre nach Erfüllung der Bauverpflichtung im Falle einer Weiterveräußerung an einen Dritten ein eventuell erzielter Mehrerlös im ersten Jahr zu 100 % und in den verbleibenden vier Jahren zu 80 % an das Land Berlin abzuführen ist. Die Höhe der Wertschöpfung ist bedingt durch das auch nach Erfüllung der Bauverpflichtung weiterhin bestehende wirtschaftspolitische Interesse am Gewerbegrundstück. Die Regelung basiert sowohl auf Erfahrungswerten des Senats, der in einigen Kaufverträgen bereits eine Wertschöpfungsklausel aufgenommen hat, als auch auf der Praxis anderer Einrichtungen.

Gewerbegrundstücke, die auf Grund ihrer Lage und ihres Zuschnittes selbständig nicht bebaubar sind, und daher selbstständig nicht vergeben werden können, für ein benachbartes Investitionsvorhaben aber als Arrondierungsfläche benötigt werden, werden künftig ohne jegliche besondere Bindungen und Verpflichtungen veräußert.

Sofern der Verkehrswert als Ergebnis einer Ausschreibung ermittelt und im abzuschließenden Vertrag als Kaufpreis fixiert worden ist, erhalten auch diese Verträge eine Geschossflächenzahlanpassungsklausel, wenn die Ausschreibung eine GFZ vorgegeben hat. Auf die aus haushaltsrechtlichen Gründen problematische Erteilung einer Belastungsvollmacht an den Investor vor Eigentumsübertragung kann verzichtet werden, da das Land Berlin hier zur Kaufpreisfinanzierung die Möglichkeit eröffnet, den Kaufpreis bis zur Grundpfandbestellung nur treuhänderisch zu vereinnahmen. Ein vermeintlich vorhandenes Investitionshindernis ist hierdurch vollständig aufgehoben.

Berlin wird in Zukunft im Rahmen der Gewerbe- und Industrieansiedlung drei Kategorien von Verträgen abschließen:

a) Verträge, die entsprechend der Beschlusslage des Abgeordnetenhauses aus den Jahren 91 und 93 Bindungen und Verpflichtungen des Erwerbers, insbesondere eine Bauverpflichtung, eine Nutzungsbindung und ein Weiterveräußerungsverbot ohne Zustimmung des Landes Berlin, enthalten.

Diese Bindungen und Verpflichtungen werden jeweils dinglich gesichert. Änderungen aus dieser Vorlage greifen grundsätzlich nicht durch. Unter diese Kategorie fallen insbesondere Investitionsvorhaben des verarbeitenden und produzierenden Gewerbes. Im Allgemeinen lässt die Art der Baulichkeiten durchaus andere Nutzung zu, die im Einzelfall aber nicht den wirtschaftspolitischen Interessen des Landes Berlin entsprechen könnte. Das bisherige, oben skizzierte Regelwerk ist daher beizubehalten.

b) Verträge, die aufgrund dieser Vorlage keine Nutzungsbindung mehr beinhalten. Die beabsichtigte Bebauung lässt eine anderweitige Nutzung nicht zu bzw. eine verbindliche, eine andere Nutzung nicht zulassende Bauleitplanung, liegt vor. Nach Erfüllung der weiterhin vorgesehenen, dinglich gesicherten Bauverpflichtung greift dann eine Wertabschöpfungsklausel für einen Zeitraum von fünf Jahren. Diese sieht im Falle einer Weiterveräußerung eine Abführung des eventuell erzielten Mehrerlöses im ersten Jahr in Höhe von 100 % und in den verbleibenden vier Jahren in Höhe von 80 % vor.

c) Verträge ohne Verpflichtungen und Bindungen des Erwerbers. Bei bindungsfreiem Verkauf steht das fiskalpolitische Interesse Berlins im Vordergrund.

Durch die dargestellte Straffung der Verträge und der Verfahrensabläufe erwartet der Senat kürzere Vertragsverhandlungen und damit auch geringeren Bearbeitungsaufwand in der Verwaltung. Die nach Vertragsabschluss erforderliche Überwachung der Verträge ­ Erteilung vertraglich erforderlicher Zustimmungen, Rangrücktrittserklärungen, Löschungsbewilligungen, Anfragen bei anderen Verwaltungen zur Überwachung vertraglicher Verpflichtungen und zu weiteren Finanzierungsabsichten der Käufer auf den Kaufgrundstücken usw. ­ vermindert sich oder entfällt ganz. Insgesamt wird ein günstigeres Investitionsklima geschaffen, Bauvorhaben können zügiger umgesetzt werden.

Die Grundstücksverträge müssen von das unternehmerische Handeln einengenden Auflagen befreit und flexibel und einzelfallorientiert gestaltet werden. Ein marktgerechtes, zügiges, am Kunden orientiertes Grundstücksmanagement ist zu schaffen.

Die bislang zwischen der Senatsverwaltung für Finanzen und anderen Berliner Verwaltungsdienststellen vereinbarten Abstimmungsverfahren haben sich in der Vergangenheit oftmals als Hindernis für den zügigen Abschluss von Verträgen erwiesen. Soweit diese Abstimmungen nicht die Ausübung gesetzlicher Befugnisse der jeweiligen Dienststelle zum Gegenstand haben, wird der Senatsverwaltung für Finanzen die Möglichkeit eröffnet, den zu beurkundenden Vertrag ­ im Falle der Gewerbe- und Industrieansiedlung unter Einbeziehung der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie ­ so zu gestalten, dass das Vorhaben nicht scheitert.

Die Senatsverwaltung für Finanzen erhält somit ein Instrument, schnell und flexibel reagieren und damit gefährdete Ansiedlungsvorhaben für Berlin sichern zu können. Der Senat unterstreicht damit seine Auffassung, dass alle Grundstücksgeschäfte für die Gewerbe- und Industrieansiedlung von gesamtund hauptstädtischer Bedeutung sind.

Grundstücksgeschäfte, die der Gewerbe- und Industrieansiedlung dienen, werden nach Errichtung des Liegenschaftsfonds von diesem abgeschlossen. Die Konzeption des Liegenschaftsfonds wird eine gezielte Wirtschaftspolitik auch durch Ansiedlungsunterstützung fördern und nicht behindern. Über die Konditionen der vom Fonds durchzuführenden Grundstücksvergaben ist in dieser Vorlage nicht zu entscheiden.