Diese Prüfung unterließen die Sozialämter aber häufig oder begnügten sich mit unbewiesenen

325 Bei der weit überwiegenden Zahl ordnungsbehördlicher Bestattungsfälle besteht nach § 16 Bestattungsgesetz grundsätzlich keine Verpflichtung Berlins, für die Bestattungskosten (endgültig) aufzukommen. Es geht also nicht nur um ein formales Zuständigkeitsproblem oder allein um die zutreffende Rechtsgrundlage. Da eine Erbausschlagung den Hinterbliebenen nicht von seiner öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht (T 323) entbindet, hat das Bezirksamt die Bestattungskosten von ihm zu erheben, wenn es für die Bestattung gesorgt hat. In den „echten" Fällen von Anträgen auf Bestattungskostenübernahme nach § 15 BSHG durften Bewilligungen nur ausgesprochen werden, soweit die Anspruchsvoraussetzung der Unzumutbarkeit vorlag (vgl. T 322). Diese Prüfung unterließen die Sozialämter aber häufig oder begnügten sich mit unbewiesenen Behauptungen.

Die Sozialämter haben sich nur teilweise und dabei nicht immer ausreichend bemüht, nachträglich Ersatz für die übernommenen Bestattungskosten zu erhalten. Sie unterließen Nachforschungen nach weiteren Verpflichteten, und zwar selbst dann, wenn es sich um verstorbene Sozialhilfeempfänger handelte und die Hilfeakten hierzu Angaben enthielten.

Die Sozialämter haben oft keine Auskünfte eingeholt, ob der Nachlass nicht doch wenigstens teilweise zur Deckung der Bestattungskosten ausreichte. Vereinzelt blieben sogar Aufforderungen des Nachlasspflegers, Ansprüche gegenüber dem Nachlass anzumelden, unbeachtet. Teilweise sind die Sozialämter auch Sterbegeldansprüchen nach §§ 58, 59 SGB V gegen Krankenkassen nicht nachgegangen oder haben bei Nichtbeantwortung von Anfragen weitere Bemühungen unterlassen.

In den Fällen ordnungsbehördlicher Bestattungen ­ soweit sie überhaupt als solche erkannt wurden ­ unterblieben Leistungsbescheide gegenüber den Bestattungspflichtigen, weil die Rechtsgrundlage für deren Heranziehung zu den Kosten unbekannt war. § 16 Abs. 4 Bestattungsgesetz führt nur aus, eine auf Gesetz oder Rechtsgeschäft beruhende Verpflichtung, die Kosten der Bestattung zu tragen, werde durch dieses Gesetz nicht berührt. Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung sollte darauf hinwirken, dass diese Vorschrift um einen Hinweis auf § 15 Abs. 2 ASOG Bln ergänzt wird. Auf entsprechenden Hinweis des Rechnungshofs hat sie nunmehr durch Schreiben an alle Bezirksämter auf diese Rechtslage hingewiesen.

Hauptursache für das fast durchgängig fehlerhafte Verwaltungshandeln sind die fehlenden Rechtskenntnisse sowohl von Sachbearbeitern als auch von Leitungskräften.

Ihnen war häufig der Unterschied zwischen den ordnungsrechtlich zu behandelnden Bestattungen und den sozialhilferechtlichen Bestattungskostenübernahmen nicht geläufig. Sie fassten § 15 BSHG fälschlich als eine die Bestattung gewährleistende Sachleistungsnorm zugunsten des Toten auf. Maßgebliche Verantwortung für das fehlerhafte Verwaltungshandeln der Bezirksämter trägt aber auch die für Soziales zuständige Senatsverwaltung. Ihre Ausführungsvorschriften über Bestattungskosten in der Sozialhilfe (§ 15 BSHG) vom 17. November 1976 enthielten keinen Hinweis auf die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden für Bestattungen, obwohl das Bestattungsgesetz bereits vom 2. November 1973 datiert. Im Jahre 1985 wurde die Senatsverwaltung von einigen Bezirksämtern auf diesen Missstand hingewiesen. Ungeachtet dessen hat sie die Bezirksämter im Dezember 1987 gebeten, bis zum Erlass neuer Ausführungsvorschriften weiterhin nach den 1986 außer Kraft getretenen alten Vorschriften zu verfahren.

Erst im Jahre 1993 erließ die Senatsverwaltung neue Ausführungsvorschriften über Bestattungskosten in der Sozialhilfe (§ 15 BSHG) und nach § 16 Abs. 3 des Bestattungsgesetzes.

Diese gehen aber auf das Verhältnis der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen zueinander nicht ausreichend ein, sondern enthalten sogar Regelungen, die der Rechtslage widersprechen. So wird zu § 15 BSHG bestimmt, dass die Bestattung grundsätzlich von dem Träger der Sozialhilfe in Auftrag gegeben werden soll, obwohl diesem allenfalls die Übernahme der Bestattungskosten obliegt (T 324). Für Bestattungen nach § 16 Abs. 3 Bestattungsgesetz nennen die Ausführungsvorschriften nicht die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kosten (§ 15 Abs. 2 ASOG Bln). Anstelle der Bestattungspflichtigen nach § 16 Abs. 1 Bestattungsgesetz werden als Kostenschuldner fälschlich Erben und Unterhaltsverpflichtete genannt. Es fehlt auch jeglicher Hinweis darauf, dass entsprechend ordnungsrechtlichen Grundsätzen zunächst eine Aufforderung an die Bestattungspflichtigen ergehen muss, ihrer Pflicht nachzukommen. Hierauf kann nur in Eilfällen oder bei Verweigerung verzichtet werden. Die Senatsverwaltung bestreitet Unklarheiten und beruft sich bei der Auftragsvergabe auf Gründe der Praktikabilität. Diese Argumentation überzeugt schon angesichts der festgestellten Mängel im Verfahren der Bezirksämter nicht. Wie die Stellungnahmen der geprüften Bezirke zeigen, werden die Ausführungsvorschriften auch dort als unzureichend angesehen. Auch müssen Praktikabilitätsargumente hinter gesetzlichen Regelungen zurückstehen.

In den Ausführungsvorschriften von 1993 (T 328) hat die Senatsverwaltung die Zuständigkeit für ordnungsbehördliche Bestattungen in einer Anlage dargestellt. Von den insgesamt 23 Sozialämtern sind dort 16 ganz und 2 teilweise (für Bestattungen von Sozialhilfeempfängern bzw. von in Heimen Verstorbenen) als zugleich zuständig für ordnungsbehördliche Bestattungen aufgeführt, obwohl es sich hier gemäß § 18 Nr. 8

OrdZG um Ordnungsaufgaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens handelt. Die Zusammenlegung sozialhilferechtlicher und ordnungsrechtlicher Zuständigkeiten dürfte zu der fehlerhaften Verwaltungspraxis maßgeblich beigetragen haben (T 324). 330Aufgrund der ganz überwiegend fehlerhaften Rechtsanwendung durch die Sozialämter ist bei vorsichtiger Einschätzung von einem Schaden von jährlich 500 000 DM auszugehen.

Von den insgesamt 3,5 Mio. DM für Bestattungskosten im Jahre 1998 wurden etwa zwei Drittel fälschlich der Sozialhilfe zugeordnet ­ dies entspricht ungefähr 2 Mio. DM. In etwa der Hälfte dieser Fälle dürften mangels Bestattungspflichtiger und verwertbaren Nachlasses die Bestattungskosten vom Land Berlin ohnehin zu tragen gewesen sein. Bei den restlichen Ausgaben von 1 Mio. DM dürften 500 000 DM durch Sterbegeldansprüche und Nachlasswerte gedeckt gewesen sein, sodass die Verkennung der Rechtsgrundlage finanziell folgenlos blieb. Die verbleibenden Ausgaben von 500 000 DM wären bei vorschriftsgemäßer Bearbeitung vermeidbar gewesen. Hinzu kommen noch Ausgaben für Bestattungskostenübernahmen nach § 15 BSHG, die bei ordnungsgemäßer Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nicht hätten geleistet werden dürfen. Insgesamt ist deshalb davon auszugehen, dass aufgrund der seit vielen Jahren fehlerhaften Rechtsanwendung in Bestattungsfällen dem Land Berlin Schäden in Millionenhöhe entstanden sind.

Der Rechnungshof beanstandet, dass die Bezirksämter seit Jahren in Bestattungsfällen die Rechtslage verkannt oder ignoriert und dadurch erhebliche Schäden für den Landeshaushalt verursacht haben. Er beanstandet ebenfalls, dass die Senatsverwaltung durch unzureichende und fehlerhafte Ausführungsvorschriften für Bestattungskostenübernahmen nach § 15 BSHG und Bestattungen nach § 16 Bestattungsgesetz hierzu maßgeblich beigetragen hat. Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen umgehend neue, der Rechtslage und den Bedürfnissen der Praxis entsprechende Ausführungsvorschriften erlässt und darin unmissverständlich auf die Trennung sozialhilferechtlicher von ordnungsrechtlichen Zuständigkeiten hinweist. Er erwartet ferner, dass die Bezirksämter durch ausreichende Schulung der Mitarbeiter und Wahrnehmung der Leitungsverantwortung für eine weitgehend fehlerfreie Verwaltungspraxis bei Bestattungsfällen sorgen. Der Schriftwechsel mit den Verwaltungen ist noch nicht abgeschlossen.

f) Erhebliche Mängel bei der Abrechnung von Sozialhilfeleistungen und unzureichende Verfolgung von Kostenerstattungsansprüchen durch das Bezirksamt Lichtenberg

Das Bezirksamt Lichtenberg, Abteilung Sozialwesen, hat für suchtmittelabhängige Bewohner der Wohneinrichtung eines Selbsthilfeträgers im Jahre 1998 Sozialhilfeleistungen von insgesamt 900 000 DM rechtswidrig ohne Prüfung der individuellen Anspruchsvoraussetzungen als Abschlagszahlungen geleistet.

Dadurch ist es zu Überzahlungen gekommen, die erst verspätet zurückgefordert wurden. Sozialhilfevorgänge waren ohne abschließende Bearbeitung auf und in Umzugskartons abgelegt.

Kostenerstattungsansprüche gegenüber anderen Sozialhilfeträgern im Umfang von einer Dreiviertelmillion DM hat das Bezirksamt erst aufgrund der Prüfung durch den Rechnungshof realisiert.

Das Bezirksamt Lichtenberg, Abteilung Sozialwesen, konnte dem Rechnungshof bei einer routinemäßigen Prüfung von ihm erbetene Sozialhilfevorgänge zunächst nicht vorlegen.

Sie waren angeblich nach Aufarbeitung der vom Rechnungshof im Vorjahr beanstandeten Mängel an andere nunmehr zuständige Sozialämter abgegeben worden. In dem ihm für die Prüfung zugewiesenen Raum entdeckte die Prüferin des Rechnungshofs dann mehrere Umzugskartons und darauf ungeordnet abgelegtes Schriftgut mit den erbetenen Sozialhilfevorgängen. Stichproben ergaben, dass sie keineswegs ordnungsgemäß und abschließend bearbeitet worden waren.

Die Vorgänge betrafen Sozialhilfeleistungen, die die Abteilung Sozialwesen unzulässigerweise als pauschale SammelAbschlagszahlungen an den Träger einer Selbsthilfeeinrichtung für Suchtmittelabhängige bewirkt hatte.

Nach der Wiedervereinigung hatte ein schon langjährig in Berlin tätiger Träger mehrerer Selbsthilfeprojekte Suchtmittelabhängiger ein Fabrikgebäude im Bezirk Lichtenberg durch Um- und Neubau zu seiner zentralen Wohneinrichtung mit insgesamt 430 Wohnplätzen ausgestaltet; zum 30. September 1998 hat er das Gebäude zugunsten kleinerer Projekte wieder aufgegeben. In die Wohneinrichtung wurden nicht nur Berliner Suchtmittelabhängige, sondern Hilfesuchende aus dem gesamten Bundesgebiet aufgenommen. Straffällige Suchtmittelabhängige können durch die Aufnahme in eine Drogentherapieeinrichtung erreichen, dass eine Haftstrafe zurückgestellt oder ausgesetzt oder ein Aufenthalt bei dem Träger auf eine Haftstrafe angerechnet wird.

Entsprechend der Selbsthilfekonzeption finanzierte der Träger die Wohneinrichtung nicht durch Tagessätze gemäß § 93 Abs. 2 BSHG, sondern durch Zuwendungen, Spenden, Bußgelder, Erlöse seiner Zweckbetriebe (Spedition, Druckerei, Bäckerei, Keramikwerkstatt, Tischlerei usw.) und von ihm vereinnahmte individuelle Sozialhilfeleistungen für seine Bewohner. Das Bezirksamt Lichtenberg war vom Bezug der Wohneinrichtung an für Sozialhilfeleistungen an die dort polizeilich gemeldeten Bewohner zuständig. Die Hilfeleistung umfasste wie bei jedem Hilfeempfänger, der laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, den Sozialhilferegelsatz, die Unterkunftskosten und pauschale Bekleidungshilfen.

Hinzu kamen als Hilfe in besonderen Lebenslagen die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen oder die Gewährung von Krankenhilfe durch Ausgabe von Krankenscheinen.

Dem allgemeinen Arbeitsmarkt standen die Bewohner grundsätzlich nicht zur Verfügung. Der als Arbeitstherapie gewertete Arbeitseinsatz in den trägereigenen Zweckbetrieben nach einer Phase der gesundheitlichen Stabilisierung hatte keine Auswirkungen auf die Höhe oder die Dauer der geleisteten Sozialhilfe, da der Träger grundsätzlich keine Arbeitsentgelte gezahlt hat. Bei der ersten Beantragung von Sozialhilfe bevollmächtigten die Bewohner den Träger, für sie künftig Anträge auf Leistungen zu stellen und für sie sämtliche Leistungen auf einem Konto des Trägers zu empfangen. Persönlich wurden die Hilfeempfänger in der Regel nicht mehr im Sozialamt vorstellig.

Das Bezirksamt Lichtenberg zahlte die Sozialhilfe, anders als in den sonstigen Hilfefällen, monatlich rückwirkend in einem Gesamtbetrag an den Träger, nachdem dieser für den vorangegangenen Monat Bewohnerlisten übersandt hatte. In den für die einzelnen Hilfeempfänger angelegten Akten waren die für sie geleisteten Zahlungen nicht zu erkennen. Die monatlichen Zahlungslisten wurden getrennt abgelegt. Erst von Oktober 1997 an begann das Bezirksamt, das Verfahren zu ändern und Leistungen mit dem automatisierten Verfahren monatlich im Voraus individuell für jeden Hilfeempfänger zahlbar zu machen und in den einzelnen Akten nachzuweisen.

336Ursprünglich hatte der Träger mit dem Bezirksamt als Kosten der Unterkunft Pauschalbeträge von zuletzt monatlich 203,00 DM je Bewohner abgerechnet. Da ihm durch den Verkauf des Gebäudes an Dritte und Rückmietung höhere Aufwendungen entstanden, rechnete der Träger erstmals im Dezember 1996 mit dem Bezirksamt höhere Unterkunftskosten ab. Dafür hatte er mit allen Bewohnern nunmehr Wohnplatzverträge über eine am sozialen Wohnungsbau orientierte Miete von 533,17 DM geschlossen. Das Bezirksamt benötigte fast ein Jahr für seine Entscheidung, ob diese nun erheblich höhere Miete anerkannt werden sollte. Deshalb mussten die Akten wegen der Mietnachzahlungsansprüche für alle Bewohner rückwirkend von Dezember 1996 an nachbearbeitet werden. Da es nun einzelne Mietverträge gab, waren außerdem vorrangige Wohngeldansprüche zu berücksichtigen. Die Sachbearbeiter waren bereits wegen einer hohen Fluktuation bei den Bewohnern, insbesondere aber durch Ausweitung auf 430 Wohnplätze von Mitte 1996 an, mit einer Vielzahl neuer Sozialhilfefälle belastet. Durch die Umstellung auf das automatisierte Verfahren (T 335), die rückwirkende Nachberechnung von höheren Mietansprüchen und die Berücksichtigung von Wohngeldern gerieten sie mit der Aktenbearbeitung weiter in Rückstand. Es kam zu Zahlungsrückständen und sogar zur Zahlungseinstellung.

Auf Drängen des Trägers leistete das Bezirksamt dann im Februar 1998 zwei pauschale Abschlagszahlungen von insgesamt 440 000 DM, die sich an den ungeprüften Angaben des Trägers über den jeweiligen Zahlungsrückstand orientierten.

Bereits im Mai 1998 hatte der Rechnungshof anlässlich einer anderen Prüfung auch diese rechtswidrige Verfahrensweise beanstandet (T 332). Obwohl das Bezirksamt zugesagt hatte, die Abschlagszahlungen umgehend einzustellen, leistete es im Laufe des Jahres 1998 weitere Abschlagszahlungen. Insgesamt sind im Jahre 1998 ohne Einzelprüfung von Sozialhilfeansprüchen 900 000 DM an den Träger überwiesen worden. Erst im März 1999 übersandte das Bezirksamt dem Träger eine „Abschlussrechnung" und forderte eine festgestellte Überzahlung von über 100 000 DM zurück, die der Träger aber nicht anerkannte. Nachdem der Rechnungshof den Amtsleiter im April 1999 auf die Lagerung einer Vielzahl nicht abschließend bearbeiteter Akten nebst diverser ungeordneter Belege in mehreren Umzugskartons hingewiesen hatte (T 332), veranlasste dieser, sämtliche Akten zu überprüfen. Zuvor konnte die Rückforderungssumme des Bezirksamts in der „Abschlussrechnung" vom März 1999 nicht belegt werden. Für den einzelnen Bewohner waren weder Anspruchszeiträume noch Anspruchsgründe festgestellt worden. Ferner waren Wohngeldansprüche nicht gebucht worden, sodass der hälftige Anteil des Bundes an den Wohngeldzahlungen bislang nicht realisiert werden konnte. Im Juli 1999 übersandte das Bezirksamt dem Träger eine erneute Schlussabrechnung mit einer auf 89 000 DM reduzierten Forderung.

Dieser bat zwecks Prüfung der Forderung um Zahlungsaufschub bis November 1999, der auch gewährt wurde. Im Januar 2000 reduzierte das Bezirksamt die Rückforderung aufgrund eines „Rechenfehlers" nochmals auf 82 000 DM. Hiervon hat der Träger in zwei Raten bisher 77 000 DM erstattet.

Eine besondere finanzielle Bedeutung kommt der achtlosen Lagerung der nicht abschließend bearbeiteten Sozialhilfevorgänge durch die Tatsache zu, dass eine Vielzahl von Hilfesuchenden aus anderen Bundesländern bei dem Selbsthilfe träger Aufnahme fand (T 333). Seit 1994 sieht § 107 BSHG vor, dass in den Fällen, in denen Hilfebedürftige aus anderen Bundesländern innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel in dem aufnehmenden Bundesland der Hilfe bedürfen, das aufnehmende Land von dem abgebenden Land zwei Jahre lang die Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann. Das Bezirksamt Lichtenberg hatte für die Bewohner des Selbsthilfeträgers daher eine Fülle von Kostenerstattungsansprüchen gegenüber anderen Sozialhilfeträgern zu prüfen. Bei Aufnahme der Hilfeleistungen hatte es in der Regel zwar Anträge auf Kostenerstattungsanerkennung an andere Sozialhilfeträger übersandt. Die Geltendmachung der Erstattungsbeträge nach Anerkenntnis ist aber nur aufgrund individueller Hilfeberechnungen und Aufstellung der für den Einzelnen erbrachten Leistungen möglich. Da entsprechende Aufstellungen individueller Sozialhilfeansprüche zunächst nicht vorlagen, konnten Kostenerstattungen nicht gefordert werden. In einer Vielzahl von Fällen hatte die intern zuständige Kosteneinziehungsstelle von Kostenerstattungstatbeständen überdies noch gar keine Kenntnis. Erst nachdem auf Hinweis des Rechnungshofs die in Umzugskartons lagernden Akten (T 332) bearbeitet worden waren, konnte die Kosteneinziehungsstelle tätig werden. Aufgrund der Beanstandungen durch den Rechnungshof hat das Bezirksamt zwischenzeitlich eine Dreiviertelmillion DM an Einnahmen aus Kostenerstattung erzielt. Außerdem wurde nunmehr pauschaliertes Wohngeld von 160 000 DM gebucht, sodass der hälftige Anteil aus der Beteiligung des Bundes am Wohngeld realisiert werden konnte.

Der Rechnungshof beanstandet, dass das Bezirksamt Lichtenberg, Abteilung Sozialwesen,

- individuelle Sozialhilfeleistungen in großem Ausmaß rechtswidrig als pauschale Abschlagszahlungen an den Träger der Selbsthilfeeinrichtung geleistet hat, ohne die Leistungsvoraussetzungen im Einzelfall geprüft zu haben, wodurch es überdies zu Überzahlungen gekommen ist,

- Zusagen, bereits beanstandete Missstände umgehend zu beseitigen, nicht eingehalten hat und

- unter Verstoß gegen das Haushaltsrecht Einnahmen aus Kostenerstattungsansprüchen erst nach Beanstandung verspätet erhoben hat.

Der Rechnungshof erwartet, dass das Bezirksamt die Überzahlungen von Sozialhilfe vollständig zurückfordert, allen Kostenerstattungsansprüchen nachgeht und die Haftungsfrage prüft. Der Schriftwechsel mit der Verwaltung ist noch nicht abgeschlossen.

5. Stadtentwicklung (einschließlich Bauen, Umweltschutz, Wohnen und Verkehr)

a) Unwirtschaftlicher Umgang mit Treuhandmitteln in fünf Entwicklungsbereichen

Die von Berlin in fünf städtebaulichen Entwicklungsbereichen eingesetzten treuhänderischen Entwicklungsträger haben ihre Planungen und Einnahmeerwartungen den veränderten Marktgegebenheiten zumeist nicht ausreichend angepasst. Die erwarteten Aufwendungen und Erträge sind in den Kosten- und Finanzierungsübersichten nicht nach einheitlichen Kriterien und teilweise in nicht nachvollziehbarer Höhe dargestellt. Einige Entwicklungsträger haben zudem Maßnahmen aus den Treuhandvermögen finanziert, die keinen oder nur einen mittelbaren Bezug zum jeweiligen Entwicklungsbereich hatten. Der Rechnungshof hat in allen Entwicklungsbereichen erhebliche Standard- und Bedarfsüberschreitungen für die geplanten Infrastrukturmaßnahmen festgestellt und bisher für vier Entwicklungsbereiche Vorschläge für Einsparungen von insgesamt mehr als 439 Mio. DM gemacht.

Er erwartet weitere Einsparungen von mehr als 12 Mio. DM bei den Trägervergütungen bis zum Abschluss der Entwicklung, wenn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die vom Hauptausschuss gefassten Beschlüsse umsetzt. Für den fünften Entwicklungsbereich ist mit Einsparungen von mehr als 225 Mio. DM zu rechnen.

340Berlin hat in den Jahren 1992 bis 1994 sechs Gebiete gemäß § 165 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) förmlich als städtebauliche Entwicklungsbereiche festgelegt, um der von Berlin erwarteten „stürmischen" Entwicklung der neuen Hauptstadt Raum bieten zu können. Von diesen ist ein Gebiet, das so genannte Parlaments- und Regierungsviertel, nicht Gegenstand dieses Berichts. Die übrigen fünf hier behandelten Gebiete (T 342) umfassen eine Fläche von insgesamt mehr als 1 000 ha und weisen erhebliche städtebauliche Defizite auf.

Die Durchführung der Entwicklungsmaßnahmen sowie vorbereitende und begleitende Maßnahmen (Planungsaufgaben, Steuerung, Öffentlichkeitsarbeit usw.) hat das Land Berlin jeweils einem treuhänderischen Entwicklungsträger übertragen. Nutzen-Kosten-Untersuchungen (§ 7 LHO) über die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Vorgehens haben die zuständigen Senatsverwaltungen nicht durchgeführt, obwohl ein Gesamtausgabenvolumen (Treuhandvermögen und Landeshaushalt) von 6,4 Mrd. DM in Rede stand. Ebenso wenig wurden den geltenden Vorschriften entsprechende Ausschreibungen zur Auswahl der leistungsfähigsten und kostengünstigsten Entwicklungsträger durchgeführt. Teilweise sind Auswahlentscheidungen nicht nachvollziehbar, teilweise wurden die Entwicklungsträger erst zur Durchführung der konkreten Maßnahmen gegründet. Sie verfügten in der Regel nicht über Erfahrungen mit der Betreuung von Entwicklungsbereichen.

Mittel für die soziale Infrastruktur in den Entwicklungsbereichen (Kindergärten, Schulen, Jugendfreizeitstätten, Kinderspielplätze, Sportflächen, öffentliche Grün- und Freiflächen, Senioreneinrichtungen) und die überörtliche Erschließung (überörtliche Straßen, Brücken usw.) sollten überwiegend aus dem Landeshaushalt bereitgestellt werden. Die erforderlichen Mittel für die örtliche Erschließung (z. B. Wohnstraßen, Wege, Straßengrün), die Planungs- und Durchführungsleistungen sowie die Entgelte für die Entwicklungsträgergesellschaften sollten dagegen im Wesentlichen aus den Treuhandvermögen erwirtschaftet werden. Die Entwicklung soll nach derzeitigem Stand bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein.

Für die bereits bei Errichtung der Entwicklungsbereiche erkennbaren Aufwendungen des Landes Berlin wurde eine nur unzureichende Vorsorge in der Finanz- und Investitionsplanung Berlins getroffen. Außerdem zeigte sich bald, dass die Einnahmeerwartungen und Ausgabeschätzungen aus unterschiedlichen Gründen unrealistisch waren und auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes Berlin dem laufenden Finanzierungsbedarf nicht genügte.

Der Rechnungshof hat deshalb auf Ersuchen des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses fünf Entwicklungsbereiche dahingehend geprüft, welche rechtlichen Möglichkeiten eines Ausstiegs bzw. eines Teilausstiegs aus den Entwicklungsmaßnahmen bestehen und welche finanziellen Konsequenzen damit verbunden wären, sowie Vorschläge unterbreitet, wie die begonnenen Entwicklungsmaßnahmen ­ mit dem Ziel der Minimierung der Belastungen für den Landeshaushalt ­ sinnvoll beendet werden können. Er hat dabei von der Ermächtigung des Hauptausschusses Gebrauch gemacht, teilweise Externe zu beauftragen. Über das Ergebnis seiner Untersuchungen in vier Entwickungsbereichen hat er bereits berichtet (vgl. Berichte an den Hauptausschuss vom 18. 02. 99, rote Nr. 2330, vom 29. 04. 99, rote Nr. 2413, vom 18. 06. 99, rote Nr. 2499 und vom 14. 09. 99, rote Nr. 2592).

Der fünfte Bericht ist dem Abgeordnetenhaus im März zugeleitet worden.

Die Prüfung hat für alle fünf Entwicklungsbereiche ergeben, dass ein vollständiger Abbruch der Entwicklungsmaßnahmen aufgrund der bisher eingegangenen Verpflichtungen und des erreichten Entwicklungsstandes für Berlin finanziell nachteiliger wäre, als die Entwicklungen unter bestimmten ­ die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit verbessernden ­ Auflagen