Naturschutz im neuen Jahrzehnt ­ Bäume pflanzen statt fällen

Der Senat wird aufgefordert, den Baumschutz in Berlin entscheidend zu verbessern und dafür die Baumschutzverordnung sowie deren Ausführungsvorschriften unter Maßgabe der folgenden Prämissen zu novellieren.

1. Schutz von Obstbäumen

Der Baumschutz soll auf Obstbäume ausgedehnt werden.

Dieser Schutz soll nicht für notwendige Pflege und Erhaltungsschnitte sowie gewerbsmäßig für den Obstanbau, in Baumschulen oder in Gärtnereien genutzte Obstbäume gelten.

2. Gehölzschutz Baumbestände sollen ohne Einschränkung wie mehrstämmige Bäume geschützt werden, wenn wenigstens einer der Stämme einen Umfang von mindestens 30 cm aufweist. Alleen sollen in den Schutz aufgenommen werden.

3. Amtshandeln Eingriffe an Bäumen sollen nur aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherungspflicht oder des unbedingt notwendigen Pflegeschnitts erfolgen. Die Regelungen der Baumschutzverordnung sollen sich auch auf Bäume erstrecken, die zu einem Gartendenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes gehören.

4. Genehmigungen Analog der Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes/Baugesetzbuchs soll in die Baumschutzverordnung ein Vermeidungsgebot von Baumbeeinträchtigungen aufgenommen werden; eine vorherige Informationspflicht des Verursachers möglicher Baumschäden gegenüber den Unteren Naturschutzbehörden soll eingeführt werden.

5. Ersatzpflanzungen:

Bei Ersatzpflanzungen sollen der ökologische und der landschaftsbildende Wert des Baumes im Vordergrund stehen.

Der Mindeststammumfang bei Ersatzpflanzungen soll erhöht werden.

Die Anwachsgarantie bei den Ersatzpflanzungen von 2 Jahren soll ausgedehnt werden.

Obstbäume sollen als Ersatzpflanzungen zugelassen werden.

6. Ausgleichsabgabe Ausgleichsabgaben auf Grund nicht möglicher oder nicht tunlicher Ersatzpflanzungen sollen auch bei Vorhaben des Bundes, des Landes oder sonstiger öffentlicher Planungsträger entrichtet werden. Diese Ausgleichsabgaben sollen primär zur Behebung der angerichteten Schäden und für Baumförderungsmaßnahmen verwendet werden.

7. Frühzeitige Information

In die Baumschutzverordnung soll die Aufgabe der Unteren Behörde für Naturschutz und Landschaftspflege zur frühestmöglichen Information der Anwohner(innen) über voraussichtliche Beeinträchtigungen, Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben aufgenommen werden.

Begründung: 400 000 Straßenbäume, aber auch die vielen Bäume in Gärten, Grünanlagen und an Gewässerufern sind ein entscheidender Faktor für die Lebens- und Umweltqualität unserer Stadt. Gerade in den Innenstadtbezirken nach der Wende sind Bäume jedoch wegen der zahlreichen privaten und staatlichen Bauvorhaben in großem Maße gerodet und nicht mehr nachgepflanzt worden, weil die Baumschutzverordnung für diese Eingriffe keinen ausreichenden Schutz bietet und Ersatz vorsieht.

Die öffentliche Bestürzung, die solche gefällten oder zurechtgestutzten Bäume verursachen, lässt deutlich werden, welche Bedeutung die Berliner und Berlinerinnen einem wirkungsvollen Baumschutz beimessen.

Neben anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen ist es vor allem die Berliner Baumschutzverordnung (BaumschutzVO), die eine ausreichende Anzahl und Qualität des Baumbestandes in Berlin sichern soll. Vielfach werden jedoch Bäume nicht ausreichend vor Beeinträchtigungen geschützt und im Nachhinein nur unzureichend Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben geleistet.

Mit den vorliegenden Vorschlägen zur Verbesserung der Baumschutzverordnung wird diesem Defizit begegnet. Ziel dieses Antrages ist es, die Bestimmungen zum Baumschutz in Berlin zu präzisieren und zu ergänzen. Die Qualität und die Quantität des Schutzes von Bäumen wird einheitlicher und umfassender und damit deren Funktionen für den Naturhaushalt und die Berliner Bevölkerung angemessener geregelt. Ein frühzeitiger Informationsaustausch von Bauvorhabensträgern und der zuständigen Verwaltung ­ auch unter Einbeziehung der betroffenen Anwohnerund Nutzer(innen) ­ soll Beeinträchtigungen von Bäumen auf ein unumgängliches Maß reduzieren und verwaltungsinterne Entscheidungsabläufe transparenter und schneller werden lassen.

Ausreichender Ersatz ist unter Berücksichtigung insbesondere ökologischer und landschaftsästhetischer Funktionen der Bäume zu gewährleisten.

Zu den Begründungen im Einzelnen: Schutz von Obstbäumen Obstbäume können für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Orts- und Landschaftsbild und zur Abwehr schädlicher Einwirkungen eine ebenso hohe Bedeutung haben wie andere Laub- oder Nadelbäume, so dass konsequenterweise auch diese unter Schutz gestellt werden sollten. Ausgenommen davon sollen Eingriffe im Rahmen notwendiger Pflege und Erhaltungsmaßnahmen sowie gewerbsmäßig für den Obstanbau, in Baumschulen oder in Gärtnereien genutzte Bäume werden, weil für deren wirtschaftliche Nutzung eine Privilegierung erforderlich ist. Der zusätzliche Schutz von Obstbäumen ist auch auf Grund der Vorgaben des Landschaftsprogramms erforderlich, das sie ebenfalls als schutzwürdig einstuft. Der Schutz und die Integration von Obstbäumen in Kleingärten kann in die Hand der Kleingartenverbände gelegt werden.

Gehölzschutz:

Der Schutz von Baumbeständen sollte einheitlich definiert und die Baumschutzverordnung so besser handhabbar werden. Alleen haben eine besondere Bedeutung für das Landschaftsbild und sollten deshalb besonders geschützt werden.

Amtshandeln Eingriffe an Bäumen sollen nur aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherungspflicht oder des unbedingt notwendigen Pflegeschnitts erfolgen. Besonders im Falle der Auftragsvergabe der Natur- und Grünflächenämter an Dritte muss sichergestellt werden, dass diese keine Schnittmaßnahmen treffen, die über die darüber hinausgehen und die Bäume in ihrer Substanz gefährden.

Eine Notwendigkeit, Bäume in Gartendenkmälern von den Regelungen der Baumschutzverordnung zu befreien, ist nicht erkennbar.

Genehmigungen:

Die Aufnahme des Vermeidungsgebot von Umweltbeeinträchtigungen in die Baumschutzverordnung soll die Beeinträchtigungen der Bäume minimieren und die einheitliche Zielrichtung der unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben verdeutlichen.

Eine Anzeigepflicht der Verursacher, die Bäume beeinträchtigen könnten, hilft nicht nur, Eingriffe in den Naturhaushalt bereits in der Planung zu minimieren. Sie ist auch geeignet, den späteren Aufwand der Behörde und damit auch den Zeit- und Planungsaufwand der Verursacher zu minimieren.

Ersatzpflanzungen Bäume haben einen hohen ökologischen Wert in Abhängigkeit der von ihnen als Lebensstätte abhängigen Tier- und Pflanzenarten sowie Mikroorganismen und der Funktionen für den Naturhaushalt. Das Bild der Stadt wird maßgeblich von ihnen geprägt.

Sowohl die ökologische als auch die stadtbildnerische Funktion des Baumes muss bei Ersatzpflanzungen ausreichend berücksichtigt werden.

Der Mindeststammumfang von Ersatzpflanzungen soll erhöht werden, da kleinere Bäume den vielfältigen Belastungen der städtischen Umwelt kaum gewachsen sind. Die Anwachsgarantie der Bäume soll ausgedehnt werden, da erst nach frühestens 3 Jahren das Anwachsen eines Baumes gesichert beurteilt werden kann.

Entsprechend der Aufnahme des Schutzes von Obstbäumen in die Baumschutzverordnung sollen Obstbäume als Ersatzpflanzung zugelassen werden.

Ausgleichsabgabe:

Die vorgeschlagene Änderung berücksichtigt, dass die öffentliche Hand mitverantwortlich für die starke Reduzierung des hochwertigen Baumbestandes vor allem im Innenstadtbereich in den letzten Jahren gewesen ist. Sie sollen deshalb ebenso wie Private als Anreiz zur Schadensminimierung und für Ersatzmaßnahmen eine zweckgebundene Ausgleichsabgabe zu entrichten haben, soweit Ersatzpflanzungen nicht möglich oder unzumutbar sind. Die Höhe der Ausgleichsabgaben hat sich dem Schutzzweck zur Folge nicht nur nach den Kosten einer gleichwertigen Ersatzpflanzung, sondern auch nach den ökologischen und ästhetischen Funktionen des betreffenden Baumes zu richten.

Die Einnahmen sind zweckgebunden für die Beseitigung der angerichteten Schäden und falls dies nicht möglich ist, für Baumförderungsmaßnahmen zu verwenden.

Frühzeitige Information:

Die Aufgabe der Unteren Behörden für Naturschutz und Landschaftspflege zur frühestmöglichen Information der betroffenen Anwohner über voraussichtliche Beeinträchtigungen, Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben verringert nicht nur den späteren Verwaltungsaufwand der Ämter. Es ist auch ein Zeichen, dass die Politik die Interessen und Bedürfnisse der Bürgerinnen ernst nimmt und sich zur größt möglicher Transparenz verpflichtet fühlt. Der wachsenden Entfremdung zwischen Politik und Bürgerinnen kann damit entgegengewirkt werden. Während bei Baumfällungen im öffentlichen Straßenland die Behörde in der Informationspflicht steht, könnte in den Genehmigungen für Privatpersonen diesen eine Informationspflicht zugunsten der Anwohner übertragen werden.