Kindertagesbetreuungsgesetz

Bei der im KitaG vorgenommenen Definition der Eckwerte der Erzieher-Kind-Relation wurde ­ wie die Kommission in selbst ausführt ­ auf die bisher geltenden Ausstattungswerte zurückgegriffen, d. h. es kam zu keiner Absenkung bzw. Verschlechterung der Personalausstattung. Im Gegenteil:

Die auf der Basis der durch das Kindertagesbetreuungsgesetz (KitaG) vorgegebenen Eckwerte für die Personalausstattung ab 1999 gültige KitaPersVO hat zu deutlichen Verbesserungen gegenüber der bisherigen Ausstattung ­ insbesondere bezogen auf die sozialpolitischen Zuschläge ­ geführt. So wurde die Personalausstattung zur Förderung von Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache erweitert. Außerdem wurde erstmals ein ­ umsetzbarer ­ Personalzuschlag für Kinder, die in sozial benachteiligenden Wohngebieten und ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen leben, definiert. Besonders hervorzuheben ist aber, dass die Unterstützung der Integration behinderter Kinder durch Stützerzieherinnen nicht nur für den Kindergarten erweitert, sondern auch auf die Krippe und den Hort ausgedehnt werden konnte.

Insgesamt hat die KitaPersVO ­ gegenüber der vordem geltenden Personalbemessung ­ zu einer Verbesserung um 1,5 % geführt.

In Berlin werden Kindertagesstätten, wie von der Kommission gefordert, in einem breiten Umfang von behinderten und Migrantenkindern besucht; spätestens seit dem Inkrafttreten der KitaPersVO kann nun auch dem besonderen Förderbedarf dieser Kinder in jedem Fall Rechnung getragen werden.

Unverständlich bleiben die Forderungen der Kommission nach „flexiblen Öffnungszeiten":

Hierzu verweist der Senat auf die Darstellung der Berichtskommission unter 4.2 (Betreuungsumfang und Öffnungszeiten), „unkonventioneller Versorgung in der Mittagszeit":

Eine Versorgung mit Mittagessen für alle Kinder ist in Tageseinrichtungen seit jeher die Regel, „konzeptionellen Freiräumen der einzelnen Einrichtungen":

Die Verantwortung für die konzeptionelle Gestaltung der Einrichtung liegt beim jeweiligen Einrichtungsträger; die Ausgestaltung einer individuellen, auf die Bedürfnisse der die Einrichtung besuchenden Kinder und ihrer Familien sowie die räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten berücksichtigende Konzeption entspricht den Vorgaben des KitaG und wird vom Senat sowohl durch entsprechende Fortbildungsangebote der senatseigenen Sozialpädagogischen Fortbildungsstätte „Haus am Rupenhorn" als auch durch entsprechende Fachberatung der Träger unterstützt.

Allerdings teilt der Senat die Auffassung der Kommission, dass, nachdem in den vergangenen Jahren die Sicherung der Rahmenbedingungen im Vordergrund stand und unter den gegebenen finanziellen Bedingungen zu einem positiven vorläufigen Abschluss kam, nunmehr verstärkte Anstrengungen zur Entwicklung und Sicherung der pädagogischen Qualität von Tageseinrichtungen und Tagespflege unternommen werden sollten. Aus diesen Erwägungen heraus beteiligt sich das Land Berlin gegenwärtig an der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiierten „Nationalen Qualitätsinitiative im Bereich der Tageseinrichtungen für Kinder". Der Senat erwartet, dass der Diskurs zu Fragen der Qualitätsentwicklung, der gegenwärtig bei verschiedenen Trägern geführt wird, im Zusammenhang „der Nationalen Qualitätsinitiative" in die notwendige trägerübergreifende berlinweite Diskussion unter breiter Beteiligung der Fachöffentlichkeit zusammengeführt wird (z. B. durch Fachtagungen). Auch bietet sich hierdurch die Chance, die dringend erforderliche Kooperation mit den Berliner Universitäten und Fachhochschulen zu intensivieren sowie entsprechende Entwicklungen in anderen Bundesländern mit in die Diskussion einzubeziehen.

Nur eine Tageseinrichtung, von der die sich ständig verändernden Lebensrealitäten von Kindern und Familien im pädagogischen Alltag berücksichtigt werden, kann ­ wie vom Kinder- und Jugendhilfegesetz gefordert ­ eine qualitativ zufriedenstellende Förderung durch Betreuung, Bildung und Erziehung bieten. Deshalb müssten nach Auffassung des Senats bestimmte Aspekte der kindlichen und familialen Lebenswelt, die für Berlin von besonderer Bedeutung sind und die bereits im Mittelpunkt von im Rahmen der Innenstadtkonferenzen und der Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt beschlossenen Maßnahmekatalogen stehen, verstärkte Berücksichtigung finden. Hierzu zählen auf jeden Fall die von der Berichtskommission angesprochenen Fragen der interkulturellen Erziehung, des Erwerbs der deutschen Sprache durch Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache sowie die Anforderungen, die sich für Tageseinrichtungen stellen, die von Kindern aus sozial benachteiligenden Wohngebieten besucht werden.

Der Senat wird u. a. auch den Ergebnissen der „Nationalen Qualitätsinitiative" zu diesen Fragen besondere Beachtung schenken.

Gleichzeitig hält es der Senat für erforderlich, die Bemühung um eine fachliche Präzisierung und Umsetzung des Bildungsauftrags von Tageseinrichtungen zu verstärken. Der Senat sieht sich in dieser Frage einig mit den fachpolitischen Bestrebungen anderer Bundesländer. Ergebnisse entsprechender Auseinandersetzungen werden das zukünftige Profil von Tageseinrichtungen für Kinder bestimmen und auch Auswirkungen auf ihre Verbindung zum Gemeinwesen, ihre Vernetzung mit anderen sozialen Diensten und Einrichtungen sowie auf die Zusammenarbeit mit der Schule haben.

Schule

Der Senat bewertet den Bericht hinsichtlich der Aussagen zum Teilbereich Schule insgesamt positiv, insbesondere die Aussagen, die die Kooperationsansätze Schule/Jugendhilfe/Jugendberufshilfe betreffen.

Die Darstellung der Institution Schule entspricht jedoch nicht dem aktuellen Entwicklungsstand:

Ein Teil der Daten ist überaltert (1996/97).

Der mit dem Jugendbereich abgestimmte Schulentwicklungsplan ist offenbar nicht beachtet worden.

Einzelne Ausführungen sind widersprüchlich (z. B. Behindertenintegration).

Positive Ansätze in der Schule zur Vermeidung sozialer Desintegration werden nicht, bzw. nicht angemessen berücksichtigt.

Verschiedene Aussagen sind unbedingt ergänzungsbedürftig, weil sich erst im Kontext ein vollständiges Bild ergibt:

Initiativen zur Aufwertung sozialer Nahräume (Kapitel 3 am Ende von 3.4.1)

Im Rahmen der Initiativen zur Aufwertung sozialer Nahräume darf nicht übersehen werden, dass Familien mit gehobenem sozialen Status in problematischen Wohngegenden zunehmend ihre Kinder nicht in die nachbarschaftsnahen Grundschulen (Schulen in sozialen Brennpunkten), sondern in attraktive Schulen anderer Grundschuleinzugsbereiche schicken. Dieser Tendenz kann nur durch entsprechend attraktive Angebote vor Ort (offener Ganztagsbetrieb, spezifische Schulprofile und Schulqualität) entgegengewirkt werden.

Gegenüber der in dieser Verallgemeinerung zurückzuweisenden Feststellung „(Schule) ist... nicht imstande, Schäden, die sie selbst hervorruft, mit eigenen Mitteln zu begegnen" wird zwar auf die Suche „nach einer tragfähigen Konzeption der Schule als Konkurrenz- und Auslesesystem und zugleich Lebensgemeinschaft" hingewiesen; die vorhandenen Ansätze der Ausrichtung der Schule, dem Aspekt „Auslesesystem" entgegenzuwirken, werden aber nicht ausgeführt. Hierzu zählen z. B. das Offenhalten des Zugangs zu den Oberschulen mit spezifischen Schulabschlüssen durch 6-jährige Grundschule und Gesamtschulen und eine neue Lernkultur (Lehrer und Schüler als Lernpartner). Sie bleiben auch bei der Auflistung neuer Aufgaben der Schule (im Kapitel 4.3) unerwähnt.

Vorschulklassen

Die Aussage im Kapitel 4.1, dass die Zahl der Kinder in Vorschulklassen an öffentlichen Schulen gering sei, ergibt ohne die Angabe des prozentualen Anteils der Jahrgangsstufe ein falsches Bild. Das gilt auch für den mit der Abbildung 22 und 23 dokumentierten numerischen Rückgang der Vorklassenkinder, bei der nicht die prozentualen Anteile des insgesamt rückläufigen Jahrgangs verglichen werden.

Integration Behinderter

Die Aussagen zu dieser Thematik sind widersprüchlich.

Während im Kapitel 3.3 die Forderung erhoben wird, „... mit angemessenen Programmen auf die Schul- und Freizeitsituation dieser Kinder- und Jugendlichen einzugehen und sie zu verbessern..." und weiterhin im Kapitel 4.1.10.3

(S. 219) u. a. gefordert wird, dass es künftig darum gehen muss, „... ihnen in Integrationseinrichtungen Möglichkeiten zu eröffnen, um soziale Erfahrungen mit Gleichaltrigen zu gewährleisten", wird bei 4.3.9 durch die umfangreiche Darstellung des Schulkonzepts deutlich, dass dieses geforderte Konzept bereits existiert.

Integration von jungen Zuwanderern

Obwohl im ersten Kapitel darauf hingewiesen wird, dass die Kommission auf die Situation und auf die Lebenslagen junger Zuwanderer nicht im erforderlichen Umfang eingeht, hat die Integration (z. B. im Hinblick auf die Vergabe von Schulabschlüssen) insgesamt in Berlin mit seinen besonderen Ansätzen (gemeinsamer Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Kinder, Deutsch als Zweitsprache) einen besonderen politischen Stellenwert. Wie der sozialen Ausgrenzung durch adäquate kompensatorische Maßnahmen entgegengewirkt wird, gehört zweifellos auch zu den wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufgaben in unserer Stadt.

In den Abschnitten 4.2.6 bis 4.3.13 des Berichts sind auch keine zusammenhängenden Aussagen über die Beschulung von Migranten enthalten. Dazu folgende Angaben:

Nach der jährlichen Erhebung des Landesschulamts Berlin besuchten im Schuljahr 1999/2000 rund 76 400 Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache (= 20,0 % der insgesamt rund 383 000 Schüler) die Berliner Schulen. Davon besuchten rund 57 700 ausländische Schüler (= 15,1 %; in westlichen Bezirken: 23,3 aller Schüler; in östlichen Bezirken: 4,1 %) die öffentliche Berliner Schule.

Ihre kulturellen Wurzeln liegen in der Türkei, im Libanon, in Jugoslawien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Polen, Vietnam, der Russischen Föderation und weiteren über 100 Staaten.

Die schulische Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat zwei Ziele:

1. die Vermittlung der deutschen Sprache für Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache und

2. das interkulturelle Lernen für alle Kinder und Jugendliche.

Der Erwerb der deutschen Sprache ist für alle ethnischen Minderheiten der Schlüssel zur Integration, die Grundlage für einen Schulabschluss, eine Berufausbildung und ein selbstbestimmtes Leben. Zu den Anstrengungen, die in der allgemeinbildenden Schule zum Erwerb der deutschen Sprache von Migranten gemacht werden, gehören

- die Bereitstellung von ca. 700 Lehrerstellen für DeutschKurse und Deutsch-als-Zweitsprache ­ Förderunterricht,

16 regionale Fachkonferenzen für Lehrkräfte, die Deutsch-als-Zweitsprache unterrichten,

- die Lehrerfortbildungsangebote des Berliner Landesinstituts,

- die Publikation SCHILFblatt ­ Nachrichten für Lehrkräfte von Migranten,

- Deutsch-Kurse für ausländische Mütter (rd. 100 Kurse mit rund 2000 Teilnehmerinnen).

Darüber hinaus gibt es intensive Kontakte mit Vertretern von Vereinen und anderen Zusammenschlüssen der in Berlin vertretenen ethnischen Minderheiten, vor allem mit den türkischen, denn diese machen fast 50 % der Schüler und Schülerinnen ausländischer Herkunft aus. Dabei geht es um umfängliche Informationen für die ausländischen Eltern über die Berliner Bildungsangebote und um die Förderung des Verständnisses, dass Bildung und der Erwerb der deutschen Sprache für die hier dauerhaft Lebenden unumgänglich ist.

Die interkulturelle Bildung und Erziehung wendet sich an alle Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte aller Fächer, Schularten und Schulstufen. Gemeinsames Lernziel für alle ist eine interkulturelle Kompetenz, erworben durch interkulturelles Lernen in Familie, Schule und sozialem Umfeld.

Interkulturelle Kompetenz reduziert sich nicht auf Spracherwerb und Integration von Migrantenkindern. Sie umfasst das gegenseitige Kennenlernen, die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen sowie die Akzeptanz von Unterschiedlichem. Sie hilft, sich in einer pluralistischen Welt zurechtzufinden durch Bereitschaft zu interkulturellem Dialog und Konfliktfähigkeit. Neben einem interkulturelle Aspekte berücksichtigenden Unterricht haben insbesondere die Fremdsprachen, der gesellschaftskundliche Bereich sowie internationale Schulpartnerschaften und Schülerseminare einen besonderen Stellenwert.

Darüber hinaus wird auf den ausführlichen Bericht in Drs 14/332 vom 12. April 2000 über Weiterentwicklung der interkulturellen Erziehung in der Berliner Schule verwiesen.

Ausführungen zu den allgemeinbildenden Schulen

Die Ausführungen zu den Grundschulen, Hauptschulen und allgemeinbildenden Schulen im Vergleich (Kapitel 4.3.4.4) beschränken sich leider auf eine allgemeine kritische Bestandsaufnahme verbunden mit Appellationen und berücksichtigen nicht die im Schulentwicklungsplan dargestellten Entwicklungen und die weiterführenden Konzeptionen, z. B.:

- Innovative Entwicklungen

Zu der bei 4.3.9 (S. 310) geäußerten Kritik ist anzumerken, dass die Ansätze, die bisher im Rahmen von modellhafter Erprobung (BLK-Förderprogramm; Systematische Einbeziehung von Medien und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in die Schule) zur Entwicklung „Neuer Lernkulturen" ein neues Verständnis von Lernen zu Grunde legen, stärker zur Geltung gebracht werden müssten. Statt Belehrung geht es um einen Unterricht, bei dem sich Lehrer und Schüler im Lernprozess als Partner verstehen und bei dem statt auf die Vermittlung von Detailwissen stärker auf die Entwicklung und Förderung von Kompetenzen (z. B. Medienkompetenz) gezielt wird.

Die Modellversuche der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) in den letzten Jahren sowie die BLK-Förderprogramme seit 1997, an denen Berlin beteiligt ist, werden nicht erwähnt (Bildungsprogramme der Europäischen Gemeinschaft, Kapitel 4.3.10). Zu denen gehören u. a. - Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts

- Qualitätsverbesserung in Schule und Schulsystemen

- Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (Agenda 21)

- Lebenslanges Lernen

- kulturelle Bildung im Medienzeitalter

- Kooperation der Lernorte in der beruflichen Bildung

- die Entwicklung von Kooperationsformen

Wie notwendig die Koordination schulischer und nichtschulischer Einrichtungen ist, hat die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport im Einzelnen (Drucksache 13/2338, 13/2523 und 13/1938 ­ Schlussbericht vom 9. Dezember 1998) dargestellt. Mit dem Ziel eines effizienteren

Mitteleinsatzes werden innere Schulberatungs- und Unterstützungssysteme durch Kooperationsvereinbarungen zwischen Schule, Jugendhilfe und Gesundheit vernetzt, u. a. - Grundschulreform 2000

- Schulqualitätsverbesserung und

- Entwicklung von Schulprofilen vor dem Hintergrund der Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen und ihrer Öffnung ins gesellschaftliche Umfeld

- Entwicklung und Erprobung neuer Lehr- und Lernkulturen.

Weitere Kooperationsformen, die auch eine Facette von Schulentwicklung darstellen, werden abgekoppelt und lediglich unter 4.3.12 (Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe) erwähnt. Dadurch werden insgesamt die innovativen und zukunftsweisenden Aspekte der Berliner Schulentwicklung nicht erkennbar u. a. der Schulversuch „Verlässliche Halbtagsschule" (im Kontext der Grundschulreform 2000)

Hier wird erprobt, inwieweit Einrichtungen, Angebote und Dienste der Jugendhilfe effektiver mit der Schule zusammenarbeiten können. Folgende Strukturelemente des offenen Ganztagsbetriebes sind von besonderer Bedeutung:

- Der Übergang vom Kindergarten zur Schule, auch unter dem Aspekt der Flexibilisierung der Schulanfangsphase,

- die Integration der an den Schulen bestehenden Jugendhilfeangebote

- das Einbeziehen individueller Angebote in den Tagesablauf

- die Kooperation mit den Horten im Hinblick auf Betreuungs- und Förderbedarf.

Im Rahmen der Aussagen zu „Bedeutungszuwachs der Jugendhilfe in der Schule" 4.3.12.1 weist der Senat darauf hin, dass die mit der Grundschulreform 2000 intendierte „Flexibilisierung des Verfahrens zum Schuleintritt" eine neue Kooperationsebene eröffnet, indem einerseits die Aufnahme noch nicht schulpflichtiger Kinder erleichtert und andererseits die Kinder, die langsam lernen oder die nicht über ein hinreichend sprachliches Ausdrucksvermögen in der deutschen Sprache verfügen, rechtzeitig gefördert werden sollen.

Die Aussagen zur Jugendarbeitslosigkeit (Kapitel 6.3) sind nicht aktuell und zu diesem Thema gehört (auf Seite 457, rechte Spalte) auch der Hinweis, dass zur Gruppe der Jugendlichen, denen es schwer fällt, den Einstieg in den Beruf zu finden, vor allem auch Mädchen und junge Frauen gehören, denen es oft nicht gelingt, den im Vergleich zu den Jungen qualitativ höher bewerteten Schulabschluss beruflich adäquat zu verwerten.

Bei den Ausführungen zu „Mitwirkungsmöglichkeiten" (Kapitel 4.3.11) wurde nicht berücksichtigt, dass die nach dem Berliner Schulverfassungsgesetz (§§ 26 bis 38) vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten für Schüler/-innen von ihnen auf der Ebene der Schule wenig, auf Bezirks- und Landesebene kaum genutzt werden. Resonanz finden jedoch bei den Schüler/-innen konkrete Projekte, die auf eine direkte Verantwortungsübernahme zielen (Gründung von Schülerfirmen, Projekte im Rahmen von Demokratisch Handeln). Es gilt, diese Ansätze in der Schule stärker zu fördern. Darüber hinaus ist anzumerken: Während das Jugendalter früher dadurch markiert war, das man sich etablierte, ist die nachwachsende Generation heute zunehmend gezwungen, ihre Biografie eigentätig zu entwerfen, zu planen und zu verknüpfen. Indem immer mehr Jugendliche im Ausbildungssystem verbleiben, erfahren sie eine Individualisierung in dem Sinne, dass traditionelle Bindungen der Lebensführung gelockert oder aufgelöst werden.

Ausführungen zu den Berufsbildenden Schulen

Das duale System der Berufsausbildung ­ Berufsschule

Es werden vorwiegend allgemein gültige Aussagen zum Dualen System und zu den Bildungsgängen in den Oberstufenzentren gemacht. Der Senat weist darauf hin, dass bei der Darstellung der Bildungsgänge der Berufsfachschulen, Fachoberschulen, Berufsschulen und der gymnasialen Oberstufe kleine Unkorrektheiten auftreten. Trotzdem ist aber, wie im 1. Abschnitt dargestellt, das berufliche Schulwesen keineswegs „verwirrend", sondern klar und eindeutig gegliedert. Überschriften wie „Berufliche Grundbildung: das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) sind z. B. nicht korrekt verwendet, da eine berufliche Grundbildung nicht mit dem Berufsgrundbildungsjahr gleichzusetzen ist.

Jugendhilfe und Schule

Der Senat begrüßt die Aussagen des Berichts über die notwendige Verstärkung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe.

Die veränderten gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen und eine veränderte Sichtweise auf Schule, ein geänderter Bildungsbegriff, die aus den Schulleistungsstudien zu ziehenden konstruktiven Konsequenzen sowie der eingeleitete Prozess der Qualitätsentwicklung erfordern sowohl andere Konzepte und Vorgehensweisen von Schule und Jugendhilfe.

Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht nur die Verpflichtung zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugend im Schulgesetz zu regeln, sondern es sind darüber hinaus Rahmenvorgaben für standortbezogene Konzepte der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe zu entwickeln, die den Prozess des lebenslangen Lernens und der Kompetenzentwicklung sowohl in kognitiver als auch in sozialer Beziehung aller Kinder und Jugendlichen unterstützen. Auf Grund der Rahmenvorgaben sollen in Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe in der Region unter Einbeziehung des Schulträgers regionale und im Rahmen von Schulprogrammentwicklung standortbezogene Konzepte entwickelt werden. Letzteres berücksichtigt insbesondere die Absicht der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, die Eigenverantwortung von Schulen für ihre Qualitätsentwicklung zu stärken.

Außerdem könnten so am ehesten bestehende Konzepte mit künftigen Planungen unter Berücksichtigung der Bedingungen an den Schulen sinnvoll verzahnt werden.

Einstellungen und Orientierungsmuster junger Menschen

Der Bericht zeichnet in Kapitel 5 ein Bild von den Einstellungsmustern und Orientierungen junger Menschen, das zum Teil durch aktuelle Untersuchungen untermauert wird. Die allgemeine Darstellung ist in ihrer Grundaussage eine gute Zusammenfassung bisher nur in sehr verstreuter Literatur zu findenden Einschätzungen; dabei kommt jedoch eine Darstellung der teilweise in den verschiedenen Lebenssituationen und -kulturen Jugendlicher sehr weit auseinander liegenden Ursachen von Handlungsmustern, die den Alltag z. B. von Mitarbeitern in Jugendverbänden, Bildungsstätten und Jugendfreizeiteinrichtungen prägen, etwas zu kurz.

Der Bericht geht auf Untersuchungen zur Bedeutung der Freizeit neben Schule und Ausbildung für junge Menschen ein. Die Bedeutung der Prägungen für Einstellungen und Orientierungsmuster junger Menschen werden sowohl von der Art der verfügbaren Orte im Stadtraum, der kommerziellen Angebote neben denen der Jugendhilfe und der Vorbildfunktion des „Lebensraumes" der Erwachsenen beleuchtet.

Der Senat wird die wichtigen Hinweise der Kommission für die weitere Entwicklung der Stadtpolitik berücksichtigen. Die Aussagen zu den Einstellungs- und ­ insbesondere auch politischen ­ Orientierungsmustern werden künftig sorgfältig in den Arbeitsbereichen sowohl der Jugendhilfe als auch anderer Verwaltungszweige Beachtung finden müssen. Der weiteren Entwicklung muss besondere Aufmerksamkeit und vorbeugendes Handeln gewidmet werden.

Die sexuelle Identitätsentwicklung als eine Aufgabe des Jugendalters und die damit einhergehenden Schwierigkeiten und psychischen Belastungen sowie die entsprechenden Beratungsund Unterstützungsmöglichkeiten der Jugendhilfe bleiben im Bericht unerwähnt. Es gibt auch keinen Bezug auf die Lebenssituation junger Lesben, Schwuler und Bisexueller, die immer noch mit Vorurteilen und verbalen wie handfesten Diskriminierungen konfrontiert sind.