Tarifsystem vereinfachen und um attraktive Angebote ergänzen

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 13. Juli 2000

Folgendes beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, gegenüber dem Verkehrsverbund und den beteiligten Verkehrsunternehmen darauf hinzuwirken, das Tarifsystem des ÖPNV mit dem Ziel der Gewinnung neuer Kunden zu vereinfachen und weiterzuentwickeln. Zielgruppenorientierte Tarifangebote müssen vor allem die Zahl der Stammkunden erhöhen und sozial Schwächere genauso erreichen wie Schülerinnen und Schüler, Studierende oder Familien mit Kindern. Eine günstige Umweltkarte, ein Semesterticket, Kombitickets, Mehrfahrtenkarten, Job- und Sozialtickets sind hierfür geeignete Instrumente.

Für das Semesterticket wird ein Einführungspreis in der Größenordnung von 215 DM pro Semester für das Verbundgebiet angestrebt, dabei darf es für die Verkehrsunternehmen nicht zu dauerhaften Einnahmeausfällen und für die öffentliche Hand zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen kommen. Für das Arbeitslosenticket ist ein Preis von 40 DM anzustreben. Modelle zur finanziellen Beteiligung der Arbeitsämter sind mit einzubeziehen. Darüber hinaus sollen Erwerbslose Einzelfahrscheine zum Ermäßigungstarif nutzen können."

Hierzu wird berichtet:

Der Senat ist der Meinung, dass ein nachfragegerechter und verständlicher Tarif ein wesentliches Element zur Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV ist. Hierzu gehört auch ein kundenfreundliches Vertriebssystem, sodass der Fahrgast problemlos insbesondere Einzelfahrscheine erwerben kann.

Die Weiterentwicklung des Tarifs ist auf entsprechende Angebote für die verschiedenen Zielgruppen sowie für die unterschiedlichen Fälle einer ÖPNV-Fahrt (z. B. Mehr-Personen-Fahrten, Fahrradmitnahme) auszurichten.

Dies betrifft Fahrten

- mit Zeitkarten (deren Anteil möglichst groß sein soll),

- mit Zeitkarten, für deren Erweiterung der Gültigkeit (räumlich bzw. Mitnahme von Personen und Fahrrädern) zusätzlich Einzelfahrscheine erworben werden müssen sowie

- mit Einzelfahrscheinen.

Dabei ist die bessere Abstimmung des Tarifs auf die tatsächliche Nachfrage ohne eine Verkomplizierung zu erreichen.

Auf Grund der Haushaltslage des Landes Berlin als ÖPNVAufgabenträger und der wirtschaftlichen Situation der ÖPNVBetriebe ist darauf zu achten, dass Tarifmaßnahmen nicht mit Mindereinnahmen verbunden sind. Vielmehr ist durch eine bessere Berücksichtigung der tatsächlichen Markt-Situation eine größere Nachfrage zu erzeugen, die das Volumen der Einnahmen zumindest nicht verkleinert.

Zuständigkeiten

Das eigenverantwortliche unternehmerische Handeln der Verkehrsunternehmen ist der geeignete Weg, um den ÖPNV weiter zu stärken. Eine gute Voraussetzung zur Förderung des Engagements der Verkehrsunternehmen ist deren alleinige wirtschaftliche Verantwortung für ihren Betrieb. Dies schließt die eigenständige Tarifgestaltung ein, da die Fahrgeldeinnahmen ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Ertragslage sind. Da in das unternehmerische Handeln der Verkehrsunternehmen nicht eingegriffen werden kann, hat der Senat keine Möglichkeit den Tarif zu gestalten. Die Gestaltung und die Höhe der Tarife werden daher von den Verkehrsunternehmen entwickelt bzw. festgelegt, um diese dann bei der zuständigen Genehmigungsbehörde zu beantragen.

Die Genehmigungsbehörde kann den Tarifantrag dabei nicht verändern oder ablehnen. Nur im Falle der Verletzung von Rechtsnormen wäre die Genehmigungsbehörde verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Eine Auferlegung eines mit Mindereinnahmen verbundenen Tarifs, könnte nur durch entsprechende Ausgleichszahlungen an die Verkehrsunternehmen erfolgen. Hierzu fehlen jedoch die Haushaltsmittel.

Auch der Aufgabenträger des ÖPNV und die Verbundgesellschaft können wegen der eigenen wirtschaftlichen Verantwortung der Verkehrsunternehmen den Tarif nicht bestimmen.

Der Aufgabenträger hat die Verantwortung für die Rahmenbedingungen des ÖPNV. Dabei setzt er ausdrücklich auf das unternehmerische Handeln der Verkehrsunternehmen. Die Verbundgesellschaft hat allerdings die Aufgabe, die übergeordnete Koordinierung des Tarifsystems zu gewährleisten, damit der Verbundgedanke realisiert wird.

Der Senat wird sich in Wahrnehmung seiner Verantwortung für einen stadt-, umwelt- und sozialverträglichen Personennahverkehr gemeinsam mit dem Verkehrsverbund weiterhin für ein nachfragegerechtes Tarifsystem einsetzen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für einen attraktiven ÖPNV. Der Senat wird daher mit den Verkehrsunternehmen weiter im Gespräch bleiben.

Dabei wird der Senat unter Anerkennung der wirtschaftlichen Verantwortung der Verkehrsunternehmen auf die Weiterentwicklung des Tarifs unter dem Aspekt „intelligenter Tarife" drängen.

Ziel ist dabei, die unterschiedlichen Interessen, Sichtweisen und Zuständigkeiten zu einer abgestimmten Konzeption im Vorfeld des eigentlichen Tarifgenehmigungsverfahrens zu führen.

Handlungsbedarf zur Verbundtarifstruktur

Der flächendeckende Verbundtarif wurde am 1. April 1999 eingeführt und ist ein wichtiges Fundament für das Zusammenwachsen von Berlin und Brandenburg. Der Tarif wurde vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) gemeinsam mit den im Verbundgebiet tätigen Verkehrsunternehmen erarbeitet.

Zu dem Tarifsystem des VBB vertritt der Senat die Auffassung, dass dieses Konzept ­ auch in Bezug auf die Tarifwabenstruktur ­ vereinfacht werden muss.

Innerhalb des Tarifbereichs Berlin ABC ist eine relativ übersichtliche Tarifstruktur vorhanden. Für Fahrten, die über den Tarifbereich Berlin ABC hinausgehen, gibt es für Zeitkarteninhaber ebenfalls einen übersichtlichen Flächentarif (z. B. Berlin ABC + 1 Landkreis). Besteht jedoch keine Zeitkarte mit Gültigkeit für den Tarifbereich außerhalb Berlin ABC kommt für diese Einzelfahrten die sehr komplizierte Tarifstruktur zur Anwendung. Diese besteht aus über 1500 Waben und erfordert damit eine aufwendige und teure Vertriebstechnik, die flächendeckend nicht umsetzbar ist.

Die räumliche Erweiterung von Zeitkarten des Tarifbereichs Berlin ABC für Einzelfahrten ist besonders kompliziert und nicht kundengerecht:

- Während für AB-Zeitkarten Anschlussfahrscheine in den Tarifbereich C angeboten werden, besteht für weitere Fahrten (außerhalb des Tarifbereichs Berlin ABC) ein derartiges Angebot nicht. Das heißt die gegebene Gültigkeit der AB-Zeitkarte im gesamten Berliner Stadtgebiet wird tariflich nicht berücksichtigt.

- Bei ABC-Zeitkarten ist bei der Berechnung des Einzelfahrscheins eine tarifliche Berücksichtigung der räumlichen Gültigkeit der Zeitkarte zwar gegeben, der Fahrscheinerwerb ist jedoch kompliziert und ausschließlich an personalbedienten, ortsfesten Verkaufsstellen möglich. Ein Kauf an Automaten ist nicht möglich. Der Automatenverkauf stellt jedoch gerade im ÖPNV wegen der Bequemlichkeit und Wirtschaftlichkeit die adäquate Vertriebstechnik dar.

Der Zugang zum ÖPNV ist also bei Fahrten zwischen dem Berlin ABC- und dem Waben-Tarif erschwert. Hier muss das Tarifkonzept des VBB durch Abbau von Zugangshemmnissen verbessert werden. Betroffen sind ÖPNV-Kunden, die gelegentlich Fahrten nach außerhalb Berlin ABC unternehmen (z. B. im Freizeitverkehr).

Im zukünftigen Tarifkonzept des VBB sind aber auch weitere intelligente Angebote denkbar. Es fehlen im Verbundtarif z. B. preisgünstige Angebote für die verschiedenen Nutzergruppen.

Zahlreiche Verkehrsverbünde konnten durch die Einführung einer preiswerten Tageskarte für das gesamte Verbundgebiet neue Kunden bei gleichzeitigen Einnahmezuwächsen gewinnen. Diese „Marktlücke" wird derzeit nur von der DB Regio AG mit dem „Brandenburg-Ticket" (Gültigkeit: Montag bis Freitag, nur DB Regionalzüge) bzw. dem „Schönes-Wochenende-Ticket" (Gültigkeit: Samstag, Sonntag, u. a. DB Regionalzüge, S-Bahn, BVG) ausgefüllt.

Zur umweltpolitischen Förderung der Kombination Fahrrad/ Bahn im Ausflugsverkehr ist eine preiswerte und unkomplizierte Tagesfahrradkarte erforderlich. Günstige zielgruppenorientierte Regelungen (z. B. für Familien mit Kindern) müssen eingeführt bzw. weiter verbessert werden. Daneben muss das Tarifsystem im Verbundgebiet harmonisiert werden, indem Sonderregelungen und unterschiedliche Geltungsbestimmungen abgebaut werden.

Aktueller Sachstand zu einzelnen Tarifpositionen

Im Rahmen der Verhandlungen mit den Verkehrsunternehmen und dem VBB zur Tarifgestaltung hat der Senat besonderen Wert darauf gelegt, dass stärker als bisher die soziale Komponente berücksichtigt wird. Im Vordergrund der Überlegung steht dabei, Neukunden für den ÖPNV zu gewinnen und damit gleichzeitig einen Beitrag zur umweltgerechten und sozial ausgewogenen Stadtentwicklung zu leisten. Dem Arbeitslosenhilfeticket sowie dem Semesterticket kommen dabei besondere Bedeutung zu.

- Berlin-Ticket A für Empfänger von Arbeitslosenhilfe

Der Senat hat sich bei den Verkehrsunternehmen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und S-Bahn Berlin GmbH erfolgreich dafür eingesetzt, dass mit den Tarifänderungen zum 1. August 2000 ein Arbeitslosenticket eingeführt wurde. Dem Senat ist es auf Grund der angespannten Haushaltslage nicht möglich, die von Verkehrsunternehmen dafür geltend gemachten Mindereinnahmen auszugleichen. Zudem ist eine finanzielle Beteiligung der Arbeitsämter rechtlich nicht möglich.

Daher wurde mit dem Vorstand der BVG und der Geschäftsführung der S-Bahn Berlin GmbH soweit Übereinstimmung erzielt, dass die Verkehrsunternehmen ohne finanziellen Ausgleich zunächst für ein Jahr ein Berlin-Ticket A für Bezieher von Arbeitslosenhilfe zum Preis von 45 DM einführen. Ein Preis von 40 DM ohne finanziellen Ausgleich durch das Land Berlin hatten die Verkehrsunternehmen abgelehnt. Nach Ablauf dieses Jahres werden die Unternehmen dem Senat über das Ergebnis dieses Modellversuchs insbesondere unter dem Aspekt der Gewinnung zusätzlicher Fahrgäste berichten. Ob dieses Tarifangebot dann auf alle Arbeitslose ausgeweitet werden kann, ist insofern von dem Ergebnis dieses Versuchs abhängig.

Die tariflichen Bedingungen des Berlin-Tickets A sehen wie bei der „Berlin-Karte S" für Sozialhilfeberechtigte vor, den Geltungsbereich der Monatskarte auf den Tarifbereich Berlin AB und die Verkehrsangebote von BVG und S-Bahn Berlin GmbH zu beschränken. Das ebenfalls in Berlin tätige Nahverkehrsunternehmen, die DB Regio AG, beteiligt sich nicht an dem Berlin-Ticket A. Das Ticket ist personengebunden und die kostenlose Fahrradmitnahme ist eingeschlossen.

Die Nutzung von Einzelfahrscheinen zum Ermäßigungstarif durch Arbeitslose lehnen die BVG und die S-Bahn Berlin GmbH jedoch ab, da bedingt durch das Fehlen belastbarer Daten zum diesbezüglichen Nutzungsverhalten keine seriöse Kalkulation der finanziellen Risiken möglich ist.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die S-Bahn Berlin GmbH haben insgesamt 19 820 Trägerkarten (Stand September 2000) für das Berlin Ticket A ausgestellt. Mit diesen Trägerkarten müssen die Nutzungsberechtigten die Bestätigung des Arbeitsamtes einholen. Anschließend können an den Verkaufsstellen der Verkehrsunternehmen die Wertmarken zum Preis von 45,- DM erworben werden.

Vom 25. Juli bis 24. August 2000 haben die BVG und die S-Bahn Berlin GmbH 8 611 Wertmarken des Berlin Ticket A verkauft. Für den folgenden Zeitraum bis zum 25. September 2000 waren dies 9 240 Wertmarken.

- Semesterticket

Nach langen intensiven Verhandlungen mit den Verkehrsunternehmen ist es dem Senat gelungen, das von den Verkehrsunternehmen bisher vorhandene Angebot eines Semestertickets für den Tarifbereich Berlin AB zum gleichen Preis von 215,- DM pro Semester nunmehr auf den Tarifbereich Berlin ABC auszudehnen. Die Gespräche gestalteten sich auch insofern schwierig, weil die beteiligten Verkehrsunternehmen durchaus glaubhaft darstellen konnten, dass die Ausdehnung der Nutzungsmöglichkeit über den Tarifbereich Berlin ABC hinaus zu nicht geringen finanziellen Mehrbelastungen führt. Diese wären von den Verkehrsunternehmen selbst zu übernehmen, da es keine Möglichkeit gibt, derartige Verluste durch den Landeshaushalt auszugleichen.

Damit dieses Angebot jeweils wirksam werden kann, ist eine Annnahme durch die entsprechenden Gremien der Studierendenschaft erforderlich. Bisher hat die Alice-SalomonFachhochschule einen entsprechenden Vertrag mit den beteiligten Verkehrsbetrieben BVG, S-Bahn Berlin GmbH und DB Regio unterzeichnet, sodass die Studierenden dieser Fachhochschule ihren Studentenausweis als Fahrausweis nutzen können.

Für weitere Berliner Hochschulen konnten zwischen den Verkehrsunternehmen und den studentischen Vertretungen noch keine Verträge abgeschlossen werden. Von der „Länderkoordination Semesterticket der Berliner und Brandenburger Studierendenschaften" (SEMTIX) wurden weitere über das bisherige Angebot hinausgehende Forderungen gestellt, die jedoch nach Aussage der Verkehrsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert werden können. So ist für die Ausweitung der Gültigkeit des Semestertickets auf das gesamte Verbundgebiet ein höherer Preis kalkuliert worden.

Der Senat ist der Meinung, dass das vorliegende Tarifangebot, wie es mit der Alice-Salomon-Fachhochschule abgeschlossen wurde, gemessen an dem vielfältigen ÖPNV-Angebot in Berlin und dem näheren Umland einschließlich Potsdam sehr attraktiv ist. Es wird daher empfohlen, auch für die anderen Berliner Hochschulen entsprechende Verträge abzuschließen.

Neben dem im VBB-Tarif enthaltenen Tarifangebot des „Semestertickets" ist bilateral zwischen den Verkehrsunternehmen einerseits und der Technischen Fachhochschule und der Evangelischen Fachschule andererseits seit 1. April 2000 ein „Sockelbeitragsmodell" vereinbart worden. Der Sockelbeitrag, der als Pflichtabgabe von den Studierenden eingezogen wird, berechtigt zur ÖPNV-Nutzung an den Wochenenden. Der Erwerb von Wertmarken ermöglicht zusätzlich die ÖPNV-Nutzung auch an den Werktagen.

Damit gibt es nunmehr schon über 5 000 Studenten in Berlin, die das günstige Angebot eines Semestertickets nutzen und sich damit auch längerfristig an die BVG und S-Bahn Berlin GmbH sowie DB Regio binden.

- Schülertickets

Der Senat sieht das Problem, dass Schülertickets oder der Fahrpreis bei der Mitnahme von Kindern oft die finanzielle Belastbarkeit von Familien überfordert. Dies gilt in besonderem Maße für Familien mit mehreren Kindern im Haushalt.

Bezüglich der Schülertickets hat sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erfolgreich dafür eingesetzt, dass die im Rahmen der Tarifmaßnahmen zum 1. August 2000 von den Verkehrsunternehmen beabsichtigte Erhöhung nicht realisiert wurde. So bleibt der Preis für das Schülerticket Berlin AB konstant bei 60,- DM pro Monat.

Entsprechend der Empfehlung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) soll der Rabattierungssatz von Schülerkarten gegenüber den normalen Zeitkarten 25 % betragen. Wegen des anderen Förderungssystems des Berliner Senats liegt dieser für Berliner Schülerkarten (AB) sogar bei 40 %. Nach der Tarifmaßnahme vom 1. August 2000 beträgt der Satz sogar fast 43 %.

Der Senat sieht aber dennoch hier Handlungsbedarf. Wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmen und des Berliner Haushalts müssen Tarifmaßnahmen aber kostenneutral sein. Der Senat sieht hier jedoch durchaus noch ungenutzte Möglichkeiten, durch marktgerechte Tarifangebote für Schüler und Kinder eine Nachfrageerhöhung zu erreichen. Bei Schülerkarten sollten ­ wie z. B. in Hamburg ­ Geschwisterkarten eingeführt werden. Zudem wäre an eine tarifliche Koppelung von im Haushalt bereits vorhandene Zeitkarten zu denken. Durch eine räumliche oder zeitliche Einschränkung könnten Schülerkarten weiter rabattiert werden.

- Firmentickets Firmentickets werden Unternehmen, Behörden und Institutionen von den Verkehrsunternehmen angeboten. Mit ihnen erhalten die Beschäftigten vergünstigte persönliche Zeitkarten. Entsprechend den VBB-Tarifbestimmungen wird der Rabattierungssatz in Abhängigkeit vom tatsächlichen ÖPNVNutzungsverhalten mit maximal 15 % kalkuliert.

Der Senat verhandelt seit längerem intensiv mit der BVG über die Vereinbarung eines auf dem Grundprinzip des Firmentickets bei freiwilliger Teilnahme beruhenden Behördentickets für die Beschäftigten des Landes Berlin.

Eine derartige flächendeckende Vereinbarung für rund 150 000 Beschäftigte hätte bereits für sich genommen wegen der großen Anzahl der einbezogenen Kunden und der zu erwartenden Neukundengewinne erhebliche positive Effekte allein durch die verbreiterte Nutzung des ÖPNV (Verkehrs- und Umweltentlastung, Verbreiterung und Festigung der Kundenbasis der Verkehrsbetriebe und damit Beitrag zur wirtschaftlichen Sicherung des ÖPNV). Darüber hinaus erwarten der Senat und die Verkehrsunternehmen durch eine derart umfängliche und deshalb auch öffentlichkeitswirksame Vereinbarung eine Signalwirkung und einen deutlichen Schub für dieses in hohem Maße als zukunftsträchtig eingeschätzte Tarifmodell. Der Senat ist deshalb entschlossen, jedwede ­ auch Innovation gegenüber dem standardmäßigen Firmenticket-Modell einschließende ­ wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit für eine Vereinbarung zu nutzen.

Eine Bedingung hierfür ist auf der Berechnungsbasis „Abnahmemenge" eine hinreichende Teilnahme der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst des Landes Berlin. Dies ist nach bisherigen Erfahrungen und angesichts des bereits sehr hohen Anteils an Zeitkartennutzern nur durch eine attraktive Preis- und Konditionengestaltung für alle Teilnehmer erreichbar. Die Senatsverwaltung für Inneres bereitet gegenwärtig gemeinsam mit der BVG eine landesweite Befragung bei allen öffentlichen Einrichtungen vor, um zu ermitteln, zu welchen Bedingungen und mit welcher Flexibilität ein auf variablen Abnahmemengen aufbauendes rabattiertes Behördenticket angeboten werden könnte.

Parallel zu den landesweiten Behördenticket-Verhandlungen unter Federführung der Senatsverwaltung für Inneres haben wie zahlreiche private Unternehmen auch einzelne Dienststellen des Landes Berlin bereits eine standardgemäße Firmenticket-Vereinbarung mit den Verkehrsbetrieben abgeschlossen. Hierzu gehören bisher die Bezirksämter Charlottenburg und Wilmersdorf (Rabattierung entsprechend dem Neukundenanteil: 8,5 %), die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport (Rabattierung: 10 %) und das Landeseinwohneramt (Rabattierung: 11 %). In einigen anderen Landesdienststellen musste festgestellt werden, dass nicht genügend Neukunden für eine Firmenticket-Vereinbarung interessiert werden konnten, sodass ein Abschluss bisher nicht zu Stande kam. Diese, für Berliner Dienststellen mit hohem Stammkundenanteil bisher hemmende, Voraussetzung wird z. B. von den zugezogenen Bundesbehörden problemlos erfüllt, sodass sich dort zum Zuzugszeitpunkt mehrere Dienststellen dem standardgemäßen JobticketVerfahren anschließen konnten. Es ist gesichert, dass alle Berliner Dienststellen einer eventuell günstigeren Behördenticket-Vereinbarung für Landesbedienstete beitreten könnten.

Eine zwischenzeitlich ebenfalls geprüfte obligatorische Abnahme eines rabattierten Behördentickets („Solidarmodell") scheidet nach geltender Rechtslage aus.

Zudem fanden Verhandlungen zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der S-Bahn Berlin GmbH zur Einführung eines Firmentickets statt. Um die Anzahl der mit einem Firmenticket-Angebot neu zu gewinnenden Kunden zu ermitteln, erfolgte eine extern durchgeführte repräsentative Mitarbeiterbefragung. Diese ergab, dass von den ca. 67 % der Mitarbeiter, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen, bereits 90 % eine Zeitkarte besitzen. Damit ist die Anzahl der Kunden zu gering, die mit einem Firmenticket neu gewonnen werden könnten. Ein für die S-Bahn Berlin GmbH kostenneutrales Angebot zum Firmenticket kann mit einem separaten Vertrag nur mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung daher nicht realisiert werden.

Der tatsächliche Besitz einer Zeitkarte ist ein großer Anreiz zur Nutzung des ÖPNV, da die vorhandenen „Hemmschwellen" zum Erwerb von Einzelfahrscheinen entfallen. Mit Firmentickets kann der Anteil von Zeitkarten-Inhabern gesteigert werden. Hierdurch wird die geforderte Erhöhung der Nachfrage im ÖPNV und die damit verbundenen Entlastungen für Umwelt und Straßen erreicht. Gleichzeitig wird der ÖPNV wirtschaftlich gestärkt. Der Berliner Senat ist daher der Meinung, dass die weitere Einführung von Firmentickets mit Nachdruck weiter verfolgt werden muss. Weiterführende Verhandlungen des Berliner Senats mit den Verkehrsunternehmen zur Einführung eines Firmentickets für alle Beschäftigten des Landes Berlin sind daher vereinbart worden.

Aussicht

Für die Weiterentwicklung des Tarifs sind umfangreiche Abstimmungen erforderlich. Dabei ist insbesondere auf die unternehmerische Eigenverantwortung der Verkehrsbetriebe hinzuweisen. Außerdem darf der Sanierungsprozess der BVG nicht gefährdet werden. Eine grundsätzliche Neugestaltung des Tarifsystems ist daher nur mittelfristig zu erreichen. Die gestalterischen Möglichkeiten durch das elektronische Ticketing müssen in die Überlegungen langfristig einbezogen werden.

Zudem ist ein einheitliches und übersichtliches Tarifangebot innerhalb des gesamten VBB-Tarifs anzustreben. Hierzu ist das Einvernehmen mit dem Land Brandenburg und den Landkreisen unter der Regie des Verbundes herzustellen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die Einrichtung eines Arbeitskreises initiiert, der sich unter Einbeziehung externer Fachleute um innovative Vorschläge zur Tarifgestaltung bemühen soll.

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: Keine.

b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen: Keine.